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WuV-Kurs: Handels- & Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)

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Präsentation zum Thema: "WuV-Kurs: Handels- & Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)"—  Präsentation transkript:

1 WuV-Kurs: Handels- & Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard)

2 Sachverhalt A ist seit 2011 als Einzelanwalt in Kiel tätig. X beauftragte A im Jahre 2012, eine schon längere Zeit außenstehende Kaufpreisschuld iHv. 10.000 Euro einzutreiben. Der Anspruch war in der Sache ganz klar begründet, problematisch war allein die Verjährungsproblematik. Da A davon überzeugt war, dass der Anspruch materiellrechtlich gegeben ist, unternahm er zunächst keine weiteren Anstrengungen. Vielmehr beabsichtigte A, eine außergerichtliche Übereinkunft zu erwirken. Wenige Tage später trat Verjährung ein. Um ein größeres Spektrum von Rechtsgebieten abdecken zu können, tritt zum 1. 1. 2013 die Fachanwältin für Verwaltungsrecht F in die Kanzlei ein. Die Kanzlei bezieht zu diesem Zweck Möbel aus dem Möbelhaus M für 20.000 Euro. Zum 1. 3. 2013 verstärkt sich das Team nochmals mit Junganwältin J, die – anders als F – aber nur angestellt und nicht Sozia wird. Gleichwohl wird J – mit ihrem Einverständnis – auf dem Briefkopf der Kanzlei gleichberechtigt neben A und F als Anwältin geführt.

3 Sachverhalt Ab Mai 2013 bearbeitet F – und nur sie – namens der Sozietät unter anderem einen Fall, in dem es um Folgendes ging: Y erwarb ein Erbbaurecht an einem Betriebsgrundstück der G, das durch eine Privatstraße erschlossen war. Nach dem Vertrag vom 22. 8. 2004 sollte das Erbbaurecht durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit an dem Straßengrundstück der G gesichert werden. Dazu kam es jedoch nicht. Stattdessen veräußerte G das Straßengrundstück am 23. 12. 2010 auflagenfrei an einen Dritten, der die Straße sperrte. Y entstand daraus ein Schaden iHv. 100.000 Euro. Mit Vertrag vom 9. 11. 2011 veräußerte G das Betriebsgrundstück mit sämtlichen Belastungen an H. F nahm die Rechte des Y wahr, verklagte H und scheiterte rechtskräftig in der Berufungsinstanz, weil das Gericht H für nicht passivlegitimiert hielt. Tatsächlich war von Anfang an zweifelhaft, ob G oder H richtiger Anspruchsgegner ist. Inzwischen ist ein etwaiger Anspruch gegen G verjährt.

4 Sachverhalt Kurz nach Abschluss des Mandats im Januar 2015 wird der Strafrechtspezialist S als Partner in die Kanzlei aufgenommen. Wenig später scheidet A aus gesundheitlichen Gründen aus der Kanzlei aus, was der Gesellschaftsvertrag unter Fortführung der Sozietät zulässt. Nun verlangt X Schadensersatz wegen mangelhafter Beratung von A und F, Y verlangt Schadensersatz von A, F, J und S. Frage 1a: Welche Ansprüche hat X gegen A und F? Frage 1b: Welche Ansprüche hat M gegen J? Frage 1c: Welche Ansprüche hat Y gegen A, F, J und S? Frage 2:Wie haftete S, wenn er in eine Partnerschaftsgesellschaft (PartG) eingetreten wäre?

5 Abwandlung A und S bilden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Z klagte gegen A und S als BGB-Gesellschafter eine Kaufpreisschuld der GbR ein. Die Klage wurde in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen. Nun klagt Z denselben Anspruch gegen die Gesellschaft ein. Frage: Wie ist zu entscheiden, wenn der Kaufpreisanspruch tatsächlich besteht?

6 Lösung (Frage: 1a) I.Ansprüche des X gegen A –Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB 1.Abschluss eines wirksamen Mandatsvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag iSd. § 675 BGB (+) 2.Pflichtverletzung RA ist im Grundsatz zur umfassenden möglichst erschöpfenden Belehrung verpflichtet [BGH NJW-RR 2008, 1235] Insbesondere muss er sicherstellen, dass seinem Mandanten keine Rechtsnachteile durch Verjährung drohen [BGH NJW 2011, 2889] Er muss Verjährungsbeginn und Länge der Verjährungsfrist prüfen und muss für rechtzeitige Hemmung oder Neubeginn der Verjährung sorgen; im Zweifel den für die Ausschaltung der Verjährung sichersten Weg beschreiten Hier: keine Prüfung der Verjährung vorausgegangen; nicht sicherster Weg beschritten, sondern außergerichtliche Klärung angestrebt; Verjährung nicht verhindert 3.Vertretenmüssen, § 280 I 2 iVm. § 276 BGB (+)

7 Lösung (Frage: 1a) 4. Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden Hätte A seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt, hätte X seinen Anspruch in Höhe von 10.000 Euro realisieren können; es bestanden keine weiteren rechtlichen Schwierigkeiten 5. Ausscheiden des A ist für seine Haftung irrelevant, da es sich um einen Anspruch unmittelbar in seiner Person handelt (Voraussetzungen der Nachhaftungsbeschränkung nach § 736 II BGB iVm § 160 HGB sind nicht erfüllt) 6. Ergebnis zu I. X hat gegen A einen Anspruch aus § 280 I BGB in Höhe von 10.000 Euro II.Ansprüche des X gegen F 1. Kein unmittelbarer vertraglicher Anspruch 2. Anspruch analog § 130 I iVm. § 128 S. 1 HGB Anwendbarkeit der §§ 128 ff. HGB analog auf GbR kann an dieser Stelle noch auf sich beruhen Es bestand keine GbR, in welche F hätte eintreten können; A war Einzelanwalt

8 Lösung (Frage: 1a) 3.Anspruch analog § 28 I iVm. § 128 S. 1 HGB § 28 I HGB ist nach Wortlaut nur anwendbar auf kaufmännisches Gewerbe iSd. § 1 II HGB, also falls durch Beitritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eine OHG oder KG entsteht Hier: Sozietät von Rechtsanwälten ist idR. GbR (vgl. § 2 II BRAO: „Seine Tätigkeit [scil.: des Rechtsanwalts] ist kein Gewerbe.“) Anwendbarkeit des § 28 I HGB analog auf den Eintritt in das Geschäft eines Freiberuflichen ist sehr umstritten: a.eA: Analogie (+) –Normzweck des § 28 I HGB ist es, der Verkehrserwartung Rechnung zu tragen, dass mit dem Fortbestand des Unternehmens die Erhaltung der Haftungsgrundlage notwendig einhergeht; das gilt für Entstehung von OHG und GbR gleichermaßen (Verkehrsschutz, Gläubigerschutz) –Haftungskontinuität muss auch bei Kleingewerbetreibenden und Freiberuflern gewährleistet werden –Keine Fortführung der Firma erforderlich (anders § 25 I HGB), so dass auch Freiberufler einbezogen werden können

9 Lösung (Frage: 1a) b.hM: keine analoge Anwendung des § 28 I HGB [BGHZ 157, 361 (dazu K. Schmidt JuS 2004, 444); BGH NZG 2012, 65 Tz. 20 + herrschende Lehre] –Wortlaut und Rechtssystematik: Abschnitt über die Handelsfirma; spezifisch handelsrechtliche Vorschriften; Ausdehnung auf Freiberufler und Kleingewerbetreibende ist systemwidrig –Insbesondere für den Anwaltsvertrag komme die Anwendung des § 28 HGB nicht in Betracht, da die Anwaltstätigkeit durch persönliche und eigenverantwortliche Dienstleistungen geprägt sei Weiterführende Hinweise: BGH NZG 2010, 1222 (dazu K. Schmidt JuS 2010, 1110); OLG Schleswig BeckRS 2011, 17664 (dazu Schodder EWiR 2012, 115 f.) c.Stellungnahme: für h.M. –§ 28 I HGB ist nach seinem – auch rechtspolitisch nicht unzweifelhaften – Normzweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbe beschränkt; nur darauf erstreckt sich das typisierte, durch § 28 I HGB geschützte Vertrauen der Gläubiger –Eintretender könnte sich nicht vor einer Haftung gem. § 28 II HGB schützen, da eine Eintragung nicht möglich ist (fehlende Registerpublizität der entstehenden GbR) 4.Ergebnis zu II. Kein Anspruch des X gegen F (a.A. § 28 I HGB analog vertretbar)

10 Lösung (Frage: 1b) III.Ergebnis Frage 1a: Anspruch gegen A (+), gegen F (-) Ansprüche des M gegen J: I. Kein vertraglicher Anspruch II. Anspruch aus § 433 II BGB iVm. § 128 S. 1 iVm. § 130 I HGB analog 1.Verbindlichkeit der Kanzlei (GbR) durch Abschluss eines Kaufvertrages gem. § 433 II BGB 2.Anspruch als Scheingesellschafterin analog §§ 128 S. 1, 130 HGB [Dazu OLG Saarbrücken NJW 2006, 2862; dazu K. Schmidt, JuS 2007, 88 f.; LG Bonn NZG 2011, 143; BGH NZG 2012, 221] Wer einem Dritten gegenüber in zurechenbarer Weise einen Rechtsschein für das Bestehen einer Gesellschaft setzt, haftet dem Dritten entsprechend des gesetzten Rechtsscheins Scheingesellschafter haften im Grundsatz analog § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der Sozietät, soweit die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. auch OLG Hamm NZG 2011, 137): Rechtsschein, zurechenbare Veranlassung, Kausalität, guter Glaube

11 Lösung (Frage: 1b) Scheingesellschafterstellung in GbR kann sich insbesondere daraus ergeben, dass ein Rechtsanwalt auf dem Briefkopf geführt wird, ohne den Hinweis, dass es sich lediglich um einen Angestellten und nicht um einen Partner der Sozietät handelt Diese Voraussetzungen müssen allerdings im Zeitpunkt der Anspruchsbegründung vorgelegen haben, d.h.: für Neuverbindlichkeiten Für Altverbindlichkeiten wird nicht analog § 130 HGB gehaftet, denn anders als der tatsächlich beigetretene Gesellschafter erlangt der Scheingesellschafter keine Vorteile aus der Gesellschafterstellung, die eine Haftungserstreckung nach der modernen BGH-Rechtsprechung rechtfertigt Außerdem: Nach BGH [NJW 2008, 2330] keine Rechtsscheinhaftung des Mitglieds einer anwaltlichen Scheinsozietät für Forderungen, die nicht die anwaltstypische – rechtsberatende oder rechtsvertretende – Tätigkeit betreffen [dagegen Lux NJW 2008, 2309 ff.] III.Ergebnis zu Frage 1b: M hat keinen Anspruch gegen J

12 Lösung (Frage: 1c) Welche Ansprüche hat Y gegen F, A, J und S? I. Anspruch des Y gegen F –Anspruch aus § 280 I BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog 1.Verbindlichkeit der Kanzlei (GbR) Rechtsfähigkeit der GbR war früher sehr umstritten; mittlerweile anerkannt [BGHZ 146, 341 (dazu K. Schmidt NJW 2001, 993 ff.; Ulmer ZIP 2001, 585 ff.; ferner Kellermann JA 2003, 648 ff.; Schultzky/Weissinger JA 2001, 886 ff.; Timme/Hülk JuS 2001, 536 ff.)] Umstritten ist noch, ob die Gesellschaft einen gewissen Organisationsgrad aufweisen muss; hier genügt die Sozietätsorganisation Auch wenn ein RA einen Fall allein bearbeitet, ist regelmäßig die Kanzlei richtiger Vertragspartner, wenn RA das Mandat namens der Kanzlei annimmt und durchführt Nach dem mutmaßlichen Willen von Mandant und Anwalt kommt das Mandatsverhältnis mit der Sozietät zustande [LG Bonn NZG 2011, 143 (144)] Hier: F bearbeitet den Fall namens der Sozietät, also ist GbR auch richtiger Vertragspartner eines wirksamen Mandatsvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag iSd. § 675 BGB (+)

13 Lösung (Frage: 1c) 2.Pflichtverletzung RA muss alle für die Interessenwahrung und den Prozesserfolg notwendigen Maßnahmen treffen Hier hätte F vor allem Ansprüche gegen G prüfen und – sicherster Weg (!) – Y empfehlen müssen, G gem. § 72 I ZPO den Streit zu verkünden [vgl. BGH NJW 2010, 3576] Streitverkündung wäre geeignet gewesen, den richtigen Anspruchsgegner festzustellen Wäre Klage gegen H wegen fehlender Passivlegitimation abgewiesen worden, hätte Passivlegitimation des G festgestanden (Streitverkündungswirkung gem. § 74 III iVm. § 68 ZPO) Zurechnung der Pflichtverletzung des RA erfolgt analog § 31 BGB (BGHZ 172, 169; 155, 205; 154, 88) 3.Vertretenmüssen, § 280 I 2 iVm. §§ 276, 31 BGB

14 Lösung (Frage: 1c) 4.Kausalität Hätte F dem Y empfohlen, G den Streit zu verkünden, hätte Y den Rat befolgt und einen entsprechenden Auftrag erteilt (Vermutung des beratungsgerechten Verhaltens) Bei rechtzeitiger Streitverkündung hätte G auch nicht die Einrede der Verjährung erheben können und der Anspruch wäre realisierbar gewesen Zurechnung scheitert auch nicht an einer (vermeintlichen) Fehlentscheidung im Gerichtsverfahren, da RA verpflichtet ist, Mandanten vor Fehlentscheidung zu bewahren Soweit sich daher in der Fehlentscheidung das allgemeine Prozessrisiko manifestiert, ist ihm Urteilsschaden haftungsrechtlich zuzurechnen Hier war Streitverkündigung angezeigt, weil aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unklar war, wer von mehreren in Betracht kommenden Personen passivlegitimiert ist § 204 I Nr. 6 BGB enthebt Gläubiger von der Notwendigkeit, zur Hemmung der Verjährung mehrere Prozesse gleichzeitig führen zu müssen, von denen er allenfalls einen gewinnen kann (BGHZ 175, 1 Tz. 26)

15 Lösung (Frage: 1c) 5.Haftung analog § 128 S. 1 HGB Persönliche Haftung der BGB-Gesellschafter war lange Zeit sehr umstritten; nachdem Rechtsfähigkeit der GbR anerkannt ist, greift nach ganz h.M. auch das Haftungsregime der §§ 128 ff. HGB analog Doppelverpflichtungslehre ist heute überholt (früher h.M.) Zur Vertiefung: Funke/Falkner Jura 2004, 721 ff.; Lingl JuS 2005, 595 ff.; Schultzky/Weissinger JA 2001, 886 ff.; Beuthien JZ 2011, 124 ff.; Hadding, FS Beuthien, 2009, S. 167, 177 ff. 6.Ergebnis zu I. Y hat einen Anspruch gegen F aus § 280 I BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog (+)

16 Lösung (Frage: 1c) II.Anspruch des Y gegen A –Anspruch aus § 280 I BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog, § 736 II BGB iVm. § 160 I 1 HGB 1.Anspruch der GbR aus § 280 I BGB 2.Gesellschafterstellung des A (vgl. § 128 S. 1 HGB analog) Zum Zeitpunkt des Mandatsabschlusses und der Pflichtverletzung war A Gesellschafter, aber er ist kurz nach Abschluss des Mandats aus der Sozietät ausgeschieden Nachhaftung (bzw. Begrenzung) gem. § 736 II BGB iVm. § 160 I 1 HGB 3.Ergebnis zu II. Anspruch aus § 280 I BGB iVm. § 128 S. 1 HGB analog, § 736 II BGB iVm. § 160 I 1 HGB (+)

17 Lösung (Frage: 1c) III.Ansprüche des Y gegen J 1.Anspruch als Gesellschafterin analog § 128 S. 1 HGB (-), da J nur Angestellte und nicht Gesellschafterin der GbR 2.Anspruch als Scheingesellschafterin analog § 128 S. 1 HGB a.Rechtsschein: J wird als Anwältin auf dem Briefbogen geführt, ohne Hinweis darauf, dass es sich bei ihr nicht um eine Partnerin, sondern eine Angestellte handelt b.Zurechenbare Veranlassung: J ließ sich mit ihrem Einverständnis als gleichberechtigte Anwältin neben A und F auf dem Briefkopf führen c.Kausalität: Vermögensdisposition des Vertragspartners wird vermutet d.Guter Glaube des Y an die Gesellschafterstellung der J  Sämtliche Voraussetzungen liegen bei Vertragsschluss (und Pflichtverletzung) vor  Es handelt sich auch um eine anwaltstypische Tätigkeit 3.Ergebnis zu III. Y hat gegen J (als Scheingesellschafterin) einen Anspruch analog § 128 S. 1 HGB

18 Lösung (Frage: 1c) IV.Anspruch des Y gegen S aus § 280 I BGB iVm. §§ 128 S. 1, 130 HGB analog 1.Verbindlichkeit der GbR (+) 2.Haftung als Neugesellschafter analog §§ 128 S. 1, 130 HGB a.Anwendung des § 130 HGB analog auf GbR ist umstritten –Früher h.M. (Doppelverpflichtungslehre): Grundsätzlich keine Haftung, da Neugesellschafter zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch geschäftsführenden Gesellschafter nicht verpflichtet werden konnte –Nach heutiger h.M. (Akzessorietätstheorie) noch immer umstritten: [ BGHZ 154, 370; dazu Habersack/Schürnbrand JuS 2003, 739 ff.; NJW 2006, 765; Casper/Eberspächer Jura 2003, 770 ff.; dazu K. Schmidt JuS 2006, 374 f.; Kaubisch Jura 2006, 610 ff.; Ann JA 2006, 322 ff.]

19 Lösung (Frage: 1c) –Für die analoge Anwendung des § 130 HGB spricht die hiermit sichergestellte konsequente Anwendung der §§ 128 ff. HGB und konsequenter Gläubigerschutz –Damit werden für GbR verlässliche Haftungsstrukturen geschaffen und verhindert, dass ein Gesellschafter sich der Haftung mit dem Argument entzieht, er sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht Gesellschafter gewesen –Dafür spricht, dass der Neugesellschafter auch die Vorteile aus seiner Beteiligung trägt (Anwachsung analog § 738 I 1 BGB); dann muss er auch die Nachteile in Form der persönlichen Haftung tragen –Gegenansicht (z.B. Canaris ZGR 2004, 69 ff.) lehnt § 130 HGB ab, da der Gläubiger einen weiteren Schuldner erhält, mit welchem er bei Begründung der Verbindlichkeit nicht rechnete und § 130 HGB nur auf kaufmännische Tätigkeit zugeschnitten ist –Zur Vertiefung: Funke/Falkner Jura 2004, 721 ff.; Lingl JuS 2005, 595 ff.

20 Lösung (Frage: 1c) b.Keine Ausnahme wegen Alleinbearbeitung des Mandats durch F (arg e contrario § 8 II PartGG) c.Ausnahme für Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen (str.) –Eine Ansicht: Einschränkung geboten nach Wertung des § 8 II PartGG –Herrschende Lehre: keine Ausnahme, da Gründe für eine Haftungsbeschränkung sich aus dem Gesetz und auch aus übergesetzlichen Wertungen nicht nehmen lassen; jedenfalls lässt sich das PartGG nicht verallgemeinern 3.Ergebnis zu IV. Y hat einen Anspruch gegen S aus § 280 I BGB iVm. §§ 128 S. 1, 130 HGB analog V.Ergebnis zu Frage 1c: Y hat Ansprüche gegen F, A, J und S (+)

21 Lösung (Frage: 2) Wie haftete S, wenn er in eine Partnerschaftsgesellschaft (PartG) eingetreten wäre? I.Anspruch des Y gegen S aus § 280 I BGB iVm. § 8 I 1 und 2 PartGG iVm. § 130 I HGB 1.Verbindlichkeit der PartG (+) 2.Haftung gem. § 8 I 1 und 2 PartGG iVm. § 130 I HGB a.Eine Ansicht lehnt Haftung ab, falls es sich um Verbindlichkeiten aus dem Bereich beruflicher Pflichtverletzungen handelt (teleologische Reduktion) b.BGH: § 8 I 2 PartGG gilt grundsätzlich auch für Verbindlichkeiten aus Berufshaftung [BGH NJW 2010, 1360 Tz. 16] 3.Haftungsausschluss gem. § 8 II PartGG Hier hat allein F das Mandat bearbeitet, so dass die Haftung des S für deren berufliche Fehler ausscheidet II.Ergebnis zu Frage 2: Keine Haftung des S bei Eintritt in eine PartG

22 Lösung Abwandlung Klage des Z gegen die GbR –Die Klage ist erfolgreich, wenn sie zulässig und begründet ist I.Zulässigkeit –Problem: Erstreckung der Rechtskraft des gegen sämtliche Gesellschafter ergangenen Urteils auf die Gesellschaft selbst (§ 325 I ZPO) –OLG Hamm: Einheitliche Abweisung der Klage gegen alle Gesellschafter kann nur darauf beruhen, dass der Anspruch gegen die GbR verneint werde [OLG Hamm BeckRS 2009, 26873] –BGH: Gesellschafter und Gesellschaft sind nach neuer Dogmatik strikt zu trennen; ein Urteil gegen die Gesellschafter erstreckt sich daher nicht automatisch auch auf die Gesellschaft selbst [BGH NJW 2011, 2048] –Grundsatz der subjektiven Beschränkung der Rechtskraft beruht auf der Parteiautonomie und dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG)

23 Lösung Abwandlung –Rechtskrafterstreckung auf Dritte ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn es gesetzlich angeordnet ist oder zumindest dem Sinn des Gesetzes entspricht –Eine solche Wertung ist weder § 129 I HGB noch § 736 ZPO zu entnehmen II.Begründetheit (+) III.Ergebnis: Die Klage des Z gegen die GbR ist zulässig und begründet

24 Weiterführende Literaturhinweise Grunewald, Neuere Entwicklungen im Recht der Personengesellschaften, JA 2011, 881 ff. Steinbeck, Grundfälle zum Personengesellschaftsrecht, JuS 2012, 10 ff., 105 ff., 199 ff. Preisner, Examenstypische Konstellationen des Handels- und Gesellschaftsrechts, JA 2011, 826 ff., 2012, 21 ff., 163 ff. Kreft, Die neue Rechtsprechung zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Spiegel von Entscheidungen zur Rechtsberatersozietät, FS Goette, 2011, 253 ff. Sommer/Treptow/Dietlmeier, Haftung für Berufsfehler nach Umwandlung einer Freiberufler-GbR in eine Partnerschaftsgesellschaft, NJW 2011, 1551 ff. Lutz, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozess – Aktuelle Rechtsprobleme, GWR 2012, 30 ff.


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