Fachreihe Bildung, Migration und Vielfalt Wiener Neustadt, Bildungsbeteiligung & Bildungsübergänge August Gächter Zentrum für Soziale Innovation
Vorwurf der Bildungsverweigerung Kommt in AT zu vier traditionellen Vorverurteilungen dazu: –Überfremdung –Verdrängung –Sozialschmarotzer –Kriminalität Immer: Die Minderheit ist durch ihr Ver- halten selbst schuld an ihrer nachteiligen Stellung & am Verhalten der Mehrheit
Bildungsverweigerung Trat in dem Moment auf, als eine Erklärung für die nachteilige Stellung der Jugendlichen aus eingewanderten Familien im Bildungswesen und am Arbeitsmarkt gebraucht wurde –Seit etwa 2005 Immer schon Vorwurf an die Armen
Eine Informationsquelle über die Ursachen einer Abneigung gegen eine Minderheit kann, wie mir scheint, ganz generell unbeachtet bleiben. Es handelt sich um die Erklärungen, die Angehörige einer Mehrheit für ihre Abneigung gegen Mitglieder einer Minderheit geben. Solche Erklärungen entsprechen eher Rechtfertigungen als Gründen … (LaPiere 1936:232, meine Übersetzung). LaPiere, Richard T. (1936) Type-Rationalizations of Group Antipathy; Social Forces 15/2:
Rechtfertigung versus Ursache Eine Rechtfertigung ist etwas Nachträgliches, also das genaue Gegenteil einer Ursache Rechtfertigung und Ursache sind für Menschen nur mit erheblicher Mühe unterscheidbar
Bedarf an Rechtfertigung Zunächst möchte ich zu bedenken geben, dass es nicht einen Rassismus gibt, sondern viele Rassismen: so viele, wie es Gruppen gibt, die eine Rechtfertigung dafür brauchen, dass sie existieren, wie sie existieren, denn das ist die unabänderliche Funktion von Rassismus (Bourdieu 1993:252). Bourdieu, Pierre (1993) Soziologische Fragen; Suhrkamp.
Beobachtete Bildungsbeteiligung der Jährigen nach Geburtsstaat der Eltern, Durchschnitt wahrer Wert mit 95% Wahrscheinlichkeit im farbigen Bereich
Mythos 1: Schulabbrecher Rund Jährige ohne HS- Abschluss & nicht in Ausbildung –3.800 mindestens 15 bei Einreise –2.500 mindestens ein Elternteil im Ausland geboren –3.200 kein Elternteil im Ausland geboren ab 30 Jährige; davon – mindestens 15 bei Einreise
Mythos 2: Früher Schulabgang zynisch & falsch mit Schulabbrecher übersetzt Rund Jährige mit HS- Abschluss & nicht in Ausbildung – bei Einreise mitgebracht – mind. ein E-teil im Ausland geboren – kein Elternteil im Ausland geboren ab 30 Jährige; davon – mind. 15 bei Einreise – mind. ein E-teil im Ausland geboren
Zwei (noch) wenig bekannte Erkenntnisse 1.Bei der Bildung über Pflichtschule hinaus steht die Jugend aus eingewanderten Familien auf halbem Weg zwischen Elterngeneration und Gleichaltrigen 2.…
Anteil mit höchstens 9 Schulstufen Elterngeneration und Jugendgeneration EG: Jahre, JG: Jahre, Durchschnitt wahrer Wert mit 95% Wahrscheinlichkeit im farbigen Bereich AT und EU15/EFTA EU neu Kroatien BosnienSerbienTürkeiSonst
Zwei (noch) wenig bekannte Erkenntnisse 1.… Jährige, Eltern eingewandert oder nicht, haben unter gleichen Umständen fast die gleiche Wahrscheinlichkeit, in Bildung oder Ausbildung zu sein
Projekt PerspektivenBildung: Das Selbstbild der Zweiten Generation Auftrag des BMUKK Teils finanziert vom Europäischen Sozialfonds (ESF) Koordiniert vom bfi Tirol Mit Zentrum für Migrant/innen in Tirol (ZeMiT), Hafelekar GmbH Paul Schober, Uni Innsbruck Inst. f. Erziehungswiss.
Je mehr Umstände berücksichtigt werden, desto ähnlicher ist die Bildungsbeteiligung der Jährigen nach dem Geburtsstaat der Eltern
Was hat Einfluss? 1.Merkmale der Eltern (89) 2.Soziale & wirtschaftliche Lage des Haushalts (81) 3.Eigene Merkmale (75) 4.Zeitpunkt (67) 5.Zusammensetzung des Haushalts (40) 6.Regionale Merkmale (40)
Anteil Jährige in Ausbildung, die AHS/BHS besuchen nach Geburtsstaat der Eltern, Durchschnitt wahrer Wert mit 95% Wahrscheinlichkeit im farbigen Bereich
Wahrscheinlichkeit der Jährigen in Ausbildung, eine AHS oder BHS zu besuchen nach dem Geburtsstaat der Eltern
Was hat Einfluss? 1.Merkmale der Eltern (151) 2.Soziale & wirtschaftliche Lage des Haushalts (124) 3.Eigene Merkmale (121) 4.Zusammensetzung des Haushalts (73) 5.Regionale Merkmale (61) 6.Zeitpunkt (44)
Was muss man ändern? Erstens und vor allem: Die Reaktion des Bildungswesens auf die Merkmale der Eltern muss sich ändern Unsachliches Vorgehen der Lehrkräfte ist unprofessionell: zu viel Fachdidaktik, zu wenig soziale Kompetenz Kein (kritisches) Feedback aus späteren Schulstufen: viel zu großes Vertrauen in die eigene Prognosefähigkeit
Die Benachteiligung am Arbeitsmarkt wird ignoriert Bei gleicher Bildung –auffällige Unterschiede bei den Beschäftigungschancen –auffällige Unterschiede beim Risiko, in Hilfs- und Anlerntätigkeiten beschäftigt zu sein Geschlecht: Männer etwas mehr beschäftigt, häufiger als Frauen unter der Qualifikation
August Gächter Zentrum für Soziale Innovation Linke Wienzeile Wien Tel Fax Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit