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Veröffentlicht von:Silvia Beutel Geändert vor über 6 Jahren
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Strategien zur Optimierung der Fahrausbildung − 10 Thesen −
Fahrschulforum „Die professionelle Fahrausbildung im Wandel“
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Herausforderungen der Zukunft
Leben in Freiheit: Das Leben und nicht zuletzt das Lernen sind zunehmend durch Selbstbestimmung und Partizipation gekennzeichnet: Diskursive Bildungsprozesse mit dem Ziel der Verantwortungsübernahme treten in den Vordergrund. Leben in Vielfalt: Im Lebensumfeld und in der Lernumgebung treffen wir zunehmend Menschen mit anderen sozio-kulturellen Hintergründen (u. a. Sprachfähigkeit, Werte): Binnendifferenzierung wird wichtiger. Leben mit Medien: Die Digitalisierung wird die Bildungssysteme und das Lernen grundlegend verändern: Analoge und digitale Lernangebote sind produktiv zu verbinden. Leben im technologischen Wandel: Künftige Mobilitätsbedürfnisse werden mit Fahrzeugkonzepten befriedigt, die noch nicht erfunden sind. Leben in einer bedrohten Umwelt: Mobilitätsbedürfnisse werden zunehmend Umweltschutz- erfordernissen untergeordnet.
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Probleme der Vergangenheit
Es interessiert vor allem, wie Fahrkompetenz gemessen wird, und weniger, was Fahrkompetenz ist und wie sie erworben wird. Es interessiert wenig, dass im Bildungssystem „Fahranfängervorbereitung“ verschiedene Teilsysteme zusammenspielen müssen, die kontinuierlich und im wechselseitigen Bezug zueinander weiterzuentwickeln sind. Der Erwerb und die lebenslang notwendige Weiterentwicklung von Verkehrs- und Fahrkompetenz werden auf eine basale Fahrausbildung verkürzt.
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Lösung des 1. Problems: Kompetenztheoretische Fundierung
These 1: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung bedarf einer kompetenztheoretischen Fundierung: Man benötigt ein Strukturmodell (inhaltlicher Kompetenzrahmen) und ein Erwerbsmodell zur Verkehrs- und Fahrkompetenz (einschließlich Kompetenzstandards). Die Fahrlehrerausbildung besitzt derartige Modelle: Strukturmodell und Kompetenzstandards finden sich im Rahmenplan nach Anlage 1 zu § 2 Absatz 1 FahrlAusbVO. Im Strukturmodell sind wesentliche Kompetenzkomponenten für die Fahrausbildung enthalten. Die Fahrlehrerausbildungsstätten erarbeiten ihren (speziellen) Ausbildungsplan nach § Absatz 1 FahrlAusbVO (Erwerbsmodell).
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Exkurs: Elemente von Bildungssystemen und Systemintegration
Die Teilsysteme müssen unter fachlichen und pädagogisch-psychologischen Gesichts- punkten verzahnt und aufeinander bezogen weiterentwickelt werden!
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Lösung des 2. Problems: Systementwicklung und Systemintegration
These 2: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung benötigt eine kontinuierliche integrierte Systementwicklung in der Bildungsinstitution „Fahranfängervorbereitung“: Die starke Rechtsverankerung und Partikularinteressen der Systemakteure erschweren und verzögern eine integrierte Systementwicklung. Entwicklung der FAV ist von inkrementeller Politik geprägt. Für jede hinzugekommene Maßnahme gibt es spezifische Vorschriften, die teils ja auch unterschiedlichen Rechtsbereichen zugeordnet sind (FE-Recht vs. FL-Recht), denen sich der Gesetzgeber selten gleichzeitig zuwendet. Diese Einzelvorschriften stehen der Implementierung ganzheitlicher Standards (z. B. Fahrstandards, Ausbildungsstandards zur Verzahnung der Teilsysteme) im Weg.
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Lösung des 3. Problems: Lebenslanger Erwerb von Verkehrs- und Fahrkompetenz
These 3: Für eine zukunftsfähige Fahrausbildung benötigt man einen Paradigmenwechsel von der punktuellen basalen Ausbildung zum lebenslangen Lernen, denn … die Mobilitätsbedarfe der Menschen ändern sich. ihre Lernvoraussetzungen ändern sich im sozialen Wandel. ihre physischen/psychischen Lernvoraussetzungen ändern sich im Lebenslauf. ihre kfz-internen Fahrbedingungen ändern sich (z. B. Infotainment). ihre kfz-externen Fahrbedingungen ändern sich (z. B. Fahrzeug-Diversität). die Verkehrsinfrastruktur ändert sich (z. B. Kreisverkehre). die Kfz-Technik ändert sich (z. B. FAS, automatisierte Fahrfunktionen). das Verkehrsrecht ändert sich (z. B. Verkehrszugang, Verkehrsregeln). Die Fahrausbildung muss auf verlässlichen Grundlagen (Kita, Grundschule, Sekundar- schule) aufbauen und in eine lebenslange Fahrerweiterbildung münden.
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Ausbau von ko-konstruktiven Lernangeboten und selbstbestimmtem Lernen
These 4: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung braucht nicht nur instruktive, sondern vor allem responsive, kooperative und diskursive Methoden. Instruktive Elemente (z. B. prägnante Lehrvorträge) stellen Grundlagenwissen bereit und sind Ausgangspunkt diskursiver Lernangebote (z. B. Erfahrungsberichte, Diskussionen): Partizipative Lernelemente aktivieren und motivieren (sozialer Vergleich, Audience-Effekt). Partizipative Lernelemente fördern besonders stark den Lernerfolg (Sturzbecher et al., 2004)! Hintergrund Lerntheorien: Kontextualistische Theorien betonen die Rolle des Lehrenden bei der Motivierung sowie der „Portionierung“ und „Vermittlung“ der notwendigen Kompetenzen. Konstruktivistische Theorien betonen den Eigenantrieb und die Eigenorganisation des Lernenden. Ko-Konstruktivismus: Lernen ist ein sozialer Prozess, in dem gemeinsam Wissen generiert, Sinn konstruiert und Interpretationen ausgehandelt werden. „Dialogische Wende“: sehr anspruchsvoll mit gravierenden Folgen für die Bildungsorganisation Zweitstärkster Einfluss nach Lernkontrollen
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Ausbau von Binnendifferenzierung
These 5: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung braucht eine stärkere Binnendifferen- zierung zur Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen der Lernenden. „Binnendifferenzierung“ bedeutet, dass der Lehrende die Interessen sowie die lernrelevanten Stärken und Schwächen der Lernenden kennt und beim Lehren beachtet: Im Rahmen eines strukturierten „Beratungsgesprächs“ vor Ausbildungsbeginn sollte eine Lerneingangsdiagnostik stattfinden, z. B. zu Sprachkompetenz, Lese- und Schreibkompetenz, Verkehrssicherheitseinstellungen, Impulsivität und Aggressivität … Dazu sollte ein strukturierter Leitfaden erarbeitet und erprobt werden. Beispiele für Binnendifferenzierung: Aufgabenumfang und Grad der Hilfestellung anpassen, bei der Methoden- auswahl die Interessen, Stärken und Schwächen der Lernenden beachten, individuelle Bezugsnorm nutzen, zusätzliche Übungen zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts bereitstellen und Durchführung begleiten
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Ausbau von Medienverzahnung und Medienkompetenz
These 6: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung braucht die Verzahnung von analogen und digitalen Lernangeboten sowie Medienkompetenz der Lehrenden. Der zielgerichtete Einsatz von Medien zur Visualisierung von Inhalten und zur diskursiven Unterrichtsgestaltung erhöht die Lernmotivation und den Lernerfolg (Bestehensquoten; Sturzbecher et al., 2004): Elektronische Medien vermitteln anschaulich und risiko- frei Handlungswissen (z. B. Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung, Perspektivenübernahme). Medien können den Theorieunterricht effizient und kostengünstig ergänzen (Lernzeitverlängerung durch Blended-Learning). Der Lernerfolg hängt von der didaktischen Einbindung der Medien in den Unterricht ab.
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Ausbau von Lernstandsdiagnostik und lernförderlichem Feedback
These 7: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung braucht systematische Festigungen und Lernkontrollen sowie lernförderliche Leistungsrückmeldungen. Lernkontrollen und partizipative Methoden zeigen die stärksten Einflüsse auf den Lernerfolg, werden aber nur von wenigen Lehrenden eingesetzt: Eingesetzte Lernkontrollen und partizipative Methoden weisen Optimierungsbedarf auf (Sturzbecher et al., 2004; Friedrich et al., 2006). eLBe soll Lehrende künftig beim Durchführen von Lernkontrollen unterstützen: eLBe dient (1) der Dokumentation trainierter Aufgaben in der praktischen Ausbildung und (2) der systematischen Kompetenzbeurteilung im Lernverlauf. eLBe sichert eine inhaltlich vollständige, an den Lernstand ange- passte und transparente praktische Ausbildung unter Beachtung der Anforderungs- und Bewertungsstandards der OPFEP!
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Ausbau von Fachdidaktik und Strukturierungskompetenz
These 8: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung braucht eine Fachdidaktik und eine entsprechende Strukturierungskompetenz der Lehrenden. Das Paradoxon der (praktischen) Fahrausbildung: Fahren lernen umfasst die Verbindung kognitiver, affektiver und psychomotorischer Komponenten; Automatisierungsprozesse sind erforderlich. Fahren lernen ist mit einer Gefahrenexposition verbunden. Fahren lernen muss als kostenpflichtiges marktwirtschaftliches Angebot Spaß machen. Trotzdem liegt keine Fachdidaktik der Fahrausbildung vor. Präventive „Selbstversuche“ aus der Taucherausbildung: „Luftballontest“ gegen schnelles Auftauchen; „Schreibtest“ gegen Tiefenrausch Fachdidaktik der Fahrausbildung: (1) Fachdidaktische Strukturierung + (2) sinnvoll angeordnete funktionale Lehr-Lernelemente + (3) überzeugende Anschauungsbeispiele
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Ausbau der Evaluation von Bildungsqualität in Fahrschulen
These 9: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung braucht professionelle Methoden der internen und externen Evaluation der Bildungsqualität und ihre Verbindung. Standardsetzung („Qualitätsstandards“) Standards zu Rahmenbedingungen (z. B. Personal, Bildungs-inhalte, Ausstattung) Standards zur Interaktion (z. B. von Personen und Organisationen) Kompetenzstandards und Kompetenz-modell Struktur- und Orientierungsqualität Prozessqualität Ergebnisqualität Qualitätsfeststellung („Evaluationsverfahren“) 1. Zusammenspiel von interner und externer Evaluation 2. Multiperspektivität 3. Multimethodalität (Befragungen, Beobachtungen, Dokumentenanalysen) 4. Standardisierung zur Vergleichbarkeit 5. Entwicklungsförderliche Ergebnisrückmeldungen (Vergleichende) Kompetenzmessung
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Ausbau der Evaluation von Inhalten und Methoden der Fahrausbildung
These 10: Eine zukunftsfähige Fahrausbildung bedarf einer regelmäßigen Überprüfung der Angemessenheit der Inhalte und der Wirksamkeit ihrer Methoden sowie des Imports notwendiger neuer Inhalte und verfügbarer innovativer Methoden. Gesellschaftlicher Wandel (z. B. Fahrzeugtechnik) erfordert eine regelmäßige Über- prüfung von Inhalten, Methoden und Zieladäquatheit: Mittel: Internationaler Vergleich, Auswertung von Unfalldaten und verkehrswissenschaftlichen Studien, Expertenanhörungen Einsetzung einer Fachkommission für Curriculumentwicklung und Systemintegration in der Fahranfängervorbereitung und eines Kontrollturnus (z. B. 5 Jahre) Beispiel „Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung“: OFSA I, Konstruktbeschreibung, Erprobung von 2 neuen Theorielektionen Evidenzbasierte Steuerung erfordert eine Evaluations- und Reflexionskultur.
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Empfehlungen für eine zukunftsfähige Fahrausbildung im Überblick
Paradigmenwechsel: Kompetenztheoretische Fundierung der Fahranfängervorbereitung Paradigmenwechsel: Integrierte Systementwicklung in der Fahranfängervorbereitung Paradigmenwechsel: Lebenslanges Lernen Ausbau von ko-konstruktiven Lernangeboten und selbstbestimmtem Lernen Ausbau von Binnendifferenzierung Ausbau von Medienverzahnung und Medienkompetenz Ausbau von Lernstandsdiagnostik und lernförderlichem Feedback Ausbau von Fachdidaktik und Strukturierungskompetenz Ausbau der Evaluation von Bildungsqualität in Fahrschulen Ausbau der Evaluation von Inhalten und Methoden der Fahrausbildung 3 Thesen mit Paradigmenwechsel + 7 zur Forcierung
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Fazit und Ausblick Die Anforderungen an die Fahrausbildung der Zukunft müssen aus dem Blickwinkel von gesellschaftlichem Wandel, Grundlagenwissenschaften (z. B. Didaktik, Pädagogische Psychologie) und Verantwortung für das Gemeinwohl definiert werden: Nicht billig und schnell, sondern die Verkehrssicherheit für alle muss im Fokus stehen. Nicht der fahrzeugtechnische Wandel oder die Digitalisierung können zum Ende des Fahrlehrerberufs führen, sondern nur ein Verzicht auf Wertebildung, Systementwicklung und Bildungsqualität: Fahrlehrer werden nicht überflüssig, sondern noch wichtiger. Die Sicherung und Weiterentwicklung von Qualität braucht politische Verantwortungsübernahme, eine wissenschafts- basierte staatliche Steuerung und nicht zuletzt das professionelle Engagement des Berufsstandes!
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