Gruppenberatung Der Gruppenbegriff

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Gruppenberatung Der Gruppenbegriff Gruppe und Beratung: Wenn die Gruppe berät. Wenn die Gruppe beraten wird. Eine Gruppe als Beratungspartner: Vorteile, Chancen…individueller Problemlösung gleichberechtigter Partner Gruppenberatungsmodelle - offen oder geschlossen - Rolle der Moderation: Bildhauer, Gärtner oder Moderator im Hintergrund 5. Gruppenentwicklung Gruppenrollen und Phasen 6. Probleme der Arbeit mit Gruppen 7. Beispiele eines Gruppenprogramms Zu 1 : Eine soziale Gruppe umfasst eine bestimmte Zahl von Mitgliedern, die zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels, des Gruppenziels, über längere Zeit in einem relativ kontinuierlichen Kommunikations- und Interaktionsprozess stehen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit (Wir-Gefühl) entwickeln. Zur Erreichung des Gruppenziels zur Stabilisierung der Gruppenidentität ist ein System gemeinsamer Normen und eine Verteilung der Aufgaben über ein gruppenspezifisches Rollendifferenzial erforderlich. (Schäfer 1999, 19). Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 01

Gruppenberatungsmodelle Bildhauermodell Empirisch-rationell Gärtnermodell Normativ- educativ Werkstattmodell Moderierend- erarbeitend A) Wenn eine Gruppe als „Berater“ auftritt. Gruppenberatung lässt sich als Problemlösung in der Gruppe definieren. Diese gestaltet sich je nach Kontext und Zielrichtung sehr unterschiedlich und die beratenden Akteure können wechseln. Die Lösung individueller Probleme durch Betroffene oder Gleichgesinnte mit Unterstützung des Lösungsprozesses durch Beratungskraft oder Moderator. Gruppen der Weight Watchers können als Beispiel für diese Form der Gruppenberatung dienen. Die kollegiale Fachberatung in einem Beraternetzwerk. Hier arbeiten Personen an der Lösung einer Problemstellung von außerhalb, zum Beispiel im Rahmen von Kooperationsverbünden. Es geht um das Problem fokussierten Wissensaustausch von Personen aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen aber mit gleicher Stufe z. B. in der Führungsebene Wenn sich Mitarbeiter als Inhouse- Consultants sich um Lösung von unternehmensinternen Herausforderungen bemühen. So helfen zum Beispiel die in Qualitäts- und Gesundheitszirkeln erarbeiteten Ergebnisse die in der Analysephase ermittelten Probleme zu lösen.*** Externe Gruppen, zum Beispiel Kundenteams und –Fokusgruppen, beraten Unternehmen zu Innovationen, Produktverbesserungen etc. Gegenseitige Beratung ohne Moderator betreiben beispielsweise die oft von aktiven Minderheiten initiierten Selbsthilfegruppen. Selbsthilfegruppen fußen vor allem auf den Eigenaktivitäten und Eigeninitiativen ihrer Mitglieder. Sie tragen sich selbst und stellen die 'Krönung' einer Gruppenentwicklung dar. B) Wenn die Gruppe beraten wird: Rolle der ‚Beratungskraft: Bildhauer, Gärtner oder Moderator Bildhauer: Künstler formt nach seinen Vorstellungen, übergeordnete Warte. Vorgehen empirisch-rationell. Problem der geringen Verhaltensrelevanz. Bevormundung. Oft Appelle. Expertenorientierung. Informationen und Sachwissen. Gärtner: Pflege und Fürsrge für die Entwicklung des „Gruppenpflänzchens“ v. S. der Beratungskraft. Vorgehen eher normativ- edukativ. Orientierung an den Interessen und Bedürfnissen und Fähigkeiten der Ratsuchenden. Orientierung an Werten, Einstelllungen u und normen als Einflussfaktoren. Einstellungsänderung ist das Ziel. Problem: hoher moralischer Konformitätsdruck. Moderator- Arbeit mit entspr. Methoden. S. Übung. Sozialen Verstärkern, Gruppendynamischen Effekten. B) Offen für neue Teilnehmer – geschlossene Gruppenmodelle ***Hier finden sich in der Regel unterschiedliche aber reale „Rollen“ wie der Fallgeber, der Moderator/ Ablaufsicherer, der Berater, der als zentrale Einheit die eigenen Erfahrungen in die Diskussion bringt, und der Schreiber und Prozessbeobachter (Feedback-Geber ) vgl. Kopp, R. Kollegiale Fachberatung: In: Journal Praxis, H. 1, 2003 Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 02

Chancen und Vorteile einer Gruppenberatung gleichge- Sinnter Akteure ? Zum Beispiel: Eine Gruppe kann ihren Mitgliedern Sicherheit verleihen. Sie bietet ihnen Schutzraum, wenn mit Neuerungen experimentiert werden soll, wozu auch das Verändern von problematischen Gewohnheiten und das Erlernen optimalen Verhaltens zählt. Die einzelnen Teilnehmer liefern bei der Gelegenheit Modelle, sie bekräftigen Erfolge, ermutigen bei Misserfolgen, sie definieren Fortschritte, kontrollieren das Einhalten von Spielregeln und fördern schwächere Mitglieder. Eine Gruppe leistet insofern mehr, als das einzelne Mitglied für sich allein schaffen kann. Nicht von allein heißt es: „Vier Augen sehen mehr als zwei.“ In Hofstätters „Gruppendynamik“ werden besonders die Gruppenleistungen vom Typus des 'Hebens und Tragens' (Bau der Cheopspyramide), vom Typus des Bestimmens (Normgebung), (Konvergenztendenz: Zurückholen von Normbrechern; Extrem Schaffende und Faulpelze auf die 'goldene Mitte' und vom Typus des Suchens (Fehlerausgleich) herausgestellt. Voraussetzung, dass Gruppen sich ihre Leistungsvorteile zunutze machen können, ist, dass sie ein Gefühl des guten Zusammenhalts entwickeln. In einer Gruppe bekommt neben dem kognitiven Gesichtspunkt des Lernens also immer die sozialpsychologische Komponente ein besonderes Gewicht. Alle Gruppen scheinen durch Bedürfnisse motiviert, die man im großen und ganzen unter die Begriffe 'Psyche' und 'Sozio' subsumieren kann. „Bei einigen Gruppenmitgliedern wird die charakteristische Verhaltensweise von der Erfüllung ihrer persönlichen emotionalen Bedürfnisse bestimmt. Anderen Gruppenmitgliedern liegt weniger an ihren emotionalen Bedürfnissen oder es fällt ihnen weniger leicht, mit Gefühlen umzugehen, und sie ziehen es daher vor, den 'sozietären' oder Arbeitsaspekt der Gruppentätigkeit zu betonen. Da alle Gruppen in wechselndem Maße beide Bedürfnisse haben, muß jede Gruppe die für sie geeignetste Kombination dieser beiden Komponenten herausarbeiten.“ (Luft, J. (89) S. 45) Gruppenberatungen besitzen den Vorteil, dass - insbesondere bei ähnlichen Problemlagen der Mitglieder - sich Leistungsvorteile von Gruppen und gruppendynamische Effekte für Verhaltensänderungen nutzbar machen lassen. Auch arbeitsökonomische Gründe lassen sich finden: Hohe Arbeitsbelastung im Beratungsalltag, Termindruck, Personalmangel. Betrachtet man den Kostengesichtspunkt, so dürfte auch hier die Gruppenberatung vorteilhafter abschneiden als das Einzelgespräch zwischen Beratungskraft und Klient. Bei der Einzelberatung handelt es sich wegen ihrer Personalintensivität sicherlich um die teuerste Interventionsform. Für Gruppenberatung - verstanden als Problemlösungsprozess der Gruppenmitglieder - spricht einiges. Was die Wirksamkeit angeht, kommt es allerdings wesentlich darauf an, welches Verständnis Berater / Gruppenleiter als Initiatoren von dieser Interventionsform haben. Das Verständnis von Gruppenberatung ist durchaus nicht einheitlich. In Anlehnung an Flechsig (75) lassen sich drei Modelle unterscheiden: Sie enthalten Annahmen über die Beeinflussbarkeit von Alltagsverhalten mittels zielgerichteter Einflußnahme. Im Blickpunkt der nachfolgenden Modelle steht die Rolle der Beratungskraft: Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 02

Gruppenentwicklung I + II Fremdheit und Phase der Platzfindung Aufgabenrollen Erhaltungs- und Aufbaurollen Störende Rollen Fremdheit: I.d.R. Fremde Menschen treffen aufeinander/Jeder aus diesem Kreis trägt die Hoffnung in sich, in der Gruppe anerkannt zu werden und sich irgendwann sicherer zu fühlen, als zu Beginn. Wer in eine neue Gruppe kommt, der findet zu Beginn seine beiden Bedürfnisse nach A n - e r k e n n u n g und S i c h e r h e i t noch sehr unbefriedigt. Auch die Art und Weise, in der man der Gruppe zugehört, ist nicht klar. Ein Prozeß des Abtastens beginnt. (Siehe auch den Punkt „Anfangssituation“ im Teil Weiterbildungslehre.) Diese innere Verfassung ergibt zwei widersprüchliche Verhaltenstendenzen, die oft gut beobachtbar sind: aufeinander zu - voneinander weg. 'Man' tastet sich ab, beobachtet sich, sucht erste Sicherheiten zu gewinnen, indem man sich wenigsten einem Teilnehmer annähert. Man orientiert sich, wer wie denkt und wem man trauen kann, man richtet sich gerne nach irgend jemandem aus, am liebsten nach dem Gruppenleiter, von dem man sich Sicherheit und Verhaltensorientierung verspricht. E R muss ja wissen, wie es hier zu­gehen soll. E R wird ja wohl die Regeln der Gruppe kennen. ---Rolle der Einführungsveranstaltungen. Orientierungsphase/ Phase der Platzfindung s. Rollenrepertoire Normative Notsituation und Rolle der Beratungskraft in der Anfangssituation Rollenzuschreibungen- Zuweisung eines „Ortes“ in der Gruppe Gefahr der Festschreibung Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 03

Aufgabenrollen Rollenfunktionen zwischen Tüchtigkeit und Beliebtheit Zusammenfassen Koordinieren Ausarbeitungen Vorlegen Meinungen äußern und rekapitulieren Initiative und Aktivität Informationen Suchen Meinungen Erkunden Informationen einbringen A u f g a b e n r o l l e n: Personen, die Aufbaurollen innehaben sind initiativ und aktiv = sie schlagen Lösungen vor, bringen neue Ideen vor, definieren gegebene Probleme neu, nehmen Probleme in Angriff und organisieren neues Material. Sie suchen nach Informationen und fragen nach genauerer Klärung von Vor-schlägen, fordern ergänzende Informationen oder Tatsachen. Sie erkunden Meinungen und versuchen, bestimmte Gefühlsäußerungen von Mitgliedern zu bekommen, die sich auf die Abklärung von Werten, Vorschlägen oder Ideen beziehen. Selbst geben sie und äußern ihre Meinung; arbeiten aus, koordinieren und fassen zusammen. Sie geben Information = Ein Angebot von Tatsachen oder Generalisierungen. Verbinden der eigenen Erfahrung mit dem Gruppenproblem, um daran bestimmte Punkte und Vorschläge zu erläutern. Sie geben Beispiele oder entwickeln Bedeutungen, zeigen Beziehungen auf zwischen verschiedenen Ideen oder Vorschlägen oder formulieren bereits diskutierte Vorschläge zur Klärung nach. Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 04

Erhaltungs- und Aufgabenrollen Rollenfunktionen zwischen Tüchtigkeit und Beliebtheit Vermitteln/ Spannung vermindern Übereinstimmungen prüfen Diagnostizieren Auswerten Ermutigung Grenzen wahren Regeln bilden Gruppengefühle ausdrücken Erhaltungs - und Aufbaurollen Inhaber dieser Rollen ermutigen, wahren Grenzen, bilden Regeln. Sie strahlen Freundlichkeit aus und Wärme, sind bereit zu antworten gegenüber anderen und deren Ideen und nehmen Beiträge anderer an. Sie bemühen sich, einem anderen Gruppenmitglied einen Beitrag dadurch zu ermöglichen, dass sie andere darauf aufmerksam ­machen: z. B.: „Wir haben von X noch gar nichts zu diesem Thema gehört“, oder „Y wollte etwas sagen, erhielt aber nicht die Gelegenheit“. Das formulieren von Regeln übernehmen sie ebenfalls für die Gruppe. Sie schlagen Inhalt, Verfahrensweisen oder Entscheidungsbewertungen vor. Sie bringen Gruppengefühle zum Ausdruck, fassen zusammen, vermittteln und vermindern Spannungen. Beschreiben die Reaktionen der Gruppenmitglieder, teilen Beobachtungen und unbewusste Reaktionen der Gruppenmitglieder mit. Sie fragen versuchsweise nach der Gruppenmeinung, um herauszufinden, ob die Gruppe sich einer Übereinstimmung für eine Entscheidung nähert. Oft gelingt ihnen das Harmonisieren verschiedener Standpunkte und das Aushandeln von Kompromisslösungen. Sie schaffen es, negative Gefühle durch einen Scherz abzuleiten, zu beruhigen, eine gespannte Situation in einen größeren Zusammenhang zu stellen Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 05

Störende Rollen Rollenfunktionen zwischen Tüchtigkeit und Beliebtheit Rivalisieren Aggressives Verhalten Selbstgeständnisse Sich zurückziehen Clownerie Suche nach Sympathie Blockieren Negative Rollen Zu den negativen Rollen zählen aggressives Verhalten, Blockieren und weitere dysfunktionale Verhaltensweisen: Aggressives Verhalten, das bedeutet Arbeiten für den eigenen Status, indem andere kritisiert und blamiert werden; Feindlichkeitsäußerungen gegen die Gruppe oder einzelne Mitglieder; Herabsetzen des Selbstwertes oder des Status anderer Mitglieder; Versuch, ständig zu dominieren. Blockieren meint, die Weiterentwicklung der Gruppe zu durchkreuzen durch Ausweichen auf Randprobleme; Angebot persönlicher Erfahrungen, die nichts mit dem vorliegendem Problem zu tun haben; hartnäckige Argumentation zu einem einzigen Punkt; Abweisung von Ideen ohne jede Überlegung aus affektiven Vorurteilen; verwenden von Killerphrasen. Selbstgeständnisse; Rivalisieren; Suche nach Sympathie; Spezialplädoyers; Clownerie; Beachtung suchen; Sich zurückziehen sind weitere Beispiele. Bei der Entstehung von Rollen spielen mehrere Gesichtspunkte mit: die Erwartung / Zuschreibung von den anderen her, eine eigene Vorliebe oder Bereitschaft für ein bestimmtes Verhalten, das Zusammenspiel und die gegenseitige Ergänzung der verschiedenen Rollen (Redner/Schweiger ). Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 06

Gruppenentwicklung III Vertrautheit – WIR Phase Innovationsschub Problem der vorschnellen „ Vertrautheit“ Wer später kommt hat Unrecht - (Außenseiterstatus)/ Erneutes Durchlaufen Identitätsbildungsprozesses in der Gruppe Problem des Abkapselns : „Nichts Neues…“ Problem des Solidarisierens Stadium 3: "Vertrautheit" Mit einem Kürzel belegt, könnte dieses Stadium als 'Wir-Phase' bezeichnet werden. Die Gruppenmitglieder kennen sich, wissen in etwa, wie miteinander umzugehen ist, sie können sich den Rahmen des Erlaubten, Erwünschten und Verpönten ausmalen; kurz: das Gruppengeschehen und der Umgang miteinander sind vertraut geworden. In der 'Wir-Phase' stehen die Chancen gut, sich Verhaltensänderungen zuzuwenden. Das Gewicht der sozialen Gemeinschaft wiegt schwer. Nicht der Einzelne entscheidet, sondern 'man' hat entschieden oder entscheidet. Die Bereitschaft etwas zu wagen (Risiko-Schub) kann in einer Atmosphäre der Vertrautheit steigen. Vieles an dieser Phase ist befriedigend und gut, auch für die persönliche Entfaltungsmöglichkeit der Gruppenteilnehmer. Aber die Phase hat auch problematische Anteile und kann sich negativ entwickeln. Gerade weil das Platz-Suchen so beunruhigend und anstrengend ist, neigen Gruppen leicht dazu, vorschnelle Vertrautheit aufzusuchen und festzuschreiben, damit ja nichts und niemand mehr stören kann. Man definiert Übereinstimmung und leugnet Unterschiedlichkeit, weil das eben sicherer macht. Das "Wir" wird zur Norm. Individuelle Meinungen werden unterdrückt, Abweichungen von der Gruppennorm mit Ablehnung bestraft. Es wird Sicherheit und Zugehörigkeit angeboten, aber um den Preis der Aufgabe der Individualität. Dann kapselt sich die Gruppe auch gegen außen ab. Sie läßt nichts neues an sich heran, weil alles Neue als Störung der gewonnenen Einmütigkeit erlebt wird. Käme nun ein (e) „Neue (r)“, dann stieße er auf dieses eingespielte Selbstverständnis. Deshalb gilt vielfach unbewusst „Wer später kommt hat Unrecht“, er stört das erreichte Gleichgewicht und zwingt die Gruppe damit, Identitäts-, Macht- und Intimitätsprobleme erneut zu lösen. In vielen Betriebsgruppen, als Gast auf einer Party, selbst im Wartezimmer eines Arztes lässt sich dieses Phänomen beobachten bzw. erspüren. Als Neuer haben wir zunächst einen Außenseiterstatus. Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 07

Gruppenentwicklung IV Stadium der Differenzierung Positiv: „ Nicht alle über einen Kamm“ Balance zwischen Abgrenzung und Akzeptanz 4. Stadium der Differenzierung Wenn eine Gruppe die negativen Seiten der 'Vertrautheitsphase', das 'Sich-Abschließen', das 'Einigeln', die 'Selbstgenügsamkeit', das 'Glätten von Un-ebenheiten', das unerwünschte Solidarisieren bei Misserfolgen, mit Hilfe der Gruppenleitung durchschreiten kann, dann ist sie in der Lage, die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder gelten zu lassen. Uneinigkeit in der Gruppe ist insofern durchaus nicht stets ein schlechtes Zeichen. Die Mitglieder müssen nicht zwanghaft bemüht sein, das Mäntelchen eines vermeintlichen Gruppenkonsensus über alles Abweichende zu schlagen. Sie tolerieren, dass ihre Mitglieder unterschiedlich sind und denken. Dabei kann der Gruppenleiter helfen, indem er frühzeitig auf die Einsicht hinarbeitet, dass nicht alle Teilnehmer 'über einen Daumen zu scheren sind und Eigenständigkeiten erwünscht sind, ebenso Anregungen und Einflüsse von außen. Rollenwechsel innerhalb der Gruppe ist eine Möglichkeit der Gruppen-weiterentwicklung. Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 08

Gruppenentwicklung V Abschluss Stadium 5: Das Ende, der Abschluss Wenn die Gruppe von vornherein auf ein Ende hin angelegt war - womöglich noch mit Datum - dann ist die Abschlussphase kaum mit Problemen behaftet. Andernfalls reagieren Mitglieder auf sichtbare Auflösungstendenzen in der Gruppe durchaus ängstlich : trennungs- ängstlich. Günstigenfalls besteht eine Gruppe als Selbsthilfegruppe fort. Eine Selbsthilfegruppe kann die Stabilisierung geänderten Verhaltens gut unterstützen*. * Borgetto, B.(2004): Selbsthilfe und Gesundheit. Analysen, Forschungsergebnisse und Perspektiven. Bern,Göttingen, Toronto, Seattle Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 09

„Phasen in der zusammenfassenden Übersicht“ I Fremdheit II Phase der Platzfindung Aufgabenrollen Erhaltungs- und Aufbaurollen Störende Rollen III Vertrautheit "Wir-Phase" IV Differenzierung V Abschluss Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 10

Problemsicht der Arbeit mit Gruppen Druck Konformität Nivellierung von Binnenvariationen (Extrem-Meinungen) Zurückholen von Einzelgängern Leistungsschwache „gesunder“ Durchschnitt Nivellierungstendenzen Die Arbeit in Gruppen kann einzelne Teilnehmer stimulieren und bereichern. Sie kann allerdings unter ungünstigen Umständen auch Außenseiter erzeugen und Teilnehmer an den Rand drängen. Jede Gruppe übt einen gewissen Druck in Richtung Konformität aus. „Im Regelfall nivellieren Gruppen die Unterschiede zwischen den Meinungen und den Fähigkeiten ihrer Mitglieder.(...) Die Gruppe wäre gar nicht in der Lage, Sachverhalte zu bestimmen und damit das Selbstbildnis ihrer Angehörigen zu bestätigen, wenn sie die Binnen-variationen der in ihr vorkommenden Anschauungen und Leistungen nicht möglichst klein hielte. Daraus er­klärt sich die Richtung des Gesprächsflusses im Falle des Vorhandensein extremer Meinungen. Es kommt hier in der Tat darauf an, den Einzelgänger zurückzuholen, wobei man meistens bereit ist, ihm einige Konzessionen zu machen. Solange er auf seiner unpopulären Einzelmeinung beharrt, stellt er die Überzeugtheit der einzelnen Gruppenmitglieder in Frage. Er ist ein 'Ärgernis', das es zu beseitigen gilt. Dies geschieht entweder dadurch, daß er nachgibt, oder dadurch, daß ihn die Gruppe zunächst abkapselt und sogar eventuell ausstößt.“ (Hofstätter, P. R.; (90) S. 106 f) Die Gruppenmitglieder versuchen zum einen leistungsschwächere Gruppen-mitglieder auf das Niveau des gesunden Durchschnitts zu heben, zum anderen, Meinungen, Verhalten und auch Emotionen zu vereinheitlichen. Diejenigen, die wie das Gros der Gruppe fühlen und sich verhalten, können damit rechnen, von der Gruppe positive Bekräftigungen zu erhalten. Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 11

Problemsicht der Arbeit mit Gruppen Umgang mit Konflikten Ausschluss Allianz Unterwerfung Kompromiss (Mehrheits-Entscheidungen werden oft vom Vereinfachungsimperativ Integration Gruppengetragen) Leistungsschwäche von In kleineren Gruppen können ähnlich wie in größeren sozialen Gebilden Konkurrenzgefühle aufkommen „Wer setzt sich hier durch...“; Wünsche und Bedürfnisse unterschiedlich sein; „Das hatte ich mir eigentlich etwas anders vorgestellt...“, beliebte Rollen umkämpft werden; „Mal sehen wer letztendlich den Ton angibt...“. Hierin steckt ein Bodensatz, in dem Konflikte gut gedeihen. Konflikte äußern sich in Gruppen häufig in Form von Oppositionen gegen die Marschrichtung der Gruppe, in einem Wechselspiel sozusagen zwischen Majorität und Minorität. Wenn Konflikte schwelen, dann lassen sich hierfür oftmals Indikatoren erkennen: Die Mitglieder sind miteinander ungeduldig. Es bilden sich Cliquen. Ideen werden angegriffen, noch bevor sie ausgesprochen sind. Mitglieder greifen sich gegenseitig an: subtil und persönlich. Die Gruppe kann sich nicht einigen über Vorschläge und Vorgehensweisen. Die Teilnehmer klagen sich gegenseitig an, das eigentliche Problem nicht zu verstehen. Die Heftigkeit und Ungeduld im Argumentieren wächst. Widerspruch gegen die Gruppenleitung. Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 12

Die Gegebenheiten „Was ist unsere Situation?“ Gruppenprogramm Die Gegebenheiten „Was ist unsere Situation?“ Die Ziele „Was wollen wir?“ Der Plan „Wie erreichen wir unser Ziel?“ Die beteiligten Personen „Was können wir beitragen?“ Der Fortschritt „Wie weit sind wir schon gekommen?“ Das Ergebnis „Was haben wir erreicht?“ Schlußbemerkung Moderationsmethode in der Gruppenberatung Gruppenberatung ist methodisch offen - sie hat sich primär an der Problemlage und den Gruppenzielen zu orientieren. Immer dann wenn Ergebnisse nicht von vornherein festliegen, eignet sich die Moderationstechnik1 um Probleme zu sammeln, zu strukturieren und zu bewerten. Die Moderationsmethode impliziert ein Vorgehen, in dem die Teilnehmer nicht nur kognitive sondern auch soziale und interaktive Zugewinne verzeichnen sollen. Sie lebt - wie weiter hinten zu zeigen sein wird - von Fragen, Visualisierungen, Gruppenarbeit, Kreativitätstechniken, Diskussionen / Rund- 1 Die Moderationstechnik geht zurück auf die "Erfinder":Schnelle,W.:Stoltz,J.:Interaktionelles Lernen,Quickborn 1978; Kuhnt,B.; Müllert, N.R. Moderatonsfibel. Zukunftswerkstätten verstehen,anleiten,einsetzen. Münster,1996; 2 vgl. die Inhalte der Übungen. 13

Ende Beratungsformen Fachhochschule Münster, Fachbereich 08, Beratungslehre, WS, Prof. A. Merten 13