Berechenbarkeit Klaus Becker 2004.

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 Präsentation transkript:

Berechenbarkeit Klaus Becker 2004

Die Möglichkeiten von Software Herausgeber einer Software-Zeitschrift: „Geben Sie einem Computer die richtige Software, und er wird tun, was immer Sie wünschen. Die Maschine selbst mag Grenzen haben, doch für die Möglichkeiten von Software gibt es keine Grenzen.“ (zitiert nach D. Harel: Das Affenpuzzle und weitere bad news aus der Computerwelt)

Berechenbarkeit als Problem Teil 1 Berechenbarkeit als Problem

Grenzen von Software Grundsatzfrage: Gibt es Grenzen für die Möglichkeiten von Software? Daten Software ?

Der Kern von Software Algorithmen – der Kern von Software: Wo liegen die Grenzen algorithmisch gesteuerter Systeme? Gibt es Grenzen des algorithmisch Machbaren?

Die Suche nach Grenzen Grundsatzfrage: Gibt es Grenzen für die Möglichkeiten von Software? Gibt es Grenzen für die Möglichkeiten von Algorithmen? Möglichkeitsnachweis: Unmöglichkeitsnachweis: Man entwickelt einen Algorithmus und implementiert die zugehörige Software. Man muss zeigen, dass es keinen Algorithmus gibt, der das gestellte Problem löst. D. h.: Jeder mögliche Algorithmus löst nicht das gestellte Problem. Vorgehensweise: Um Aussagen über alle möglichen Algorithmen zu treffen, muss zunächst der Algorithmusbegriff präzisiert werden.

Was ist ein Algorithmus ? Einfache Frage – viele Antworten: Aho, Hopcroft, Ullman Ein Algorithmus ist eine endliche Folge von Instruktionen, die alle eindeutig interpretierbar und mit endlichem Aufwand in endlicher Zeit ausführbar sind. Algorithmen enthalten Instruktionen zur Formulierung von (beliebig vielen) Wiederholungen anderer Instruktionen. Unabhängig von den Werten der Eingangsgrößen endet ein Algorithmus stets nach endlich vielen Instruktionsschritten. Ein Programm ist dann ein Algorithmus, wenn für alle möglichen Eingabewerte sichergestellt ist, dass keine Instruktion unendlich oft wiederholt wird. Kronsjö Ein Verfahren, beschrieben durch eine endliche Menge von eindeutig interpretierbaren Regeln, das eine endlich lange Folge von Operationen zur Lösung eines Problems oder einer speziellen Problemklasse beschreibt, wird Algorithmus genannt. (http://www.swe.uni-linz.ac.at/teaching/lva/ss02/algo1_vorlesung/hinweise.html)

Was ist ein Algorithmus ? Einfache Frage – viele Antworten: Knuth Ein Algorithmus muss nach endlich vielen Schritten enden. Jeder Schritt eines Algorithmus muss exakt beschrieben sein; die in ihm verlangten Aktionen müssen präzise formuliert und in jedem Falle eindeutig interpretierbar sein. Ein Algorithmus hat keine, eine oder mehrere Eingangsgrößen, d.h. Größen, die von ihm benutzt und deren Werte vor Beginn seiner Ausführung festgelegt werden müssen. Ein Algorithmus hat eine oder mehrere Ergebnisgrößen, d.h. Größen, deren Werte in Abhängigkeit von den Eingangsgrößen während der Ausführung des Algorithmus berechnet werden. Ein Algorithmus muss so geartet sein, dass die in ihm verlangten Aktionen im Prinzip von einem Menschen in endlicher Zeit mit Papier und Bleistift ausgeführt werden können. (http://www.swe.uni-linz.ac.at/teaching/lva/ss02/algo1_vorlesung/hinweise.html)

Was ist ein Algorithmus ? Einfache Frage – viele Antworten: Bauer, Goos Ein Algorithmus ist eine präzise, d.h. in einer festgelegten Sprache abgefasste, endliche Beschreibung eines allgemeinen Verfahrens unter Verwendung ausführbarer elementarer (Verarbeitungs-) Schritte. Rechenberg Ein Algorithmus ist ein endliches schrittweises Verfahren zur Berechnung gesuchter aus gegebenen Größen, in dem jeder Schritt aus einer Anzahl ausführbarer eindeutiger Operationen und einer Angabe über den nächsten Schritt besteht. (http://www.swe.uni-linz.ac.at/teaching/lva/ss02/algo1_vorlesung/hinweise.html)

Der intuitive Algorithmusbegriff „Definition:“ Ein Algorithmus ist eine Folge von Handlungsanweisungen zur Lösung eines Problems, die folgende Anforderungen erfüllt: - Endlichkeit: Die Anweisungsfolge ist durch einen endlichen Text beschrieben. - Ausführbarkeit: Die Anweisungen sind für den Empfänger (Mensch oder Maschine) verständlich formuliert und ausführbar. - Eindeutigkeit: An jeder Stelle ist der Ablauf der Anweisungen eindeutig festgelegt. - Allgemeinheit: Die Anweisungen besitzen Gültigkeit für die Lösung einer ganzen Problemklasse, nicht nur für ein Einzelproblem. (nach Gasper, Leiß, Spengler, Stimm: Technische und theoretische Informatik. bsv)

Unzulänglichkeit informeller Klärungen „Definition:“ Ein Algorithmus ist eine Folge von Handlungsanweisungen zur Lösung eines Problems, die folgende Anforderungen erfüllt: - Endlichkeit: Die Anweisungsfolge ist durch einen endlichen Text beschrieben. - Ausführbarkeit: Die Anweisungen sind für den Empfänger (Mensch oder Maschine) verständlich formuliert und ausführbar. - Eindeutigkeit: An jeder Stelle ist der Ablauf der Anweisungen eindeutig festgelegt. - Allgemeinheit: Die Anweisungen besitzen Gültigkeit für die Lösung einer ganzen Problemklasse, nicht nur für ein Einzelproblem. Was heißt das? Die oben aufgeführte Begriffsklärung ist keine präzise Definition im mathematischen Sinne.

Muss präzisiert werden Ziel: Präzisierung „Definition:“ Ein Algorithmus ist eine Folge von Handlungsanweisungen zur Lösung eines Problems, die folgende Anforderungen erfüllt: - Endlichkeit: Die Anweisungsfolge ist durch einen endlichen Text beschrieben. - Ausführbarkeit: Die Anweisungen sind für den Empfänger (Mensch oder Maschine) verständlich formuliert und „ausführbar“. - Eindeutigkeit: An jeder Stelle ist der Ablauf der Anweisungen eindeutig festgelegt. - Allgemeinheit: Die Anweisungen besitzen Gültigkeit für die Lösung einer ganzen Problemklasse, nicht nur für ein Einzelproblem. Muss präzisiert werden Ziel ist es, die informelle Begriffsklärung durch eine präzise Definition im mathematischen Sinne zu ersetzen.

Präzisierungsansätze Grundschema eines algorithmisch gesteuerten Systems Eingaben Anweisungen “Prozessor” Ausgaben Präzisierungsansätze: Maschinenorientierter Ansatz: Präzisierung des Prozessors Zuordnungsorientierter Ansatz: Präzisierung der E/A-Zuordnungen Anweisungsorientierter Ansatz: Präzisierung der zulässigen Anweisungen

Grundidee: Berechnungsmodelle Präzisierung mit Berechnungsmodellen Die Festlegung, was ein Algorithmus ist, bezieht sich auf ein streng definiertes Berechnungsmodell, das genau vorschreibt, was unter „ausführbar“ zu verstehen ist. Grundlegende Schwierigkeit des Präzisierungsverfahrens Wird mit Hilfe des Berechnungsmodells wirklich der intuitive Algorithmusbegriff adäquat erfasst?

Kara als Berechnungsmodell Teil 2 Kara als Berechnungsmodell

Kara Kara ist ein Marienkäfer. Kara lebt in einer Welt mit unbewegliche Baumstümpfen, Pilzen, die Kara verschieben kann und Kleeblättern, die Kara legen und aufnehmen kann. Lit.:: Reichert / Nievergelt / Hartmann: Programmieren mit Kara, Springer-Verlag 2004. Software: www.educeth.ch/karatojava

Kara Kara hat Sensoren, mit denen er/sie die Umwelt wahrnimmt: Kara versteht einige Befehle, die er/sie folgsam ausführt: stehe ich vor einem Baumstumpf? mache einen Schritt vorwärts! ist links von mir ein Baumstumpf? drehe um 90° nach links! ist rechts von mir ein Baumstumpf? drehe um 90° nach rechts! stehe ich vor einem Pilz? lege ein Kleeblatt hin! stehe ich auf einem Kleeblatt? nimm ein Kleeblatt auf!

Kara soll ein Problem lösen Kara soll bis zum nächsten Baumstumpf, einmal um ihn herum und anschließend zurück zum Ausgangspunkt laufen. AZ: ... ZZ:

Kara-Algorithmus Akt. Zustand: Bedingung: Aktionen: Neuer Zustand: markieren hin hin nein hin hin ja ... zurück zurück nein zurück zurück ja stop Vor Baum? nein / vorwärts Auf Blatt? nein / vorwärts Vor Baum? ja / links; ... Auf Blatt? ja / links; links / Blatt hinlegen mark. hin zurück stop

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Lösung des Problems: AZ: Kara sieht in Blickrichtung eine beliebig lange Baumstumpfreihe. ZZ: Kara umläuft die Baumstümpfe und bleibt stehen.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Lösung des Problems: AZ: Kara sieht in Blickrichtung eine beliebig lange vertikale Baumstumpfreihe. ZZ: Kara umläuft die Baumstumpfreihe und bleibt in der Verlängerung seines Wegs stehen.

Übung Gibt es einen Kara-Algorithmus zur Lösung des Problems, bei dem Kara keine Blätter ablegen darf? AZ: ZZ:

Präzisierung des Algorithmusbegriffs Von klaren Vorgaben zu präzisen Begriffsdefinitionen Sei A die Menge der Kara-Aktionen: A = {move, turnLeft, turnRight, putLeaf, removeLeaf} Sei A´ die Menge der eingeschränkten Kara-Aktionen: A´ = {move, turnLeft, turnRight} Sei B die Menge der Kara-Bedingungen: B = {treeFront, treeLeft, treeRight, mushroomFront, onLeaf, not treeFront, treeFront and (not onLeaf), ..., true}

Präzisierung des Algorithmusbegriffs Akt. Zustand: Bedingung: Aktionen: Neuer Zustand: markieren hin hin nein hin hin ja ... zurück Definition: Ein Kara-Algorithmus ist eine Paar (Z, F) bestehend aus einer endlichen Menge Z von Zuständen, die einen ausgezeichneten Startzustand enthält, und einer Funktion F, die die Arbeitsweise von Kara wie folgt festlegt: F ordnet Zustands-Bedingungs-Kombinationen (z, b) mit zZ und bB eine Aktionen-Zustands-Kombination (a, z´) zu, wobei a eine endliche (evtl. leere) Folge von Aktionen aus A ist und z´Z den Folgezustand darstellt. Ein Read-Only-Kara-Algorithmus ist ein Kara-Algorithmus, bei dem nur Aktionen aus der eingeschränkten Menge A´vorkommen.

Zur Lösung des Baumumrundungsproblems Von präzisen Begriffsdefinitionen zu nachweisbaren Aussagen Satz: Es gibt einen Kara-Algorithmus, der das „vertikale Baumumrundungsproblem“ löst. (Möglichkeits-) Beweis: Der Beweis erfolgt konstruktiv, indem man einen geeigneten Kara-Algorithmus angibt. Grundidee: Kara legt beim Weg „nach oben“ neben jeden Baumstumpf ein Kleeblatt. Kara zählt auf diese Weise mit, an wie vielen Baumstümpfen er/sie vorbeiläuft. Kara transportiert anschließend jedes dieser abgelegten Kleeblätter auf die „andere Seite des Baumstumpfs“. Damit ist Kara in der Lage, die gewünschte Endposition zu bestimmen.

Zur Lösung des Baumumrundungsproblems Von präzisen Begriffsdefinitionen zu nachweisbaren Aussagen Satz: Es gibt keinen Read-Only-Kara-Algorithmus, der das „vertikale Baumumrundungsproblem“ löst. (Unmöglichkeits-) Beweis: Der Beweis wird durch Widerspruch geführt: Man nimmt an, es gebe einen solchen Algorithmus und führt diese Annahme zum Widerspruch. Da das „vertikale Baumumrundungsproblem“ für Read-Only-Kara-Algorithmen strukturell ähnlich zum „anbn-Spracherkennungs-problem“ für endliche Automaten ist, kann der Nachweis, dass es keinen Read-Only-Kara-Algorithmus gibt, der das „vertikale Baumumrundungsproblem“ löst, völlig analog zum „anbn-Spracherkennungsproblem“ geführt werden.

Kara-Berechenbarkeit Teil 3 Kara-Berechenbarkeit

Kara lernt rechnen Im Folgenden betrachten wir eine spezielle Klasse von Problemen, die Kara lösen soll. Es handelt sich hier um „Berechnungs-probleme“, die Kara mit Hilfe von Kleeblättern ausführen soll.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Addition: AZ: Kara steht vor zwei beliebig langen, durch eine leere Zelle getrennte Blattreihen der Längen m und n (die auch 0 sein können). ZZ: Kara hat eine Blattreihen der Länge m+n erzeugt.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Subtraktion: AZ: Kara steht vor zwei beliebig langen, durch eine leere Zelle getrennte Blattreihen der Längen m und n (die auch 0 sein können). ZZ: Falls mn ist, hat Kara eine Blattreihe der Länge m-n erzeugt.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Subtraktion: AZ: Kara steht vor zwei beliebig langen, durch eine leere Zelle getrennte Blattreihen der Längen m und n (die auch 0 sein können). ZZ: Falls m<n ist, kommt Kara nicht mehr klar und dreht sich ständig im Kreis herum.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zum Verdoppeln: AZ: Kara steht vor einer beliebig langen Blattreihe der Länge n (die auch 0 sein kann). ZZ: Kara hat eine Blattreihe der Länge 2n erzeugt.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Multiplikation: AZ: Kara steht vor zwei beliebig langen, durch eine leere Zelle getrennte Blattreihen der Längen m und n (die auch 0 sein können). ZZ: Kara hat eine Blattreihe der Länge mn erzeugt.

Übung Entwickeln Sie einen Kara-Algorithmus zur Multiplikation: AZ: Kara steht vor zwei beliebig langen, durch eine leere Zelle getrennte Blattreihen der Längen m und n (die auch 0 sein können). ZZ: Kara hat eine Blattreihe der Länge mn erzeugt, ohne die Zellenreihe, in der die Blätter liegen, zu verlassen.

Berechnete Funktion Vom informellen Begriff zur präzisen Begriffsdefinition Verdoppeln: AZ: Kara steht vor einer beliebig langen Blattreihe der Länge n (die auch 0 sein kann). ZZ: Kara hat eine Blattreihe der Länge 2n erzeugt. Kara berechnet die Verdopplungsfunktion f: N  N mit f(n) = 2n.

Berechnete Funktion Subtraktion: AZ: Kara steht vor zwei beliebig langen, durch eine leere Zelle getrennte Blattreihen der Längen m und n (die auch 0 sein können). ZZ: Falls m<n ist, kommt Kara nicht mehr klar und dreht sich ständig im Kreis herum. Kara berechnet die Subtraktionsfunktion f: N x N  N mit: m-n falls m  n f(m,n) = undefiniert falls m < n

Präzisierung von Berechenbarkeit Definition: Eine Funktion f: N  N heißt Kara-berechenbar, gdw gilt: Es gibt einen Kara-Algorithmus mit der folgenden Eigenschaft: AZ: Kara steht vor einer Blattreihe der Länge n. ZZ: Fall 1: f(n) ist definiert: Kara hat eine Blattreihe der Länge f(n) erzeugt und hält. Fall 2: f(n) ist undefiniert: Kara hält nicht. Analog für f: N x N x ... x N  N

Berechenbarkeitsaussagen Satz: Die folgenden Funktionen sind Kara-berechnenbar: f(n) = 2n f(m, n) = m + n f(m, n) = IF(mn, m-n, ) f(m, n) = mn Neue Fragen Welche Funktionen sind Kara-berechnenbar, welche evtl. nicht?

Teil 4 Turingmaschinen

Alan Turing http://www.alanturing.net/ Alan Mathison Turing FRS OBE (born 23 June 1912 at 2 Warrington Crescent, London W9, died 7 June 1954 at his home in Wilmslow, Cheshire) contributed to mathematics, cryptanalysis, logic, philosophy, biology, and formatively to computer science, cognitive science, Artificial Intelligence and Artificial Life. Educated at Sherborne School in Dorset, Turing went up to King's College, Cambridge in October 1931 to read Mathematics. He was elected a Fellow of King's in March 1935, at the age of only 22. In the same year he invented the abstract computing machines - now known simply as Turing machines - on which all subsequent stored-program digital computers are modelled. ...

Turings Idee Vom Rechnen zu den „Computing maschines“ „Computing is normally done by writing certain symbols on paper. We may suppose this paper is divided into squares like a child's arithmetic book. In elementary arithmetic the two-dimensional character of the paper is sometimes used. 3 6  2 7 7 2 2 5 2 9 7 2 (Alan Turing: On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem. Proceedings of the London Mathematical Society 1936)

Turings Idee Vom Rechnen zu den „Computing maschines“ „Computing is normally done by writing certain symbols on paper. We may suppose this paper is divided into squares like a child's arithmetic book. In elementary arithmetic the two-dimensional character of the paper is sometimes used. But such a use is always avoidable, and I think that it will be agreed that the two-dimensional character of paper is no essential of computation. I assume then that the computation is carried out on one-dimensional paper, i.e. on a tape divided into squares. ...“ 3 6  2 7 2 5 2 7 2 (Alan Turing: On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem. Proceedings of the London Mathematical Society 1936)

Zustandsbasierte Verarbeitungseinheit Turings Idee Vom Rechnen zu den „Computing maschines“ „The behaviour of the computer at any moment is determined by the symbols which he is observing and his “state of mind” at that moment. ...“ „Let us imagine the operations performed by the computer to be split up into “simple operations” which are so elementary that it is not easy to imagine them further divided. ...“ Ein-/Ausgabeband 3 6  2 7 Zustandsbasierte Verarbeitungseinheit Schreib-/Lesekopf q0 (Alan Turing: On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem. Proceedings of the London Mathematical Society 1936)

Zustandsbasierte Verarbeitungseinheit Turingmaschine Ein-/Ausgabeband ... I I I I I ... Zustandsbasierte Verarbeitungseinheit Schreib-/Lesekopf Turingmaschine

Geschriebenes Zeichen Turingmaschine Zustandsübergang: Aktion a ; b ; R Gelesenes Zeichen Geschriebenes Zeichen Turingmaschinenaktionen: R ein Feld nach rechts L ein Feld nach links S stopp

Beispiel I I I I I z0 I I I I I S Berechnungsproblem: Addition von „Strichzahlen“ AZ: I I I I I z0 ZZ: I I I I I S Turingmaschine (dargestellt mit einem Zustandsgraphen): I; I; R I; I; R I; I; L I; I; S ; I; R ; ; L I; ; L ; ; R z0 z1 z2 z3 z4

Beispiel Turingmaschine (dargestellt mit einem Zustandsgraphen): z0 z1 I; I; R I; I; R I; I; L I; I; S ; I; R ; ; L I; ; L ; ; R z0 z1 z2 z3 z4 Turingmaschine (dargestellt mit einer Zustandstafel): alter gelesenes geschrieb. Kopf- neuer Zustand Zeichen Zeichen bewegung Zustand Z0 I I R Z0 Z0 ' ' I R Z1 Z1 I I R Z1 Z1 ' ' ' ' L Z2 ...

Präzisierung Definition: Eine Turingmaschine ist ein Tupel T = (X, B, b, Z, z0, ) bestehend aus - einer endlichen, nichtleeren Menge X von Eingabezeichen, - einer Menge B mit X  B von Bandzeichen, - einem speziellen Bandzeichen b  B \ X („Blank“), - einer endlichen, nichtleeren Menge Z von Zuständen, - einem Anfangszustand z0Z, - einer Überführungsfunktion : Z x B  B x {L, R, S} x Z alter gelesenes geschrieb. Kopf- neuer Zustand Zeichen Zeichen bewegung Zustand Z0 I I R Z0 Z0 ' ' I R Z1 Z1 I I R Z1 Z1 ' ' ' ' L Z2 ...

Übung Berechnungsproblem: Verdopplung von „Strichzahlen“ Entwickeln und testen Sie eine Turingmaschine zur Verdopplung von Strichzahlen. Beschreiben Sie die Turingmaschine mit einem Zustandsgraph und einer Zustandstabelle. Zum Testen können Sie den MPG-Turing-Simulator benutzen. AZ: I I z0 ZZ: I I I I

Präzisierung von Berechenbarkeit Definition: Eine Funktion f: N  N heißt Turingmaschinen-berechenbar, gdw gilt: Es gibt eine Turingmaschine T mit der folgenden Eigenschaft: AZ: Auf dem Band befindet sich n dargestellt als Strichzahl. ZZ: Fall 1: f(n) ist definiert: T hält und hat f(n) dargestellt als Strichzahl erzeugt. Fall 2: f(n) ist undefiniert: T hält nicht. I I z0 I I I I Analog für f: N x N x ... x N  N

Variation der Turingmaschine Berechnungsproblem: Verdopplung von „Strichzahlen“ AZ: I I I I z0 2-Band-Turingmaschine ZZ: I I I I I I I I I I I I I ;II;RR I ;I ;LS I ;II;RR ; ;LS ; ;RS ; ;SS z0 z1 z2 z3

Variation der Turingmaschine Berechnungsproblem: Verdopplung von „Strichzahlen“ 2-dimensionale Turingmaschine

Kara als Variation der Turingmaschine 2-dimensionale Turingmaschine

Übung Lösen Sie das Verdopplungsproblem (oder das Multiplikationsproblem) mit Hilfe einer 2-Band-Turingmaschine und mit Hilfe einer zweidimensionalen Turingmaschine.

Äquivalenz von Turingmaschinenmodellen Problem Was leisten Mehr-Band-Turingmaschinen bzw. zweidimensionale Turingmaschinen mehr als Ein-Band-Turingmaschinen? Satz Eine Funktion f: N x N x ... x N  N ist mit einer Ein-Band-Turingmaschine berechenbar gdw sie mit einer Zwei-Band-Turingmaschine berechenbar ist sie mit einer Mehr-Band-Turingmaschine berechenbar ist.

Beweisidee I I I z0 zi I * * I I I I I z0 I zj I I I * * I Simulation der Aktionen einer Zwei-Band-TM auf einem Band I I I Vgl.: U. Mayr: Theoretische Informatik am PC. (Programm: Bsp-a5.tm) z0 zi I * * I I I I I z0 I zj I I I * * I

Äquivalenz der Turingmaschinenmodelle Problem Was leisten Mehr-Band-Turingmaschinen bzw. zweidimensionale Turingmaschinen mehr als Ein-Band-Turingmaschinen? Satz Eine Funktion f: N x N x ... x N  N ist mit einer eindimensionalen (Ein-Band-) Turingmaschine berechenbar gdw sie mit einer zweidimensionalen Turingmaschine berechenbar ist.

Universelle Turingmaschine Teil 5 Universelle Turingmaschine

Universelle Berechnungsmodelle Computer sind programmierbar! Daten Computer als programmierbares System Daten Programm Ein universelles Berechnungsmodell sollte in der Lage sein, nicht nur Eingabedaten in einer ganz bestimmten Weise zu verarbeiten, sondern Eingabedaten nach einem beliebigen, ebenfalls einzugebenden Verarbeitungsprogramm zu verarbeiten.

Universelle Turingmaschine Universelle Turingmaschine als Turingmaschinen-Interpreter Eingabeband Universelle Turingmaschine Ausgabeband Turingmaschine Eine universelle Turingmaschine besitzt die Fähigkeit, beliebige andere Turingmaschinen zu simulieren. Als Eingabe erhält sie die Beschreibung der zu simulierenden Turingmaschine und der Daten auf dem Eingabeband für diese Turingmaschine.

Universelle Turingmaschine Beispiel: Invertieren einer 01-Zeichenkette 10110111# 1;0;R 0;1;R Universelle Turingmaschine 01001000# #;#;S z1 z0 Eine universelle Turingmaschine besitzt die Fähigkeit, beliebige andere Turingmaschinen zu simulieren. Als Eingabe erhält sie die Beschreibung der zu simulierenden Turingmaschine und der Daten auf dem Eingabeband für diese Turingmaschine.

Universelle Turingmaschine Simulation von Ein-Band-Turingmaschinen mit einer univers. TM Aktueller Zustand Kodierung der TM 1;0;R 0;1;R #;#;S z1 z0 Ein-/Ausgabeband Vgl.: Turingkara – Aufgaben: Die universelle Turingmaschine

Universelle Turingmaschine Simulation von Ein-Band-Turingmaschinen mit einer univers. TM. Kodierung: alter Zustand als Strichzahl+1; Leerzeichen; altes Zeichen; neues Zeichen; Bewegung; neuer Zustand als Strichzahl+1 * I 1 R I * ... 10# Kodierung der Turing-Tafel 1;0;R 0;1;R I 1 # #;#;S z0 z1 Aktueller Zustand Ein-/Ausgabe-Band Vgl.: U. Mayr: Theoretische Informatik am PC, S. 18 ff. Programm: Bsp-206.tm

Übung Testen Sie die universelle Turingmaschine der Turing-Kara-Umgebung bzw. des MPG-Simulators. Versuchen Sie insbesondere zu verstehen, wie diese universelle Turingmaschine arbeitet. Sie können auch die jeweils vorgegebene Turingmaschine und Bandbelegung durch eine andere ersetzen.

Universelle Turingmaschine Satz Es gibt universelle Turingmaschinen. Bemerkungen zum Beweis: Die Existenz einer universellen Turingmaschine zeigt man, indem man eine TM konstruiert, die sich wie ein Turingmaschinen-Interpreter verhält, d. h. diese (zweidimensionale oder Mehr-Band-) Turingmaschine simuliert das Verhalten einer beliebig vorgegebenen Ein-Band-Turingmaschine bei einer beliebig vorgegebenen Bandbelegung. Die vorgegebene Turingmaschine und die vorgegebene Bandbelegung müssen dabei geeignet kodiert werden.

Teil 6 Registermaschinen

Präzisierung des Algorithmusbegriffs Grundschema eines algorithmisch gesteuerten Systems Eingaben Anweisungen “Prozessor” Ausgaben Präzisierungsansätze: Maschinenorientierte Ansätze: - Kara („mehr als ein Spielzeug“) - Turingmaschine („abstraktes Rechnermodell“) - Registermaschine („an realen Rechnern orientiertes Modell“)

Berechnungsmodell „Registermaschine“ An realen Rechnern orientiertes Berechnungsmodell Adresse Register Progr.zähler Befehl 0 JMP 4 1 DEC 1 2 INC 0 3 INC 2 4 TST 1 > 5 JMP 1 6 JMP 10 7 DEC 2 8 INC 0 9 TST 2 10 JMP 7 11 HLT 0: 0 1: 5 2: 0 3: 0 4: 0 .. Speicher (Registern) Verarbeitungseinheit

Registermaschinenbefehle Erhöhe Register i um 1. Gehe zu Zeile x+1. > x INC i Erniedrige Register i um 1. Gehe zu Zeile x+1. > x DEC i > x JMP i Gehe zu Zeile i. Wenn Register i ungleich 0 ist, dann gehe zu Zeile x+1, sonst zu Zeile x+2. > x TST i > x HLT Beende die Bearbeitung.

Registermaschine in Aktion 0: 0 1: 5 2: 0 3: 0 4: 0 .. > 0 JMP 4 1 DEC 1 2 INC 0 3 INC 2 4 TST 1 5 JMP 1 6 JMP 10 7 DEC 2 8 INC 0 9 TST 2 10 JMP 7 11 HLT 0: 0 1: 5 2: 0 3: 0 4: 0 .. 0 JMP 4 1 DEC 1 2 INC 0 3 INC 2 > 4 TST 1 5 JMP 1 6 JMP 10 7 DEC 2 8 INC 0 9 TST 2 10 JMP 7 11 HLT 0: 0 1: 5 2: 0 3: 0 4: 0 .. 0 JMP 4 1 DEC 1 2 INC 0 3 INC 2 4 TST 1 > 5 JMP 1 6 JMP 10 7 DEC 2 8 INC 0 9 TST 2 10 JMP 7 11 HLT 0: 0 1: 5 2: 0 3: 0 4: 0 .. 0 JMP 4 > 1 DEC 1 2 INC 0 3 INC 2 4 TST 1 5 JMP 1 6 JMP 10 7 DEC 2 8 INC 0 9 TST 2 10 JMP 7 11 HLT

Verhaltensbeschreibung > 0 JMP 4 1 DEC 1 2 INC 0 3 INC 2 4 TST 1 5 JMP 1 6 JMP 10 7 DEC 2 8 INC 0 9 TST 2 10 JMP 7 11 HLT 0: 0 1: n 2: 0 3: 0 4: 0 .. 0: 2n 1: 0 2: 0 3: 0 4: 0 .. Zustand vorher RM-Programm Zustand nachher Die Registermaschine berechnet die Verdopplungsfunktion auf natürlichen Zahlen, d. h.: f: N  N mit f(n) = 2n

Präzisierung von Berechenbarkeit Definition: Eine Funktion f: N  N heißt Registermaschinen-berechenbar, gdw gilt: Es gibt eine Registermaschine mit der folgenden Eigenschaft AZ: Im Registern R1 befindet sich der Ausgangswert. ZZ: Fall 1: f(n) ist definiert: Die RM hält und in R0 befindet sich der Ergebniswert. Fall 2: f(n) ist undefiniert: Die RM hält nicht. n ... f(n) ... ... ... ... Analog für f: N x N x ... x N  N

Äquivalenzsatz Satz Eine Funktion f: N x N x ... x N  N ist Turingmaschinen-berechenbar gdw sie Registermaschinen-berechenbar ist. Beweis: Der Beweis wird konstruktiv geführt. Man konstruiert mit Hilfe einer Turingmaschine einen Registermaschinen-Interpreter und umgekehrt mit Hilfe einer Registermaschine einen Turingmaschinen-Interpreter.

LOOP- und WHILE-Programme Teil 7 LOOP- und WHILE-Programme

Präzisierung des Algorithmusbegriffs Grundschema eines algorithmisch gesteuerten Systems Eingaben Anweisungen “Prozessor” Ausgaben Präzisierungsansätze: Anweisungsorientierte Ansätze: - Die Programmiersprache „LOOP“ - Die Programmiersprache „WHILE“ - Die Programmiersprachen „Pascal“, „Delphi“, „Java“, ...

LOOP-Programme Bestandteile von LOOP-Programmen Variablen: x0 x1 x2 ... Konstanten: 0 1 2 ... Trennsymbole: ; := Operatoren: + - Schlüsselwörter: LOOP DO END Aufbau eines LOOP-Programms Jede Wertzuweisung der Form xi := c oder xi := xj oder xi := xj + c ist ein LOOP-Programm. Falls P1 und P2 LOOP-Programme sind, dann ist auch die Sequenz P1; P2 ein LOOP-Programm. Falls P ein LOOP-Programm ist, dann ist auch LOOP xi DO P END ein LOOP-Programm.

LOOP-Programme Beispiel eines LOOP-Programms x0 := x1; LOOP x2 DO x0 := x0 + 1 END Ausführung der LOOP-Anweisung Eine LOOP-Anweisung der Form LOOP xi DO P END wird wie folgt ausgeführt: Die LOOP-Anweisung P wird sooft ausgeführt, wie der Wert der Variablen xi zu Beginn beträgt. Bedeutung eines LOOP-Programms {x0: [...]; x1: [5]; x2: [3]; x3: [...]; ... } x0 := x1; LOOP x2 DO x0 := x0 + 1 END {x0: [8]; x1: [5]; x2: [3]; x3: [...]; ... } Das Programm berechnet die Additionsfunktion auf natürlichen Zahlen: f(m, n) = m + n

WHILE-Programme Bestandteile von WHILE-Programmen Variablen: x0 x1 x2 ... Konstanten: 0 1 2 ... Trennsymbole: ; := Operatoren: + - Schlüsselwörter: WHILE DO END Aufbau eines WHILE-Programms Jede Wertzuweisung der Form xi := c oder xi := xj oder xi := xj + c ist ein WHILE-Programm. Falls P1 und P2 WHILE-Programme sind, dann ist auch die Sequenz P1; P2 ein WHILE-Programm. Falls P ein WHILE-Programm ist, dann ist auch WHILE xi  0 DO P END ein WHILE-Programm.

WHILE-Programme Beispiel eines WHILE-Programms x0 := x1; WHILE x2  0 DO x0 := x0 + 1; x2 := x2 - 1 END Ausführung der WHILE-Anweisung Eine WHILE-Anweisung der Form WHILE xi  0 DO P END wird wie folgt ausgeführt: Das WHILE-Programm P wird solange ausgeführt, wie der Wert der Variablen xi ungleich Null ist. Bedeutung eines WHILE-Programms Das Programm berechnet die Additionsfunktion auf natürlichen Zahlen: f(m, n) = m + n {x0: [0]; x1: [5]; x2: [3]; x3: [0]; ... } x0 := x1; WHILE x2  0 DO x0 := x0 + 1; x2 := x2 - 1 END {x0: [8]; x1: [5]; x2: [0]; x3: [0]; ... }

Präzisierung von Berechenbarkeit Definition: Eine Funktion f: N  N heißt LOOP-/WHILE-berechenbar, gdw gilt: Es gibt ein LOOP-/WHILE-Programm mit der Eigenschaft: AZ: Die Variable x1 enthält den Ausgangswert: {x0: [0]; x1: [n]; x2: [0]; x3: [0]; ... } ZZ: Fall 1: f(n) ist definiert: Die Ausführung des Programms endet und x0 enthält den Ergebniswert. {x0: [f(n)]; x1: [...]; x2: [...]; x3: [...]; ... } Fall 2: f(n) ist undefiniert: Die Ausführung des Programms endet nicht. Analog für f: N x N x ... x N  N

Übung Aufgabe 1 Entwickeln Sie ein LOOP-Programm / WHILE-Programm zur Berechnung der Verdopplungsfunktion / Multiplikationsfunktion. Aufgabe 2 Welche Funktion wird durch das folgende WHILE-Programm berechnet? x0 := x1; WHILE x2  0 DO x0 := x0 + 1 END Aufgabe 3 Gibt es Funktionen, die mit keinem LOOP-Programm berechnet werden können?

Unterschied LOOP-WHILE Unterschied: LOOP-berechenbar - WHILE-berechenbar Die Ausführung jedes LOOP-Programms endet immer. Ein WHILE-Programm kann dagegen eine Endlosschleife enthalten. x0 := x1; WHILE x2  0 DO x0 := x0 + 1 END Das gezeigte WHILE-Programm berechnet die Funktion f: N  N mit f(m, n) = IF(n=0, m, ). Satz Es gibt Funktionen f: N x N x ... x N  N, die WHILE-berechenbar, aber nicht LOOP-berechenbar sind.

Äquivalenzsatz Satz Eine Funktion f: N x N x ... x N  N ist WHILE-berechenbar gdw sie Registermaschinen-berechenbar ist. Beweis: Der Beweis wird konstruktiv geführt. Man konstruiert zu jeder Registermaschine ein entsprechendes WHILE-Programm und umgekehrt zu jedem WHILE-Programm eine entsprechende Registermaschine.

Teil 8 Rekursive Funktionen

Rekursive Funktionen Grundschema eines algorithmisch gesteuerten Systems Eingaben Anweisungen “Prozessor” Ausgaben Grundidee: Man beschreibt die berechenbaren E/A-Zuordnungen wie folgt: Einige einfache Grundfunktionen werden als „berechenbar“ erklärt. Des weiteren werden einige einfache Konstruktionsprinzipien angegeben, die beschreiben, wie man aus „berechenbaren Funktionen“ weitere „berechenbare Funktionen“ erhält. Die zentrale Konstruktionsoperation ist die dabei die Rekursion.

Rekursives Berechnungsschema Beispiel: Addition natürlicher Zahlen add(x,0) = x add(x,s(y))= s(add(x,y)) Bemerkungen: Die Nachfolgerfunktion s: N  N, die jeder natürlichen Zahl ihren direkten Nachfolger zuordnet, wird als gegebene berechenbare Funktion betrachtet. Die Funktion add: N x N  N, die je zwei natürlichen Zahlen ihre Summe zuordnen soll, wird rekursiv festgelegt: - Zunächst wird der Rekursionsanfang „addiere zur Zahl x die Zahl 0“ festgelegt. - Anschließend wird der Fall „addiere zur Zahl x den Nachfolger s(y) einer Zahl y“ auf den Fall „addiere zu x die Zahl y“ rekursiv reduziert. Bei der Festlegung werden hier die Konstruktionsoperationen „Rekursion“ und „Funktionskomposion“ und die Grundfunktion „s“ benutzt.

Rekursives Berechnungsschema Beispiel: Addition natürlicher Zahlen add(x,0) = x add(x,s(y))= s(add(x,y)) Berechnung rekursiv festgelegter Funktionen add(3,2) = s(add(3,1)) = s(s(add(3,0))) = s(s(3)) = s(4) = 5 >add(3,2) >add(3,1) >add(3,0) <add(3,0)=3 <add(3,1)=4 <add(3,2)=5

Übung Entwickeln Sie rekursive Berechnungsschemata für die folgenden Funktionen. Benutzen Sie nur die vorgegebene Nachfolgerfunktion s und bereits definierte Funktionen (wie add). mult(x, y) Beschreibt die übliche Multiplikation natürlicher Zahlen fakt(x) Beschreibt die Fakultätsfunktion: f(0) = 1, f(1) = 1, f(2) = 2*1, f(3) = 3*2*1, ... exp(x, y) Beschreibt die Potenzbildung für natürliche Zahlen, d. h.: exp(2, 3) = 23

Übung Untersuchen Sie die folgenden rekursiven Berechnungsschemata und beschreiben Sie die jeweils berechneten Funktionen. test(0)=1 test(s(x))=0 pred(0)=0 pred(s(x))=x subtr(x,0)=x subtr(x,s(y))=pred(subtr(x,y)) absdiff(x,y)=add(subtr(x,y),subtr(y,x)) equal(x,y)=test(absdiff(x,y))

Übung Welche Berechnungsschemata sind korrekt, sinnvoll? subtr2(x, 0) = x subtr2(0, y) = y subtr2(s(x), s(y)) = subtr2(x, y) subtr3(x, 0) = x subtr3(0, y) = y subtr3(x, y) = subtr3(s(x), s(y)) add2(x, 0) = x add2(x,y)= add(s(x),pred(y)))

Primitive Rekursion Rekursive Problemreduktionen: add(x,s(y))= s(add(x,y)) add2(x,y)= add2(s(x),pred(y))) subtr(x,s(y))=pred(subtr(x,y)) subtr2(s(x), s(y)) = subtr2(x, y) subtr3(x, y) = subtr3(s(x), s(y)) Primitives Reduktionsschema: add(x,s(y))= s(add(x,y)) f(x1,...,xn,s(y)) = h(x1,...,xn,y,f(x1,...,xn,y)) In einem Schritt wird nur ein Argument um 1 reduziert.

Primitive Rekursion Primitives Reduktionsschema: add(x,0) = x add(x,s(y))= s(add(x,y)) Formalisierung f(x1,...,xn,0) = g(x1,...,xn) f(x1,...,xn,s(y)) = h(x1,...,xn,y,f(x1,...,xn,y)) Rekursionsanfang: Die Funktion f kommt nicht auf der rechten Seite vor. Rekursionsschritt: Die Funktion f kommt auf der rechten Seite vor, aber nur ein Argument wird um 1 reduziert.

Primitiv rekursive Funktionen Definition: Eine Funktion f: N x ... x N  N heißt primitiv rekursiv, gdw gilt: Die Funktion f lässt sich mit Hilfe der Nachfolgerfunktion s als Grundfunktion sowie Funktionskomposition und primitiver Rekursion als Konstruktionsoperationen berechnen. Satz Die folgenden Funktionen sind primitiv rekursiv: f(m, n) = m + n f(m, n) = IF(mn, m-n, 0) f(m, n) = mn ...

Übung Testen Sie das folgende rekursive Berechnungsschemata zur sogenannten Ackermann-Funktion. Was beobachtet man, wenn die Parameter (insbesondere der zweite) nicht sehr klein gewählt werden? Ack(0,y)=s(y) Ack(s(x),0)=Ack(x,1) Ack(s(x),s(y))=Ack(x,Ack(s(x),y))

Ackermannfunktion Rekursive Definition: Ack(0,y)=s(y) Ack(s(x),0)=Ack(x,1) Ack(s(x),s(y))=Ack(x,Ack(s(x),y)) Beachte: Es handelt sich hier nicht um ein primitiv rekursives Rekursionsschema. Satz Die Ackermann-Funktion ist nicht primitiv rekursiv. Man muss zeigen, dass die Ackermannfunktion sich nicht mit Hilfe eines primitiv rekursiven Rekursionsschemas darstellen lässt. Zum Beweis zeigt man, dass die Ackermann-Funktion schneller wächst als jede primitiv rekursive Funktion.

Übung Wir betrachten die folgende informell definierte Funktion. Berechnen Sie f(5, 2) und f(2, 5). Beschreiben Sie das Verhalten der Funktion f. f(x, y) = „das kleinste z mit y+z=x“

Partiell rekursive Funktionen Definition: Eine Funktion f: N x ... x N  N heißt partiell rekursiv, gdw gilt: Die Funktion f lässt sich mit Hilfe der Nachfolgerfunktion s als Grundfunktion sowie Funktionskomposition, primitiver Rekursion und dem „das kleinste“-Operator als Konstruktionsoperationen berechnen. Satz Die Ackermann-Funktion ist partiell rekursiv. Beweis: siehe Fachliteratur

Äquivalenzsatz Satz Eine Funktion f: N x N x ... x N  N ist primitiv rekursiv gdw sie LOOP-berechenbar ist. Eine Funktion f: N x N x ... x N  N ist partiell rekursiv gdw sie WHILE-berechenbar ist. Beweis: siehe Fachliteratur

Teil 9 Church-Turing-These

Berechnungsmodelle Grundschema eines algorithmisch gesteuerten Systems Eingaben Anweisungen “Prozessor” Ausgaben Präzisierungsansätze: Maschinenorientierter Ansatz: Turingmaschine, Registermaschine Zuordnungsorientierter Ansatz: partiell rekursive Funktion Anweisungsorientierter Ansatz: WHILE, Pascal, Delphi, C, Java, ...

Äquivalenzsatz Satz Gegeben ist eine Funktion f: N x N x ... x N  N. Die folgenden Aussagen sind äquivalent: - f ist Turingmaschinen-berechenbar. - f ist Registermaschinen-berechenbar. - f ist WHILE-berechenbar, - f ist partiell rekursiv. - f ist Pascal-berechenbar. - ... Bem.: Alle Ansätze zur Präzisierung führen auf dieselbe Klasse berechenbarer Funktionen.

Church-Turing-These These Die Klasse der im intuitiven Sinn berechenbaren Funktion ist genau die Klasse der Turingmaschinen-berechenbaren Funktionen bzw. die Klasse der partiell rekursiven Funktionen bzw. die Klasse der WHILE-berechenbaren Funktionen bzw. ...

Literaturhinweise Gasper, Leiß, Spengler, Stimm: Technische und theoretische Informatik. Bayerischer Schulbuch-Verlag 1992. U. Mayr: Theoretische Informatik am PC. SIL-Studienmaterial Band 142, Speyer 1994. Reichert, Nievergelt, Hartmann: Programmieren mit Kara. Springer-Verlag 2004. D. Harel: Das Affenpuzzle und weitere bad news aus der Computerwelt. Springer-Verlag 2002. U. Schöning: Theoretische Informatik – kurzgefasst. Spektrum Akademischer Verlag 2001.