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Leib, Körper, Gehirn Zur Theorie der Verkörperung (SS 2018)

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Präsentation zum Thema: "Leib, Körper, Gehirn Zur Theorie der Verkörperung (SS 2018)"—  Präsentation transkript:

1 Leib, Körper, Gehirn Zur Theorie der Verkörperung (SS 2018)
Thomas Fuchs

2 Neuroplastizität und die Inkorporation von Erfahrung
8

3 Gedächtnis und Neuroplastizität
Interaktionen Erfahrung Neuroplastizität Leibgedächtnis Prozess Struktur modifiziert induziert 8

4 Gehirnentwicklung durch Interaktion
„Erst durch das Denken wird das Hirn zum Denkorgan ausgebildet, ans Denken gewöhnt, und durch die Gewohnheit, dieses oder jenes, so oder so zu denken, auch modifiziert, bleibend bestimmt; aber durch das ausgebildete Denkorgan wird auch das Denken erst selbst gebildetes, geläufiges, gesichertes. Was Wirkung ist, wird zur Ursache, und umgekehrt.“ (Feuerbach 1838) 8

5 Neuroplastizität: Synaptisches „Lernen“
Hebb 1949: „Neurons that fire together wire together.“ 8

6 G. Edelman: Neuronaler Darwinismus
Nutzungsabhängige Selektion überschüssig produzierter Neuronen und Synapsen in der frühen Kindheit 8

7 Neuroplastizität: Netzwerkbildungen
Multimodale Gedächtnis-Schemata: verknüpfen sinnliche, motorisch, emotionale und interaktive Erfahrungen 8

8 Erfahrungsabhängige Plastizität des Gehirns: Kortikale Reorganisation
z.B. Geigespielen lernen Taxifahren Blindenschrift lernen  Jede Erfahrung in der Gegenwart bewirkt eine Veränderung unseres Gehirns, unseres Organismus, unserer selbst. 8

9 Illusionen? - Müller-Lyersche Täuschung
8

10 Müller-Lyersche Täuschung: geringer ausgeprägt oder fehlend bei Angehörigen von Rundhütten-Kulturen
8

11 Neuroplastizität Grundprinzip der optimalen Kohärenz:
Durch Anpassung der neuronalen Strukturen werden die neuronalen und sensomotorischen Prozesse zu Medien, die eine unmittelbare und möglichst störungsfreie Beziehung zur Welt ermöglichen. z.B. Tragen einer neuen Brille bzw. einer Prismen-umkehrbrille → Anpassung in wenigen Tagen 8

12 Neuroplastizität optimale Kohärenz → Transparenz, „vermittelte Unmittelbarkeit“ (Helmuth Plessner) z.B. Erlernen der Braille-Schrift → Vergrößerung des sensorischen Kortexareals für Zeigefinger; Verknüpfungen zum Sprachzentrum 8

13 Implizites Gedächtnis
sensomotorische Fähigkeiten, durch Übung und Wiederholung erworben - Automatisierung (motorisch): z.B. Schreiben, Tippen; zeitlich-dynamische Bewegungsmuster - Habitualisierung (sensorisch): z.B. Lesenlernen, Ähnlichkeitswahrnehmung 8

14 Leibgedächtnis 8

15 Leibgedächtnis 8

16 Implizites Gedächtnis
„Prozedurales Gedächtnis“: das implizite Können wird nur im Prozess der Handlung zugänglich; nicht allein im Gehirn lokalisierbar, da nur im geschlossenen Funktionskreis von Gehirn/Körper und Umwelt realisiert 8

17 Das Gehirn als Resonanzorgan
8

18 Implizites Gedächtnis: Transformation
Grundprinzip: Einzelelemente der Wahrnehmung oder Bewegung werden zu Ganzheiten integriert, das heißt in Gestalten transformiert. Implizite Koppelung: Die Intention richtet sich durch die Elemente A1, A2, A3.... hindurch auf die Ganzheit B. → Phänomenale Transparenz, vermittelte Unmittelbarkeit M. Polanyi: „Implizites Wissen“ (Frankfurt 1985) 8

19 Beispiele für implizite Koppelungen
- klassische Konditionierung (Pawlov) - Verstehen eines Gesichtsausdrucks Sprechen (Silben → intentionaler Gehalt) Klavierspielen, Maschineschreiben, Blindenschrift, usw. → „Proximales“ wird transparent für „Distales“ (Polanyi) 8

20 Beispiele für implizite Koppelungen
8

21 Beispiele für implizite Koppelungen

22 Grundstruktur der höheren Hirnfunktionen
„Prinzip der offenen Schleifen“ Durch neuronale Koppelungen bilden sich die „offenen Schleifen“, die in ihrer Aktualisierung zur Kohärenz von Organismus und Umwelt führen. (2) Musterbildung Wiederkehrende Konfigurationen von Einzelreizen, mit denen der Organismus in Beziehung tritt, schlagen sich in komplexen Mustern neuronaler Erregungsbereitschaften nieder. 8

23 Grundstruktur der höheren Hirnfunktionen
(3) Resonanz und Kohärenz Bereitliegenden Muster treten in Resonanz mit einer ent- sprechenden Konstellation der aktuellen Umwelt, d.h. die offenen vervollständigen sich zur Kohärenz von Organismus und Umwelt. (4) Transformation Die zentrale Funktion des Gehirns besteht darin, Konstellationen von Einzelelementen in Muster, also Ganzheiten zu transformieren. 8

24 Grundstruktur der höheren Hirnfunktionen
(5) Transparenz Die neuronalen Musterbildungen liegen den impliziten Koppelungen zugrunde, durch die wir Konfigurationen von Einzelelementen als Gestalten, bzw. „Proximales“ als „Distales“ wahrnehmen. Die Transformation auf neuronaler Ebene ermöglicht also phänomenale Transparenz. 8

25 Gestaltbildung und Musterresonanz
8

26 Gestaltbildung und Musterresonanz
Extraktion geeigneter neuronaler Aktivierungsmuster Musterbildung: neuronale „offene Schleife“, „Vorgestalt“ eines Dalmatiners Resonanz und Kohärenz: Transformation Transparenz: Erfassen der Bedeutung des Bildes 8

27 Das Gehirn als Resonanzorgan
8

28 Resonanz in der Wahrnehmung: Mooney-Figuren
Neurale Phasensynchronizität (v.a. Gamma-Frequenz, 30–80 Hz) im Moment der Gesichtserkennung (Rodriguez et al. 1999, Uhlhaas & Singer 2006, Uhlhaas et al. 2009) 8

29 Höhere Hirnfunktionen: Motorik
Auch den Bewegungsgestalten des Organismus entsprechen komplexe Muster von Neuronen- Ensembles, die aktiviert und in Resonanz zueinander versetzt werden müssen. Die Bewegungsgestalt beruht auf erlernten Mustern, nämlich auf der zunächst kortikalen Verknüpfung von neuromuskulären Einheiten und dann ihrer subkortikalen Speicherung als motorische Sequenzen in den Basalganglien. 8

30 Höhere Hirnfunktionen: Motorik
Wahrnehmung und Bewegung beruhen also gleichermaßen auf Transformationsprozessen, die in vertikal-zirkulärer Kausalität elementare Ereignisse zu höherstufigen Mustern integrieren 8

31 Das Gehirn als Resonanzorgan
Interne und externe Resonanz lassen sich als Basis aller Wahrnehmung und Handlung ansehen. Repräsentation versus Resonanz Nur als synchronisierte, resonante Systeme können Gehirn, Organismus und Umwelt zu Trägern von Bewusstsein werden. 8

32 Das Gehirn als Resonanzorgan
Im Gehirn findet sich kein „Zentrum“ der Integration, kein Areal, dem alle anderen Areale letztlich „zuarbeiten“, und in dem die Teilprozesse zu einem „Bild“ oder gar zum „Bewusstsein“ zusammengesetzt würden. „Homunculus“-Fehlschluss: Homunculi = postulierte menschenähnliche Instanzen, zur Erklärung der Arbeitsweise des Gehirns herangezogen werden . 8

33 Das Gehirn als Resonanzorgan
„Homunculus“-Fehlschluss „So ist die Aussage, dass die Seele sich erzürne, ähnlich der, wie wenn man sagte, die Seele webe ein Tuch oder baue ein Haus; denn es ist vielleicht besser, nicht zu sagen, die Seele habe Mitleid, oder lerne, oder denke, sondern der Mensch mittels der Seele“ (Aristoteles, De Anima 408 b) 8

34 Das Gehirn als Resonanzorgan
→ Keine „Gehirnzentrale“ – vielmehr reorganisiert sich das Gehirn-Körper-UmweltSystem fortwährend selbst, gemäß den Mustern, mit denen es in Kontakt kommt, bis seine „Eigenschwingungen“ in Resonanz mit den Umweltmustern treten. Die erfolgreiche Synchronisierung entspricht dem Erfüllungserlebnis etwa beim Wiedererkennen des Dalmatiners 8

35 Das Gehirn als Resonanzorgan
Ebenso ist für die Motorik kein „Bewegungsbild“, keine zentrale „Repräsentanz“ erforderlich, sondern die Bewegung erfolgt in fortlaufender Anpassung der neuronalen Muster an die Umweltanforderungen. 8

36 Das Gehirn als Resonanzorgan
Prinzip der optimalen Kohärenz: Die Resonanz zwischen Hirnaktivitätsmustern und komplementären Umweltsituationen tendiert immer zur Geschlossenheit – nur so ermöglichen die vermittelnden Prozesse Transparenz. Beispiele: Blinder Fleck Gestaltschluss Neglect-Phänomene 8

37 Das Gehirn als Resonanzorgan
Neglect-Phänomene 8

38 Information, Repräsentation, Resonanz
Informieren bedeutet „jemand von etwas in Kenntnis setzen“, ist also eine Bezeichnung für einen Typus menschlicher Kommunikation, in der sich die Partner gemeinsam auf bestimmte Inhalte richten, die sie miteinander austauschen. Übermittelte Information bleibt gebunden an einen Empfänger, der die Nachricht versteht, d. h. die Zeichen als Zeichen auffasst. 8

39 „Information ist nur, was verstanden wird“
(C. F. v. Weizsäcker 1974) Kausalprozesse können mit intentionalen Beziehungen korreliert sein, sogar ihr notwendiges Substrat darstellen Doch die intentionale Beziehung zu Wahrnehmungs- gegenständen lässt sich nicht auf physikalische Prozesse reduzieren, weil diese für sich genommen gar keine Informationen enthalten. 8

40 Information Die Weiterleitung von sensorischen Reizereignissen im neuronalen System bleibt ein physikalischer Prozess, der zwar durchaus bestimmte Muster aufweist, der jedoch nirgends in „Information“ oder „Bedeutung“ umschlägt. 8

41 Information Neurophysiologische Zustände sind keine „bedeutungs-haltigen“ oder gar selbst „erlebten“ Zustände – sie können nur in Verbindung mit der Vorgeschichte des Organismus und mit dem aktuellen Umweltkontext zu Trägern solcher Zustände werden. 8

42 Information, Repräsentation, Resonanz
(1) Bedeutungen sind nicht im Kopf – um Bedeutungen zu erfassen, müssen wir die Umwelt des Individuums miteinbeziehen. (2) Bedeutungen sind im Geist – es kann sie nur für bewusste Wesen geben. Der Geist ist nicht im Kopf – folglich muss eine adäquate Charakterisierung des Bewusstseins eines Individuums seine Umwelt mitenthalten. (McCulloch 2003, nach Putnam 1979) 8

43 Repräsentation “Repräsentation“ impliziert eine Stellvertretung oder Verweisung, die der Bildwahrnehmung entnommen ist: Wir können bestimmte Farbkonfigurationen in einem Rahmen an der Wand als Bilder sehen, oder Vertiefungen im Schnee als Spuren erkennen, d. h. wir können Anwesendes als Verweis auf Abwesendes nehmen. Die Farbmuster als solche repräsentieren jedoch gar nichts, und die Vertiefungen im Schnee sind Vertiefungen, nichts weiter. 8

44 Repräsentation Der Repräsentationsbegriff führt letztlich zu einem Homunkulus-Fehlschluss : Irgendein „inneres Subjekt“ muss diese „inneren Bilder“ schließlich auch betrachten. 8

45 Resonanz Wiederkehrende Konfigurationen von äußeren und inneren Reizen schlagen sich in Mustern neuronaler Erregungsbereitschaften nieder, die von geeigneten Umweltsituationen reaktiviert werden („Attraktoren“). Vermittelt durch den Körper treten Gehirn und Umwelt in wechselnde Resonanzen zueinander; sie sind durch isomorphe Schwingungsmuster miteinander verbunden. 8

46 Resonanz Wiederkehrende Konfigurationen von äußeren und inneren Reizen schlagen sich in Mustern neuronaler Erregungsbereitschaften nieder, die von geeigneten Umweltsituationen reaktiviert werden („Attraktoren“). Vermittelt durch den Körper treten Gehirn und Umwelt in wechselnde Resonanzen zueinander; sie sind durch isomorphe Schwingungsmuster miteinander verbunden. Kohärente Wahrnehmungs- und Bewegungsgestalten setzen hochsynchrone oder resonante Schwingungen der beteiligten Netzwerke voraus. 8

47 Repräsentation: statisches Gegenüber
Resonanz Repräsentation: statisches Gegenüber Resonanz: dynamische Koppelung Nur als synchronisierte, resonante Systeme können Gehirn, Organismus und Umwelt zu Trägern von Bewusstsein werden. 8

48 Interne und externe Resonanz
Das Gehirn lässt sich somit als ein Resonanzorgan auffassen, dessen rhythmische Oszillationen durch interne ebenso wie externe Synchronisierungen eine fortwährend erneuerte Kohärenz zwischen Organismus und Umwelt herstellen. Interne und externe Resonanz 8

49 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
„Offene Schleifen“ von dispositionalen Funktionen Aktuelle Kohärenz bzw. Resonanz Zentrale Konsequenz: Bewusstes Erleben lässt sich nicht mehr nur einem Teilstück oder Teilprozess des Funktionskreises zuordnen. Es stellt vielmehr das Integral der gesamten aktuellen, zu einem vollständigen Kreis geschlossenen Beziehungen zwischen Gehirn, Organismus und Umwelt dar. 8

50 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
Dann aber ist es auch in einem prägnanten Sinn wahr, dass der von mir erblickte Baum Teil meines Bewusstseins wird, und dass sich umgekehrt mein Bewusstsein bis zum Baum erstreckt. Bewusstsein ist dann kein Innenzustand mehr, sondern eine Beziehung, eine Koexistenz mit den Dingen und mit der Welt. 8

51 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
Die zentrale Funktion des Gehirns für das erlebende und handelnde Lebewesen besteht darin, Konfigurationen von Einzelelementen in resonante Muster zu transformieren, die den integralen Lebensäußerungen zugrunde liegen. Das Gehirn wird damit zum Organ der Vermittlung zwischen der mikroskopischen Welt materiell- physiologischer Prozesse einerseits und der makroskopischen Welt von Lebewesen andererseits. 8

52 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
Die Formen und Gestalten der Dinge lassen sich nicht einfach vom Stoff ablösen und als solche unmittelbar übertragen. Formübertragung erfolgt durch Transformation und Musterresonanz. Das Resultat ist weder ein bloßes Konstrukt, noch ein Erfassen des „Dings an sich“, sondern die vermittelte Unmittelbarkeit der Beziehung von Subjekt und Welt, (Plessner 1928). 8

53 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
„Ein Wirkliches kann als Wirkliches gar nicht anders mit dem Subjekt in Relation sein, es sei denn (...) als Er- scheinung“, eben als „vermittelte Unmittelbarkeit“ (Plessner 1928) Für den Menschen gilt, dass er im Unterschied zum Tier von der Indirektheit seiner Beziehung zur Welt weiß: Aufgrund seines Reflexionsvermögens ist ihm seine Beziehung auch „als mittelbare gegeben“ (ebd.). 8

54 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
„We never really advance a step beyond ourselves“ (David Hume). Der Begriff der vermittelten Unmittelbarkeit oder der Transparenz stellt demgegenüber eine Möglichkeit dar, das reale In-der-Welt-Sein des leiblichen Subjekts wieder zu begründen. 8

55 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
Gerade die Relativierung des bloßen Eindrucks, die der Mensch aufgrund seiner „exzentrischen Position“ vornehmen kann und muss, ermöglicht auf der anderen Seite auch die Objektivität der menschlichen Wahrnehmung. Dadurch nämlich hält das menschliche Subjekt die von der Realität „...als Realität, die sich offenbaren soll, geforderte Distanz, den Spielraum, in welchem allein Wirklichkeit zur Erscheinung kommen kann.“ 8

56 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
Diese objektivierende Leistung der menschlichen Wahrnehmung verdankt sich jedoch nicht nur einer individuellen Distanz, sondern vor allem einer impliziten Intersubjektivität. Die von mir wahrgenommenen Dinge sind zugleich immer auch für andere grundsätzlich wahrnehmbar. 8

57 Zusammenfassung: Vermittelte Unmittelbarkeit
Durch die implizite Teilnehmerperspektive („Wir“- Perspektive) erhält meine subjektive Wahrnehmung ihre prinzipielle (wenn auch im Einzelfall widerlegbare) Objektivität. An die Stelle eines „naiven Realismus“ können wir also einen lebensweltlichen Realismus setzen. 8

58 Das Gehirn als Organ der Person
8

59 Wechselwirkung von Sozialleben und Gehirnevolution der Hominiden
Das „soziale Gehirn“ Von den frühen Hominiden bis zur Entwicklung von Homo sapiens hat sich das Verhältnis von Gehirn- zu Körpergröße etwa verdreifacht. Die Volumenzunahme geht vor allem auf das Wachstum des Neokortex zurück. Wechselwirkung von Sozialleben und Gehirnevolution der Hominiden 8

60 Das „soziale Gehirn“ Das Großhirn weist bei der Geburt erst ein Drittel der Erwachsenengröße auf. Steigerung des genetisch angelegten Hirnvolumens steht in erster Linie für die nachgeburtliche Ausreifung zur Verfügung 8

61 Das „soziale Gehirn“ Zum Zeitpunkt der Geburt sind nur die wichtigsten Neuronenverbände und Verschaltungsmuster entwickelt. Im Kortex ist das Wachstum von Dendriten und Axonen und die Synapsenbildung noch in vollem Gange. In der jüngsten Hirnregion, dem präfrontalen Kortex, wird das Maximum der synaptischen Dichte nicht vor dem fünften Lebensjahr erreicht. Er ist erst im 25. Lebensjahr ganz ausgereift. Genetisch angelegte Ausreifungsprozesse fallen mit sozialen Ausformungsprozessen zusammen. 8

62 Das „soziale Gehirn“ Ontogenese des Gehirns:
- Verschränkung von Biologie und Kultur ebenso wie Individualität und Sozialität - beruht auf der Einbettung des „zõon politikón“ in die soziale Gemeinschaft, insbesondere auf der einzigartigen Fähigkeit des Menschen, seine Artgenossen als mit ihm verwandte Wesen zu erkennen, die ebenso wie er selbst fühlen, denken und handeln können. Dies ermöglicht es ihm, sich in die Welt der anderen hineinzuversetzen und so „nicht nur vom anderen, sondern auch durch den anderen lernen zu können“ (Tomasello 2002). 8

63 Primäre Intersubjektivität
Pränatale Entwicklung sensomotorischer und emotionaler Kontakt zur Umgebung Mutter-Kind-Dyade intrauteriner Tast-, Klang- und Resonanzraum, dessen Eindrücke sich im impliziten Gedächtnis niederschlagen Einfluss von starken emotionalen Belastungen der Mutter 8

64 Primäre Intersubjektivität
2. Zwischenleiblichkeit und Interaffektivität Wärme, Geruch, Berührung, Gehaltenwerden Imitation 8

65 Zwischenleiblichkeit
Ausdrucks- imitation (Meltzoff & Moore 1989) 8

66 Zwischenleibliche Resonanz
8

67 Primäre Intersubjektivität
„Mitempfindung. – Um den anderen zu verstehen, das heisst, um sein Gefühl in uns nachzubilden, erzeugen wir in uns das Gefühl nach den Wirkungen, die es am anderen übt und zeigt, indem wir den Ausdruck seiner Augen, seiner Stimme, seines Ganges, seiner Haltung an unserem Leibe nachbilden (mindestens bis zu einer leisen Ähnlichkeit des Muskelspiels und der Innervation). Dann entsteht in uns ein ähnliches Gefühl, in Folge einer alten Association von Bewegung und Empfindung, welche darauf eingestellt ist, rückwärts und vorwärts zu laufen.“ Nietzsche, Morgenröthe 8

68 Primäre Intersubjektivität
Früher Mutter-Kind-Dialog: „Intuitive elterliche Kompetenzen“ (Papousek & Papousek 1987) Proto-Konversationen „Vitalitätsaffekte“ (Stern), Affektabstimmung - Musikalische Qualitäten („crescendo“, „decrescendo“, „accelerando“, fließend, weich, explosiv etc.) → Primäre Interaffektivität der Gefühle 8

69 Primäre Intersubjektivität
Zwischenleibliches Gedächtnis: Erwerb affektiv-interaktiver Schemata: „schemes of being-with“, „implizites Beziehungswissen“ (D. Stern 1985) 8

70 Zwischenleibliches Gedächtnis
„...was anfänglich verinnerlicht wird, ist nicht der andere als solcher, sondern eine Beziehung zum Anderen: Handlungen des Selbst, die sich auf Handlungen der Anderen beziehen ... Was verinnerlicht wird, schließt deshalb wechselseitig regulierte Abfolgen von mütterlichen und kindlichen Handlungen ein, die eine bestimmte zeitliche Strukturierung aufweisen.“ (Beebe u. Stern 1977) 8

71 „Still-Face“-Experiment
2 Minuten lange starre Mimik der Mutter im Verlauf einer Spielsituation  irritierte, oft beunruhigte Reaktion des Säuglings 8

72 „Still face“ Experiment (Tronick 1997)
8

73 „Still face“ Experiment
8

74 „Still-Face“-Experiment
Unterscheidung der Kinder von Müttern mit - sensiblem, aktivem Interaktionsverhalten - eher unsensiblem, passivem Verhalten (häufige Folge: Bindungsstörung) 8


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