Das Verschwinden der Mitte

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 Präsentation transkript:

Das Verschwinden der Mitte Das Verschwinden der Mitte. Zum Wandel der politischen Einstellungen in Deutschland Tagung „Faszination von Heilslehren - der Weg in die Unfreiheit“ Friedrich-Naumann-Stiftung/Bund Freiheit der Wissenschaft/Institut für unternehmerische Freiheit Gummersbach, 23. Februar 2008 Dr. Gerhard Hirscher

Gliederung 1) Links, Rechts, Mitte - wer ist wo Gliederung 1) Links, Rechts, Mitte - wer ist wo? 2) Wandel der politischen Einstellungen? 3) Mehrheiten und politische Lager 4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Dr. Gerhard Hirscher

1) Links, Rechts, Mitte – wer ist wo? Dr. Gerhard Hirscher

Was ist „Mitte“? Annäherungssversuch I: Studie der Herbert-Quandt-Stiftung März 2007 Folgerungen: - Anteil der Mitte an den Erwerbstätigen unter 50% und seit 1998 leicht sinkend (Martin Werding/Marianne Müller, Bericht Quandt-Stiftung, S. 142) - „Erosion“ der gesellschaftlichen Mitte - in welchem Ausmaß? - „Die gesellschaftliche Mitte kann und sollte mehr als bisher politikfähig gemacht werden“ (Paul Nolte/Dagmar Hilpert, Bericht Quandt-Stiftung., S. 96) - „Quantitativ und hinsichtlich ihres wirtschaftlichen Wohlergehens wird die ‚Mitte‘ unserer Gesellschaft in absehbarer Zeit nicht mehr so dominieren, wie wir das gewohnt waren“ (Stefan Hradil/Holger Schmidt, Bericht Quandt-Stiftung, S. 226) Dr. Gerhard Hirscher

Was ist „Mitte“? Annäherungsversuch II: Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „Politische Milieus in Deutschland“, Bonn 2007 (Gero Neugebauer) - Neun Politische Milieus in Deutschland: Oberes Drittel: Leistungsinidvidualisten, Etablierte Leistungsträger, Kritische Bildungseliten, Engagiertes Bürgertum (45%) Mittleres Drittel: Zufriedene Aufsteiger, Bedrohte Arbeitnehmermitte (29%) Unteres Drittel: Selbstgenügsame Traditionalisten, Autoritätsorientierte Geringqualifizierte, Abgehängtes Prekariat (26%) Dr. Gerhard Hirscher

Links-Rechts-Einstufung der Bürger Anteil in Prozent Links Mitte Rechts Quelle: Forschungsgruppe Wahlen: Blitz-Umfragen vor der jeweiligen BTW (1998-2005) Dr. Gerhard Hirscher

Links-Rechts-Einstufung der Parteien Grüne (REP) SPD CDU FDP CSU PDS Dr. Gerhard Hirscher Quelle: Forschungsgruppe Wahlen; Werte für 1980-94 face-to-face erhoben, ab 1997 telefonisch

Links-Rechts-Einordnung „Links und rechts sind viel gebrauchte Begriffe, um einen politischen Standort zu kennzeichnen. Wie ordnen Sie sich selbst ein?“ Quelle: TNS Emnid, August 2007 Dr. Gerhard Hirscher

Links-Rechts-Einordnung (Parteianhänger) „Links und rechts sind viel gebrauchte Begriffe, um einen politischen Standort zu kennzeichnen. Wie ordnen Sie sich selbst ein?“ Quelle: TNS Emnid, August 2007 Dr. Gerhard Hirscher

Partei der Mitte „Welche Partei ist für Sie die Partei der Mitte?“ Quelle: Allensbach/FAZ 20.2.2008 Dr. Gerhard Hirscher

Links, Rechts, Mitte – wer ist wo Links, Rechts, Mitte – wer ist wo? Empirische Befunde: - Soziologische Bedrohung der Mitte - Hohe Selbsteinstufung als „Mitte“ - Schwache Position der Ränder - Aber: Leichtes und wachsendes Übergewicht bei der Positionierung „Links“ Dr. Gerhard Hirscher

2) Wandel der politischen Einstellungen? Dr. Gerhard Hirscher

Gerechtigkeit „Sind die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland - was die Menschen besitzen und verdienen - gerecht oder nicht gerecht?“ Quelle: Der Spiegel 51/2007; FAZ 11.12.2007. 1979 nur Westdeutschland Dr. Gerhard Hirscher

Quelle: Bertelsmann/IfD Allensbach Dr. Gerhard Hirscher

Sozialismus „Halten Sie den Sozialismus für eine gute Idee, die schlecht ausgeführt wurde?“ - Westdeutschland Quelle: IfD Allensbach Dr. Gerhard Hirscher

Sozialismus „Halten Sie den Sozialismus für eine gute Idee, die schlecht ausgeführt wurde?“ - Ostdeutschland Quelle: IfD Allensbach Dr. Gerhard Hirscher

Soziale Marktwirtschaft „Haben wir bei uns eine Soziale Marktwirtschaft oder ist sie nicht wirklich sozial?“ Quelle: IfD Allensbach Dr. Gerhard Hirscher

2) Wandel der politischen Einstellungen 2) Wandel der politischen Einstellungen? Dominanz des Werts „Gerechtigkeit“ Wachsende Erwartungen an Staatstätigkeit Misstrauen gegenüber Marktwirtschaft Steigendes Gewichts der Einstellungen und Parteien links der Mitte Dr. Gerhard Hirscher

3) Mehrheiten und politische Lager Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei BT-Wahlen seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei LT-Wahlen in Baden-Württemberg seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei BT-Wahlen in Baden-Württemberg seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei LT-Wahlen in Hessen seit 1982 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei BT-Wahlen in Hessen seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei LT-Wahlen in Niedersachsen seit 1982 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei BT-Wahlen in Niedersachsen seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei LT-Wahlen in Nordrhein-Westfalen seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

Die Stärken der Parteilager bei BT-Wahlen in Nordrhein-Westfalen seit 1980 Dr. Gerhard Hirscher

3) Mehrheiten und politische Lager Bürgerliche Mehrheit: Ein süddeutsches Phänomen? Bei Landtagswahlen: Rot-Grün und Rot-rot-grün mit uneinheitlichem Bild Bei Bundestagswahlen: Positivere Ausgangslage für linkes Lager Dr. Gerhard Hirscher

4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Dr. Gerhard Hirscher

4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Soziologische Mitte und politische Mitte: Erosion bei beiden? Bei politischen Einstellungen: Massierung in der Mitte Leichtes (und wachsendes) Übergewicht Links: Deutlich bei Anhängern von Grünen und PDS/Linkspartei, aber auch erkennbar bei Anhängern von SPD und Union Dr. Gerhard Hirscher

4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Noch keine Verluste der Mitte auf Kosten beider Ränder Einstellungsraum links von PDS/Linkspartei gefüllt Einstellungsraum rechts weitgehend leer Dr. Gerhard Hirscher

4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Konsequenzen für das Parteiensystem: „Fluides Fünfparteiensystem“ könnte sich festigen Mehrheiten der „rechten Mitte“ schwieriger Überraschende und nicht beabsichtigte Ergebnisse bei Wahlen häufiger möglich, bes. bei LT-Wahlen (Rechtspopulismus?) Dr. Gerhard Hirscher

4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Konsequenzen für das Parteiensystem: Strukturelle Probleme für Volksparteien: SPD in Konkurrenz zur Linkspartei, Union ohne konservativen Flügel? Probleme für kleine Parteien: Schwierigere Regierungsbildung, diffusere Programmdurchsetzung, wachsende Profilierungskonkurrenz Dr. Gerhard Hirscher

4) Konsequenzen für Politik und Gesellschaft Wachsende Probleme für Politik der Mitte Forderung nach sozialer Gerechtigkeit bringt mehr Umverteilung und Staatseingriffe (Familienpolitik, Mindestlohn, Erbschaftssteuer, „Reichensteuer“; künftig: Vermögenssteuer, Grundeinkommen, Pflichtversicherungen?) Gefahr des wachsenden medial beförderten Sozialpopulismus Dr. Gerhard Hirscher

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Gerhard Hirscher