Theorie, Entwicklung, Funktion & Folgen

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Theorie, Entwicklung, Funktion & Folgen Der Goldstandard Theorie, Entwicklung, Funktion & Folgen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Warum ist der Goldstandard so interessant? Das „macroeconomic policy trilemma“ (auch „the inconsistent trinity“ genannt)  man kann nur zwei von diesen dreien haben: Völlige Freiheit grenzüberschreitender Kapitalbewegungen Unabhängige Geldpolitik (zum Beispiel nach nationalen Prioritäten, etwa Senkung der Zinsen durch Ausweitung der Geldmenge) Feste Wechselkurse Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Warum ist der Goldstandard so interessant? (2) Warum? Siehe Mundell-Fleming-Modell (gilt übrigens nur, wenn nicht alle Preise vollständig flexibel sind; was empirisch aber der Fall zu sein scheint) Wenn z.B. Kapital mobil ist führt eine Ausweitung der Geldmenge zu sinkenden Zinsen im Inland Kapitalabfluss ins Ausland  Druck auf die Währung  Bei fixen Wechselkursen muss die Notenbank intervenieren  Neutralisierung der Ausweitung der Geldmenge  null Effekt auf BIP Bei flexiblen Wechselkursen muss sie nicht heimische Währung wird billiger gg. Fremdwährung  (sofern einige Voraussetzungen erfüllt sind) Erhöhte Exportnachfrage/ Verbesserte Leistungsbilanz  BIP steigt Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Warum ist der Goldstandard so interessant? (3) multilateral schaffen flexible WK oft Probleme (beggar thy neighbour policy), fixe WK können dagegen national zu Spannungen führen; eine zentrale Frage ist dabei immer, wie mobil das Kapital ist Bekannte Optionen in diesem trilemma sind - stark vereinfacht: Bretton Woods (2,3) Flexible WK (1,2) Der Goldstandard (1,3)  wie ist der GS entstanden?  wie hat er funktioniert? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Der Plan Was bedeutet „der Goldstandard“? Wie konnte er entstehen? Der Anfang: Gresham‘s law und Newton‘s Irrtum Die lange Zwischenzeit: Bi-Metallismus und Goldfunde Der Durchbruch: Gründung des Deutschen Reichs und „the french crime of 1873“ (Flandreau 1996) Wie hat er funktioniert? Gab es Folgen für den Handel? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

„Der Goldstandard“ Der Goldstandard war ein System von Währungen mit zwei zentralen Charakteristika Jede Währung ist frei in Gold konvertierbar Der internationale Handel mit Gold ist frei Wechselkurse zwischen zwei Währungen im GS waren also nicht ganz fix, sondern konnten schwanken Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

„Der Goldstandard“ Nämlich innerhalb der sog. „Gold Points“: der Kosten (Zeit, Transport, Versicherung, etc.), die mit dem Umtausch der einen Währung in Gold, dem Transport des Goldes, und dem Rücktausch in die andere Währung verbunden waren (umfangreiche Literatur, die diese „Gold-Points“ geschätzt hat) D.h. der GS ähnelt einem System von fixen Wechselkursen mit „target zones“, ähnliches gilt für alle Systeme mit „commodity money“ (im Gegensatz zu „fiat money“) Jedoch mit dem wichtigen Unterschied, dass die Bandbreite der „target zone“nur zum Teil politisch fixiert war, zum anderen Teil aber technisch gegeben war Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie konnte der GS entstehen? Let‘s start with Gresham‘s Law (GL): Annahme: Geldsystem ist „commodity money“ System mit zwei Edelmetallen (Silber und Gold), Umtauschverhältnis der Münzen über ihren Nennwert gesetzlich fixiert Wenn das Umtauschverhältnis nicht mit dem (internationalem ) Tauschverhältnis der Metalle übereinstimmt – welches vor allem vom Angebot an Edelmetallen bestimmt wird – dann wird es ein „bad money“ und ein „good money“ geben: in einem Fall liegt der Metallwert unter dem Nennwert, im anderen Fall darüber Gresham‘s Law: das schlechte Geld wird das gute aus dem Markt drängen  warum?  weil man die guten Münzen einschmilzen und mit den schlechten bezahlen wird (Arbitrage) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie konnte der GS entstehen? (2) 1717 setzte der britische Master of the Mint irrtümlicherweise einen Silberpreis für den Gold Guinea fest, der unter dem internationalen Marktpreis lag: der Nennwert des Gold Guinea lag damit über dem Metallwert, der Nennwert der neuen Silbermünzen lag darunter (Master of the Mint war damals gerade Sir Isaac Newton) GL: Die Silbermünzen verschwanden in Kürze, GB war de facto auf dem Goldstandard Legalisiert wurde dies 1819/ 21: die (private) Bank of England wurde verpflichtet ihre Banknoten in Gold zu konvertieren Die meisten anderen Staaten operierten weiterhin mit einem Bi-Metallstandard aus Silber und Gold (USA, Frankreich), oder mit Silberwährungen (Preussen) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie konnte der GS entstehen? (3) Das Silber/ Gold-Verhältnis lag sehr lange stabil bei ca 15,6: 1 Bsp. Londoner Preise für ein Gramm Gold in Gramm Silber 1800: 15,68 1825: 15,7 1850: 15,7 1870: 15,57 Da GB ein wichtiger Handelspartner war, gab es für andere Staaten Anreize, ebenfalls zum GS überzugehen, aber es gibt Probleme: Goldfunde (u.a. Kalifornien seit 1848/49)  Einige Regierungen befürchteten, dass ein Übergang zum Goldstandard Inflation implizieren könnte  Länder wie Belgien, Schweiz, Niederlande limitierten in den 1850ern ihre Prägung von Goldmünzen ab etwa 1860 nahm die Sorge vor Inflation ab, denn es kam offenbar nicht zu Inflation (unter anderem, weil die wirtschaftliche Expansion mit der Expansion der Geldmenge Schritt hielt) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie konnte der GS entstehen? (4) GL galt weiter, weil die offiziellen Umtauschverhältnisse zw. Gold und Silber nur selten angepasst wurden Goldfunde  steigender Silberpreis  de facto Goldstandard in Bi-Metallländern Um den Handel zu stabilisieren und zu fördern wollten einige Regierungen ein internationales Währungssystem schaffen  1865 Gründung der Union Latine (F, B, CH, Italien) 1867 fand in Paris eine internationale Konferenz zum Währungssystem statt mit Ziel, einen gemeinsamen Standard fest zu legen; dies scheitert aber an den Bi-Metallisten 1871: deutscher Sieg über Frankreich  Kriegsentschädigung wird in Gold festgelegt: 5 Mrd. Gold-Franc Wichtiger Unterschied zu Reparationen nach dem 1. Weltkrieg: die Franzosen haben bezahlt  Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie konnte der GS entstehen? (5) Und die Deutschen wollten schlau sein: Deutschland wollte mit den frz. Goldfrancs zugleich eine Währungsreform bestreiten  Frankreich war nach dem Krieg verpflichtet worden, deutsches Silber zu fixem Goldpreis zu kaufen  Silber kam auf den Markt  Silberpreis sank  GL: Tendenz in den Union Latine Ländern, dass Silber das Gold verdrängt  F entscheidet sich, die Prägung von Silbermünzen zu limitieren, um den Silberpreis zu stabilisieren: warum? um das Währungssystem zu erhalten und vor allem um den Deutschen kein Geld zu schenken; andere Länder folgten  GL: statt Silber setzte sich jetzt überall das Gold durch  Logik der Handelsnetze: je mehr Länder mit dem Goldstandard arbeiteten, desto attraktiver war es, ihn zu übernehmen 1879 USA, 1897/99 Russland, Spanien de facto, Österreich-Ungarn fixiert Wechselkurs in Gold Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Nach Lopez-Cordova & Meissner (2003) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie hat der GS funktioniert: Der Mythos (1) Automatismus (David Hume 1752): Modell: 2 Güter (Konsumgut, Gold), 2 Länder (A, B) Goldbestand in Land A steigt: Goldüberschuss in A, Leute in A verkaufen Gold gg Konsumgut (die Leute kaufen ein)  Konsumgut in A teuer, Gold billig = Inflation in A  Leute in A kaufen Konsumgut vom Ausland B, Leute in B kaufen Gold von A  Gold von A nach B, Konsumgut von B nach A, bis Preise in A und B gleich sind  das heißt: unter dem GS wird ein Geldüberhang durch „automatische“ Bewegung von Gold ausgeglichen, Inflation wird stark begrenzt; dafür gibt es auch gewisse Evidenz: geringe Inflation 1850-1913 Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Der Mythos (2) Es gab auch eine institutionelle Seite: die Mitgliedschaft im GS erforderte einen langfristig ausgeglichenen Haushalt Zentralbanken (ZB), die Haushaltsdefizite decken mussten, konnten die Konvertierbarkeit nicht lange aufrechterhalten  Länder, die im GS waren, signalisierten Haushaltsdisziplin Evidenz: bei internationalen Anleihen mussten GS- Regierungen niedrigere Zinsen anbieten, als Nicht GS-Staaten (Bordo & Rockoff 1996, dagegen Fergusson/ Schularick)  GS als Good Housekeeping Seal of Approval [Erklärung, warum man wenig Goldbewegungen beobachtet: gemäß den Regeln gilt: ein Land mit Handelsbilanzdefizit muss sparen  zwei Möglichkeiten: Goldabfluss oder die ZB erhöht Zinsen] Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Die Zerstörung des Mythos Bloomfield (1959) Zentralbanken hielten sich nur selten an die Regeln Statt bei sinkenden Goldreserven (steigendem Handelsbilanzdefizit) dem Markt Liquidität zu entziehen (und vice versa), findet Bloomfield (1959) dass ZB oft noch die Liquidität erhöhten, wenn die Goldreserven abnahmen Wie konnte das System funktionieren, wenn wir derart häufige Regelverletzungen beobachten? Gab es überhaupt ein „System“? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Die Synthese nach B&K (1) (oder: der neue Mythos) M. Bordo and F. Kydland: „The Goldstandard as a contingent rule“, Explorations in Economic History (1995) Wir beobachten nur kurzfristige Abweichungen von den Regeln, langfristig folgten die ZB meist den Regeln Wenn die Teilnehmer der Kapitalmärkte das wussten, dann muss das Folgen gehabt haben: die Glaubwürdigkeit erlaubte Abweichungen und wirksame Geldpolitik innerhalb gewisser Grenzen! Gold Points: wegen Transportkosten und Tricks (Auszahlung abgenutzter Münzen mit vollem Nennwert etc.) konnte der WK innerhalb einer Bandbreite schwanken  das schaffte für die ZB Manövrierraum Erwartung, dass die ZB bei Goldabfluss/ -zufluss intervenieren würde erlaubte wirksame kurzfristige Geldpolitik Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Die Synthese (2) Beispiel: Zinssenkung  WK steigt  die Währung verliert Wert, ZB droht ab „Gold Point“ Reserven zu verlieren  dadurch (!) kommt Kapital ins Land, denn das Ausland kauft billige Währung, weil die Intervention der ZB zur Stabilisierung der Währung antizipiert wird (würde sie nicht antizipiert, würde Kapital abfließen)  kurzfristig gab es einen Effekt auf die Zinsen, aber limitiert durch die antizipierenden Kapitalströme aus dem Ausland Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Die Synthese (3) Auf diese Weise konnte sogar die Konvertierbarkeit zeitweilig aufgehoben werden, ohne das System zu gefährden; Wenn die Aufhebung der Konvertierbarkeit (die Abweichung von der Regel) einen offenbaren Ausnahmenzustand (contingency) zum Grund hatte - etwa ein Krieg, Naturkatastrophe – gab es für den Markt keine Ursache, die Glaubhaftigkeit der ZB in Frage zu stellen  GS als „contingent rule“: man folgt ihr in normalen Zeiten, man weicht ab in Krisenzeiten, ohne die Glaubwürdigkeit der ZB zu schädigen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Woher die Glaubwürdigkeit? Warum glaubte der internationale Kapitalmarkt, dass ZB die Konvertierbarkeit verteidigen (bzw. wiederherstellen) würden? Theorie: es gab noch keine ökonomische Theorie, die expansiver Geldpolitik eine positive Wirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung (und die Beschäftigung) zugesprochen hätte [Keynes kommt in den 1930ern] (d.h. Annahme: nur Ökonomen können die Welt erklären) (Annahme: Menschen verstehen die Welt auch ohne Ökonomen:) Eliten/ Parlamentarier legten ihr Geld damals oft in Staatsanleihen an; die Arbeiterschaft war vor dem Ersten Weltkrieg noch ohne politisches Gewicht  Lösung des „macroeconomic trilemma“ ohne Rücksicht auf Ziel 2! Der Druck auf die ZB war geringer als heute Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Zerstörung des neuen Mythos… Siehe unter anderem Flandreau (2003) und Ferguson/ Schularick (2004) Ist noch nicht klausurrelevant  Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Let‘s believe in B&K Wir wollen also mal glauben: der GS hat die Währungen stabilisiert und de facto wie ein System von target zones funktioniert Hatte der GS Folgen für den Handel? Wie nächstes Mal zu sehen, nahm der Welthandel genau in der Zeit enorm zu, in der der GS sich durchsetzte Die Frage ist spannend, weil aktuell: Literatur nach A. Rose (2000) zur Frage „welchen Effekt haben Währungsunionen auf Handel?“ A. Rose (2000): enormer Effekt, Beitritt zu einer Währungsunion erhöht das Handelsvolumen mit Mitgliedern der Union um bis zu 200%, Faktor 3 (!!!) das interessiert unter anderem Länder wie GB, PL, etc. Lässt sich zeigen, dass die „erste Globalisierung“ (u. a. ) eine Folge des internationalen Goldstandards war? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Folgen des GS für den Handel? Paper von Ernesto Lopez-Cordova & Chris Meissner (AER 2002): der GS hat den Handel um ca. 30% erhöht Der Reihe nach: die Theorie der Optimum Currency Area (OCA) und Versuche, sie zu testen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Folgen für den Handel? (2) Mundell (1961), McKinnon (1963): wann ist eine Währungsunion eine gute Idee? Modell: Zwei Länder A, B, Schock verschiebt die Nachfrage von A nach B (etwa: A produziert Nike-Schuhe, B Puma-Schuhe, alle wollen Puma kaufen, weil das Design besser ist) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Folgen für den Handel? (3)  BIP in A sinkt, Arbeitslosigkeit, aber Inflation in B Problem lässt sich lösen, in dem ich die relativen Preise ändere (p/p*)  mit einer Gemeinschaftswährung (p/p* fixed) kann die Politik nicht beide Probleme zugleich lösen: senke ich Preise in B, verschärft das vermutlich die Krise in A Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Folgen für den Handel? (4) Diese Kosten, einer Gemeinschaftswährung nehmen ab, je besser die beiden Länder integriert sind: Arbeit, Kapital (Mundell 61), Handel (McKinnon 63)  wenn Arbeiter von A nach B abwandern, ist das Problem gelöst  wenn Geld von B nach A geht auch  wenn A sich auf andere Güter spezialisiert, die B nachfragt, auch Umfangreiche Literatur zur Frage: ist Europa eine OCA? Antwort: eher nein, v. a. die Integration der Arbeitsmärkte ist schwach Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Folgen für den Handel? (5) Aber: neue Institutionen können die Erwartungen der Akteure ändern: Mobilität nach der Währungsunion evtl. höher als vorher (OCA sind „endogen“)  neue Frage: welchen Effekt haben Währungsunionen, vor allem auf Handel? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Wie kann man so etwas schätzen? Sample bilateraler Handelsströme (Xij,t) zwischen Ländern mit genug Variation in der Währungsintegration (wenn alle im GS sind, kann ich nix schätzen) Kontrolliere für den Effekt von BIP und Entfernung (und Sprache, und gemeinsamer Grenze usw.) auf Handelsströme Schätze den Einfluss einer “dummy variable” : CU ij,t = 1 wenn beide Handelspartner zum Zeitpunkt t im GS sind, CU ij,t = 0 sonst Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Schätzen (2) Ein Problem mit diesen Schätzungen ist, dass man so wenig „Variation“ hat: Beitritte zu Währungsunionen sind ein seltenes Ereignis (gilt v.a. für Zeit nach 1945) Deshalb ist der GS so hübsch: extrem viel Variation, daher gute Chancen, die Effekte ökonometrisch zu identifizieren Lopez-Cordova/ Meissner (2003) Daten zu allen wichtigen Ländern 1870-1910  welcher Effekt der Gold- Silber – und Bi-Metallstandards auf Handel? Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Schätzen (3) Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Schätzen (4) Bi-Metallismus hatte keinen Effekt, zu wenig Länder mit Silberstandard um etwas zu finden, aber: Länder mit GS handeln exp(0.479) ≈ 1.61 mal mehr miteinander als mit Ländern ohne GS Länder in einer direkten Währungsunion handeln exp(0.716) ≈ 2.05 mehr miteinander Es gibt Zeiteffekte: erst nach 15 Jahren maximaler Effekt Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Schätzen (5) Probleme damit? Unter anderem Endogenität: oft traten Länder einem Währungsraum bei, weil sie mit dessen Mitgliedern so viel Handel trieben, nicht umgekehrt Historische Beispiele dazu gibt es massenhaft: Mitglieder der skandinavischen Währungsunion (Silber) traten 1872 dem GS bei, weil Deutschland ein wichtiger Handelspartner war (Gallarotti 1995) Wenn man diese Effekte berücksichtigt verschwinden die positiven Effekte von Währungsunionen (Ritschl/ Wolf 2005); aber für den GS ist das noch nicht überprüft worden Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06

Zusammenfassung GS seit ca 1880 dominantes Währungssystem Im „macroeconomic policy trilemma“ die Option mit geringstem Spielraum für nationale Politik: das wird nach dem 1. Weltkrieg deutlich und es wird Probleme machen Entstehung des GS war von Zufällen geprägt, aber nicht ohne ökonomische Logik Für die Funktion sind „Gold Points“ und Glaubhaftigkeit der ZB zentral GS hatte wahrscheinlich positive Effekte auf den Welthandel, auch wenn der wichtigere Effekt vermutlich umgekehrt war  zunehmender Handel schaffte Anreize, das Währungssystem zu vereinheitlichen Prof. Dr. Nikolaus Wolf FU Berlin, WS 2005/06