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Eine Parallelwährungslösung für Italien

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Präsentation zum Thema: "Eine Parallelwährungslösung für Italien"—  Präsentation transkript:

1 Eine Parallelwährungslösung für Italien
Roland Vaubel Konferenz „Parallelwährungen: Ausweg aus der Eurokrise?“ Düsseldorf,

2 Wirtschaftliche Probleme Italiens:
Hohe Arbeitslosigkeit Überschuldeter Staat (hohe Risikoprämien) Marode Banken Das Pro-Kopf-Einkommen ist heute real nicht höher als 1999 ( in Deutschland ist es um 26 Prozent gestiegen).

3 Vergleich: Italien heute mit Griechenland 2009:
Arbeitslosenquote Italien: 11,0 % Griechenland: 9,6 % Staatsschuld/BSP: Italien: 132 % (2017) Griechenland: 127 % Anteil der notleidenden Kredite an den Krediten der Banken: Italien: 11 % (Ende 2017) Griechenland: 9, 5 % (Ende 2009) Zunahme des realen BSP pro Kopf, Durchschnitt pro Jahr: Italien ( ): 0,0 % Griechenland ( ): 2,1 %

4 Ursachen: Exorbitanter Anstieg der Lohnstückkosten: 2,6 Prozent pro Jahr (der zweithöchste in der Eurozone). Zum Vergleich Deutschland: 1,1 Prozent pro Jahr (der zweitniedrigste) Der Vergleich bezieht sich auf die in Euro gemessenen Lohnstückkosten in den Jahren 2001 und 2017). D.h., die italienischen Tarifparteien haben dem sehr niedrigen italienischen Produktivitätsfortschritt nicht hinreichend Rechnung getragen und sich verhalten wie vor der Währungsunion. Das Haushaltsdefizit des italienischen Staates hat das 3 Prozent-Limit des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts neunmal überschritten. Der Umfang der ausstehenden Staatsanleihen ist größer als in Deutschland. Neun Prozent der Aktiva der italienischen Banken sind Staatsanleihen ihres Landes (verglichen mit 3,5 Prozent für die Banken der Eurozone insgesamt).

5 Soll Italien wie Griechenland den Weg der internen Abwertung gehen?
Das Ergebnis in Griechenland war katastrophal. Das griechische BSP ist von 2010 bis 2016 – dem bisherigen Tiefpunkt – real um 23 Prozent gesunken. Zum Vergleich: während der Weltwirtschaftskrise schrumpfte das deutsche Nettosozialprodukt real um 16 Prozent ( ). Die griechische Krise war also viel schwerer als die deutsche damals. Auch die deutsche Regierung unter Reichskanzler Heinrich Brüning hatte auf interne Abwertung gesetzt, anstatt zusammen mit Großbritannien und den skandinavischen Ländern im August 1931 die Währung abzuwerten. Die politischen Konsequenzen einer internen Abwertung könnten sich - wie damals in Deutschland - als schwerwiegend erweisen. Schon die derzeitige Arbeitslosenquote hat zu dramatischen politischen Umwälzungen geführt.

6 Könnte Italien die griechische Strategie wiederholen?
Papandreou und vor allem sein Finanzminister Papaconstantinou wussten, dass Paris auf keinen Fall einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion wollte. Denn dann hätten auch irgendwann die Deutschen auf die Idee kommen können, aus dem Euro ausscheiden zu wollen, und der ganze französische Verhandlungs- coup von 1989 (französische Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung gegen deutschen Verzicht auf die D-Mark) wäre dahin gewesen. Deshalb verlangte Papandreou als Preis für den Verzicht, die griechische Wettbewerbsfähigkeit durch Währungsabwertung wiederherzustellen, umfassende Hilfe bei der Bewältigung der anderen beiden Probleme: der Überschuldung des griechischen Staates und der Schwäche der griechischen Banken. Diese Strategie steht auch Italien offen.

7 Was hat Italien bisher bekommen?
Italien hat bisher keine EFSF- oder ESM-Kredite erhalten, aber die EZB hat schon in ihrem Securities Market Programme (SMP) ab 2011 italienische Staatsanleihen im Umfang von 102,8 Mrd. Euro (Nennwert) gekauft. Das war mehr als für jedes andere Land und fast die Hälfte aller SMP-Käufe. Die EZB-Käufe italienischer und spanischer Staatsanleihen veranlassten Jürgen Stark 2011, seinen Rücktritt aus dem EZB-Direktorium zu erklären. In einer dramatischen Nachtsitzung des Europäischen Rates im Juni 2012 sagte EZB-Präsident Mario Draghi dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti mit ausdrücklicher Billigung des Rates zu, den Kauf italienischer Staatsanleihen wieder aufzunehmen, was tatsächlich im August 2012 geschah. Anders als Griechenland, Irland, Portugal und später Zypern brauchte Italien dafür nicht einem Programm des ESM und damit wirtschaftspolitischen Auflagen zuzustimmen.

8 Auch im Rahmen des sogenannten Quantitative Easing (ab 2015) kauft die EZB italienische Staatsanleihen. Eigentlich war angekündigt worden, dass die nationalen Anteile an den Anleihekäufen den nationalen Anteilen am EZB-Kapital entsprechen würden. Tatsächlich ist der Anteil der von der EZB gekauften italienischen Anleihen zehn Prozent höher als Italiens Kapitalanteil (wie Friedrich Heinemann gezeigt hat). Ganz abgesehen von den Anleihekäufen trägt die EZB durch ihre Niedrigzinspolitik zur Entschärfung des italienischen Schuldenproblems bei. Die niedrigen Zinsen bewirken eine erhebliche Umverteilung zugunsten der am höchsten verschuldeten Staaten – also vor allem Griechenlands und Italiens. Außerdem stehen im Eurosystem (ESZB) den TARGET-Forderungen der Deutschen Bundesbank von über 900 Mrd. Euro TARGET-Verbindlichkeiten der Banca d‘Italia von fast 500 Mrd. Euro gegenüber.

9 Der Schlüssel zur Überwindung der Krise
Um die Schulden des Staates aus eigener Kraft abbauen zu können, müsste die italienische Wirtschaft wieder wachsen. Aber dazu müsste sie ihre Wettbewerbsfähigkeit wiedergewinnen. Wenn sich Italien zu diesem Zweck wie Griechenland für die interne Abwertung entscheidet, droht ein Einbruch der Wirtschaftstätigkeit um mehr als 20 Prozent. Wenn Italien dagegen wieder eine eigene Währung – die Neue Lira – einführt und diese abwertet, kann es mit einem Federstrich wieder wettbewerbsfähig werden. Anstatt dass alle Löhne, Renten, Preise, Mieten usw. einzeln angepasst werden müssen, wird nur der Wechselkurs angepasst.

10 Wenn die Wirtschaft wieder wächst und die Steuereinnahmen sprudeln, kann der italienische Staat auch seine Schulden abbauen. Deshalb trägt die Währungsabwertung nicht nur zur Lösung des Wettbewerbsfähigkeitsproblems, sondern auch zur Bewältigung des Schuldenproblems bei. Da die Lohnstückkosten von 2001 bis 2017 in Italien um 50 Prozent, in Deutschland aber nur um 19 Prozent gestiegen sind, würde eine Abwertung der Neuen Lira um etwa 20 Prozent (1 – 1,19/1,50 = 0,21) ausreichen, damit Italien seine alte Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland wiedererlangt. Als Zahlungsmittel würde die Neue Lira von der Banca d‘Italia im Tausch gegen Euros und wie üblich in Form besicherter Kredite an die Banken in Umlauf gebracht. Aber es gibt Einwände.

11 1. Einwand: die italienischen auf Euro lautenden Auslandsschulden:
Wenn die Neue Lira gegenüber dem Euro abgewertet wird, steigt der in Neuer Lira gemessene Wert der auf Euro lautenden italienischen Auslandsschulden. Antwort: Relevant sind nur die auf Euro lautenden Nettoauslandsschulden. Sie sind nicht bekannt. Sie sind möglicherweise negativ, d.h. Italien ist möglicherweise Netto-Euro- Auslandsgläubiger. Dann entfällt der ganze Einwand. Wenn alle Löhne, Preise und anderen nach italienischem Recht abgeschlossenen Verträge auf die Neue Lira umgestellt werden und die Neue Lira abgewertet wird, verändert sich die italienische Netto-Euro-Auslandsschuld dadurch real nicht. Eine reale Veränderung gibt es nur bei den Löhnen etc.: die Lohnsätze sinken real (oder steigen weniger als die Arbeitsproduktivität).

12 Was passiert mit den Steuereinnahmen und dem Schuldendienst?
Bei konstanter Beschäftigung würden die Lohnsteuereinnahmen des italienischen Staates real sinken. Aber die höhere Wettbewerbsfähigkeit bewirkt einen Anstieg der Investitionen, der Beschäftigung und des Lohnsteueraufkommens. Da bei höherer Wettbewerbsfähigkeit auch die Gewinne real zunehmen, erhöhen sich die Einnahmen aus der Kapitalertragsbesteuerung. Nur durch eine Währungsabwertung erhält Italien die Möglichkeit, wieder zu wachsen und seine Schulden zu bedienen und abzubauen. Soweit die auf Euro lautenden italienischen Auslandsschulden und -forderungen nach italienischem Recht eingegangen wurden, würden auch sie auf die Neue Lira umgestellt und abgewertet werden. Wenn der Saldo negativ ist (Nettoschulden), käme das einem Schuldenschnitt gleich. (Auch Griechenland wurde 2011 ein Schuldenschnitt zugestanden.)

13 2. Einwand: Spekulationskrise
Wenn zunächst - wie von der Fünf-Sterne-Partei vorgeschlagen - eine Volksabstimmung über den Euro-Austritt stattfinden würde, käme es zu einem Run auf die Banken und zu einer massiven - wenn auch vorübergehenden - Kapitalflucht. Antwort: Zu Zeiten des Bretton Woods Systems war es nicht üblich, Abwertungen im Voraus anzukündigen. Die Abwertungsabsicht wurde bis zur letzten Minute dementiert. Deshalb bedeuten die derzeitigen Dementis der italienischen Regierung überhaupt nichts. Wenn sie abwerten will, muss sie sich genau so verhalten, wie sie es derzeit tut. Wie wird sie reagieren, wenn Mario Draghi am 31. Oktober 2019 abtritt und Italien seinen Fürsprecher und Beschützer verliert – die Niedrigzinspolitik endet?

14 3. Einwand: keine dauerhafte Lösung
Da der Euro stabiler ist als die Neue Lira, werden die meisten neuen Verträge in Euro abgeschlossen, und in ein paar Jahren sind die italienischen Löhne wieder zu hoch. Antwort: Dasselbe gilt für die interne Abwertung – insbesondere wenn diese dem Land von ausländischen Gläubigern aufgedrängt wurde (wie den Griechen). Der entscheidende Unterschied zwischen der Währungsabwertung und der internen Abwertung ist, dass die Währungsabwertung Italien eine wirtschaftliche Katastrophe, wie sie Griechenland mit der internen Abwertung erlebt hat, ersparen würde.

15 Parallelwährung Wenn Italien die Euro-Beträge in den nach italienischem Recht eingegangenen Verträgen auf Neue Lira umstellt, so betrifft das nicht die von Italienern gehaltenen Euro-Banknoten und -Münzen. Es ist auch praktisch unmöglich, diese Euro-Banknoten und -Münzen abzuwerten, denn sie könnten ja zu ihrem alten Wert außerhalb Italiens als Zahlungsmittel verwendet werden. Deshalb liegt es nahe, den Euro generell als Parallelwährung in Italien zuzulassen. Wer will, kann bei seiner Bank ein Euro-Konto unterhalten. Für alle neuen Verträge könnte der Euro neben der Neuen Lira als Wertmaßstab und Zahlungsmittel verwendet werden. Der Staat würde nicht nur Zahlungen in Neuer Lira, sondern auch zum Marktkurs in Euro akzeptieren.

16 Da die Euro-Parallelwährung stabiler als die Neue Lira wäre, würde sie dazu beitragen, einer optimalen Geldhaltung näher zu kommen. Die Lösung des Lohnproblems erfordert nicht eine Beschränkung der Währungswahl. Es ist möglich, die Löhne durch Abwertung der Neuen Lira anzupassen, ohne die zukünftigen Dispositionen und Transaktionen zu behindern. Die Fehler der Vergangenheit können behoben werden, ohne die Zukunft zu belasten. Italien würde abwerten, ohne den Euro zu verlassen.

17 Die Parallelwährungspläne der italienischen Parteien
Silvio Berlusconi und die Lega haben sich 2017 ebenfalls für eine Parallelwährungslösung ausgesprochen, und auch die Fünf-Sterne-Partei scheint nicht abgeneigt. Nach diesen italienischen Vorstellungen soll der Staat jedoch nicht Euro- Beträge auf Neue Lira umstellen und abwerten, sondern zusätzlich zum Euro auf Neue Lira lautende staatliche Schuldscheine (Minibots) als Zahlungsmittel in Umlauf bringen. Parallelwährung wäre nicht der Euro, sondern die Neue Lira. Sie würde nicht dadurch in Umlauf kommen, dass die Banca d‘Italia auf Wunsch der Marktteilnehmer Euros in Neue Lira umtauscht und den Banken Zentralbankgeld leiht, sondern der italienische Fiskus würde eine zusätzliche Währung emittieren – eine Form der monetären Staatsfinanzierung. Davon ist dringend abzuraten.

18 4. Einwand: Die empfohlene Lösung ist rechtlich nicht zulässig.
Die Umstellung der Euro-Beträge auf Neue Lira widerspricht nicht der Bestimmung des Art. 128 AEUV, dass die Euro-Banknoten gesetzliches Zahlungsmittel sind, nur die EZB zu ihrer Ausgabe berechtigt ist und die Ausgabe der Euro-Münzen Sache der teilnehmenden Staaten ist. Art. 49 der EZB-Satzung konstatiert die „unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse“. Aber für eine neue Währung wie die Neue Lira ist nie ein Wechselkurs festgelegt worden, kann es folglich auch keine „unwiderrufliche Festlegung des Wechselkurses“ gegeben haben. Relevant ist jedoch Art. 3, Abs. 1 AEUV: „Die Union hat die ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen: … c) Währungspolitik in den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist“. Danach ist die Einführung der Neuen Lira nur zulässig, wenn sie von der EU gebilligt wird. Aber sie ist erlaubt.

19 Dass die Einführung und Abwertung einer neuen nationalen Währung erlaubt ist, hat auch eine Mehrheit der Finanzminister der Eurozone im Juni 2015 bekräftigt, als es um das dritte Griechenland-Paket ging. Wolfgang Schäuble hat berichtet, dass 14 der damals 18 Finanzminister für eine Währungsabwertung Griechenlands eintraten. Wenige Tage später – für Schäuble sicher nicht überraschend – lehnten die Staats- und Regierungschefs seine Scheininitiative ab. Aber es gibt auch die Rechtsauffassung, dass die Zustimmung der EU nicht absolut unerlässlich wäre. Martin Seidel, Jura-Professor in Bonn, schreibt dazu: „Der freiwillige Austritt aus der Währungsunion, der inzwischen allgemein als ungeschriebenes Recht der EU für zulässig erachtet wird, ist nicht von der Zustimmung der anderen Mitgliedstaaten abhängig. … Ein Mitgliedstaat der Währungszone, dessen wirtschaftliches Leben nur außerhalb der Währungszone möglich ist, hat nach dem Unionsrecht einen Anspruch darauf, dass der Europäische Rat sein Land vom territorialen Geltungsbereich der Geldpolitik ausnimmt. (Fortsetzung folgt.)

20 (Fortsetzung des Zitats:) Er kann verlangen, dass die anderen Mitgliedstaaten ihn bei der Durchsetzung seines Austrittsbegehrens nicht behindern, die erforderlichen Rechtsakte nicht verweigern. Erforderlichenfalls kann er die Währungsunion sogar ohne diese Rechtsakte verlassen und den damit verbundenen Verstoß gegen vorrangiges Unionsrecht als durch die Notsituation legitimiert betrachten“ (Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn, Band 200, 2013, S. 43, 45f.). Auf Notrecht („ultima ratio“) berief sich auch Angela Merkel im Juni 2010, als sie der European Financial Stability Facility trotz des Bailout-Verbots von Art AEUV zustimmte. Gilt weiterhin der Luxemburger Kompromiss (1966), wonach kein Mitgliedstaat in einer Frage vitalen Interesses überstimmt werden kann? Schließlich: wie würden die Märkte reagieren, wenn Italien bei der EU einen förmlichen Antrag auf Genehmigung der Währungsumstellung einreichen und Kommission, Rat und Parlament darüber beraten würden?


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