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Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt Berthold Meyer Die UNO, Weltfrieden und internationale Sicherheit:

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Präsentation zum Thema: "Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt Berthold Meyer Die UNO, Weltfrieden und internationale Sicherheit:"—  Präsentation transkript:

1 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt Berthold Meyer Die UNO, Weltfrieden und internationale Sicherheit: Fiktionen in einer kriegerischen Welt? Einführungsvorlesung Philipps-Universität Marburg 15.01.2008

2 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 2 Die Vereinten Nationen wurden gegründet, um „künftige Generationen von der Geißel des Krieges zu befreien“ (Präambel der Charta). Für diesen Zweck wollten die Völker der Vereinten Nationen ihre Kräfte vereinen, „um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren, Grundsätze anzunehmen und Verfahren einzuführen, die gewährleisten, dass Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewandt wird.“

3 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 3 Übersicht 1.Das System der Vereinten Nationen 2.Der Sicherheitsrat und seine Arbeit 3.Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? 4.Die „Privatisierung“ des Gewaltmonopols – Hilfe für die UNO oder deren Entmachtung? 5.Gehört die Zukunft der "humanitären Intervention" und dem "robusten Peace-keeping"? 6. Fazit

4 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 4

5 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 5 2. Der Sicherheitsrat und seine Arbeit (1) Der SR ist das wichtigste Organ der UNO. Aufgaben in Kap. V geregelt. 5 ständige Mitgl. (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und die VR China) und 10 nichtständige Mitgl. (im zweijährigen Wechsel unter Berücksichtigung einer angemessenen geographischen Verteilung von der GV gewählt). 2008: Belgien, Indonesien, Italien, Panama und Südafrika (bis Ende 2008) sowie Burkina Faso, Costa Rica, Kroatien, Libyen und Vietnam (bis Ende 2009). Beschlüsse des SR über Verfahrensfragen bedürfen der Mehrheit von 9 Stimmen. Beschlüsse über inhaltliche Fragen ebenfalls, doch dann Veto- Möglichkeit der Ständigen Mitglieder.

6 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 6 2. Der Sicherheitsrat und seine Arbeit (2) Nach Art. 24 hat der Sicherheitsrat die Aufgabe, schnelles und wirksames Handeln der UN bei der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu gewährleisten. Zu diesem Zweck soll er laut Art. 1, 1. „wirksame Kollektivmaßnahmen … treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu beseitigen oder beizulegen.“

7 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 7 2. Der Sicherheitsrat und seine Arbeit (3) An Konflikte im Inneren von Staaten wurde damals noch nicht gedacht. Art. 2, 4: „Alle Mitglieder unterlassen … jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete... Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ Art 2, 7: „Aus dieser Charta kann eine Befugnis der VN zum Eingreifen in Angelegenheit, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung aufgrund der Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden; die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Kap. VII wird durch diesen Grundsatz nicht berührt.“

8 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 8 2. Der Sicherheitsrat und seine Arbeit (4) In Fällen der Friedensgefährdung (Kap. VI) oder einer bereits eingetretenen Verletzung der Friedenspflicht durch Friedensbruch oder Aggression (Kap. VII) hat der Sicherheitsrat und nur dieser eine zwingende Befugnis Sanktionen oder militärische Zwangsmaßnahmen anzuordnen, sonst gibt auch er nur Empfehlungen ab.

9 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 9 2. 2 Kap. VI Friedensgefährdung Kap. VI, Art. 33 geht davon aus, dass die Konfliktparteien sich zunächst selbst bemühen, ihren Konflikt durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich, Schiedsspruch, gerichtliche Entscheidung, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen oder durch andere friedliche Mittel eigener Wahl beizulegen. Jeder Mitgliedstaat und auch Nicht-Mitgliedstaaten können einen Fall vor den Sicherheitsrat bringen, damit dieser ihn untersucht. Der Sicherheitsrat kann einen Fall auch von sich aus an sich ziehen und er kann in jedem Stadium nach Art. 36, 1 Verfahren und Methoden für die Beilegung empfehlen. Nach Art. 38 kann er, wenn die Streitparteien dies beantragen, auch Empfehlungen zur Streitbeilegung abgeben.

10 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 10 2. 3 Kap. VII Friedensbruch (1) In Kap. VII stellt der Sicherheitsrat fest, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. Nun kann er nach Art. 40 Empfehlungen abgeben oder vorläufige Maßnahmen ergreifen oder beschließen, welche Maßnahmen aufgrund der Artikel 41 und 42 zu treffen sind. Nach Artikel 41 sind dies Zwangsmaßnahmen wie Wirtschaftssanktionen, Unterbrechungen des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs oder das Einfrieren von Vermögenswerten eines Landes im Ausland, jedoch keine Waffengewalt. Erst wenn diese als unzulänglich angesehen werden, kann nach Art. 42 Waffengewalt gegen ein Land angewandt werden.

11 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 11 2. 3 Kap. VII Friedensbruch (2) Ob Maßnahmen nach Art. 41 etwas bewirken, ist zweifelhaft. 1. Ein Wirtschaftsembargo funktioniert nur dann, wenn alle anderen Staaten sich daran halten, so dass der davon betroffene Staat keine Schlupflöcher findet. 2. Es kann nur dann wirken, wenn dieser Staat auf bestimmte Lieferungen aus dem Ausland angewiesen, also nicht autark ist. 3. Es dauert es selbst wenn alle mitspielen, erfahrungsgemäß viele Monate, wenn nicht gar mehrere Jahre, bis es wirkt. 4. Ein Wirtschaftsembargo trifft meist zuerst die Bevölkerung und erst wesentlich später, wenn überhaupt, die herrschende Klasse. Was wirken kann, ist ein Waffenembargo oder das Einfrieren von Auslandsvermögen oder das Unterbinden von Flugreisen für einen bestimmten Personenkreis in und aus einem solchen Land.

12 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 12 Beispiel Iran

13 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 13 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (1) Nach Daniel Frei ist „kollektive Sicherheit“ ein nach innen wirkender Sanktionsmechanismus: „Das Wesen der kollektiven Sicherheit [...] liegt darin, dass dieses System zwar mit dem Krieg rechnet und auch bereit ist, gegen Widerspenstige [...] einen gerechten Krieg zu führen. Aber man setzt dabei offenbar stillschweigend voraus, dass es gar nicht zu einem solchen Strafkrieg im Namen der Völkergemeinschaft kommen werde, sondern dass bereits die Aussicht auf einen solchen den potentiellen Rechtsbrecher abschrecken werde.“ Solche Vorstellungen standen bei der Gründung der UNO Pate. Wenn der SR zur Auffassung gelangt, dass die in Art. 41 vorgesehenen friedlichen Sanktionen „unzulänglich sein würden oder sich als unzulänglich erwiesen haben", ist es ihm und nur ihm erlaubt, „mit Luft-, See- oder Landstreit- kräften" militärische Sanktionsmaßnahmen durchzuführen (Art. 42).

14 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 14 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (2) 3 Gründe der Legitimität eines SKS: 1. Es liegt im gleichen Interesse aller Beteiligten. 2. Es ist nicht ausschließlich auf militärische Mittel fixiert, sondern schließt zivile Mechanismen der Krisenprävention und Konfliktbearbeitung ein. 3. Es beschränkt sich auf die Garantie der äußeren Bedingungen, welche die positive Verwirklichung eines gerechten Friedens erst möglich machen.

15 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 15 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (3) Diese völkerrechtliche Kompetenzzuschreibung ist in Verbindung mit dem Gewaltverbot im zwischenstaatlichen Verhalten nach Art. 2, 4 konstitutiv für das Selbstverständnis der UNO als System kollektiver Sicherheit. Im Gedanken der kollektiven Sicherheit sieht E. O. Czempiel einen fundamentalen theoriegeschichtlichen Fortschritt, der allerdings einen "Konstruktionsfehler" hat: "Das Prinzip kann nur funktionieren, wenn es nicht gebraucht wird; wird es gebraucht, funktioniert es nicht. Kollektive Sicherheit beruht auf einem Mythos."

16 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 16 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (4) Soweit und solange ein potentieller Friedensbrecher an das Funktionieren des in der UN-Charta beschriebenen Systems kollektiver Sicherheit (SKS) glaubt, lässt er sich von ihm abschrecken. Sobald er aber das System herausfordert, zeigt sich, dass der Sicherheitsrat keine Strafexpedition auf den Weg schicken kann, weil ihm keine eigenen Truppen zur Verfügung stehen. Grund: „Alle Mitglieder“ haben sich nach Art. 43 zu Sonderabkommen mit dem Sicherheitsrat verpflichtet, in denen sie ihm „auf sein Ersuchen Streitkräfte zur Verfügung stellen“. Aber nicht ein Staat ist dem seit 1945 nachgekommen.

17 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 17 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (5) Dieser Missstand trug mit dazu bei, dass die in Art. 42 genannten Instrumente von der Weltorganisation in ihrer sechzigjährigen Geschichte nicht angewandt wurden, obwohl es immer wieder zu Friedensbrüchen kam. Ein noch stärkeres Hindernis stellte die gängige Übung der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates dar, jedes Mal dann von ihrem Vetorecht Gebrauch zu machen und damit Entscheidungen dieses Organs zu blockieren. Nach einem Rückgang ab 1990 hat sich die Zahl der Vetos in den letzten Jahren wieder vergrößert. Der zum Jahresende 2006 ausgeschiedene US-Botschafter John Bolton erhielt gar den Spitznamen „Mr. Veto“.

18 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 18 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (6) Ist es aber wirklich nur ein Konstruktionsfehler der UNO, dass sie als SKS keine Erfolge aufweisen kann? Czempiel zufolge wäre dieser Konstruktionsfehler, dass sie insgesamt dem Modell des Staatenbundes mit wechselseitigen Besitzstandsgarantien (Art. 1 und 2) entspricht, während der Sicherheitsrat nach dem Modell des europäischen Mächtekonzerts strukturiert ist. Oder kann kollektive Sicherheit aufgrund der unterschiedlichen Machtverteilung zwischen den Staaten überhaupt nicht funktionieren? Um dies zu beurteilen, ist nach den formalen Normen und Regeln zu fragen, die einem SKS satzungsmäßig vorzugeben wären, um wenigstens eine Minimaleffizienz zu gewährleisten.

19 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 19 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (7) Dem Hamburger Friedensforscher Erwin Müller zufolge scheiterten frühere Versuche eines Systems kollektiver Sicherheit (SKS) immer wieder an der Frage der vorbehaltlosen militärischen Beistandsleistung für das Opfer eines Angriffs. „Man könnte sagen, kollektive Sicherheit ist schon deshalb eine Chimäre, weil sie ihren Kardinal- und Gründungszweck nicht zu erfüllen imstande ist.“ Es gibt dafür objektive wie subjektive Gründe: Die objektiven Hindernisse zu überwinden ist eine Frage der Satzung und der Ausstattung des SKS mit Machtmitteln. Die Systemloyalität der Staaten hänge hingegen davon ab, wie sehr „sie ihm die Garantie ihrer Sicherheit zutrauen und damit auch gewillt sind, den Preis oder die Prämie für diese Systemleistungen zu zahlen“.

20 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 20 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (8) Zum einen muss die formal zugesagte Systemleistung alle relevanten Sicherheitsbedürfnisse abdecken, sonst werden sicherheitspolitische Alternativen gesucht. Zum anderen muss das System auch imstande sein, die zugesagten Sicherheitsleistungen zu erbringen, nicht zuletzt durch die Beistandsakte seiner Teilnehmer. Ein SKS sei deshalb so auszustatten, dass von seinen Merkmalen auf seine Erfolgschance geschlossen werden könne. „Das SKS muss alle vitalen Sicherheitsinteressen der Beteiligten normativ abdecken und materiell zu ihrer Gewährleistung imstande sein.“ Es könne folglich nichts versprechen, „was es nicht halten kann, etwa die Sicherung gegen eine Macht, die stärker ist als die Systemstaaten zusammen, oder gegen einen Staat, den die Systemmitglieder im Sinne der Machtprojektion militärisch gar nicht erreichen können.“

21 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 21 3. Kollektive Sicherheit – eine Fiktion? (9) Da alle fünf Ständigen Mitglieder Atommächte sind, wäre jede von ihnen auch ohne Vetomacht nur dann in ein solches System zu integrieren, wenn sie bereit wäre, auf die konventionelle Aggression einer anderen Atommacht notfalls mit der Eskalation bis zum Atomschlag zu antworten. Dagegen steht jedoch die Selbstabschreckung. Dies erlaubt den Schluss, dass unilaterale konventionelle Militärinterventionen von Atommächten von der UNO nicht sanktioniert werden – können. Daher ist zu fragen, ob ein SKS dann funktionieren kann, wenn der Friedensbrecher über Nuklearwaffen verfügt.

22 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 22 4. Die „Privatisierung“ des Gewaltmonopols (1) Beispiele von Ermächtigungen durch die UNO: Aktion zur militärischen Befreiung des vom Irak besetzten Kuwaits; Russland in Georgien; Frankreich in Ruanda; NATO zur Durchsetzung des Friedensabkommens für Bosnien und Herzegovina; USA in Somalia, in Haiti und nach dem 11. 9. 2001 in Afghanistan. In dieser neuen Tendenz der Instrumentalisierung der VN durch die fünf Vetomächte des Sicherheitsrates sieht Volker Rittberger ein „privates (Gewalt-) Monopol“: Zwangsmaßnahmen werden an Allianzen oder an Hegemonialmächte delegiert, die weniger als Sachwalter des Weltfriedens denn aus eigenem Interesse bereit sind, diese zu exekutieren.

23 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 23 4. Die „Privatisierung“ des Gewaltmonopols (2) Kapitel VIII der VN-Charta ist regionalen Abmachungen gewidmet. Es ist Rechtsgrundlage für die Kooperation mit Regionalorganisationen. Dabei spricht Art. 53, 1, Satz 1 allerdings von deren Inanspruchnahme durch den Sicherheitsrat. In Satz 2 folgt sogar das Verbot, ohne Ermächtigung des Sicherheitsrats Zwangsmaßnahmen auf Grund regionaler Abmachungen oder seitens regionaler Einrichtungen zu ergreifen. Dieses lässt sich auch als Schranke gegen eigenmächtige Zwangsmaßnahmen durch Einzelstaaten oder „coalitions of the willing“ interpretieren.

24 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 24 4. Die „Privatisierung“ des Gewaltmonopols (3) Art. 51 gibt den Mitgliedern „im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied... das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“, das nicht durch die anderen Regeln der Charta beeinträchtigt wird. Allerdings heißt es dort weiter, und dies ist wichtig, dies gelte solange, „bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat“.

25 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 25 4. Die „Privatisierung“ des Gewaltmonopols (4) UNO-Charta hat unter dem Stichwort „Kollektive Sicherheit“ nur zwischenstaatliche Konflikte im Blick. Doch die weitaus meisten gewaltsamen Auseinandersetzungen sind heute innerstaatlicher Art. Wenn in solchen Fällen von der Völkergemeinschaft dem Morden Einhalt geboten werden soll, ist das nach der UN-Charta äußerst schwierig. Beispiel Kosovo-Konflikt (1998/99): Nachdem der Sicherheitsrat kein Mandat für eine Intervention nach Art. 42 gegen Jugoslawien erteilt hatte, kam auch keine Berufung auf Art. 51 infrage, da sich der Angriff nicht gegen ein anderes Mitglied der UNO, sondern gegen einen Teil der eigenen Bevölkerung richtete. Es kam auch zu keiner Ermächtigung einer regionalen Einrichtung nach Art. 53. Liegt also beim Eingreifen der NATO eine Selbstmandatierung des Bündnisses vor?

26 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 26 4. Die „Privatisierung“ des Gewaltmonopols (7) Schließlich: Eine Folge beider Arten der Privatisierung des Gewaltmonopols ist, dass Konflikte, die für die Ständigen Mitglieder nicht von mehr oder weniger vitalem Interesse sind, von der UNO bestenfalls mit wohlklingenden Ermahnungen bedacht werden, jedoch nur sehr schwer mit Peace keeping Truppen. Aktuelles Beispiel dafür ist Sudan.

27 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 27 5. Peace Keeping (1) Gehört die Zukunft der „humanitären Intervention“ und dem „robusten Peace-keeping“?

28 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 28 5. Peace Keeping (2) Für friedenserhaltende Operationen hat sich nach 1956 der Begriff der Blauhelm- Missionen eingebürgert. Hierfür gab es in der Charta keine Grundlage. Blauhelm-Missionen haben als reine Friedenstruppen zur Absicherung von Waffenstillständen, als militärische Beobachtermissionen und nicht- militärischen Beobachtermissionen eine weithin unwidersprochene Legitimation erfahren, so dass sie 1988 unter allgemeinem Beifall mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurden.

29 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 29 5. Peace Keeping (3) Seither hat sich das Bild dieser Einsätze stark verändert. Bis dahin wurden sie nach einem Waffenstillstand im Konsens mit den Konfliktparteien aufgestellt, waren für sie Neutralität, offenes Auftreten und höchstens eine leichte Bewaffnung zur Selbstverteidigung selbstverständlich. Ab Anfang der 1990er Jahre erhöhte sich die Zahl der Einsätze und der beteiligten Soldaten dramatisch bis zu einem ersten Höchststand von 77.783 Personen im Dezember 1994. 2007: 70.492 Soldaten, 2.506 Militärbeobachter, 9.413 Polizisten und 4.494 internationale Zivilexperten (ohne ISAF und KFOR). Dabei änderten sich auch die Einsatzvoraussetzungen. Dadurch gerieten die Blauhelme nicht nur in die Schusslinien der Konfliktparteien, sondern auch in die der öffentlichen Kritik.

30 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 30

31 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 31 5. Peace Keeping (5) Ist die UNO überhaupt zu „humanitären Interventionen“ berechtigt? Anhaltspunkte dafür: Art. 1, 2 und Art. 55 „ Grundsatz der Selbstbestimmung der Völker“. Art. 55 erklärt außerdem, die Vereinten Nationen förderten die „allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte“. Darüber hinaus sind von der UNO seit dieser Zeit verschiedene Menschenrechtspakte verabschiedet worden. Weichenstellung für „humanitäre Interventionen“ in Fällen grober Menschenrechtsverletzungen bis hin zum Völkermord : Resolution 688/1991 zur Situation der im Nordirak vertriebenen Kurden.

32 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 32 5. Peace Keeping (6) Blauhelm-Einsätze mit „robusten Mandaten“ müssen so mandatiert werden, –dass sie als Maßnahmen im Rahmen des Kapitels VII und nicht nur des Kapitels VI der VN-Charta auf den Weg gebracht –und mit geeigneten Mitteln zu ihrer bewaffneten Durchsetzung ausgestattet werden. Die Blauhelme sollen also nicht nur ihr eigenes Leben gegen Waffengewalt verteidigen, sondern auch die Erfüllung ihres humanitären Auftrages durchsetzen können, ohne dabei Kriegspartei zu werden.

33 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 33 5. Peace Keeping (7) Blauhelme sollen „trotz eventueller Kampfhandlungen im Prinzip in der Rolle des neutralen Dritten und Vermittlers zwischen den Konfliktparteien“ bleiben. Ihr selektiver Einsatz militärischer Gewalt dürfe nicht mit Kampfeinsätzen im Rahmen traditioneller Kriegführung gleichgesetzt werden, „weder was die Einsatzform noch was ihre Dynamik betrifft! Nicht Sieg ist ihr Ziel, sondern die Aufrechterhaltung des Friedens- und Verhandlungsprozesses und der dafür notwendigen Voraussetzungen.“ „Zweifellos verlangt der Verzicht auf Sieg und Vernichtung eine beträchtliche mentale Umstellung der üblicherweise auf diese Ziele ausgebildeten Offiziere und Soldaten. Diese Umstellung gelang bei den traditionellen Blauhelmeinsätzen. Sie sollte auch im Hinblick auf das robuste Peace-keeping möglich sein.“ Winrich Kühne

34 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 34 5. Peace Keeping (8) Darüber hinaus verändern sich die militärischen Einsatzbedingungen: Die Truppenkontingente müssen größer und stärker bewaffnet sein und sind dadurch eher der Gefahr ausgesetzt, selbst angegriffen oder als Geiseln genommen zu werden. Bei robusten Mandaten besteht die Gefahr der Eskalation und für die entsendenden Nationen die Notwendigkeit, Truppen zum Nachschieben bereitzuhalten. Um diese Risiken einzugrenzen, muss der Sicherheitsrat das Mandat völkerrechtlich klar verankern und den politischen Auftrag wie den militärischen Durchführungsmodus inhaltlich überzeugend formulieren.

35 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 35 5. Peace Keeping (9) Humanitäre Einsätze mögen dazu geeignet sein, die Handlungsfähigkeit der UNO zu verbessern, doch ihre Grunddilemmata bleiben bestehen. Sie ergeben sich in Fällen fortwährender Verletzungen von Menschen- und Minderheitenrechten 1. aus der Spannung zwischen staatlichen Souveränitätsvorbehalten und dem Anrecht auf Selbstbestimmung der Minderheit, 2. aus dem Entscheidungsmonopol des Sicherheitsrates und seiner potentiellen Lahmlegung durch einzelne Vetomächte, 3. aus der Neigung der USA zum Unilateralismus, in dessen Rahmen die UNO nur noch dann vorkommt, wenn es darum geht, sich den Rücken für Alleingänge freihalten zu lassen. 4. Das führt dazu, dass die für das Zusammenleben der Völker bewährten Regeln des Völkerrechts durch eine von den USA vorgelebte Praxis, die Nachahmung bei anderen mächtigen Mächten findet, immer öfter ausgehebelt werden.

36 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 36 5. Peace Keeping (10) Beispiele für unterschiedliche Konstellationen: 1. Luftkrieg gegen Jugoslawien 1999: von der NATO koordiniert, primär aber von den USA geführt. 2. „Anti-Terror-Krieg“ im Herbst 2001: NATO rief zwar Verteidigungsfall aus, doch die USA schmiedeten aufgrund bilateraler Vereinbarungen eine „coalition of the willing“. 3. Auch direkte UN-Einsätze und militärische Interventionen aufgrund einer Ermächtigung durch die UNO kommen fast nur dann zustande, wenn die USA bereit sind, sich ideell oder personell zu engagieren. Wenn die Vereinigten Staaten die Rolle des gefragt oder ungefragt einschreitenden Weltpolizisten übernehmen, hat dies zur Folge, dass letztlich deren Präsident und Kongress entscheiden, wo auf dieser Welt Menschenrechte geschützt werden und wo das Risiko für die eigenen boys zu hoch ist.

37 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 37 Fazit (1) Sind Weltfrieden und internationale Sicherheit eine Fiktion in einer kriegerischen Welt? Zwar ist diese Welt kriegerisch und die Menschen werden immer in Konflikten miteinander leben. Aber diese müssen keineswegs mit Waffengewalt austragen, sondern können auch friedlich geregelt werden. Doch der Grund dafür, dass die UNO nur begrenzt in der Lage ist, internationale Sicherheit und ein friedliches Miteinander zu fördern, ist in der Struktur der Vereinten Nationen selbst zu suchen. „Die UNO kann nie stärker sein, als ihre Mitglieder sie machen wollen.“ (Klaus Kinkel)

38 Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Peace Research Institute Frankfurt © Berthold Meyer, HSFK/ PRIF 38 Fazit (2) Kinkels Argument ist richtig, aber es gibt Mitglieder, die sich sehr für eine starke UNO engagieren und andere, die selbst darüber entscheiden möchten, wann die UNO stark ist und wann nicht. Dies gilt prinzipiell für alle fünf Vetomächte, ganz besonders aber für die USA, die mit 22 % auch noch der größte Beitragszahler ist, wenn sie denn zahlen. Ihre finanziellen Erpressungen sind ein weiteres Beispiel dafür, dass die USA sich nicht in das UN-System integrieren wollen, sondern versuchen, sie als ein Instrument ihrer eigenen Weltpolitik zu gestalten. Und dies widerspricht dem Credo, das aus den ersten Worten der Charta spricht: „We the peoples of the United Nations“.


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