Wolfgang Kernbichler ©, FPS-Niebüll

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 Präsentation transkript:

Wolfgang Kernbichler ©, FPS-Niebüll Jugend in Europa: Gemeinsamkeiten anstreben – Unterschiede deutlich machen 1.nationale TIE-Tagung 6.– 8. Juni in Soltau Wolfgang Kernbichler ©, FPS-Niebüll

Jugend in Europa: Gemeinsamkeiten anstreben – Unterschiede deutlich machen 1. Jugend heute: Versuch einer kurzen soziologischen Analyse 1.1 Extreme Differenzierungen 1.2 Die pragmatische Generation 2. „Neuer Schwung für die Jugend Europas“: Einige Ergebnisse der Untersuchungen zum Weißbuch der Europäischen Kommission und anderer Quellen. 2.1 Herausforderungen 2.2 Wichtige Botschaften Ein Beispiel intensiver grenzüberschreitender europäischer Zusammenarbeit im Schulbereich: Euroklasse Niebüll/Tondern Schlussfolgerungen

1.1 Extreme Differenzierungen (1) EU-15: 50 Mio. Jugendliche EU-25: 60 Mio. Jugendliche Altersgruppe 15-25 Jahre zwischen 11 und 19% Wahlberechtigung national u. europäisch ab 18 Jahren Wahlberechtigung lokal teilweise ab 16 Jahren 10,5 bis 17,5 % der Stimmberechtigten sind Jugendliche Wahlbeteiligung der Jugendlichen um 10 % unter dem Durchschnitt Gewählte Jugendliche nationale Ebene 0 bis 7 % Gewählte Jugendliche lokale Ebene 0 bis 10 % 0,7 bis 16 % sind Gewerkschaftsmitglieder

Dies ist bei der Kommunikation mit ihnen zu berücksichtigen. 1.1 Extreme Differenzierungen (2) Die Gruppe „durchschnittlicher Jugendlicher“ gibt es nicht! Die Jugendlichen Europas sind keine homogene Einheit, sondern eine extrem z.B. nach Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Kultur, Religion, Wohnort, Sprache, sexueller Identität, materieller Versorgung und Interessen zusammengesetzte Gruppe. Dies ist bei der Kommunikation mit ihnen zu berücksichtigen.

Jugendarmut in einigen EU-Staaten Datenbasis: ECHP(UDB)2000 LU NL Au FR I UK IRE GR SP P DK FIN bis 15 20,7 18,6 20,5 17,6 16,6 19,8 23,4 31,1 31,8 19,7 24,4 27,5 3,9 5,9 16 bis 30 16,8 14,3 14,5 10,0 18,3 24,9 20,4 20,6 17,7 11,9 13,1

1.1 Extreme Differenzierungen ( 3) Gruppen Selbstbewusste Macher (25 % der Jugendlichen in Deutschland) - beide Geschlechter gleichermaßen vertreten - Aufsteigergruppe aus der breiten sozialen Mitte - mit Rüstzeug und Ehrgeiz zur Bewältigung der ganzen Breite der Anforderungen des Lebens Pragmatische Idealisten (25 % der Jugendlichen in Deutschland) zu 60 % weiblich bevorzugt aus bildungsbürgerlichen Schichten ideelle Seite des Lebens steht im Vordergrund Robuste Materialisten Bevorzugt männlich Stehen ihrer persönlichen Zukunft skeptisch gegenüber Kommen mit den Leistungsanforderungen weniger zurecht Machen ihre Ellenbogen mobil Zögerliche Unauffällige Häufig apathisch resigniert und passiv Entwickeln Sympathie zu anderen Schwachen Haben nicht gelernt, ihre Interessen durchzusetzen

1.2 Die pragmatische Generation Jugendliche wollen konkrete und praktische Probleme in Angriff nehmen, die mit persönlichen Chancen verbunden sind. Übergreifende Ziele wie Gesellschaftsreform oder Ökologie stehen nicht im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Leistung, Sicherheit und Macht sind in den letzten 10 Jahren wichtiger geworden. Das Politische Engagement steht der heutigen Jugend fern. Im näheren gesellschaftlichen Umfeld sind die Jugendlichen eine aktive Gruppe, wobei diese Aktivitäten nicht als politisches Engagement verstanden werden.

2.1 Herausforderungen (1) Die demographische Entwicklung: Der Anteil der 65 bis 90 (und darüber) Jahre alten Menschen wird von 2000 bis 2020 von 16 auf ca. 21 % steigen. Der Anteil von 15 bis 24 Jahre alten Menschen wird von 12,4 auf ca.11 % sinken. Veränderte Rahmenbedingungen für die Jugend: Die Jugendzeit wird länger. Die Lebensläufe sind nicht mehr linear. Kollektive Modelle verlieren zugunsten individueller werdenden Lebenswegen an Bedeutung. Die Einbeziehung der Jugendlichen in das öffentliche Leben: Parteien, Gewerkschaften und Jugendorganisationen leiden unter mangelndem Interesse der Jugendlichen (Eurobarometer-Umfrage „Die jungen Europäer 2001“: jeder zweite Jugendliche gehört keiner Bewegung an; allerdings große nationale Unterschiede: in den Niederlanden sind fast 80 % der Jugendlichen organisiert, während es in Portugal nur 30 % sind. Außer Belgien und Luxemburg sind alle europäischen Staaten von diesem Bindungsverlust betroffen. Stärkster Zuspruch bei Sportvereinen mit 28 %, dann Jugendorganisationen mit 7 %, Gewerkschaften und politische Parteien mit 4%) Die Globalisierung: Die europäischen Jugendlichen wachsen in Gesellschaften auf, die gegenüber kulturellen und wirtschaftlichen Einflüssen von außen offen sind. Produkte werden selbstverständlich in den Alltag integriert: Internet, E-mail, Mobiltelefon. Laut Eurobarometer 55.1 ist der Anteil der 15 bis 25-Jährigen, die regelmäßig einen Computer benutzen seit 1997 von 21 auf 45 % gestiegen. Über 80 % nutzen regelmäßig ein Mobiltelefon. - Gleichzeitig lehnen sie bestimmte Auswirkungen der Globalisierung ab, da diese der sozialen Gerechtigkeit, dem Prinzip des Zugangs für alle und einer „nachhaltigen“ Entwicklung abträglich seien. Die europäische Integration: - Auch hier finden wir eine gemischte Gefühlslage der Jugendlichen. Europa ist für sie der Raum, in dem die Grundwerte hochgehalten werde, in dem sie leben, studieren, arbeiten und reisen. Die Einrichtungen, die diesen Raum verwalten, sind für sie jedoch weit weg und als geschlossene Gesellschaft zu funktionieren.

Die Alterung der EU-15-Bevölkerung zwischen 2000 und 2060 Anteil an der EU-Gesamtbevölkerung in % Quelle: Eurostat, Demographische Statistiken, nationale Prognosen 1999

Offen gegenüber Europa Finden Sie die Aufnahme osteuropäischer Länder gut oder nicht so gut? Quelle: 14. Shell Jugendstudie

Offen gegenüber Europa Sollte sich die Europäische Union längerfristig zu einem einheitlichen Staat entwickeln und zusammenschließen? Quelle: 14. Shell Jugendstudie

2.1 Herausforderungen (2) Junge Deutsche identifizieren sich stark mit Europa: Während der europäische Gedanke die jungen Spanier und Engländer ziemlich kalt lässt, sind die 18 bis 25-Jährigen hierzulande zwar nationalbewusst, aber ebenso große Europa-Fans. Europawahlen interessieren nur wenige: Im Vergleich zu Themen wie Ausbildung, Arbeit, Gleichberechtigung, Armut und Terror rangiert das Interesse am politischen Zusammenwachsen Europas auf dem 10. und letzten Rang. (Wahlbeteiligung der Jugendlichen an der Bundestagswahl ca. 80 %, an der Europawahl ca. 60 %) Europäische Jugendliche sind grundsätzlich fremdenfreundlich, aber: Viele wünschen sich eine Beschränkung der Einwanderung. Das Wahlrecht für alle Immigranten wird von einem Teil abgelehnt, aber für diejenigen befürwortet, die die Sprache, Kultur und Gewohnheiten des Gastlandes angenommen haben. Die Jugendlichen postsozialistischer Länder orientieren sich neu: Die baltischen Staaten stehen dabei Russland dabei mental näher als Skandinavien; Tschechien richtet sich ganz nach dem Westen.

Nationales und europäisches Identitätsgefühl junger Europäer im Vergleich Quelle: Spiegel online-15.August 2003

2.2 Wichtige Botschaften Experimentierfelder müssen zugelassen und ausgedehnt werden. Mobilität und Freiwilligenarbeit sollten im Zuge nicht formaler allgemeiner und beruflicher Bildung anerkannt und gefördert werden. Die Unabhängigkeit von Jugendlichen muss gefördert werden. Dies geschieht in erster Linie durch materielle Mittel, die durch politische Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Sozialschutz, Integrationshilfe usw. beeinflusst werden. Viele Jugendliche wollen sich als aktive Staatsbürger einbringen. Sie wollen an Entscheidungsfindungen beteiligt werden. Europa stellt für die Jugendlichen die Hochburg der Grundwerte dar: Frieden, Wohlstand, Demokratie, Solidarität, Gleichberechtigung und kulturelle Vielfalt. Dabei spielt der Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Augen der Mehrheit der europäischen Jugendlichen eine wichtige Rolle: „Null Toleranz“ gegenüber jeder extremistischen Verhaltensweise. Jugendliche und Experten übten lebhafte Kritik an den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung. Trotz tief greifender Reformen in einigen Mitgliedsstaaten muss insgesamt die Effektivität und Qualität der Bildungssysteme verbessert werden.

Schlussfolgerungen Die Gefahr der Entfremdung zwischen der jungen Generation und Europa scheint so groß zu sein, dass Wissenschaftler davor warnten, die Jugendlichen von heute als die „ersten wahren Europäer“ zu betrachten, wie dies oft geschieht. Zahlreiche Jugendliche sind immer noch tief verwurzelt in ihre lokale Umgebung und von nationalen Perspektiven geprägt. Die Unterschiede zwischen den Jugendlichen verschiedener europäischer Staaten sind zahlreich. Trotzdem überwiegt eine Tatsache alle anderen Bedenken: Die Jugendlichen in Europa wollen aufeinander zugehen und empfinden das Erleben vieler dieser Unterschiede als Bereicherung, wenn ein intensiver Kontakt denn möglich gemacht wird.