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Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung an der Universität Hamburg (23.09.2011) AG Lernprozesse Erinnerungsgestütztes Lernen Referentin Elke Theile.

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1 Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung an der Universität Hamburg (23.09.2011) AG Lernprozesse Erinnerungsgestütztes Lernen Referentin Elke Theile (UDE, Essen) 1

2 Das Thema „Erinnerungsgestütztes Lernen im Erwachsenenalter“ verweist m.E. auf die Notwendigkeit, zunächst die Funktion der Erinnerung und danach jeweils die inhaltlichen und auch methodischen und didaktischen Aspekte erinnerungsgestützten Lernens im Erwachsenenalter zu klären und die Bedeutung der Lernorte für Erinnerung und Gedächtnis im Lebenslauf exemplarisch an ausgewählten Beispielen aufzuzeigen. Der Beitrag soll nach folgenden Fragestellungen gegliedert werden: Wie wird die Funktion der ‚Erinnerung‘ in der interdisziplinären Gedächtnisforschung diskutiert und welche Ergebnisse lassen sich für ‚erinnerungsgestütztes Lernen‘ in der Erwachsenenbildung nutzen? Welche Bedeutung hat ‚Erinnerung‘ im Diskurs der Erwachsenenbildung und welche Bedeutung hat ‚erinnerungsgestütztes Lernen‘ in Lern- und Bildungsprozessen Erwachsener? Wie wird im Bereich des erinnerungsgestützten Lernens der Erwachsene sein eigener Bildungsmanager? Wie bedeutsam sind ‚Lernorte‘ für Erinnerung und Gedächtnis im Lebenslauf? 2

3 Die Funktion der ‚Erinnerung‘ im Diskurs der interdisziplinären Gedächtnisforschung Mit ‚Erinnerung‘ wird allgemein die Fähigkeit verstanden, Erlebnisinhalte der Vergangenheit in der Vorstellung wieder bewusst werden zu lassen. Erinnerung ist also die Fähigkeit des Menschen, in der physikalischen Unumkehrbarkeit des Zeitflusses mental die Rückreise antreten zu können. Die mentale Zeitreise Die mentale Zeitreise wird (nach Tulving 2006) durch drei Komponenten eines neurokognitiven Systems ermöglicht: a) das Selbst (der Zeitreisende), b) das Gefühl für subjektive Zeit (Zugabe der Evolution für den Menschen, - denn: Kein Gefühl für subjektive Zeit, keine mentale Zeitreise!), c) das autonoetische Bewusstsein (das Wissen um Geschehnisse in der subjektiven Zeit). Dabei funktioniert das Gedächtnis kurz zusammengefasst folgendermaßen: Ein Ereignis findet statt, eine Person erlebt es. Es bilden sich Gedächtnisspuren, die das Ereignis hinterlassen hat, und bestehen in der Gegenwart weiter. Die Gedächtnisspuren werden abgerufen, die Person erinnert sich an das Ereignis. 3

4 Funktional unterschiedliche Gedächtnissysteme In der Gedächtnisforschung werden die funktional unterschiedlichen Gedächtnissysteme nicht einheitlich benannt. Siegel (2006) unterscheidet (nach dem Gefühl bzw. dem Nichtgefühl für Erinnerung) zwischen der expliziten und impliziten Form des Gedächtnisses: Das der Sprache zugängliche explizite (deklarative) Gedächtnis ist die Form, die auf bewusstem Einspeichern und einem subjektiven Gefühl für Erinnerung aufbaut, und bei der Einspeicherung gerichtete Aufmerksamkeit verlangt. Es umfasst das semantische Tatsachengedächtnis (das objektiv nachprüfbare Faktenwissen bzw. Erkenntniswissen) und das episodische (autobiographische) Gedächtnis mit dem Gefühl für Selbst und Zeit. Das implizite (nichtdeklarative) Gedächtnis wird nicht von der subjektiven Erfahrung, sich zu erinnern bzw. der Erfahrung von Selbst und Zeit, begleitet und baut auf mentalen Modellen und ‚Priming‘ (Verstehen eines Prinzips) auf. Das implizite Gedächtnis umfasst auch das ‚prozedurale‘ Gedächtnis (automatisch ablaufende Fähigkeiten) und des Weiteren das ‚emotionale‘ Gedächtnis, das ‚perzeptuelle‘ Gedächtnis (Wahrnehmungsfähigkeit) und das ‚somatosensorische‘ Gedächtnis (Weiterleitung der Sinneseindrücke) (vgl. Siegel 2006, S. 25). 4

5 Erinnerung ist ein aktiver Prozess Beim Vorgang des Erinnerns wird aus Merkmalen des abgespeicherten, alten Engramms (der Gedächtnisspur) und Elementen, die von Erinnerungen an andere Erfahrungen stammen, sowie Momenten, die mit gegenwärtigen Befindlichkeiten zu tun haben, ein neues neurales Netzprofil zusammengesetzt (vgl. Siegel 2006, S. 24f.). 5

6 ‚Erinnerungsgestütztes Lernen‘ im Erwachsenenalter Mit dem Thema ‚Erinnerungskultur und Erwachsenenbildung‘ (Theile 2009) werden mit einem ‚erinnerungskulturanalytischen Bildungsansatz‘ Erinnerung und Gedenken als Lernkategorien in den erwachsenenbildungswissenschaftlichen Diskurs eingebracht und am Beispiel der 2000-jährigen vorurteilsbeladenen Beziehungsgeschichte Juden/Nichtjuden, die zum Holocaust führte, tiefenkulturell geprägte antisemitische Vorurteile als Bildungsbarrieren dargestellt und für die Revision der Vorteile paradigmatische Orientierungen für die Erwachsenen angeboten, um Erinnerungskulturarbeit als historisch-politische Erwachsenenbildung an Lernorten zu praktizieren und zu untersuchen. 6

7 Paradigmatische Orientierungen für Erinnerungskulturarbeit in Gedenkstätten Jüdisch-christlicher Dialog, Begegnung als dialogischer Bildungsprozess, Aufklärung im historisch-politischen Kontext der Wissensvermittlung, Integration als sozio-kultureller Lernprozess, Kooperation und Polylog als sinnorientierte Vision für eine vorurteilsfreie interkulturelle Beziehung, Teilnehmerorientierung und intergenerative und interkulturelle Aspekte als didaktische Variablen der Erinnerungskulturarbeit, Erfahrungswissen von Zeitzeugen im Prozess der Erinnerungskulturarbeit. 7

8 Auf der Grundlage leitfadengestützter Interviews mit pädagogischen MitarbeiterInnen wird an verschiedenen Lernorten des Erinnerns und Gedenkens die Erinnerungs(kultur)arbeit untersucht, zum Beispiel: ‚Konnex zwischen Geschichte und Gegenwart‘ am Beispiel der Gedenkstätte Bergen-Belsen; ‚Erinnerungskulturentwicklung‘ am Beispiel der Gedenkstätte Buchenwald; ‚SS-Ideologie und Terrorstätte‘ am Beispiel des Lernortes Wewelsburg; ‚Regionalgeschichtliche jüdische Erinnerungskulturarbeit‘ am Beispiel der Moses Mendelssohn Akademie (MMA) Halberstadt; ‚Bildungsangebote‘ am Beispiel Jüdisches Museum Westfalen in Dorsten; ‚Museale Erinnerungskulturarbeit‘ am Beispiel Leben, Kultur und Verfolgung der Juden in Kassel in Kooperation mit der VHS. 8

9 Der Subjektbezug des erinnerungsgestützten Lernens und die Bedeutung des Erinnerns für den Erwachsenen ‚Erinnerungsgestütztes Lernen‘ in Verbindung mit Persönlichkeitsbildung berücksichtigt den Erwachsenen mit all seinen Fähigkeiten (Sinne, Gefühl, Verstand) und seinen Bezügen zur Umwelt als aktiv Erlebenden, für den das Lernen etwas ‚Sinn- und Bedeutungsvolles‘ für die eigene Person ist. Als eigener Bildungsmanager wählt der Erwachsene entsprechend seinem auf ‚Erinnerung’ basierenden oder ausgerichteten Motivationsaspekt, d.h. entsprechend seiner diesbezüglichen Interessen, Bedürfnisse und Erfahrungen in seiner individuellen Lern- und Lebensgeschichte und seinem gegenwärtigen Lernbedürfnis, den ‚Inhaltsbereich‘ mit seiner integrierten Zielsetzung, seinen interdependenten Medien und Methoden und den intergenerativen und interkulturellen Interaktionsmöglichkeiten in einem ‚besonderen‘ Lernort. 9

10 Die Funktion der Lernorte für Erinnerung und Gedächtnis im Erwachsenenalter Gedenkstätten sind ‚bedeutungsvolle‘ Orte des Lernens im Zusammenhang von Erinnern, Gedenken, historischen Sachverhalten und Urteilsfähigkeit, und sie bilden als Grundlage der Erinnerungskultur daher einen nicht unerheblichen Bezugspunkt für die historisch-politische Jugend- und Erwachsenenbildungsarbeit, indem sie den Opfern ein Gesicht und eine Stimme geben. Der Erwachsene, als ‚Aufsucher‘ eines authentischen Erinnerungsortes, erfährt nicht nur eine abgekoppelte ‚reine‘ Informationsvermittlung historischer Ereignisse, sondern indem die Opferperspektive vor Ort alle Sinne anspricht, werden seine Erinnerungs- und Gedächtnisinhalte (re)aktiviert, und der erwachsene Gedenkstättenbesucher gelangt zu einer ‚verantwortungsbewussten‘ Urteilsbildung. 10

11 Lernorte Lernortbeispiele ‚Jüdisches Leben‘: a)Auf den Spuren jüdischen Lebens durch Halberstadt b)Familiengeschichte Uhlmann und die Geschichte ihres ‚jüdischen‘ Hauses auf dem Lande 11

12 Auf den Spuren jüdischen Lebens durch Halberstadt Lernen am authentischen Ort Die Klaussynagoge wurde um 1700 durch eine Stiftung Berend Lehmanns als Lehrhaus errichtet. Dort studierten und lehrten bis 1941 jeweils drei Rabbiner. Heute, nach Wiederherstellung des historischen Zustandes beherbergt das Gebäude die Moses-Mendelssohn-Akademie. 12

13 Durch den Toreingang gelangt man zum Berend Lehmann Museum und zum Platz der alten Synagoge Das „Erzählcafe“ ist ein Ort der Begegnung, um u.a. Integrationsprozesse jüdischer Neubürger aus dem Osten zu unterstützen. 13

14 Das Berend-Lehmann-Museum zeigt in einer Dauerausstellung an der Geschichte der Jüdischen Gemeinde Halberstadt exemplarisch die der Juden in Preußen. Es beherbergt u.a. die Gemeinde-Mikwe. Auf dem freien Platz stand die prachtvolle Barocksynagoge. Auf Befehl der Nationalsozialisten musste die jüdische Gemeinde 1938 selbst für den Abriss sorgen. Außer dem Mauerrest ist noch ein kleiner Teil des Fußbodens erhalten. 14

15 Die Peterstreppe stellt die Verbindung vom höher gelegenen Domplatz bzw. der Oberstadt zur Unterstadt dar. Hier lag im Zuge der Bakenstraße das Judenviertel mit unzähligen kleinen Läden und Werkstätten. Auch die Gewölbe unter der Peterstreppe dienten einst als Läden und Lagerräume. 15

16 Begegnungsstätte zur Förderung von Toleranz und interkultureller Kommunikation Die Moses Mendelssohn Akademie versteht sich als ein „Lehrhaus“ in jüdischer Tradition. Die Klaussynagoge ist mit ihrer Bibliothek und dem Medienangebot ein Haus des Lernens im Dialog. Die MMA mit dem Berend Lehmannmuseum ist in dem Gebäudeensemble beheimatet, das ehemals die Jüdische Gemeinde in der Unterstadt repräsentierte. Veranstaltungen, wie Vorträge, Lesungen, Wechsel-Ausstellung, Seminare und Studienreisen ermöglichen Lernen auf vielfältige Weise. Der „Gang durch das jüdische Halberstadt“ ermöglicht, die historischen Bedingungen aufzuzeigen, in denen Juden lebten, Juden als aktive Bürger der Stadt zu verstehen und die religiöse Entwicklung der jüdischen Gemeinde Halberstadt zu vermitteln. 16

17 In diesem Haus an der Hauptstraße in Ovenhausen (nahe der Kirche) lebte bis 1941 die jüdische Familie Uhlmann. Das kinderlose Ehepaar hatte Ilse Uhlmann, auf dem Foto mit ‚Judenstern‘ unter ihrem Zopf, als Baby adoptiert. Die Familie war im Dorf integriert. Während Norbert Uhlmann als Händler unterwegs war, versorgte seine Frau Lene den kleinen Laden, das Vieh, den Garten und den Haushalt. 1941 wurde die Familie deportiert, ihre Spur verliert sich im Osten. Familiengeschichte Uhlmann und die Geschichte ihres ‚jüdischen‘ Hauses auf dem Lande 17

18 Das Haus Uhlmann als ‚Lernort‘ im Freilichtmuseum Detmold Eine ‚Erinnerungstafel‘ weist auf den ehemaligen Standort des Hauses Uhlmann hin und erinnert an das Schicksal der jüdischen Familie. Als besonders typisches Beispiel eines ‚jüdischen‘ Hauses auf dem Lande, wurde das Ullmann-Haus (unzerlegt mit Hilfe eines Schwertransportes) im Freilichtmuseum Detmold aufgebaut und renoviert. Als Lernort erinnert es hier facettenreich an das jüdische Leben der Familie Uhlmann und ihre gelebte Nachbarschaft, bis sie nach Ausgrenzung und Deportation Opfer des Holocaust wurde. Der Bauantrag für das Haus wurde 1803 von Bernd Soistmann, ein ‚Schutzjude‘ in Ovenhausen, gestellt. Sein ermordeter Vater bildet die Grundlage in Anette von Droste-Hüllshoffs Novelle ‚Die Judenbuche‘. 18

19 Lernorte Lernortbeispiele ‚Deutsch-polnisches Nachbarschaftsverhältnis ‘ : a) Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder)/Collegium Polonicum b) Spurensuche in Schlesien 19

20 Ein grenzüberschreitender Lernort: Europa-Universität Viadrina und Collegium Pollonikum Das Programm der Deutsch-Polnischen Seniorenakademie an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) und am Collegium Polonikum, Slubice bietet u.a. als Thema an: Aktuelle Fragen der polnisch- deutschen Beziehungen –Gedanken über ein Zentrum für Vertreibung. [Bildarchiv E.Th.] 20

21 Spurensuche in Schlesien Schloss Lomnitz (Polen) [ Bildarchiv E.Th.] Verein zur Pflege schlesischer Kunst und Kultur (VSK) Im Kulturzentrum des VSK im Schloss Lomnitz informieren Dauerausstellungen und ‚Schlesienseminare‘, z.B. zu „Deutsch-polnische[n] Verträge[n] aus den Jahren 1990 und 1991 und deren Konsequenzen für Schlesien“, insbesondere über Geschichte und Brauchtum Schlesiens als Beispiel für die deutsch-polnische Zusammenarbeit. 21

22 Resümee: Der Erwachsene braucht als geschichtlich gewordenes, soziokulturell geprägtes und psychologisches Individuum das ‚Erinnern‘ als Mittel seiner Identitätsbildung und praktischen Lebensführung. Mit dieser fundamentalen Funktion ist Erinnerung für den Erwachsenen eine mentale Kraft des ‚wertbewussten‘ leitenden Sinnkriteriums. ‚Erinnerungsgestütztes Lernen‘ im Erwachsenenalter fußt auf der subjektiven Erinnerungserfahrung und ist auf Identität und damit auf Sinnorientierung in den wechselnden Phasen der eigenen Lebensgeschichte ausgerichtet, um mit einer ‚wertbewussten‘ Urteilsbildung verantwortungsvoll Gegenwart und Zukunft zu gestalten. 22


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