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Veröffentlicht von:Andrea Bergmann Geändert vor über 7 Jahren
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Vorlesung Grundfragen der Religionspädagogik
Theologische Fakultät Kiel Institut für Praktische Theologie Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong Vorlesung Grundfragen der Religionspädagogik WS 2017/2018, Mo 12-14, 14tägig Mi 14-16
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
-Grobgliederung- 1. Religionspädagogik als Disziplin 2. Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung 3. Gesellschaft und Religion im 21. Jh. 4. Jugendliche im 21. Jh. 5. Religion als Schulfach 6. Gemeindepädagogik 7. Ziele religionspädagogischen Arbeitens 8. Grundlegende Konzeptionen des 20. Jh. 9. Aktuelle religionspädagogische Ansätze Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
-Gliederung- 1. Religionspädagogik als Disziplin – was ist der Gegenstand dieser Vorlesung? 2. Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung – in welcher Tradition stehen wir religionspädagogisch? 3. Gesellschaft und Religion im 21. Jh. – in welchem Kontext arbeiten wir religionspädagogisch? 3.1. Unsere Gesellschaft als „Spätmoderne„ 3.2. Religion in der spätmodernen Gesellschaft 4. Jugendliche im 21. Jh. – mit wem arbeiten wir religionspädagogisch? 4.1. Soziologische Einsichten 4.2. Religionssoziologische Einsichten 4.3. Entwicklungspsychologische Einsichten Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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-Gliederung- 5. Religion als Schulfach – in welchen Rahmenbedin- gungen arbeiten wir religionspädagogisch? 5.1. Rechtliche Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts 5.2. Modelle des Religionsunterrichts 5.3. Philosophie bzw. Ethik/Islamunterricht 5.4. Konfessioneller Religionsunterricht in religiöser Pluralität 5.5. Gründe für und Kritik am (konfessionellen) Religionsunterricht 6. Gemeindepädagogik – wie handeln wir religions- pädagogisch in der Kirche? 6.1. Die Arbeit mit Konfirmand*innen 6.2. Erwachsenenbildung Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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-Gliederung- 7. Zwischen konfessioneller Orientierung und religiöser Kompetenz – mit welchen Zielen arbeiten wir religionspädagogisch? 7.1. Kann man Glauben lernen? 7.2. Bildung und Subjektivität als Leitbegriffe der Religionspädagogik 7.3. Förderung religiöser Kompetenz 7.4. Wann ist religionspädagogisches Handeln erfolgreich? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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-Gliederung- 8. Grundlegende Konzeptionen des 20. Jh. – wie kann man sich religionspädagogisch orientieren? 8.1. Liberale Religionsdidaktik 8.2. Evangelische Unterweisung 8.3. Hermeneutischer Religionsunterricht 8.4. Thematisch-problemorientierter Religionsunterricht 8.5. Therapeutischer Religionsunterricht 8.6. Elementare Bibeldidaktik 8.7. Symboldidaktik 8.8. Konstruktiv-ideologiekritische Religionsdidaktik 8.9. Performative Religionsdidaktik Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
-Gliederung- 9. Religionspädagogische Ansätze – wie kann ich Unterricht religionspädagogisch fundiert gestalten? 9.1. Kinder und Jugendtheologie 9.2. Kreative Bibeldidaktik 9.3. Bibliolog 9.4. Bibliodramatische Elemente 9.5. Kirchenpädagogik 9.6. Gendersensibler Religionsunterricht 9.7. Interreligiöses Lernen 9.8. Diakonisches Lernen Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
-Grobgliederung- 1. Religionspädagogik als Disziplin 2. Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung 3. Gesellschaft und Religion im 21. Jh. 4. Jugendliche im 21. Jh. 5. Religion als Schulfach 6. Gemeindepädagogik 7. Ziele religionspädagogischen Arbeitens 8. Grundlegende Konzeptionen des 20. Jh. 9. Aktuelle religionspädagogische Ansätze Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religionspädagogik als Disziplin
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik Erstes Kapitel: Religionspädagogik als Disziplin – was ist der Gegenstand dieser Vorlesung? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religionspädagogik in der Praxis - ein Beispiel:
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1. Religionspädagogik als Disziplin – was ist der Gegenstand dieser Vorlesung? Religionspädagogik in der Praxis - ein Beispiel: Auf dem Elternabend der 11. Klasse stellen Sie sich als neue Religionslehrkraft vor. Die Eltern reagieren unmittelbar auf das Fach Religion, das bisher kaum unterrichtet wurde: „Endlich lernen die Jugendlichen mal Werte!“ „Meine Tochter soll selbst entscheiden können und nicht religiös beeinflusst werden!“ „Sie machen doch hoffentlich modernen Unterricht, nicht so was Altmodisches wie die Bibel und so.“ „Sollen die Jugendlichen jetzt noch glauben lernen?“ „Wir sind aber Muslime, was heißt das für meine Tochter?“ „Noch so ein Redefach, das nur etwas für Mädchen ist.“ „Das ist doch eine staatliche Schule, warum gibt es denn jetzt Religionsunterreicht, das ist doch wohl Sache der Kirchen!“ „Und das heute, wo es so viele Religionen gibt.“ „In Religion gibt es doch aber keine Fünfen, oder?“
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Überlegen Sie bitte zu dritt,
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1. Religionspädagogik als Disziplin – was ist der Gegenstand dieser Vorlesung? Überlegen Sie bitte zu dritt, • welche religionspädagogischen Fragestellungen in der Situation angesprochen werden • welches Wissen Sie bereits dazu haben • über welche Aspekte Sie gerne vertiefteres Wissen und gründlichere Reflexion hätten. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religionspädagogik ist sowohl ein eigenständiger Studiengang
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.1. Religionspädagogik – ein mehrschichtiger Begriff Religionspädagogik ist sowohl ein eigenständiger Studiengang als auch eine Disziplin innerhalb des Theologiestudiums In der Religionspädagogik geht es um die Vermittlung von Religion, konkret um den Zusammenhang von Theologie und Pädagogik pädagogische Aspekte von Religion das Lehren und Lernen religiöser Themen die Voraussetzungen und Bedingungen religiösen Lernens Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Die Pädagogik stößt auf Religion beispielsweise…
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.2. Religionspädagogik zwischen Theologie und Pädagogik Die Pädagogik stößt auf Religion beispielsweise… bei religiösen Erfahrungen von Menschen wie Sinnfragen, Endlichkeitsfragen etc. bei der Frage nach der Begründung moralischen Verhaltens (warum soll ich gut und böse unterscheiden?) bei der Begegnung mit religiös orientierten Menschen, nicht zuletzt anderen Schülerinnen und Schülern bei der Begegnung mit religiösen Institutionen (Moscheen, Papstreise…) und Themen (weltweite Konflikte, Gottesbezug in der Verfassung…) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Der Theologie stellen sich pädagogische Aufgaben, denn…
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.2. Religionspädagogik zwischen Theologie und Pädagogik Der Theologie stellen sich pädagogische Aufgaben, denn… das Christentum ist auf Verstehen angelegt Christsein ist auch eine Bildungsangelegenheit und erfordert Kenntnisse Glauben an die nachfolgende Generation weiterzugeben ist ein religiöser Lernprozess Die Theologie braucht die pädagogischen Einsichten über Lernprozesse die Wahrnehmungskompetenzen der Pädagogik die Vermittlung der theologischen Inhalte mit diesen Wahrnehmungen Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
1.2. Religionspädagogik zwischen Theologie und Pädagogik Aber: Braucht die Pädagogik die Theologie? Wäre heute die Religionswissenschaft nicht adäquater? Welche Bezugswissenschaft die Pädagogik hat, ist von dem jeweiligen Modell von RU abhängig. Für das konfessionelle Modell und damit die Theologie als Bezugswissenschaft spricht: „Religion“ gibt es immer nur in konkreten Religionen. religiöse Fragen lassen sich nicht ohne Kenntnis und Beschäftigung mit konkreten Religionen bearbeiten. Religion ist positionell, weil sie auf die Auseinandersetzung des Subjekts und nicht auf abstraktes Wissen zielt (mit offenem Ergebnis) Die Pädagogik braucht die Theologie, um die Vermittlung von Religion kompetent bearbeiten zu können. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
1.3. Die Religionspädagogik im theologischen Studium Religionspädagogik ist systematisch eine Teildisziplin der Praktischen Theologie. Sie steht in Kontakt mit den anderen Teildisziplinen der Praktischen Theologie (Poimenik, Homiletik, Liturgik, Pastoraltheologie, Kybernetik, Diakonik) und mit den anderen theologischen Disziplinen. In den letzten Jahren hat sich die Religionswissenschaft zu einer wichtigen Partnerin entwickelt. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Lehren und Lernen von Religion: Sachbezug der RP
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.4. Worum geht es in der Religionspädagogik? Lehren und Lernen von Religion: Sachbezug der RP Lehren und Lernen von Religion: Subjektbezug der RP Religionspädagogik… verzahnt die beiden Themenbereiche, so dass Religion in der Perspektive des Lehrens und Lernens zur Sprache kommt reflektiert die Bedingungen und Voraussetzungen religiösen Lernens fragt nach den Zielen religiöses Lernens Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöses Lernen findet an diversen Orten statt
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.5. Die Praxisfelder der Religionspädagogik Religiöses Lernen findet an diversen Orten statt Religionspädagogik geht daher weit über den schulischen Bereich hinaus und widmet sich sämtlichen Aspekten religiöser Entwicklung, Sozialisation und Bildung Religionspädagogik vermittelt Einblicke in die Zusammenhänge von Religion, Gesellschaft und Bildung Dafür muss sie interdisziplinär ausgerichtet sein: Kontakt mit Psychologie, Soziologie, Medientheorie, Sprachwissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Philosophie… Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Die Religionspädagogik wird daher noch einmal unterteilt in
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.5. Die Praxisfelder der Religionspädagogik Schule und Kirche sind die beiden großen Handlungsfelder der Religionspädagogik. Die Religionspädagogik wird daher noch einmal unterteilt in Religionsdidaktik für den Lernort Schule Gemeindepädagogik für den Lernort Kirche Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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dies ist ein Aspekt der Religionspädagogik: die Fachdidaktik
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.6. Die Frage nach Theorie und Praxis in der Religionspädagogik Religionspädagogik als „Anwendungswissenschaft„, die die richtige Umsetzung der in den anderen Fächern erlernten theologischen Inhalte lehrt? dies ist ein Aspekt der Religionspädagogik: die Fachdidaktik Die Religionspädagogik als Ganze (und insgesamt die Praktische Theologie) ist jedoch nicht die Praxis, sondern die Theorie der Praxis Religionspädagogik analysiert und erklärt die Praxis, begründet und verbessert sie, auch indem sie die Wahrnehmung mit theologischen Einsichten verknüpft. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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(möglichst in einem Satz).
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.6. Die Frage nach Theorie und Praxis in der Religionspädagogik Erarbeiten Sie bitte auf diesen Grundlagen zu zweit eine Definition von Religionspädagogik (möglichst in einem Satz). Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Mein Vorschlag einer Kurzdefinition:
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 1.6. Die Frage nach Theorie und Praxis in der Religionspädagogik Mein Vorschlag einer Kurzdefinition: Religionspädagogik ist die Reflexion der Voraussetzungen, Bedingungen, Ziele und Möglichkeiten religiösen Lernens. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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-Grobgliederung- 1. Religionspädagogik als Disziplin 2. Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung 3. Gesellschaft und Religion im 21. Jh. 4. Jugendliche im 21. Jh. 5. Religion als Schulfach 6. Gemeindepädagogik 7. Ziele religionspädagogischen Arbeitens 8. Grundlegende Konzeptionen des 20. Jh. 9. Aktuelle religionspädagogische Ansätze Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Zweites Kapitel: Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung – in welcher Tradition stehen wir religionspädagogisch? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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2. Ein Blick in die Geschichte der christlichen Erziehung – in welcher Tradition stehen wir religionspädagogisch? Die RP ist die jüngste der theologischen Disziplinen (1889) Die Sache ist aber so alt wie das Christentum selbst. Verweis auf frühe Wurzeln: „Katechetik“ von gr. katechein Ursprüngliche Bedeutung: „berichten, unterweisen, belehren„ im allgemeinen Sinne (Lk 1,4; Apg 21,21) Bei Paulus wird das Verb „theologisiert“: Bezug auf die christliche Lehre als Unterweisung in Glaubensdingen (Röm 2,18, 1 Kor 14,19 oder Gal 6,6) In den Pastoralbriefen wird „katechein“ zum terminus technicus für die Unterweisung in der christlichen Lehre als Vorbereitung auf die Taufe. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Taufbewerber*innen werden als Katechumen bezeichnet
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 2.1. Alte Kirche: Katechese als Vorbereitung zur Taufe Taufbewerber*innen werden als Katechumen bezeichnet die Unterweisenden sind Katecheten oder Katechisten dreijährige Unterrichtung des Katechumenen, eigener Status in dieser Zeit Katechese = vereinfachte Lehre (das „Was“), z.B. Tertullians Schrift „Über die Taufe“ Unterweisung ist zunächst verbunden mit Predigt, keine eigene Unterrichtsform, insofern kein eigenes religionspädagogisches Handeln seit Augustin ( ) Ansätze zu einer „Lehre von der christlichen Verkündigung“ (= Katechetik), aber die Verbindung mit der Predigt blieb bis zur Reformation bestehen Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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2.2. Mittelalter: Imitationslernen im Alltag statt kirchliche Unterweisung mit der Kindertaufe endet das Erwachsenenkatechumenat teilweise Lektionen für Erwachsene zum Lernen von Vaterunser, Glaubensbekenntnis und Ave Maria kein eigenständiges Erziehungshandeln der Kirche für Kinder intentionale Erziehung war insgesamt nicht im Blick, keine didaktische Perspektive Bedingungen der Ständegesellschaft und ihrer Institutionen waren auch in der religiösen Erziehung leitend: Modell der „Erziehung des ‚ganzen Hauses‘“ Imitationslernen der Kinder von den Tätigkeiten der Eltern wie im sonstigen Leben auch (Beobachten und Nachsprechen des Vaterunsers, des Glaubensbekenntnisses etc.) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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2.2. Mittelalter: Imitationslernen im Alltag statt kirchliche Unterweisung Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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„Elementarisierung„ des Glaubens mit Frage-Antwort-Schema
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 2.3. Reformation: Katechismen und Konfirmation Interesse an mündigem Christsein und eigenständiger Urteilsbildung religiöse Grundbildung erforderlich großer und kleiner Katechismus Luthers (1529): Zusammen- stellung zentraler Inhalte des christlichen Glaubens (Vaterunser, Glaubensbekenntnis, Zehn Gebote, Taufe, Abendmahl) „Elementarisierung„ des Glaubens mit Frage-Antwort-Schema allmähliche Entwicklung der Konfirmation als eigenständig verantwortetes Bekenntnis zum christlichen Glauben Im Protestantismus wird das religiöse Subjekt, das sich den Glauben persönlich aneignet und ihm bewusst zustimmt, wichtig. Veränderung des Ziels der Katechese: vom Einstimmen in die Tradition zur Grundlegung einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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2.4. Pietismus: Das mündige Subjekt als Ziel der Katechese – Unterweisung als Weg Ideal des Pietismus: persönliches und mündige Christsein Katechese zielt auf Kompetenzzuwachs in Glaubenssachen nicht die Kirche, sondern der Glaube des Subjekts ist für das Wohl und Heil des Menschen entscheidend „Bekehrung„, „Wiedergeburt„ und „Umkehr„ Selbstverantwortung des Menschen negatives Menschenbild: Erbsünde Dem Bösen durch Belehrung zum Guten entgegenwirken Erziehung als Überwindung der Sündhaftigkeit des Menschen Unterweisung in Form des Frage- und Antwortschemas Differenz in Ziel und Weg Dieses pädagogische Spannungsfeld ist bis heute wirksam! Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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2.5. Religionspädagogik als Überwindung der Katechetik Ziel der neuen Disziplin: das Subjekt in den Vordergrund des religiösen Lernprozesses zu rücken und seine Auseinandersetzung mit der Tradition zu fördern. doppelte Öffnung der Disziplin zugunsten des Subjekts, die bis heute wesentlich für die Religionspädagogik ist: Öffnung zur Pädagogik statt ausschließlicher Orientierung an der Theologie Öffnung zur Schule statt überwiegender Orientierung an der Kirche und ihrer Verkündigung Weitung des Interesses auf das religiöse Lernen und die Subjekte jedoch überwiegend weiterhin deduktive Vermittlung mit Bibel, Gesangbuch und Katechismus noch kaum didaktische Umsetzung der Ideale Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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2.5. Religionspädagogik als Überwindung der Katechetik Bitte überlegen und notieren Sie, welche Aspekte aus der Geschichte für heutige Themen und Fragestellungen relevant sind. Welche Probleme oder gedankliche Figuren tauchen bis heute, vielleicht in anderem Gewand, auf? Wo können wir uns positiv auf die Tradition beziehen? Welches Erbe ist belastend? Anschließend tauschen Sie sich bitte zu zweit darüber aus. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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-Grobgliederung- 1. Religionspädagogik als Disziplin 2. Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung 3. Gesellschaft und Religion im 21. Jh. 4. Jugendliche im 21. Jh. 5. Religion als Schulfach 6. Gemeindepädagogik 7. Ziele religionspädagogischen Arbeitens 8. Grundlegende Konzeptionen des 20. Jh. 9. Aktuelle religionspädagogische Ansätze Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Drittes Kapitel: Gesellschaft und Religion im 21. Jahrhundert – in welchem Kontext arbeiten wir religionspädagogisch? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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dass wir nach wie vor in der „Moderne„ leben
Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik 3.1. Unsere Gesellschaft als „Spätmoderne“ Unter verschiedenen Bezeichnungen für die heutige Gesellschaft erscheint „Spätmoderne“ besonders geeignet. Der Begriff zeigt an dass wir nach wie vor in der „Moderne„ leben dass wir in einer anderen Phase der Moderne als im 19. Jh. leben Beginn der „Spätmoderne“: späte 1960er / frühe 1970er Jahre Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Typisch für die Moderne: „Individualisierung“ und „Ausdifferenzierung“ „Individualisierung“ und „Ausdifferenzierung“ als Beschreibung zweier grundlegender Merkmale der Moderne: Individualisierung: Zurücktreten vorgegebener Bindungen und damit eine wesentlich geringere äußere Bestimmung des Lebens. Menschen entscheiden wesentlich stärker selbst darüber, wie sie leben. Ausdifferenzierung: Auflösung eines gesamtgesell- schaftlichen Zusammenhanges in viele einzelne Bereiche, die bestimmte Aufgaben erfüllen und nach ‚eigenen‘ Gesetzen funktionieren (Wirtschaftssystem, politisches System, Bildungssystem, Religionssystem, etc.) Beides bedeutet vor allem für die Kirche einen immensen Machtverlust – der zu begrüßen ist. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Typisch für die Spätmoderne: Noch radikalere Individualisierung und Pluralisierung Seit den 1970er Jahren Ausweitung der Individualisierungsidee auf nahezu alle gesellschaftlichen Akteur*innen Verbesserung der Bildungs- und Berufsschancen für Frauen mit Flexibilisierung traditioneller Geschlechterrollen Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten für Menschen aus „bildungsfernen„ Elternhäusern (frühere „Arbeiterkinder“) Aber: gesellschaftlich bedingte Hürden gegenüber der theoretischen Idee der völligen Wahlfreiheit Individualisierung als Anspruch und Leitbild Gesellschaftliches Klima der Spätmoderne bürdet diese Diskrepanz den Einzelnen auf. Dennoch: Die Möglichkeiten, das eigene Leben selbst zu gestalten, sind erheblich gestiegen! Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Typisch für die Spätmoderne: Noch radikalere Individualisierung und Pluralisierung Individualisierung bedeutet jedoch nicht nur Freiheit, sondern auch Belastung Der „Zwang zur Wahl“ ist anstrengend und manchmal überfordernd. Aus der Individualisierung ergibt sich eine „Pluralisierung„ der Gesellschaft, denn Menschen entscheiden unterschiedlich Es gibt keinen vorgezeichneten Lebensverlauf mehr, keine „Normalbiografie“, die für alle Menschen selbstverständlich gilt. Pluralisierung bedeutet auch, dass es keinen gesellschaftlichen Konsens darüber, was ein gutes und richtiges Leben ist. gesellschaftliches Konfliktpotential Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Typisch für die Spätmoderne: Noch radikalere Individualisierung und Pluralisierung Bitte überlegen Sie zu zweit: Wo sind Ihre Entscheidungsmöglichkeiten im Vergleich zu denen Ihrer (Ur-)großeltern gewachsen? Welche gesellschaftlichen Hemmnisse gegenüber der Idee freier Entscheidungsmöglichkeiten nehmen Sie dennoch wahr? Wo erfahren Sie den Zwang zur Wahl als belastend? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Typisch für die Spätmoderne: Noch radikalere Ausdifferenzierung und Mobilität Ausdifferenzierung bedeutet heute, dass sich das Leben in unterschiedlichen Bereichen abspielt Folge der Ausdifferenzierung ist u.a. auch die deutlich gestiegene Mobilität von Menschen. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Ebenfalls typisch für die Spätmoderne: Globalisierung und Multikulturalität Seit dem 19. und 20. Jh., verstärkt seit den letzten 50 Jahren weltweite Erhöhung von Migration. Zunahme des Einflusses anderer Kulturen (z.B. kulinarisch, Nachbarschaft, Einfluss der östlichen Religionen) Gesellschaftliche Pluralität kann zu Verunsicherung bis hin zu Bedrohung führen (gegenwärtig u.a. durch Protestbewegungen oder die AfD repräsentiert). Die Gesellschaft der Gegenwart besteht aus einem Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen, das immer wieder zu Spannungen und Herausforderungen führt, aber auch eine Bereicherung und Chance zur Auseinandersetzung bildet. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Ebenfalls typisch für die Spätmoderne: Globalisierung und Multikulturalität Auch innerhalb des Christentums gibt es andere Konfessionen: Freikirchen, orthodoxe Kirchen aus verschiedenen Ländern und afrikanische Gemeinden. Diese Situation kann zu Gefühlen von Verunsicherung bis hin zu Bedrohung führen, da auf Unvertrautes nicht selten mit Abwehr reagiert wird (gegenwärtig u.a. durch Protestbewegungen oder die AfD repräsentiert). Die Gesellschaft der Gegenwart besteht aus einem Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen, das immer wieder zu Spannungen und Herausforderungen führt, aber auch als Bereicherung und Chance zur Auseinandersetzung wahrgenommen wird. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Neu in der Spätmoderne: Fortschrittsoptimismus und Machbarkeit relativieren sich Relativierung typischer Merkmale der Moderne in der Spätmoderne trifft den Fortschrittsoptimismus und die Überzeugung, mit rationalem Denken und technischen Errungenschaften letztlich alle Probleme lösen zu können zunehmende Skepsis gegenüber rationaler Machbarkeit der Welt „Kälte“ der modernen Machbarkeit in ihrer auch lebensfeindlichen Dimension ist deutlich geworden; typisch frühmoderne Weltsicht, dass Rationalität und Fortschritt „Irrationalität“ und Gefühlen überlegen sind, ist längst in Frage gestellt. Auswirkung auf die Entwicklung der Religion in der spätmodernen Gesellschaft
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
3.2. Religion in der spätmodernen Gesellschaft „Religion heute“ Notieren Sie bitte alle Stichworte, die Ihnen spontan zu diesem Thema einfallen, auf einem Blatt Papier und sortieren Sie diese in einer Art ‚mind map‘. Im Anschluss an die Vorlesung werde ich Sie bitten, das Gehörte in Ihre Stichworte einzuordnen. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? Religion ist kein angestammter Begriff des Christentums, wurde aber in der Antike benutzt etymologische Möglichkeiten: - religere: sich rückbinden, rückbeziehen auf etwas - relegere: wieder zusammennehmen, verehren reeligere: wiederentdecken, umkehren Unterscheidung von Religion und Theologie seit dem 18. Jh. zwei Grundtypen des Religionsverständnisses: „substantielle“ Religionsdefinitionen, die einen Bezug auf Gott, Heiliges oder Transzendentes vornehmen „funktionale“ Religionsdefinitionen, die nach der Leistung von Religion für Individuum, Gesellschaft oder Kultur fragen Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? Funktionale Religionsdefinitionen: Wurzel in Religionskritik (Marx, Feuerbach etc.) heute eher konstruktiv als kritisch verwendet Vorteile der offenen funktionalen Definition: keine Verengung der Perspektive vor der Wahrnehmung Nachteil der offenen funktionale Definition: Diffusität, mögliche Übergriffigkeit, Abgrenzung schwierig Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? Was gehört für Sie unabdingbar zu Religion hinzu? Sammeln Sie Bausteine für eine Definition! Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? „Sinn und Geschmack für das Unendliche“ Friedrich Schleiermacher, Ergriffensein von dem, „was uns unbedingt angeht“ Paul Tillich, „alles, bei dem es „um letzten, äußersten Sinn geht“ Karl-Fritz Daiber, *1931 „einen Platz offen zu halten für das ‚ganz Andere’, das Lebendige, das ‚wahre Leben’“ Hans-G. Heimbrock, *1948 „die Welt anders zu sehen, einen anderen Sinn für die Welt zu bekommen“ Henning Luther, „… wo das Leben und die Welt in ihrem Bezug zu Gott gesehen und interpretiert werden“ Isolde Karle, * 1963 Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? Mein eigener Vorschlag: Religion ist die Bearbeitung existenzieller Fragen im Horizont einer transzendenten Größe ( Anwendung des substanziellen und des funktionalen Zugangs in einem weiten Sinne anzuwenden und die nötige Begrenzung des Gegenstandes durch ihre Kombination herzustellen) Religion und Pseudoreligion bleiben im konkreten Fall oft schwierig zu unterscheiden Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? Empirische Erforschung von Religion: Mehrdimensionalität erforderlich Beispiel für ein empirisch verwendbares Modell von Religion: Ausdrucksformen von Religion nach Charles Glock: Wissen über religiöse Inhalte (z.B. wer ist Jesus Christus?) Überzeugung, dass bestimmte Inhalte wahr sind (z.B. dass nach dem Tod nicht alles aus ist) Praktizieren religiöser Riten (z.B. beten oder am Gottesdienst teilnehmen) religiöse Erfahrungen (z.B. Ergriffensein beim Weihnachtsoratorium oder einem Sonnenaufgang) - Konsequenzen religiöser Überzeugungen im Alltag (z.B. sich bei Konflikten in bestimmter Weise verhalten) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Vorweg: Was ist eigentlich Religion? Erarbeiten Sie jetzt bitte zu zweit eine Definition von Religion! Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Religion im 21. Jahrhundert: „in„ oder „out„? Bis in die 1990er Jahre war „Säkularisierung“ das Leitwort bzgl. der Zukunft von Religion in der modernen Gesellschaft Kern der Säkularisierungsthese: Modernität und Religion stehen in einem umgekehrt-reziproken Verhältnis: Je moderner eine Gesellschaft, desto weniger religiös ist sie. • Für die Säkularisierungsthese spricht: Rückgang des gesellschaftliches Einflusses der Kirche Rückgang religiöser Praktiken in der Gesellschaft geringer sonntäglicher Gottesdienstbesuch deutlicher Mitgliederschwund der Kirche Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Religion im 21. Jahrhundert: „In„ oder „Out„? Mittlerweile mehren sich jedoch die Anzeichen, dass die Säkularisierungsthese in dieser Absolutheit nicht haltbar ist. Dies zeigt ein Blick in andere Länder , aber auch bei uns spricht gegen die „Säkularisierungsthese“: 70% der dt. Bevölkerung sind als religiös zu bezeichnen („Religionsmonitor„ der Bertelsmann-Stiftung) der Gottesdienstbesuch zu besonderen Anlässen wächst (Weihnachten, Einschulung, Katastrophen etc.) die gesellschaftliche Bedeutung von Religion wächst größere mediale Präsenz des Themas Religion (bei Negativschlagzeilen, aber auch in positiver Hinsicht) jüngere Menschen sind tendenziell religiöser als ältere Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Altersspezifische Verteilung der Überzeugung, dass nach dem Tod nicht alles aus ist
18-29 30-39 40-49 50-59 60+ 41% 29% 33% 36% 34%
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Religion im 21. Jahrhundert: „In„ oder „Out„? Unterschiedliche Deutung dieser Phänomene in der Religionssoziologie Überwiegend ist die Säkularisierungsthese jedoch durch die „Pluralisierungsthese“ abgelöst worden: Religion ist in der Spätmoderne nicht im Schwinden begriffen, sondern tritt in vielfältigen, teilweise ungewohnten Formen auf, die ihre Wahrnehmung erschweren, sie jedoch in vielfacher Weise lebendig sein lassen. Kritisch wird die These auch heute dann gesehen, wenn Religion eng mit ihren traditionelle Formen gekoppelt wird Bedeutung des Religionsbegriffs Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religion im 21. Jahrhundert: „In„ oder „Out„? Wo erleben Sie alltagsweltlich Belege für die Säkularisierungs-, wo für die Pluralisierungsthese? Wie wirkt sich Ihre eigene Haltung und Überzeugung dazu auf Ihre Wahrnehmungen aus? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöse Formen der Spätmoderne Seit Ende der 1960er Jahre deutliche Veränderung der Formen von Religion Veränderung ist Teil der allg. gesellschaftlichen Entwicklung Pluralisierung und Individualisierung von Religion in der Spätmoderne Gegenbild Mittelalter mit einer engen Verbindung von Gesellschaft, Religion und Kirche 19. Jh. tiefer Einschnitt in der Bedeutung von Christentum und Kirche für das Leben von Menschen Ende der 1960er Jahre massenhaft Kirchenaustritte Kirchenzugehörigkeit, aber auch Religiosität ist seitdem Gegenstand der persönlichen Wahl. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöse Formen der Spätmoderne Heute „religiöser Markt“ mit einer Vielfalt religiöser Angebote Verteilung der Religionen in Deutschland: Ca. 27% evangelisch, 29% katholisch, 4,4% muslimisch, 36% ohne Religionszugehörigkeit (fowid 2015) Pluralisierung gilt in vierfacher Hinsicht: bezüglich Religionen bezüglich Konfessionen bezüglich Weltanschauungen individuell (auch innerhalb der gleichen Konfession) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöse Formen der Spätmoderne Eigene Person gewinnt für die Religion enorm an Bedeutung. Der einzelne Mensch entscheidet über die Religion und sein Verhältnis zur Kirche, statt dass die Kirche über ihn bestimmt. Entscheidung der Individuen Kriterium der Brauchbarkeit bzw. „Lebensdienlichkeit“: Religion wird als relevant erachtet, wenn und insofern sie bei der Bewältigung des Lebens hilft Für die evangelischen Kirche ist eine Pluralität von Überzeugungen besonders typisch Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöse Formen der Spätmoderne Statistisch betrachtet ist der Zusammenhang zwischen Reli-giosität und Kirchenmitgliedschaft relativ eng: Die meisten religiösen Menschen gehören einer Glaubensgemeinschaft an. Religiöse Prägungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens mitbekommen hat, wirken entscheidend auf seinen Umgang mit Religion und seinen Glauben ein. Religiöser „Markt“ ist in Europa insofern nicht „gleichberechtigt“, als die traditionellen religiösen Institutionen, insbesondere die großen Kirchen, nach wie vor wesentlich stärker religionsbildend sind als andere „Anbieter“ Vertrauensvorschuss gegenüber religiösen Bewegungen Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöse Formen der Spätmoderne nach wie vor hohes Interesse an Kasualien, auch an „neuen Kasualien“ (z.B. Schulanfangsgottesdienste) In der sog. „Erlebnisgesellschaft“ wird auch Religion zunehmend mit einem Anspruch auf ein inneres „Erleben“ verbunden. Konjunktur des Spiritualitätsbegriffes typisch für die Aspekte spätmoderner Religion Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religiöse Formen der Spätmoderne Welche Aspekte typisch spätmoderner Religiosität finden sich in meiner persönlichen religiösen Orientierung? Welche Aspekte sind nicht typisch? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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-Grobgliederung- 1. Religionspädagogik als Disziplin 2. Ein Blick in die Geschichte christlicher Erziehung 3. Gesellschaft und Religion im 21. Jh. 4. Jugendliche im 21. Jh. 5. Religion als Schulfach 6. Gemeindepädagogik 7. Ziele religionspädagogischen Arbeitens 8. Grundlegende Konzeptionen des 20. Jh. 9. Aktuelle religionspädagogische Ansätze Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Viertes Kapitel: Jugendliche im 21. Jahrhundert – mit wem arbeiten wir religionspädagogisch? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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4.1. Soziologische Einsichten Was meint „Jugend“ im 21. Jahrhundert? Shell-Jugendstudie: Jugend als 12-25jährig definiert Abgrenzung zum Erwachsenenalter fließend „Kindheit“ und „Jugend“ als historisch kontingente Konstruktionen (Philippe Ariès 1960) „Jugend“ ist kein „psychosoziales Moratorium“ (Erik Erikson) mehr „Entspezifizierung der Jugendphase“ (Dieter Baacke) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Was meint „Jugend“ im 21. Jahrhundert? „Jugendlichkeit“ gehört heute zum Erwachsenenhabitus weniger Abgrenzungsbedürfnis seitens der Jugendlichen als in früheren Generationen Shell Studie 2015: „Pragmatische Generation im Aufbruch„ Wichtige Werte der Jugend: Sicherheit und soziale Beziehungen, Engagement. Neu: Experimentierfreudigkeit. Jugendliche heute verhältnismäßig optimistisch: 61% der Jugendlichen blicken optimistisch in die eigene Zukunft, dies ist jedoch milieuabhängig! Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Was meint „Jugend“ im 21. Jahrhundert? Jugendliche haben heute sowohl höhere Bildungs- und Berufsaspirationen als auch höhere Ansprüche an ihre Arbeitgeber*innen Freundschaft, Partnerschaft und Familie stehen bei den Mädchen und Jungen an erster Stelle. Befragten ist 2015 ‚Bereitschaft zum umweltbewussten Verhalten‘ wichtiger als in vorangegangenen Studien. Materielle Dinge verlieren an Bedeutung. Eine Mehrheit findet den erstmals erfragten Wert „Die Vielfalt der Menschen anerkennen und respektieren“ wichtig. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Was meint „Jugend“ im 21. Jahrhundert? politisches Interesse von Jugendlichen nimmt zu Bereitschaft zur eigenen Beteiligung an politischen Aktivitäten Nur 29% der Jugendlichen fürchteten sich 2015 vor Zuwanderung, aber 48% hatten Angst vor Ausländerfeindlichkeit gestiegene Terrorgefahr im Bewusstsein der Jugendlichen 2015 ist die Online-Vollversorgung Wirklichkeit geworden: 99 Prozent der Jugendlichen haben Zugang zum Internet Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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4.2. Religionssoziologische Einsichten Aufwachsen in religiöser Pluralität unter Dominanz christlicher Perspektiven Jugendliche heute seit dem Kindergarten an religiöse Vielfalt gewöhnt. großes Spektrum von Erfahrungen mit Religion christliche Tradition ist häufig nach wie vor Grundlage für die persönliche Religiosität Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vielfältige Erscheinungsformen von Religion in der Jugendkultur Massenmedien spielen wesentliche Rolle für die Etablierung von Religion in der heutigen Jugendkultur (Kino, Musik, Fernsehen, Internet) Religiöse Sozialisierung nicht klar vorgezeichnet als Gemeinschaftsanstrengung der traditionellen Sozialisationsinstanzen Jugendliche erleben Religion häufig an anderen Orten, als religionspädagogisch geplant oder evtl. wünschenswert Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Großes Spektrum von Erfahrungen mit Religion Weder in der Schule noch in kirchlichen Handlungsfeldern kann von einer einheitlichen christlichen Sozialisation ausgegangen werden Keine klaren Grenzen zwischen „religiös“ – „säkular“, „christlich“ – „nichtchristlich“ oder „kirchennah“ – „kirchenfern“ Religionspädagogisches Arbeiten muss immer davon ausgehen, über die religiöse Prägung ihrer Teilnehmenden nichts zu wissen und mit allem zu rechnen. Heterogene Lerngruppen und Konstellationen mit jeweils unterschiedlichen Prägungen (um die die Beteiligten nicht immer selbst genau wissen) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Subjektrechte in Sachen Religion: Auch für Jugendliche ist Religion Gegenstand der Wahl bereits Kindern werden heute ‚Subjektrechte’ eingeräumt wachsende Orientierungs- und Handlungsalternativen bereits früh gilt der „Zwang zur Häresie“ Kindern wird früh zugetraut und zugemutet, sich zu religiösen Fragen zu verhalten. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Keine Ablehnung von Kirche, aber Anspruch auf ihre Sinnhaftigkeit traditionelle Formen und Gehalte haben (wie alle Traditionen und Großorganisationen) an Bedeutung für Jugendliche verloren tendenziell Gleichgültigkeit gegenüber Kirche ABER: Wenn Kirche positiv erlebt wird und sich als hilfreich erweist, wird sie durchaus gerne von Jugendlichen wahrgenommen und in Anspruch genommen Religion muss im Hier und Jetzt etwas „bringen“, sie muss für das eigene Leben als sinnvoll empfunden werden Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Keine Ablehnung von Traditionen, aber kritische Befragung Diagnose „Traditionsabbruch“ ist zu einseitig Traditionen haben normierende Kraft und verbindliche Autorität weitgehend eingebüßt gleichzeitig neu erwachtes Interesse an religiösen Traditionen (z.B. Pilgerwegen oder Aufenthalte in Klöstern) potenzielle Quelle für Sinnkonstruktionen und Impulse auf der Suche nach Antworten Verschiebung der Rolle von Traditionen: Potenziale aus der Vergangenheit werden daraufhin geprüft, ob sie sich als sinnhaft für die Gegenwart erweisen Selektive Auswahl möglich Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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4.3. Entwicklungspsychologische Einsichten Kenntnis entwicklungspsychologischer Einflüsse für religionspädagogische Arbeit notwendig mehrere Modelle mit verhältnismäßig großen Konvergenzen exemplarisches Kennenlernen zweier Theorien Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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4.3. Entwicklungspsychologische Einsichten „Für mich ist Gott keine Person. Früher dachte ich, Gott wäre so ein alter Herr mit Bart, grauhaarig mit einem weißen Gewand. Er war für mich sehr weise und gütig und hat eine in gewisser Weise feierliche und getragene Stimmung verbreitet. Als ich dann älter wurde, konnte ich, vor allem um meine Konfirmandenzeit herum, so gut wie gar nichts mit Gott anfangen. Die alte Vorstellung ist nicht mehr gültig, aber man hat auch noch keine neue. Das ist es auch, was mich an dem Alter, in dem man konfirmiert wird, so stört. Man hat genug damit zu tun, mit sich und seiner Umwelt klar zu kommen und hat für Gott gar keinen Platz. Später oder auch früher würde es einem viel mehr bringen, weil man dann auch wirklich was zu dem Thema zu sagen hat. Denn, wenn man dann erst mal mit sich im Reinen ist, kann man sich auch wieder mit Gott beschäftigen. …( Fortsetzung nächste Folie) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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4.3. Entwicklungspsychologische Einsichten …Heute ist Gott für mich vielmehr ein Gefühl. Gott ist für mich in der Liebe, die ich anderen Menschen gegenüber empfinde und auch in der Liebe, die mir entgegengebracht wird. Das ist mir erst in letzter Zeit klar geworden. Ich habe gelernt, Liebe, wirkliche und starke Liebe zu empfinden. Ich habe gemerkt, dass alles, was man so für Verliebtsein hält, in Wirklichkeit etwas ganz anderes, ein viel ärmeres Gefühl ist. Zu lernen, wirkliche Liebe zu empfinden, war und ist für mich sehr, sehr wichtig geworden. Liebe, die auch einer noch so großen Distanz und unterschiedlichen Lebensgewohnheiten standhält. In der Liebe ist für mich Gott.“ Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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4.3. Entwicklungspsychologische Einsichten Entwicklungspsychologische „Stufentheorien„ (Fritz Oser/Paul Gmünder - James W. Fowler) Anliegen der Modelle: Verstehen, wie sich Religiosität lebensgeschichtlich entwickelt. In heutiger Perspektive ist aber zu betonen: Die verschiedenen Stufenmodelle beschreiben keinen „Reifungsprozess“ von einer minderen zu einer höheren Stufe, sondern zeigen mögliche Zugänge zu Religion auf Die Altersangabe dient nur zur groben Orientierung, einzelne SuS können auf einer ganz anderen „Stufe“ sein – oder mehrere „Stufen“ miteinander verbinden. Die Stufentheorien sind kein religionspädagogisches Entwicklungsprogramm! Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Fritz Oser/Paul Gmünder: Der Mensch – Stufen seiner religiösen Entwicklung. Ein strukturgenetischer Ansatz, Zürich/Köln 1984 Untersuchungsgegenstand: religiöse Urteilsbildung Tiefenstruktur, die allem Denken und Urteilen über religiöse Fragen zugrunde liegt Voraussetzung: allgemein menschliche Religiosität. Menschen stellen die Frage nach dem „unbedingt Gültigen“ Zentraler Gedanken: Autonomie des Menschen und die Autonomie des „Ultimaten“ zusammenzudenken. Methodik: Dilemma-Geschichten Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Das „Paul-Dilemma“: Paul, ein junger Arzt, befindet sich in der lebensbedroh- lichen Situation eines Flugzeugabsturzes. Er betet zu Gott und verspricht, falls er überlebt, seine geplante Zukunft mit Heirat und gut bezahlter Klinikstelle aufzugeben und sein Leben für Menschen in einem Entwicklungsland einzusetzen. Nachdem er gerettet worden ist und zudem für eine aussichtsreiche Stelle ausgewählt wurde, steht er im Konflikt. Wie soll er sich entscheiden? Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Stufe 1: Kleinkind- und Vorschulalter Paul muss sein Versprechen einlösen, sonst wird er bestraft. Gott bzw. der „Ultimat“ ist eine Macht, die unbeeinflussbar alles tut und wirkt. Die Interaktion ist einseitig, der Mensch hat keine Freiheit, sondern ist völlig abhängig vom Ultimaten. „Er soll schon gehen. Weil er es versprochen hat. Wenn etwas geschieht, soll man an den lieben Gott denken. Der liebe Gott ist der Liebste, er hilft den Leuten, wenn man ein Versprechen gemacht hat, und dann muss man auch tun, was man versprochen hat.“ Wieso soll man ein Versprechen halten? „Weil man vielleicht sonst doch bestraft wird. Gott tut, dass man im Inneren weh hat – Bauchweh oder so etwas.“ zitiert nach Friedrich Schweitzer: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh, 126. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Stufe 2: Grundschulalter bis frühes Jugendalter Paul muss sein Versprechen halten, sonst verhält Gott sich auch nicht anständig zu ihm. Gott ist beeinflussbar, man kann einen Handel auf Wechselseitigkeit treiben („do ut des“). Interaktion und Abhängigkeit sind gegenseitig, Rationalität und Autonomie haben zugenommen. „Ja, das muss er, Gott hat ihn auch gerettet. Er hat den Paul vielleicht darum gerettet, weil er immer lieb zu ihm war. Er hat nicht so viel Böses gemacht. Wenn wir nämlich gut zu Gott sind, dann hilft uns vielleicht Gott auch wieder einmal.“ Warum hilft uns Gott? „Er will damit erreichen, dass wir überlegen können. Wenn er uns hilft, dann können wir manchmal auch etwas für ihn tun. Zuerst machen wir etwas, vielleicht hilft er uns dann.“ zitiert nach Friedrich Schweitzer: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh, 126f.
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Stufe 3: Jugendalter (ab 11) bis Erwachsenenalter Paul kann sich entscheiden, wie er will. Gott wird nicht darauf reagieren, weil er keinen Einfluss auf das Leben des Menschen und die Welt nimmt (latenter Deismus). Mensch und Gott sind voneinander unabhängig. „Der Fehler besteht schon darin, dass Paul mit dem lieben Gott einen Handel macht. Das finde ich kindisch in einer solchen Situation. Die Frage ist, was Paul noch von seinem Leben hat, wenn er alles aufgeben muss, das ihm Spaß bereitet. … Dies muss ich dann tun, weil es mir ein inneres Bedürfnis ist und weil ich den Entschluss in einem wichtigen Moment meines Lebens gefasst habe, aber nicht, weil ich es dem lieben Gott versprochen habe.“ zitiert nach Friedrich Schweitzer: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh, 127.
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Stufe 4: Frühes Erwachsenenalter Paul kann sich in Beziehung zu Gott frei entscheiden Der Mensch hat eine neue Beziehung zu Gott aufgebaut. Darin ist seine Freiheit nicht unabhängig von Gott, sondern Gott ermöglicht und will die Freiheit des Menschen. Es wird nicht absolut geurteilt, sondern die konkrete Situation berücksichtigt. „[…] dass er dieses Versprechen nicht aus freier Überzeugung gemacht hat, sondern aus Angst, dass es also ein unfreier Entschluss war. […] Ich würde sagen, dass die Freiheit für einen totalen Einsatz für Gott einfach Grundbedingung ist für eine echte religiöse Handlung. …] Aber nicht, dass er dies machen muss, denn er kann es anders machen, da ist der Mensch frei; nur geht es eben darum, frei heißt nicht, dass er machen kann, was er will… “ zitiert nach Friedrich Schweitzer: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh, 128f.
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Stufen religiöser Entwicklung bzw. des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder Stufe 5: mittleres Erwachsenenalter (eher selten) Die Freiheit von etwas wird hier zu einer Freiheit zu. Höchste menschliche Autonomie befähigt den Menschen zur Intersub-jektivität und Kommunikativität. Der Grund der Freiheit und der Impuls zu sozialem Engagement werden in Gott gesehen. „Natürlich hat Paul durch das Eintreten in diese Lebensbeziehung Freiheit realisiert, die nicht aus der Gottesbeziehung herausgenommen werden darf, sondern auch hier die Auslegung des Willens Gottes ist, […] d.h. hier der Liebe zu seiner Freundin und der Liebe zu seinem Beruf, denn, dass er der Beste ist von allen für diese chirurgische Klinik, ist für mich indirekt ein Anruf vom Willen Gottes […] Ich kann meinem Gottesbezug nicht unabhängig von meinem Kommunikations- und Arbeitsbezug her denken, denn dann würde er inhaltsleer und damit eine Flucht. Der Gottesbezug realisiert sich nur innerhalb des Geschichtsbezuges…“ zitiert nach Friedrich Schweitzer: Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh, 129.
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Die Stufentheorie von James W. Fowler James W. Fowler: Stufen des Glaubens. Die Psychologie der mensch- lichen Entwicklung und die Suche nach Sinn, Gütersloh [1981] 1991 Untersuchungsgegenstand „faith“: Lebenseinstellung, die die ganze Person in ihrem Streben nach Sinn umfasst ebenfalls kultur- und religionsunabhängig gedacht halboffene Interviews zu Beziehungen, Werten, religiösen Erfahrungen und Deutungen relativ große Ähnlichkeit des Modells mit Oser/Gmünder: auch hier Entwicklung von einem relativ fremd bestimmten Glauben zu einem autonomen Gottesbeziehung deutlicher als bei Oser/Gmünder ist die Chance jeder Stufe und ihr bleibender Charakter erkennbar
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 0: „Primärer/undifferenzierter Glaube (Säuglingsalter) Durch ein verlässliches Gegenüber bildet sich beim Baby die Fähigkeit des Vertrauens. Diese Vorerfahrung des Glaubens gleicht Trennungserfahrungen und erste Angst aus Bleibend wichtig: Vertrauen darauf, dass es ein verlässliches (transzendentes) Gegenüber gibt
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 1: Intuitiv-projektiver Glaube (bis Vorschulalter) Bilder und Gegenstände werden „intuitiv“ aufgenommen. Kinder machen sich ein Bild von einer Sache und „übertragen“, „projizieren“ darauf eine fantastische Macht. Symbole erhalten die Kraft, Probleme zu lösen. „Macht“ ist zentral: Gott als faszinosum und tremendum Kinder finden geheimnisvolle Antworten über das Göttliche Bleibend wichtig: Symbole beschreiben religiöse Erfahrungen
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 2: Mythisch-wörtlicher Glaube (bis frühe Jugendzeit): logisches Denken hilft beim Ordnen der Welt Geschichten werden zunächst wörtlich genommen, dann aber zunehmend auf ihren Realitätsgehalt überprüft Gott ist fürsorglich, streng und strafend. Welt wird nach mechanischer Reziprozität verstanden („Wie du mir, so ich dir“): Tun-Ergehen-Zusammenhang Bleibend wichtig: die Fähigkeit, in Geschichten zu leben und aus ihnen Kraft für das eigene Leben zu gewinnen.
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Millie: Gott ist wie ein Heiliger. Er ist gut, er regiert die Welt, sozusagen, aber auf eine gute Weise. Interviewerin: Wie regiert er die Welt? Millie: Er – er regiert nicht wirklich die Welt, aber, hm – Warten Sie, er – er lebt oben auf der Welt, und er beobachtet immer jeden. Zumindest versucht er es. Und er tut das, was er für richtig hält […] und er versucht, das Beste zu tun, und – er lebt oben im Himmel. Interviewerin: Kannst du sagen, was der Teufel ist? Millie: Der Teufel ist auch ein Heiliger, aber er glaubt an das Böse und macht die Sachen falsch. Gerade das Gegenteil von Gott. Und er tut immer Dinge, von denen Gott nicht will, dass man sie tut. Interviewerin: Hat er Macht über die Welt? Millie: Der Teufel? Sozusagen, nein. Gott – nein. Ich glaube nicht ... Das ist eine schwierige Frage. Gott hat nicht wirklich Macht über die Welt. Er sieht hier nur so zu. Der Teufel ist so wie eine kleine Maus, die versucht, Käse zu bekommen. Irgendwie versucht er, reinzukommen, aber ich glaube, er kann es einfach nicht.
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 3: Synthetisch-konventioneller Glaube (ab Jugendzeit) Herausforderung Identitätsfindung (Pubertät) Orientierung an anderen, an Vorbildern („konventionell“) Überzeugungen werden zusammengefügt („synthetisch“) häufig Entfernung von Gott nach Verlust des Kinderglaubens Gott wird als guter Freund benötigt, der einen in seiner Tiefe kennt, annimmt und bestätigt. Bleibend wichtig: Suche nach der eigenen Mitte mit Integration neuer Erfahrungen
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Interviewer: Linda, wenn du sagst, dass du weißt, woran du glaubst ... – kannst du dann zu beschreiben versuchen, wie du erfahren hast, woran du glaubst? Linda: „Durch die Religion, glaube ich. Ich bin immer in die Kirche und so gegangen. Und meine Eltern, sie haben mir immer den Weg gezeigt ... Sie haben mir immer beigebracht, dass Gott immer da ist, und wissen Sie, er ist die einzige Art und Weise, in der man es wirklich schaffen kann ... Man hängt von ihm ab, und ich glaube wirklich an ihn, und Sie wissen, man sagt, dass Gott in vielen geheimnisvollen Weisen spricht? Ja, in gewisser Weise hat er oft zu mir gesprochen ... Ich denke wirklich, dass er mich dahin geführt hat, wo ich heute bin. Weil ich oft einfach gedacht habe, die Welt ist so, verstehen Sie, ich habe einfach gar nichts gefühlt. Aber dann eines Morgens habe ich einfach so ein Gefühl ... Ich denke, da ist jemand, verstehen Sie?“
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 4: Individuell-reflektierender Glaube (frühes Erwachsenenalter): kritische Reflexion von Werten und Überzeugungen Fähigkeit zur Selbstreflexion und kritischer Distanznahme gegenüber bisherigen Autoritäten und Traditionen Bewusstsein von Subjektivität, Individualität und Autonomie oft religionskritische und symbolkritische Haltung Bleibend wichtig: eigenständige und kritische Reflexion von Glaubensinhalten, Selbstbewusstsein („mit meinem Gott bin ich, wie ich bin“)
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler „Ja, was meine Religion angeht, wenn Sie es aus dem Blickwinkel der organisierten Religion betrachten, so habe ich im Grunde keine. Ich wurde katholisch erzogen, praktiziere aber im formalen Sinne keine Religion, kein Ritual oder so. Ich lebe mein Leben so, wie ich es für richtig halte – das hängt überhaupt nicht von den religiösen Aussagen einer Gruppe oder religiösen Organisationen ab, und meine Werte bestehen nur darin, was mir richtig erscheint. Ich lehne die Werte vieler organisierter Religionen ab und vertrete manche Werte, die nicht nur der organisierten Religion, sondern der Gesellschaft im Ganzen widerspricht.“
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 5: Verbindender Glaube (mittleres Erwachsenenalter und später, Ausnahme) Kommunikations- und Dialogfähigkeit sind weit entwickelt keine vorschnellen Bewertungen, sondern Frage nach Hintergründen und Bedingungen neue Würdigung von Symbolen, Mythen und Geschichten Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Glaubensinhalten, Relativierung der eigenen Wahrheit Bleibend wichtig: Toleranz und Dialogfähigkeit, Formulierung des eigenen Glauben ohne Angst und Abgrenzungsbedürfnis
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Stufe 6: Universalisierender Glaube (theoretische Größe) Konstruktion aus „Prototypen„ religiöser Hingabe (Martin Luther King, Mutter Theresa, Dietrich Bonhoeffer, Mahatma Gandhi, Dag Hammerskjöld oder Abraham Heschel) selbstlose, leidenschaftliche Orientierung an ihren Visionen verwurzelt in der Einheit des Seins, mit Gott jenseits der Paradoxien im Leben und seine Polaritäten
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Die Stufentheorie von James W. Fowler Anfragen und Kritik: Reduktion von Religiosität auf (kognitive) Urteilsbildung künstliche Gesprächssituation, die wenig darüber aussagt, wie die Befragten selbst handeln würden Ergebnis ist abhängig von der Textkonstruktion: die Formulierung der Fragestellung verändert die Reaktionen Theorie suggeriert eine Kontextlosigkeit von Religiosität – vermutlich heute schon andere Ergebnisse (Pluralität) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Die Stufentheorie von James W. Fowler Anfragen und Kritik: Trennung der Stufen künstlich: Stufen existieren nebeneinander, Veränderungen geschehen langsam Reihenfolge der Stufen ist nicht zwingend Stufen implizieren letztlich doch eine Höherwertigkeit „erwachsener“ Religiosität gegenüber der von Kindern Theorie ist nicht religionsneutral: christliche Vorannahmen (paulinische Theologie) sind deutlich Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorläufertheorien Jean Piaget ( ) Schweizer Biologe und Pionier der kognitiven Entwicklungspsychologie Stufentheorie zur kognitiven Entwicklung des Menschen, die er konkreten Altersstadien zuweist: Stadium der sensomotorischen Intelligenz (0–2 Jahre) Stadium der präoperationalen Intelligenz (2–7 Jahre) Stadium der konkret-operationalen Intelligenz (7–12 Jahre) Stadium der formal-operationalen Intelligenz (ab 12 Jahre) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorläufertheorien Lawrence Kohlberg ( ) US-am. Psychologe und Erziehungswissenschaftler I Präkonventionelles Stadium Stufe 1: Die Orientierung an Bestrafung und Gehorsam. Stufe 2: Die instrumentell-relativistische Orientierung II Konventionelles Stadium Stufe 3: Orientierung an persönlicher Zustimmung Stufe 4: Orientierung an Recht und Ordnung III Postkonventionelles Stadium Stufe 5: Die Sozialvertragsorientierung Stufe 6: Orientierung an allg. ethischen Prinzipien (Ideal) Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Heutige Rezeption der Stufentheorien Religionspädagogische Tendenz heute: Die Stufentheorien werden in einer „weicheren Lesart“ verstanden Stufen werden nicht als zwingende Folge von Schritten gesehen, sondern als typische religiöse Orientierungen, die in bestimmten Altersstufen erwartbarer sind als in anderen. Elemente von Stufen gleichzeitig vorhanden Wertschätzung der „kindlichen“ Entwicklungsstufen psychische Entwicklung verläuft „domänenspezifisch“ auch hinsichtlich differenzierter Gedankenoperationen Bedeutung der angebotenen und verarbeiteten Wissens und der Beschäftigung mit Religion wird ernst genommen Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religionspädagogische Konsequenzen Der bleibende Wert der Stufentheorien in „weicher Lesart“: erhellen die Beziehung zwischen Gott und Mensch und führen zu ihrer differenzierteren Wahrnehmung zeigen, dass Kinder und Jugendliche religiöse Inhalte nicht in der gleichen Weise aufnehmen wie Erwachsene. Relevanz für Unterrichtsentwürfe: Wie stellt sich das Thema entwicklungspsychologisch dar? schwierige Balance zwischen einer pauschalen Kategorisierung und der Einsicht, dass ein gewisser Entwicklungsstand wahrscheinlicher als ein anderer besonders wichtig für Gleichnisse und Wundergeschichten Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Religionspädagogische Konsequenzen 1 Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn, der früh am Morgen ausging, um Arbeiter anzuwerben für seinen Weinberg. 2 Und als er mit den Arbeitern einig wurde über einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg. 3 Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere auf dem Markt müßig stehen 4 und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist. 5 Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat dasselbe. 6 Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere stehen und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig da? 7 Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand angeworben. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg. 8 Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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Vorlesung: Grundfragen der Religionspädagogik
Religionspädagogische Konsequenzen 9 Da kamen, die um die elfte Stunde angeworben waren, und jeder empfing seinen Silbergroschen. 10 Als aber die Ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeder seinen Silbergroschen. 11 Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn 12 und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des Tages Last und die Hitze getragen haben. 13 Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen? 14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem Letzten dasselbe geben wie dir. 15 Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du darum scheel, weil ich so gütig bin? 16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein. Theologische Fakultät Kiel, Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong, WS 2017/2018
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