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Zur forschungspragmatischen Relevanz von Gewaltdefinitionen

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Präsentation zum Thema: "Zur forschungspragmatischen Relevanz von Gewaltdefinitionen"—  Präsentation transkript:

1 Zur forschungspragmatischen Relevanz von Gewaltdefinitionen
Charlotte Naujoks, Nilab Taufiq, Bernd Rößler Zur forschungspragmatischen Relevanz von Gewaltdefinitionen Fokus Literatur: I.J. Werkner (2017): Der Begriff der Gewalt. In: Ders. Militärische vs. Polizeiliche Gewalt, essentials. Wiesbaden: Springer 5-9. Christ, Michaela/ Gudehus, Christian (2013): Gewalt – Begriffe und Forschungsprogramme. In: Dies. (Hg.):Gewalt. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: J. B. Metzler, S

2 <Werkner> Was ist Gewalt?
Gewalt ist schwer fassbar und die Begrifflichkeit in doppelter Hinsicht ambivalent. Gewalt kann einerseits zur Zerstörung und zur Herstellung sozialer Ordnungen beitragen und andererseits sowohl eine Gefahr für-, als auch die Rettung von Leben gleichermaßen darstellen Etymologie Das Wort stammt aus dem indogermanischen Wortstamm „val“ (=Kraft haben, Macht haben) ab Im Deutschen gibt es unterschiedliche Deutungen: Öffentliche, an die Rechtsordnung gebundene Herrschaft Territoriale Obrigkeiten und Staatsgewalten Verfügungs- oder Besitzverhältnisse („etwas in der Gewalt haben“) Phsyische Gewaltanwendung

3 <Werkner> Etymologie
Gewalt = einerseits deskriptiv und wertfrei verwendbar und andererseits ist es auch möglich auf moralisch wertender Weise einen Sachverhalt zu beurteilen. Gewalt als Aktionsbegriff Physische oder körperliche Gewalt (violentia) Amts- bzw. Staatsgewalt (potestas) Die Mehrdeutigkeit des Gewaltbegriffs ist in der deutschen Sprache ein Sonderfall. Aktionsbegriff Physikalische Kraft Kompetenzbegriff Deutsch Gewalt Gewalt/Macht Latein Violentia Fortitudo Postetas Englisch Force Power Französisch Pouvour Spanisch Fuerza Poder

4 <Werkner> Etymologie II
Gewalt auf staatlicher Ebene kommen beide Gewaltmomente – violentia und potestas – zusammen. Der Gewaltbegriff steht im engen Kontext zu Macht und Zwang. Definition nach Max Weber Macht = „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durhzusetzen [...]“ Gewalt = „eine Form der Machtausübung und als solche ein sehr effektives Machtmittel, weil sie unmitellbar Gehorsam erzwingt und Widerstände überwindet“

5 <Werkner> Etymologie III
Begriffe wie Zwang, Nötigung und Unterdrückung weisen Verbindungen zum Gewaltbegriff auf. Zwang (coercion) = die Stärke jemanden gefügig zu machen und wird unterteilt in gebietender Zwang (fremdbestimmtes Handeln) Verbietender Zwang (untersagt selbstbestimmtes Handeln) Zwang steht unmittelbar für die staatliche Gewalt und stellt die schärfste Form des Eingriffs in die Bürgerrechte dar. Zwang und Gewalt weisen große Überschneidungen auf – sind aber keine synonymen Begriffe. Gewalt = ein Grundbegriff der Friedens- und Konfliktforschung auf Makroebene Zwang (im staatlichen Kontext) = ein juristischer Begriff für die Einschränkung zumeist individueller Freiheit

6 <Werkner> Typologische Differenzierungen
Die Bedeutungselemente des Gewaltbegriffs: Kategorie Bezugsdimension Definitionskriterium Definitionsbestandteil Wer? Subjekte Gewaltakteure (Täter) Personen, Gruppen, Institutionen Wem? Objekte Gewaltadressaten (Opfer) Personen, Sachen Was? Phänomenologie der Gewalt Tatbestand (Verletzung, Schädigung, ...) Wie? Art und Weise der Gewaltausübung Einsatzmittel Physisch, psychisch, symbolisch, kommunikativ Wozu? Ziele und Motive Grade der Zweckhaftigkeit Absichten Warum? Ursachen und Gründe Interessen, Möglichkeiten, Kontingenzen Begründungsvarianten Weshalb? Rechtfertigungsmuter Normabweichung, Normentsprechung Legal/illegal, Legitim/illegium

7 <Werkner> Typologische Differenzierungen II
Unterschieden wird zwischen: Personaler bzw. direkter Gewalt Ziel = unmittelbare Schädigung durch Akteur Institutioneller Gewalt := Verfügungsmacht der Inhaber von hierarchischen Positionen über Untergebene Polizei und Militär als Akteure institutioneller Gewalt kann durch Legalität und Legitimität positiv konnotiert sein Struktureller Gewalt (nach Johan Galtung) := all jene Gewalt, die aus systematischen Strukturen resultieren Kultureller Gewalt := all jene Aspekte der Kultur, die direkte oder strukturelle Gewalt rechtfertigen und legitimieren

8 <Werkner> Erscheinungsformen der Gewalt
Gewalt ist auch nach Erscheinungsformen zu differenzieren: Handlungsebenen (Mikro-, Meso-, Makroebene), Akteurstypus (Individuum, Kollektiv, Staat) und Legitimität der Akteure Akteure Einzeltäter Individuelle Gewalt Gewalt im privaten Bereich Gewalt im öffentlichen Raum Kollektive Gewalt Organisierte Gruppen Politische Gewalt (Terrorismus, Revolutionen, Bürgerkriege) Sonstige Gruppengewalt (soziale Unruhen, Aufstände, unfriedliche Massenproteste Staatliche Gewalt Träger der Staatsgewalt (Polizei, Geheimdienste, Militär, ...) Staatliches Gewaltmonopol (Ordnungsfunktion, Repressionsfunktion) Gewaltsame Übergriffe Diktaturen und Staatsterrorismus Kriege und Kriegsverbrechen

9 <Christ/Gudehus> Gewalt Definitionen I
Problem des intersubjektiven Verstehens: Schmerz kann nicht in Sprache übersetzt werden Erfahrende Gewalt macht einsam – isoliert Problem der Nachvollziehbarkeit Gewalt nach Reemtsma (2008) Lozierende G := es soll etwas entfernt werden, aus dem Weg geschafft werden Raptive G := gegen bestimmten Körper, um diesem etwas anzutun Autotelische G := es fehlt ein kausaler Zusammenhang, G als Selbstzweck Schlüsselbegriffe nach Randall Collins (2008) Konfrontationsanspannung Gewaltkompetenz Vorwärtspanik

10 <Christ/Gudehus> Weitere Definitionen II
Strukturelle Gewalt nach Galtung (1975) …fast jede Form von Ungleichheit, … in Bezug auf Einkommen oder Bildungschancen; …nicht ohne weiteres personalen Akteuren zuzuschreiben ist, sondern struktureller Natur ist. Baberowski 2008, 4: „Die strukturelle Gewalt dagegen ist eine Variante sozialer Ungleichheit, die keinen Täter kennt.“ Symbolische Gewalt nach Bourdieu (2005) (auch kulturelle G nach Galtung) Sprechen und Handeln, das bestehende Macht- und Herrschaftsverhältnisse… Bestätigt, variiert und adaptiert und damit naturalisiert… Also selbstverständlich macht und der Kritik entzieht. Pragmatischer Forschungsansatz: Gewalt ist all das, was unter diesem Stichwort erforscht wird und von den Menschen, die sich damit beschäftigen, dafür gehalten wird.

11 <Christ/Gudehus> Forschungskonzepte
Violence: Handlung, die physich oder psychisch schädigt, bloße Drohung genügt Pouvoir (Beispiel Staatsgewalt) Gewalt zu dem Zeitpunkt, an dem sie nicht mehr für selbstverständlich empfunden wird Zusammenhang zwischen Macht, Herrschaft und Gewalt Thomas Hobbes, Hannah Arendt, Jürgen Haberma untersuchen die Ursachen von Konflikten aber auch Beendigung und Prävention Interesse gilt weniger der eigentlichen Gewalt, sondern den Bedingungen (Vorhersagen über Entwicklungen -> Gewaltforschung) Gesichtspunkte: Praxis der Gewalt, Motivation, Ausübung und die damit verbundenen Funktionalitäten. Gewalt ist mit Eroberung, Festigung und Verteidigung von Macht verbunden (Opfer wird gedemütigt) Grenze zur Gewalt wird hier über das Ausmaß der Schädigung definiert, erst körperliche Verletzung heißt „Gewalt“.

12 <Christ/Gudehus> Forschungskonzepte / Macht und Ressourcen
Forschung zu Aggressionen wird zwischen Handlungstypen und Handlungsgründen differenziert Britta Bannenberg zu Amoktaten: Motivationaler Moment mit versuchten und vollendet geplanten Mehrfachtötungen mit unklarem Motiv und übersteigerten Hass- und Rachephantasien, die meist im ebenfalls geplanten Suizid enden Macht (haben) = Aktiv – ohnmächtig (sein) = Passiv, Abwesenheit von Macht, Kontrollverlust Macht ist Grundlage von Zufriedenheit, Gewalt eröffnet Chance auf Machtausübung Streben nach bzw. Sicherung von Macht (Kontrolle) potentiell mit Gewalt verknüpft Kontrolle kann auch ohne Gewalt gesichert werden, es gibt Individuen, die sich lieber kontrollieren (leiten) lassen Vertrauen ggf. eine Form von Macht Macht und Ressourcen

13 <Christ/Gudehus> Macht und Ressourcen
Täter im Moment der Gewaltausübung machtvoll, positive Veränderung der Situation nicht zwangsläufig Tatmotiv Ressourcen sind z.B. Waffen o. Personal und sind mit Macht verbunden Nutzung kann als negativ und Mittel zum Zweck (Raub) empfunden und bewertet werden und ist aber manchmal notwendig (z. B. gewaltsamer Zugang zu überlebenswichtigen Ressourcen) Macht und Ressourcen sichern Reproduktion und können Anerkennung verschaffen Motive von Gewalt: Groll, Unzufriedenheit, Bereicherungswunsch, Rache, Machtausübung Erfahrung von Gewalt lässt Beteiligte nicht unberührt Gewalt spüren und antun verändert die Wahrnehmung des eigenen Körpers Selbstversuch Wacquant: Als Boxer Erfahrungen gesammelt von körperlicher Übermächtigung und Unterwerfung Veränderung der sozialen Position

14 <Christ/Gudehus> Veränderung der sozialen Position
Amérie: Erfahrung durch Folter in der Gestapo: Eigener Körper wird zum Komplizen der SS – Männer, die ihn malträtieren Anwendungsbeispiel Mobbing: Schüler erproben früh den Dominanzerwerb nach dem Prinzip des Ausprobierens Ähnlich wie bei Beleidigungen gilt Angriff nicht dem Körper, sondern der sozialen Position der Opfer, die sich verschlechtern – und Täter, die sich verbessern soll Gewaltform richtet sich nicht zentral gegen das Opfer, sondern an die Reaktion der Öffentlichkeit (Beteiligten). Reaktion entscheidet über weiteren Verlauf Form der Gewalt: Ausschluss, Erniedrigung und Entwertung des Opfers Komplexer Wirkungszusammenhang aus gruppendynamischen Entwicklungen und nicht zwangsläufig ein zielgerichteter Angreifer

15 <Christ/Gudehus> Regulation
Weiterer Faktor: Im Individuum wirkende Emotionen Wann und wo ist welche Art von Gewalt erlaubt, ja erwünscht und wer darf sie ausführen? Bsp.: Untersuchung von Krieg, Erziehung, Polizei u. Praktiken wie Hinrichtung oder Bombardierungen Unterschied zwischen Strafrecht, Erziehung und Kriegsführung (gute u. schlechte Gewalt) Neben Gewaltmonopolen (z.B. Polizei) und Gewaltberufen (z.B. Henker) gibt es im Sport die gewünschte Ausübung von Gewalt (Kampfsport, div. Disziplinen, in denen Zweikämpfe vorkommen Es geht nicht um eine grundsätzlich soziale und körperl. Schädigung, Einschränkung der Handlungschancen durch Regeln. Überschreitungen werden (wie auch beim Kriegsverbrechen) als unfair empfunden Gültige Grenzen akzeptierter Handlungen werden ausgehandelt

16 <Christ/Gudehus>. Dreisprung moderner Theorien: (1)
<Christ/Gudehus> Dreisprung moderner Theorien: (1) Praxeologischer (handlungstheoretische) Ansatz Wissenschaftlicher Ansatz, der die menschliche Tätigkeit (hier der Gewalt) zur umgebenden sozialen, biologischen und physischen Welt ins Verhältnis setzt. Heißt: Jedes Verhalten, jede Haltung ist zugleich Reaktion auf - als auch Hervorbringung von - Realität Kernelemente: Praxen := verfestigte Tätigkeitsmuster; Performanz := Herstellung und Aneignung der Welt über Handlung; Prozeß := sich in ständiger Bewegung befindliche soziale Relation Unterschiedliche Ansätze: Rational Choice, Sozialtheorie und Kulturpsychologie Konsequenzen: Viele Handlungsweise sind denkbar: Beispiel: Eine negative Bemerkung kann ignoriert werden oder über einen Mobbing-Prozeß zu einem Suizid führen. Katalysatoren existieren: Beispiel: Wortführer, Medien und soziale Tools Analyse von Aneignungsformen und –Praxen ist ein wesentlicher Forschungsgegenstand Norbert Elias: Handlung ist der Gegenstand sui generis. Als Konsequenz geraten nicht Motive, sondern die Praktiken der Gewalt in den Blick.

17 <Christ/Gudehus>. Dreisprung moderner Theorien: (2)
<Christ/Gudehus> Dreisprung moderner Theorien: (2) Intentionalität & (3) Gesellschaftliche Dynamiken (2) Intentionalität: Ergänzt Handlungstheorie um die Fragestellung der Entscheidungsgründe = Intentionalität des menschlichen Verhaltens Ziel ist das Verstehen von Gewalt und nicht die Bewertung (juristisch/moralisch) und die Möglichkeiten und Grenzen der Beeinflussung; problematisch in der Analyse (Beweisführung) Intentionstheorie kann erklären, warum Lachen eine Aggression sein kann, die Gewalt auslöst (3) Gesellschaftliche Dynamiken: Ergänzt den Fokus der menschenbezogenen Gewalttheorien um gesellschaftliche Konfliktlinien Bespiele: Formen der Disziplinierung (Marx, Foucault) wie Gefängnis, Arbeit, Erziehung; Seßhaftmachung (Nomaden, Wanderarbeiter); Kolonialismus; ‚Polizei-Genese‘; (Erweiterung um die Kontrolle Andersdenkender)

18 <Christ/Gudehus> Grenzbereiche von Gewalt und … Summary:
Suizid (Gewalt gegen sich selbst) Gewaltfreier Widerstand (Sitzblockaden) Naturgewalt (‚Anthropozän‘) Notwehr/Selbstverteidigung (politisch motivierte Attentate) Summary (der Autoren): IST: …zu konstituierendes Forschungsfeld - NICHT:...zu definierender Gegenstand Forschungsfeld-Beispiel im Vektor Gewalt-Arten: Von nah (appetitiv) bis fern (strukturell) ODER von Missachtung bis physische Vernichtung Dann: Ergänzung um relevante Faktoren: Performanz, Intention. UND/ODER Autor*innen. Problematik: Trotzdem ist der Forschungsgegenstand zu definieren Mögliche zentrale Grenze der Definition: der SCHMERZ


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