Studientag zum Thema „Sexualität“

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1.
 Präsentation transkript:

Studientag zum Thema „Sexualität“ „Flittchen“ oder „Glaubensbotin“ – Sexualität im Johannesevangelium am Beispiel der Erzählung von Jesus und der Samaritanerin (Joh 4,1-42)

1. Auslegungs- und Rezeptionsgeschichte

Drei zentrale Interpretationslinien 1. Frauenverachtende Interpretation 2. Androzentrische Interpretation 3. Abwertung der Rede der Frau

1.1 Frauenverachtende Interpretation Vertreter: Bultmann, Schulz, Bauer, Gnilka, Schnackenburg, Zahn Bultmann: „Diese Unruhe wird durch die bewegte Vergangenheit und die unbefriedigte Gegenwart der Frau veranschaulicht. Vielleicht darf man noch weitergehen und sagen, daß durch das Eheleben der von Begierde zu Genuss taumelnden Frau nicht nur die Unruhe, sondern auch die Verirrung des Lebenstriebes gekennzeichnet wird.“ Schulz: „Vorleben“ und „schmachvolle Situation“

Bultmann: „Aufdeckung des Lebens der Frau“ Gnilka: „Überführung“

1.2 Androzentrische Interpretation Vertreter: Becker, Haenchen, Balz Haenchen: Jesus durchschaut „ein Schicksal, das sich schlechterdings nicht erraten ließ.“

1.3 Abwertung der Rede der Frau Vertreter: ebenfalls Bultmann und Kittel Die Frau als „unverständige Stichwortgeberin“ für die Offenbarungsrede Jesu Beide „reden aneinander vorbei“

2. Die Ehen der Samaritanerin als Ausdruck „sexueller Zügellosigkeit“?

3.1 Traditions- und sozialgeschichtliche Überlegungen Keine Verurteilung der Frau durch Jesus Im Gegenteil: Zweifaches Lob für ihre Antwort Sozialgeschichte nennt das Phänomen Kettenehe Sowohl in der Bibel als auch in der paganen Umwelt bekannt: Dtn 25,5; Mk 12,18-27; Tob 3,8; Martial Epigr. X 43 Unterschiedliche Beurteilung des Phänomens, in Bezug auf Frauen aber oft negative Konnotationen Wichtig für Joh 4: Ehe oft als Ort der sexuellen und ökonomischen Ausbeutung von Frauen

Joh 4 beschreibt eine Zuspitzung dieser Situation: Mittagshitze, illegitimes Beziehungsverhältnis, Distanz zwischen Sychar und Jakobsbrunnen

Erstes Zwischenfazit: Jesus offenbart sich in der Erzählung dadurch als Prophet, als Messias, ja als Retter der Welt, dass er den Menschen aus dem Gefängnis von Angst und Unterdrückung befreit Frau wird frei von der erdrückenden Situation und frei für einen Rollenwechsel

2.2 Zur Charakterisierung der Samaritanerin in Joh 4 Samaritanerin = dynamischer Charakter, Erzählfigur in Entwicklung Vorbild wahren und rettenden Glaubens + Glaubensbotin ihres Volkes Bewusste Hinwendung Jesu zu einer kultisch und sozial am Rande der Gesellschaft stehenden Frau Integration der Samaritaner Bestandteil der heilsgeschichtlichen Ausrichtung von JohEv und lk Doppelwerk Anknüpfung an das atl. Motiv der Brautwerbung

Dialog verändert BEIDE: Jesus wird zum Messias des samaritanischen Volkes und die Frau zur Botin JHWHs Frau zieht Konsequenzen aus dem Gespräch über das lebendige Wasser, sie will nicht mehr davon trinken, d.h. ihre bisherige Lebenssituation hinter sich lassen Historischer Hintergrund der Erzählung ähnlich wie bei Lk 7,36-50 und Mk 5,25-34: Das Wissen um die Einbindung von Frauen in urchristlichen Gemeinden

Charakterisierung der Frau qua interner Analogien: Frau gleicht Jüngern und Maria Magdalena Zwischenfazit: Charakterisierung als weiteres Indiz für eine Korrektur der frauenfeindlichen und androzentrischen Auslegungsgeschichte Der joh Dualismus ist nicht leibfeindlich, sondern bezieht die irdische Wirklichkeit in das Offenbarungsgeschehen mit ein bzw. will Welt und Mensch verändern, befreien, d.h. zu sich selbst zurückführen

2.3 Sexualität im Johannesevangelium Im JohEv existieren sowohl explizite als auch implizite Aussagen zum Thema Explizite Aussagen z.B. in Joh 9,2f.34 und 16,21 Implizite Aussagen z.B. in Joh 6,54-56; 7,38 und 13,23 Erkenntnis: JohEv wirbt für einen toleranten Umgang mit innerehelicher Sexualität, für eine Entpatriarchalisierung der Ehe und für eine Ablösung patriarchaler Zeugungsideologie Zudem: Integration von Erotik, Liebe und Körperlichkeit

3. Gesamtfazit Joh 4 zeichnet nicht das Bild einer sexuell triebhaften und sündhaften Frau, vielmehr geht es im Text um die Offenbarung als lebensverändernde, befreiende Kraft Performativer Charakter des Geschehens: Frau wird frei und zur Glaubensbotin ihres Volkes Analyseresultate ordnen sich in das Gesamtbild ein, das JohEv zum Thema Sexualität entwirft Exegese muss sozialgeschichtlich fragen, um Applikation für die Gegenwart zu schaffen, sie hat zudem eine ideologiekritische Funktion