Jugendhilfe – Schule - Psychiatrie

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 Präsentation transkript:

Jugendhilfe – Schule - Psychiatrie Prof. Dr. med. Michael Günter Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Impulsreferat im Rahmen des Forum 2025 der Stiftung Jugendhilfe aktiv am 18. November 2015

Thesen zum Verhältnis von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie Schule, Sozialpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie betrachten die Problemlagen aus unterschiedlichen Perspektiven und ordnen sie in unterschiedlichen Denk- und Handlungs- und kommunikative Systeme ein. Das führt zu gegenseitigen Projektionen, zur Konkurrenz um Ressourcen und Definitionsgewalt, zu Gefühlen von Neid. Diese Systeme sind jedoch aufeinander bezogen und in der Organisation der Gesellschaft voneinander abhängig. Eine solche (systemtheoretische) Perspektive kann die Gegensätze fruchtbar machen.

Thesen zum Verhältnis von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie: Schule Schule bewegt sich im Spannungsfeld von Förderung/Lernanspruch/Anforderung und pädagogischem Verstehen des Kindes. Oft wird unter Belastung der eine oder andere aufgegeben, um Spannung zu reduzieren. Schule ist unabhängig von der Schulart zunehmend mit psychischen und Verhaltensauffälligkeiten und Erziehungsdefiziten konfrontiert. Dem entspricht eine Tendenz zur Medizinalisierung pädagogischer Probleme (z.B. ADHS, Borderline-Persönlichkeitsstörung) oder zur kategorischen Ablehnung psychiatrisch-medizinischer Perspektiven. Umgekehrt kommt es in vielen Kinder- und Jugendpsychiatrien zu einer Ablehnung pädagogischer Modelle als vermeintlich unwissenschaftlich, ideologisch, irrelevant. Überforderung von Schülern wird oft in guter pädagogischer Absicht oder auf Druck der Eltern übersehen und führt zu verstärkten psychischen und Verhaltensauffälligkeiten. Inklusion verschärft diese Problematik, insbesondere, wenn Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten verstärkt in Regelschulen beschult werden

Thesen zum Verhältnis von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie: Jugendhilfe Strukturelle bedingte Zunahme von Jugendhilfebedarf und bedarf an öffentlicher Erziehung durch Destrukturierung von Erziehungsprozessen in der Familie Die überwiegende Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Jugendhilfebedarf hat auch psychische Auffälligkeiten, teilweise mit Krankheitswert und Behandlungsbedürftigkeit Spezifische Problemlage in Stuttgart: Stuttgart ist die mit Abstand am schlechtesten kinder- und jugendpsychiatrische versorgte Großstadt in ganz Deutschland. Das hat zur Folge: Unzureichende kjpp Versorgung traditionell wenig Kenntnis der Angebote und dadurch antiquierte Vorstellungen über KJPP (wie vor 30 Jahren), große Vorbehalte, ideologische Abgrenzung (befürchtete Stigmatisierung!) Daraus resultiert zu späte Inanspruchnahme. Krisenversorgung statt rechtzeitiger Behandlung Teufelskreis schlechter ambulanter kjpp Versorgung in Stuttgart und Umland

Thesen zum Verhältnis von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie: was bieten wir an Jugendpsychiatrie hat spezifische Angebote und spezifische Begrenzungen, d.h. sie kann nicht all das, woran andere scheitern: Psychiatrische Abklärung Kriseninterventionen bei psychiatrischer Auffälligkeit, nicht jedoch bei „pädagogischen“ Sackgassen Vorübergehende Entlastung, Fokalbehandlung, bei indizierten Fällen Wechsel zwischen Wohngruppe und KJP Nicht als Sparmaßnahme für fehlende Notaufnahmekapazitäten, Intensivgruppen, geschlossene Wohngruppen mit entsprechendem schulisch-beruflichem Angebot oder als „Zwischenlagerung“

Thesen zum Verhältnis von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie: wie kann die Kooperation gestärkt werden PIA vor Ort: psychiatrische Institutsambulanz vor Ort in den Jugendhilfeeinrichtungen; Abbau antiquierter Vorstellungen und ideologischer Vorbehalte auf Seiten der Jugendhilfe Ausbau des ambulanten Angebotes?? (Hoffentlich); Spezialsprechstunden Schule für Kranke am Klinikum mit sehr gutem Ausbau in der KJPP sind die Spezialisten für Inklusion und für Probleme mit psychisch kranken und verhaltensauffälligen Schülern Verbesserung des stationären Jugendhilfeangebotes für psychisch kranke Jugendliche – „Rehabilitation in der Jugendhilfe – Spezialisierung und Professionalisierung Fachweiterbildungsmodule KJPP für Mitarbeiter in der Jugendhilfe Kultusministerium erstellt derzeit Leitfaden für Schulen, an dem wir beteiligt sind

Thesen zum Verhältnis von Jugendhilfe, Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie: wie kann die Kooperation gestärkt werden Wir würden uns die Stärkung des Konzeptes verantwortlicher Case-Manager mit langfristiger Betreuungsperspektive wünschen. Die trotz KJHG noch bestehende Zersplitterung der Kostenträgerschaft erschwert die Vernetzung und Kontinuität von Maßnahmen zusätzlich.

Prof. Dr. med. Michael Günter Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Klinikum Stuttgart Zentrum für Seelische Gesundheit Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin – Olgahospital (kooptiert) Prießnitzweg 24 70374 Stuttgart