Von Ronald Raack Diplombiologe

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 Präsentation transkript:

Von Ronald Raack Diplombiologe Phagentherapie In der westlichen Welt fast vergessen, vielleicht jetzt ein Weg aus der Antibiotika-Krise. Von Ronald Raack Diplombiologe

Das Problem: Die Antibiotikakrise Die Entwicklung neuer Antibiotika ist sehr zeit- und kostenaufwendig. Antibiotika wirken in einem breitem Spektrum, also unspezifisch und beeinträchtigen auch die natürliche und nützliche Bakterienflora. Viele Menschen vertragen keine Antibiotika aufgrund ihrer Nebenwirkungen oder wegen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Immer häufiger sind die gängigen Antibiotika unwirksam gegen resistente Keime.

Die Lösung: Phagentherapie Das ist kein Grund, die Antibiotika abzulehnen. Diese Mittel waren und sind ein Segen für die Menschheit und werden es sicher auch bleiben. Trotzdem haben sie auch ihre Nachteile. Gerade die ausufernde und breite Anwendung in Medizin und Landwirtschaft verstärken das Problem. Deshalb ist es sinnvoll, Alternativen in Betracht zu ziehen. Es gibt einen natürlichen Feind von Bakterien: Die Bakteriophagen (Bakterienfresser). Die gezielte Anwendung von Bakteriophagen zur Eindämmung einer bakteriellen Infektion nennt sich Phagentherapie.

Was sind Phagen? Phagen sind winzige Partikel aus Proteinen und Nukleinsäuren. Sie sind vergleichbar mit Viren, befallen aber nur Bakterien einer bestimmten Art oder sogar nur einer Untergruppe. Ein infiziertes Bakterium wird gezwungen, neue Phagen herzustellen und platzt dann auf. Tausende Phagen werden freigesetzt. Weitere Bakterien können dann infiziert werden. T-4 Phage, Modell (Befällt E-Coli)

Vermehrungszyklus Der Phage dockt an eine Bakterienzelle an, injiziert seine DNS, und es beginnt die Produktion neuer Phagenbausteine. Diese bauen sich selbst zusammen und nach ca. einer halben Stunde sind die neuen Phagen fertig. Die Einzelheiten sind gut erforscht, jeder Mikrobiologe oder Genetiker hat davon schon gelesen oder gehört.

Vorgeschichte Bereits im Jahr 1896 fand ein Wissenschaftler namens Hankin antibakterielle Aktivität gegenüber Vibrio cholerae (dem Erreger der Cholera), im Wasser des Ganges, welche selbst nach der Filtrierung durch einen sehr feinen Porzellanfilter vorhanden war. Erst durch Kochen wurde diese Wirkung zerstört. Er mutmaßte, daß es das Verschlucken des Ganges-Wassers ist, welches die Leute vor einer Cholera-Epidemie in dieser Gegend bewahrt, untersuchte dieses Phänomen aber nicht weiter. Das „Reinigende Bad im heiligen Ganges“ bekommt so einen tieferen Sinn.

Entdeckung der Phagen Erst im Jahre 1917 befaßte sich der kanadische Mikrobiologe Felix d´Herelle genauer damit. Er war der Meinung, daß es sich um Viren, nicht um Enzyme handelt, die die Bakterien lysieren und als Wirte verwenden. Er schrieb 1922 das Buch „The Bacteriophage“ über die frühe Phagenforschung. Die erste angewandte Phagentherapie hingegen kam nicht von d´Herell, sondern von Bruynoghe und Maisin, welche im Jahr 1921 Staphylococcen-Infektionen der Haut erfolgreich mit Phagen behandelten. d´Herelle war ab 1933 maßgeblich daran beteiligt das Bakteriophagen Institut in Tiflis aufzubauen. Dieses Institut existiert heute noch. Außerdem wurde in Moskau und Breslau mit Phagentherapie gearbeitet.

Theoretische Grundlagen Phagentherapie ist ein Mittel um die Anzahl ganz gewisser (spezifischer) Bakterien zu regulieren, besser gesagt zu reduzieren. Sie basiert also auf der Annahme, daß die Anwesenheit (am falschen Ort) oder die zu große Anzahl von bestimmten Keimen eine Krankheit verursacht oder verschlimmert. Die Natur strebt immer nach dem Ausgleich. Wo Phagen fehlen, ist das Gleichgewicht gestört, Keime vermehren sich ungebremst und verursachen Beschwerden. Mit Hilfe der Phagentherapie wird dieses Gleichgewicht wieder hergestellt. Werden alle Bakterien lysiert (zerstört), verschwinden auch die Phagen allmählich, da sie keine Wirtszellen mehr finden. Doch erst, wenn alle Phagen verschwunden sind, könnte eine Neuinfektion stattfinden. Diese Zeitspanne kann chronischen Entzündungen entgegenwirken.

Praktische Anwendung Wundinfektionen (z.B. nach Operationen oder Verbrennungen) Hautinfektionen, Abzess, Akne, ... Augenentzündungen Lungenentzündung Blasenentzündung (speziell chronische) Bakterielle Geschlechtskrankheiten Magen-Darm-Infektionen - Weniger geeignet bei Blut und Lymphe (Innere Infektionen). Hier zeigen sich die Vorteile der Antibiotika.

Technische Vorraussetzungen Um Phagentherapie praktisch anzuwenden braucht man ein mikrobiologisches Labor mit minimaler Grundausstattung. Werkzeuge: Pipetten, Agarplatten, Impfösen, Sterilfilter, Handschuhe, Gefäße – das normale Handwerkszeug eines Mikrobiologen. Geräte: Autoclav, Zentrifuge, Mikroskop, Brutschrank, Kolbenschüttler, Kühlschränke, Wasserbad. Das sind Geräte, die nicht unbedingt neu angeschafft werden müssen. Ein Elektronenmikroskop wäre hilfreich für die Forschung, ist aber nicht notwendig für die praktische Anwendung. Das Labor muß der Sicherheitsstufe II genügen. Die Arbeit mit pathogenen Keimen erfordert erhöhte Sorgfalt.

Arbeitsweise Isolation der pathogenen Keime, Identifikation und Kultur (auch Dauerkultur, wenn möglich). Wenn Phagen vorhanden, Test auf Wirksamkeit. Wenn nicht, oder vorhandene Phagen sind unwirksam, Isolation von wirksamen Phagen aus den örtlichen Abwässern. Phagen vermehren, filtern und waschen. Dauerkonserve anlegen. So entsteht ein Archiv. Anwendung beim Patienten.

Schwierigkeiten Pathogene Keime lassen sich vielleicht nicht isolieren und vermehren. Dann ist der Einsatz der Phagentherapie in Frage gestellt. Wirksame Phagen könnten nicht gefunden werden. Dann ist Phagentherapie nicht möglich. Überdosierung von wirksamen Phagen kann einen anaphylaktischen Schock auslösen. Es gilt: Je mehr Keime, desto weniger Phagen und umgekehrt. Phagen könnten zu allergischen Reaktionen führen, auch wenn bisher darüber nichts bekannt ist.

Vorteile Keine Störung der Mikroflora wegen der hohen Spezifität der Phagen. Keine Nebenwirkungen, die man von Antibiotika kennt. Kostengünstige Produktion wirksamer Phagen auch in hoher Menge, z.B. bei Epidemien. Geringere Gefahr von Resistenzbildungen, da auch Phagen genetisch variieren, und dadurch die Evolution für und nicht gegen uns arbeitet. Phagentherapie ist arbeits- nicht kostenintensiv. Arbeitsplätze können geschaffen werden. Je länger ein Labor arbeitet, desto effizienter wird es. Synergie-Effekte zwischen Medizin und Mikrobiologie.

Kleiner Anfang Staphylococcus aureus. Dieses Bakterium ist sehr gefährlich. Es infiziert Wunden nach Operationen oder bei Verbrennungen. Bakterien treiben einen regen Tauschhandel mit Resistenzgenen. Inzwischen ist ein Vancomycin-resistenter Stamm von S.aureus aufgetaucht. Dieses Antibiotikum war sonst immer das letzte Mittel. Hier wäre ein geeigneter Ansatz um Phagentherapie zu erproben.

Weitere Argumente Phagentherapie ist eine Biotechnologie, die Bakterielle Infektionen lindern oder sogar Leben retten kann. Warum darauf verzichten? Jede große Stadt kann ein Labor einrichten, die Kosten dafür sind relativ gering. Wirksame Phagen können untereinander ausgetauscht werden. Leider kann man mit dieser Methode nicht reich werden, denn es gibt keinen „ultimativen Superphagen“. Doch mit Fleiß, Geduld und Kleinarbeit werden sich Erfolge zwangsläufig einstellen. Der Gewinn muß volkswirtschaftlich gesehen werden.

Vielen Dank für Ihr Interesse Ronald Raack Diplombiologe Kontakt: rraack@web.de www.raack.de/phage

Internet-Links Die Phagentherapie und das Problem ihrer Verwirklichung (pdf) http://www.stub.unibe.ch/download/eldiss/04haenggi_b.pdf Erste Ansätze zur Phagentherapie in Deutschland http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/85235/index.html Der Arzt Nodar Danelia benutzt Viren, um Wunden von gefährlichen Keimen zu heilen http://images.zeit.de/text/2003/37/P-Phagentherapeut Der Bakterienstamm "Methicillinresistenter Staphylococcus aureus" http://www.uni-hamburg.de/uc/ys_04_04/blickpunkt/gefahr_intensiv.htm Aufstand der Bakterien, die Antibiotikakrise http://www.sprechzimmer.ch/include_php/previewdoc.php?file_id=1258 "Gesund durch Viren" Thomas Häusler (Buch) http://astore.amazon.de/life-sciences-21/detail/3492045200