Kathrin Röggla (* 1971): wir schlafen nicht (2004)

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 Präsentation transkript:

Kathrin Röggla (* 1971): wir schlafen nicht (2004)

Judith Hermann (* 1970)

Julia Franck (* 1970)

Zoë Jenny (* 1974)

Bettina Galvagni (* 1976)

2000

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content-management-system (CMS): Software zur Verwaltung des Inhalts einer Website oder anderer Informationsangebote fallback: Reduktion der Übertragungsgeschwindigkeit html: Hypertext Markup Language: Format, in dem die Text- und Hypertext-Informationen im WWW gespeichert und übertragen werden it-supporter: Informationstechnologie-Systembetreuer key account manager: Betreuer von „Schlüsselkunden“ mit hohem Umsatzanteil linux: Betriebssystem mckinsey: globale Management-Beraterfirma oracle: der weltweit größte Anbieter für Unternehmens-software sap: „Systeme, Anwendungen, Produkte“ (Systems, Applications & Products) in der Datenverarbeitung start-up: dynamischerer Begriff für „Unternehmens-gründung“. Meist Neugründungen aus dem Internet- und IT-Bereich.

silke mertens, key account managerin, 37 nicole damaschke, praktikantin, 24 andrea bülow, ehemalige tv-redakteurin, jetzt online-redakteurin, 42 sven, nein, nicht it-supporter, 34 oliver hannes bender, senior associate, 32 herr gehringer, partner, 48

0. aufmerksamkeit 7 1. positionierung 8 2. die messe (die praktikantin) 15 3. betrieb (die key account managerin und der it-supporter) 20 4. standards (der it-supporter) 27 5. life-style (der senior associate) 32 6. gestern (der it-supporter und die key account managerin) 39 7. der mckinsey-king (die key account managerin) 46 8. harte bwl (der partner und der senior associate) 54 9. pleiten 61 10. privatleben 70 11. aussprechen dürfen (der partner) 78 12. erst mal reinkommen (die praktikantin) 87 13. märchen erzählen (die key account managerin, der senior associate und der it-supporter) 93 14. politikbesuch (der partner) 103 15. ausreden (die online-redakteurin) 112 16. unheimlichkeit (die key account managerin und der it-supporter) 116 17. runterkommen 123 18. das gerät (der partner und der senior associate) 19. anpassen (die online-redakteurin und die key account managerin) 140 20. schmerzvermeidung 149 21. rauskommen (die praktikantin) 156 22. sicherheitscheck (der it-supporter und die key account managerin) 160 23. auszeit nehmen! 169 24. wir schlafen nicht 176 25. schock 182 26. koma (die online-redakteurin und der it-supporter) 187 27. gedächtnis 191 28. gespenster 196 29. exit-szenarium 201 30. erinnerung 207 31. streik 216 32. wiederbelebung (ich) 219

24. wir schlafen nicht der senior associate: er denke dexedrin, also keine hexerei. mit dexedrin werde so was leicht gemacht. oder ephedrin, so vom wirkstoff her. captagon habe man das früher genannt. und heute werde es wohl auch noch so heißen, so vom markennamen her. wachmacher eben, amphetamine. er habe das zeug gar nicht genommen, wie gesagt, er brauche das ja nicht mehr. das laufe bei ihm rein über den adrenalinspiegel ab. der it-supporter: also kollegen hätten sich das gesicht gewaschen, kollegen hätten frischluft geschnappt, sie hätten red bull getrunken, auch kaffee verhindere in gewisser weise den schlaf. er schaffe das ohne. er brauche das nicht. er könne mittlerweile trinken, was er wolle, er merke das nicht mehr. (176)

© Christian Kremer

Pierre Bourdieu: 4 Kapitalarten: ökonomisches kulturelles soziales symbolisches kulturelles Kapital: - konvertierbar - inkorporiert - objektiviert - institutionalisiert

wisse man doch: immer hübsch eine autoklasse unter denen müsse man bleiben. auch bezüglich der anzüge heiße es: aufgepaßt, nur nicht zu edel. am besten grau. und dann einmal quer durch die landschaft damit: banken, versicherungen, automobilhersteller, versorgungsunternehmen, baustoffe. […] wisse man doch: man müsse diesbezüglich den mund halten, sich zumindest etwas zurückhalten mit der eigenen meinung. wisse man doch: was dürfe man sagen und was nicht. und immer hübsch darauf achten, eine autoklasse drunter zu sein, sich nie allzu auffällig zu verhalten, habe man ihm nicht lange sagen müssen, das verstehe sich von selbst. (32f.)

die praktikantin: was solle man schon sagen – letztendlich würde sie gerne weniger privatleben haben und mehr ein ordentliches berufsleben, obwohl, so was soll man nicht sagen, aber sie wäre gerne mal richtig in einem projekt oder in einem job drin. sie lebe ja auf abruf. sie wisse jetzt, wenn sie nach london gehen müsse, was sicherlich nicht passieren werde, dann müsse sie hier auch alles liegen- und stehenlassen. das seien nun mal die zwänge, denen man unterworfen sei, das seien nun mal die spielregeln. wenn sie nach london gehen müsse oder nach new york, was sicherlich auch nicht passieren werde, müsse sie auch ihren freund zurücklassen. sie habe sich ja überallhin beworben, aber sie glaube eigentlich nicht, daß sie überallhin kommen werde, also was solle sie sagen? sie sei ja nur eine praktikantin auf jobsuche, mehr oder weniger, aber eigentlich, wenn sie länger darüber nachdenke, würde sie schon sagen, daß sie ihren freund auch praktisch nie sehe, weil sie andauernd unterwegs sei. eben auf jobsuche. so ein bewerbungs- und akquiseverhalten koste eben auch so seine zeit. letztendlich bliebe ihr wahrscheinlich auch nicht viel mehr privatleben als irgendeinem manager. (72)

der senior associate: und dann werde arbeitssucht behauptet, da nennten sie einen einfach krank, dabei stimmte das ja gar nicht. er würde zumindest keine arbeitssucht bei sich feststellen können bzw. sei er ja kein junkie, zumindest nicht im herkömmlichen sinn. er litte nicht unter entzugserscheinungen, würde er keine arbeit haben. das nehme er zumindest an, denn wenn er es so recht überlege, sei immer arbeit da. (127)

jedenfalls könne man nicht mehr von psychisch ungestörten menschen ausgehen, nein, das könne man nicht, sei langsam seine meinung, man müsse nach einigen messetagen eher von psychisch gestörten menschen ausgehen [...] (117) also man könne nicht mehr von psychisch ungestörten menschen ausgehen, nein, das könne man nicht, man müsse eher von psychisch gestörten menschen ausgehen, aber das habe er ja schon gesagt [...] (119)

früher habe er die [eine „zweite Chance“] den leuten auch gegeben, er habe gedacht, vielleicht lasse sich noch was machen, vielleicht komme man mit dieser motivation an die menschen ran. aber das habe sich immer als irrtum erwiesen. er habe es noch nie erlebt, daß jemand auf einmal was könne, was ihm vorher schon schwergefallen wäre, nur weil er eine zweite chance erhalten habe. das ist ein mythos, der besonders hierzulande verbreitet werde. „aber tatsache ist: man hilft den leuten nicht, wenn man sie am platz beläßt, man hilft ihnen nicht, sieht man tatenlos zu, wie sie nicht zurechtkommen, nur seltsamerweise herrscht hierzulande die ideologie, daß eine freisetzung etwas menschenunwürdiges ist.“ also mit seinen amerikanischen kollegen könne er darüber gar nicht sprechen, weil sowas kennten die gar nicht. (82)

die online-redakteurin: also in einer statistik verschwinden wolle sie beileibe nicht. „aber weil wir gerade beim thema sind: 13% aller arbeitnehmer klagen über kopfschmerzen, 20% über müdigkeit, 30% über rückenschmerzen und 54% über streß.“ und wo die zahlen derer, die unter nervöser anspannung und wahrnehmungsstörungen und nicht zuletzt depressionen litten, abgeblieben seien und derer, die chronische erkrankungen infolge des stresses entwickelten, wisse sie jetzt nicht. sie wisse nur, die nähmen zu. sie wisse, die zahlen stiegen. […] „rund 270 millionen arbeitnehmer wurden im letzten jahr opfer eines arbeitsunfalls. das sind in frankreich acht verletzte pro minute. jeden tag sterben 5000 menschen aufgrund ihrer berufstätigkeit.“ das seien doch schlagende zahlen, finde sie. (154)

aber machen sie nicht. sie sagen das jetzt nicht, sie lassen das jetzt sein. sie machen da jetzt nicht mehr mit. (220)