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Veröffentlicht von:Marta Schreiber Geändert vor über 7 Jahren
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Kapitel: Polymorphismen und deren Stabilität
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Polymorphismen: Warum Polymorphismen und wie können sie überleben?
was sind Allele? was ist Polymorphismus? Populationen unterscheiden sich in ihrer Allel-Häufigkeitsverteilung was ändert die Allel-Häufigkeitsverteilung in einer Population? das Hardy-Weinberg-Gesetz (= Einfluss von meiotischer Allel-Trennung und neuer Allel-Vermischung durch Befruchtung auf die Allel-Häufigkeitsverteilung in der Population) was ist assortative Paarung? was ist „female choice“? was ist genetische Drift? rascher Allelverlust durch Selektion und Drift die große Ausnahme: der stabile („balancierte“) Polymorphismus stabiler Polymorphismus am Beispiel von Blutgruppen und Darwinfinken stabiler Polymorphismus als populationsgenetische Erklärung für das Zugvogel- Standvogel-Problem
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Kernfrage: Was ist der fundamentale Unterschied zwischen den Objekten der Chemie und den Objekten der Biologie? Im Unterschied zu unbelebten Objekten (etwa den Atomen eines Elements oder den Molekülen einer Verbindung) gleicht kein einzelner Organismus seinem nächsten. Von klonaler Vermehrung abgesehen (also von vegetativer Vermehrung oder auch eineiigen Zwillingen), ist jedes Individuum von jedem zweiten verschieden. Jedes Individuum ist ein Unikat, etwas Einmaliges, und deshalb sprechen wir überhaupt von „Individuen“.
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Kernfrage: Warum sind in der Biologe alle Genome einer Art voneinander verschieden? Weil es Mutationen gibt und deswegen (fast) alle Gene einer Art sich voneinander unterscheiden. Alle Gene, die einander entsprechen, sind homolog. Woran erkennt man homologe Gene?: Sie liegen alle am selben Chromosomenort, und deswegen spricht man auch vom Gen-Locus: Ganz verschiedene Allele, aber ein und derselbe Gen-Locus! Ein Gen ist also immer ein Locus, und die verschiedenen DNA-Sequenzen an diesem Locus sind die Allele.
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Bei Organismen ohne Inzucht ist (fast) jedes Gen polymorph.
Allele Vielfalt = multiple Allelie = Polymorphismus
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Es ist zweifellos ein Verdienst des menschlichen Genomprojekts, dass wir heute wissen, dass sich im Durchschnitt alle homologen Allele im menschlichen Genom durch mindestens 1 Base voneinander unterscheiden. Damit sind wir in fast allen unserer Gene heterozygot (also verschieden), und zwei Menschen unterscheiden sich genotypisch in Merkmalen voneinander; phänotypisch also immerhin in Hunderten bis Tausenden von Merkmalen.
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Jedes Merkmal kann jeden Augenblick mutieren (d. h
Jedes Merkmal kann jeden Augenblick mutieren (d.h.: sie werden zu einem neuen Allel). Zwar werden wegen der Unnachgiebigkeit der Selektion die meisten Mutationen gleich wieder gnadenlos ausgerottet; aber viele überleben, weil sie von der Selektion toleriert werden. Oder sie breiten sich sogar aus, wenn das von Vorteil ist: Sie können dann alle Allele in einer Population ersetzen: Das heißt: Das Allel wird in der Population fixiert.
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Polymorphismen beim: Blutgruppe, Haarfarbe, Ohrform, Körpergröße
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Das berühmte Beispiel der „Habsburger-Lippe“:
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Allele haben in einer bestimmten Population eine bestimmte
Häufigkeits-Verteilung Sind Häufigkeits-Verteilungen stabil? Und wenn sie sich ändern: Welche Mechanismen stehen dahinter? Was ändert Allel-Verteilungen in der Population?
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Was ist eine Population?
Eine Population ist eine (meist lokal) begrenzte Gruppe von Individuen. In einer Population sind die Individuen nicht reproduktiv getrennt, aber dennoch pflanzen sie sich eher mit Nachbarn fort als mit weiter entfernten Vertretern. Daher sind benachbarte Individuen im Durchschnitt näher miteinander verwandt als entferntere Individuen derselben Population. Ein Düsseldorfer heiratet mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Düsseldorferin als eine andere. Das gilt (trotz Mobilität und Globalisierung) auch heute noch für den Menschen: Rheinländer unterscheiden sich in ihren Allelhäufigkeiten (z.B. in der Häufigkeit einer bestimmten Blutgruppe) durchaus von den Bayern.
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Was geschieht in einer Population im Laufe der Zeit?
In einer Population ändern sich die Allelhäufigkeiten von Generation zu Generation. Das hat folgende Ursachen: 1. Mutationen, die ein Allel in ein anderes umwandeln. 2. Wenn Individuen aus fremden Populationen eindringen und damit die Allelhäufigkeiten verändern. 3. Wenn Individuen nur bestimmte Geschlechtspartner auswählen, so dass kein zufälliges Vermischen der Gameten erfolgt (assortative Paarung). 4. Wenn die Selektion für unterschiedlichen Überlebens und Fortpflanzungserfolg sorgt und damit die Weitergabe einiger Allele auf Kosten anderer begünstigt wird. 5. Wenn genetische Drift, das heißt zufällige Schwankungen im Genpool, die Häufigkeit von Allelen ändert, also besonders bei kleinen Populationen.
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Was jedoch die Allelhäufigkeiten nicht verändert, sind die beiden Sexualprozesse:
meiotisches Crossover (Neukombinationen der Gene) und Befruchtung (Hinzukommen neuer Allele von einem anderen Individuum) Das ist die wichtige Aussage des Hardy-Weinberg-Gesetzes
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Wenn eine Population ein geschlossenes System darstellt, d.h.: solange
1. niemand mutiert, 2. niemand von außen hinzukommt, 3. die Geschlechtspartner untereinander völlig zufällig (ohne Bevorzugung Bestimmter) ausgesucht werden, 4. jeder gleichermaßen überlebt und sich mit gleichem Erfolg fortpflanzt, 5. die Populationsgröße nicht auf eine kleine Gruppe verringert wird; dann können meiotisches Crossover und Befruchtung die Allelhäufigkeitszusammensetzung in der Population nicht ändern.
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Hardy-Weinberg-Gesetzes
Das ist die Aussage des Hardy-Weinberg-Gesetzes
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allelen Häufigkeitsverhältnisse
Was also ändert die allelen Häufigkeitsverhältnisse in der Population im Lauf der Zeit?:
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durch Mutation ändert sich
die Allel-Häufigkeits-Verteilung
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die Einwanderung fremder Völker
ändert die Allel-Häufigkeits-Verteilung
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die assortative Partnerwahl ändert die Allel-Häufigkeits-Verteilung:
„female choice“ 20
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Die Population geht durch einen „Flaschenhals“.
die genetische Drift ändert die Allel-Häufigkeits-Verteilung Ist eine Population sehr klein, dann können durch reinen Zufall (= ohne Selektion) [das ist wichtig !!!!!] bestimmte Allele verloren gehen. Die Population geht durch einen „Flaschenhals“. Das ist genetische Drift. Damit verringert sich die genetische Variabilität, ohne dass bestimmte Allele nachteilig oder vorteilhaft sind.
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Dieser Verlust (hier die grünen Kugeln) beruht nur auf Zufall (nicht auf einen Selektionsnachteil).
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Ein Flaschenhals-Beispiel ist der Kalifornische SeeElefant (Mirounga angustirostris), der um 1890 durch Jäger auf etwa 20 Individuen reduziert wurde. Seither wurden diese Tiere geschützt, und die Population wuchs allmählich wieder auf über Individuen an. 24 untersuchte Gene haben keine genetische Variabilität (alle Allele sind homozygot). Im Vergleich dazu ist in den Populationen des Südamerikanischen See-Elefanten (Mirounga leonina), die nicht durch einen Flaschenhals gingen, reichlich genetische Variabilität an den entsprechenden Loci vorhanden.
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sind die verschiedenen Allele eines einzigen Gens (= Locus)
Blutgruppen A, B und 0 sind die verschiedenen Allele eines einzigen Gens (= Locus)
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Fast 100% der nativen Indianer Lateinamerikas haben das O-Allel; andere Völker haben es nur zu 30%
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Was liegt hier vor? Normalerweise müsste die Selektion immer nur ein Allel fördern, nämlich das, das am vorteilhaftesten ist. Alle anderen müssten verschwinden, und zwar: 1. durch Selektion 2. durch genetische Drift (wenn das Allel neutral ist) In bestimmten seltenen Fällen fördert die Selektion in einer Population jedoch nicht nur ein bestimmtes vorteilhaftes Allel, sondern stattdessen die Existenz mehrerer Allele nebeneinander (multiple Allelie), weil dies für das Überleben der Population vorteilhaft ist. Dies bezeichnet man als: balancierten Polymorphismus
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Darwinfink Geospiza fortis (auf der Galapagos-Insel Daphne Major)
Es gibt zwei Allele, die eine unterschiedliche Schnabelhöhe bewirken. In trockenen Jahren haben die meisten Individuen einen dicken Schnabel (um harte Samen zu knacken) In feuchten Jahren haben die meisten Individuen einen dünnen Schnabel (um weiche Samen zu knacken).
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Es liegt keine Umweltanpassung in Form eines Trainingseffektes vor.
In trockenen Jahren sterben die meisten Individuen mit dünnen Schnäbeln (weil sie die harten Samen nicht knacken können). In feuchten Jahren sterben die meisten Individuen mit dicken Schnäbeln (weil sie die weichen Samen nicht öffnen können). Beim Klimawandel überleben immer nur ganz wenige Individuen, deren Allele die „richtige“ Schnabeldicke bewirken, und nur diese wenigen Individuen ersetzen alle anderen und bauen die neue Population auf.
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In der Population von Geospiza fortis hält sich ein balancierter Polymorphismus von Allelen für dicke und dünne Schnäbel, damit beim Klima-Wandel immer die geeigneten Allele „zur Verfügung“ stehen. Wie ist das zu erklären? Für die Zukunft der Population ist das zwar sehr vorteilhaft; denn es gilt: „Polymorphismus ist die beste langfristige Überlebensstrategie“. Aber wie können Allele über Generationen hinweg überleben, wenn sie über Jahre hinweg in allen Individuen nicht gebraucht werden? Selbstverständlich können nicht alle Allele den gleichrangigen Selektionswert haben: einige müssen vorteilhafter sein, andere weniger vorteilhaft. Weniger vorteilhafte Allele müssten doch eigentlich relativ schnell aus dem „Genpool" der Population wieder verschwinden. Warum verdrängt das eine Allel nicht das andere?
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Wie erklärt sich ein balancierter (stabiler) Polymorphismus?
Kernfrage: Wie erklärt sich ein balancierter (stabiler) Polymorphismus? Allele Vielfalt ist grundsätzlich kurzlebig. 1.) Selektion: Vorteilhafte Allele werden schnell in der Population fixiert. Nachteilige Allele verschwinden schnell. 2.) Neutrale Allele verschwinden durch genetische Drift. Also müssten alle Population mit der Zeit homozygot werden, wenn nicht immer wieder neue Mutationen entstehen würden. Aber welcher Mechanismus erhält eine stabile allele Vielfalt (wie z.B. die Blutgruppen)?
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Wie können neutrale (oder gar negative) Allele überleben?
Kernfrage: Wie können neutrale (oder gar negative) Allele überleben? Warum stirbt die Blutgruppe A nicht aus? A B A B A A/A A/B A A/A A/B B A/B B/B B A/B B/B Aussterben des Allels B aus reinem Zufall (ohne Selektions-Nachteile), weil sowieso nur 1 Viertel aller Nachkommen überleben (= genetische Drift) Aussterben des Allels B, weil B schädlich ist = Selektion
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Warum haben alle 3 Allele A, B und 0 seit Jahrmillionen (also noch vor der Aufspaltung zwischen Mensch und Affe) überlebt? Eines der 3 Allele hätte doch längst verschwinden müssen. Wie kann die Selektion wissen, dass eines der 3 Allele vielleicht irgendwann einmal vorteilhaft sein könnte und deswegen über lange Zeiträume erhalten bleiben sollte, ohne derzeit irgendeinen Vorteil zu haben? Das ist ein großes, weigehend ungelöstes Problem der Biologie und Philosophie.
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Aber eine andere Erklärung ist:
Es gibt mehrere Erklärungen, wie nachteilige Allele lange überleben können: z.B. die genetische Kopplung (d.h.: fast keine Trennung durch Crossover) eines nachteiligen Gens mit einem vorteilhaften Gen in chromosomaler Nachbarschaft. für die Selektion vorteilhaftes Gen Neutrales oder gar nachteiliges Gen selten Crossover Aber eine andere Erklärung ist: die Diplodie (= das Überleben der Allele unter der „rezessiven Tarnkappe“) Warum gibt es überhaupt Diploidie? Warum genügt nicht der haploide Satz?
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Die diploide Natur der meisten Eukaryonten verbirgt ein beträchtliches Maß an genetischer Variabilität in Form rezessiver Allele (bei Heterozygoten) vor der natürlichen Selektion. Rezessive Allele, die weniger vorteilhaft sind als ihre dominanten Gegenstücke ‑ oder in der gegenwärtigen Umwelt sogar nachteilig sind ‑, können in heterozygoten Individuen in der Population überdauern. Je seltener das rezessive Allel ist, desto größeren Schutz genießt es durch die Heterozygotie. Der Schutz durch Heterozygotie bewahrt einen riesigen Genpool von Allelen, die für die gegenwärtig herrschenden Bedingungen vielleicht nicht geeignet sind, die aber neue Vorteile bringen könnten, sobald sich die Umwelt ändert.
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Die Amsel war noch vor 150 bis 200 Jahren in Mitteleuropa reiner Zugvogel.
Heute ist sie in Deutschland (fast) reiner Standvogel. Vermutlich sind auch die Allele Zugvogel versus Standvogel eine multiple Allelie innerhalb jeder Vogelart, so dass jede Vogelart (je nach Umweltbedingungen) entweder zum Zugvogel oder zum Standvogel werden kann.
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Die genetischen Unterschiede zwischen Zugvögeln und Standvögeln sind enorm:
Fettstoffwechsel, Orientierungsvermögen, programmierte Zugrichtung, Zugdauer etc. sind alles genetisch festgelegte Eigenschaften, die Zugvögel und Standvögel voneinander unterscheiden. Ein Kuckuck kann nicht von seinen Eltern lernen, wann, wie und wohin er zu ziehen hat. Nun gibt es aber viele Vogel-Arten, bei denen ein Teil der Individuen Zugvögel sind, und der andere Teil sind Standvögel, und beide leben im selben Gebiet und mischen sich ohne reproduktive Schranke (Fachwort: Teilzieher).
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Wie kann aus einem Zugvogel ein Standvogel werden und (umgekehrt) aus einem Standvogel ein Zugvogel?
Vermutlich sind alle Vogel-Arten polymorph und bestehen aus Individuen mit Zugvogel-Allelen und aus Individuen mit Standvogel-Allelen. Es könnte sein, dass Zugvögel und Standvögel so etwas wie Morphen innerhalb ein und derselben Population sind. Ändert sich das Klima, dann überlebt (fast) nur die eine Morphe, und die andere stirbt. Durch Selektion (wie bei den Darwinfinken) können Zugvögel zu Standvögeln und Standvögel zu Zugvögeln werden.
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Aber welcher Mechanismus hält die Gene zusammen (genetische Kopplung); damit sie nicht durch Cross-Over auseinandergerissen werden und damit Individuen entstehen, die Halb-Zugvogel-Halb-Standvogel sind?: Fettstoffwechsel, Orientierungsvermögen, programmierte Zugrichtung, Zugdauer etc.
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