Kosmologie und Teilchenphysik

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Die Frage nach dem Leben, dem Universum
Advertisements

Michael Hammer: Das Standardmodell der Teilchenphysik
Bild 1.
Auf den Spuren der Elementarteilchen
Warum benötigen wir immer grössere Beschleuniger (wie den Large Hadron Collider LHC bei CERN/Genf)? Amand Fäßler, Tübingen.
Dunkle Energie – Ein kosmisches Raetsel Dunkle Energie- ein kosmisches Rätsel.
Konzept der Wechselwirkungen
“Physik am Samstagmorgen”
Vorlesung 5: Roter Faden: 1. Zeitentwicklung des Univ. (nach ART)
Die Urknalltheorie Einleitung Was besagt die Theorie?
Die Temperaturentwicklung des Universums
Der Urknall und seine Teilchen Die Temperaturentwicklung des Universums Marianne Ludwig
Physik jenseits des Standardmodells
18 Jan 2008 Kosmologie, WS07/08, Prof. W. de Boer 1 Vorlesung 10: Roter Faden: 1.Neutrino Hintergrundstrahlung 2. Neutrino Oszillationen-> Neutrino Massen.
Physik mit Teilchen, Kernen und Sternen Das Exzellenzcluster ‚Origin and Structure of the Universe‘ Prof. Stephan Paul.
Kilian Leßmeier Universität Bielefeld
Martin zur Nedden, HU Berlin 1 Physik an Hadron-Collidern, WS 2006/2007 Kap 1, Intermezzo: Beispiele von hadronischen Kollisions- Experimenten D0 am Tevatron.
Die Nukleon-Nukleon Wechselwirkung
Die Geschichte vom Anfang der Welt
Quark- und Gluonstruktur von Hadronen
Seminar WS 2003/04 RWTH: Neutrinos
G. Flügge, T. Hebbeker, K.Hoepfner, J. Mnich, W. Wallraff
Elementarteilchenphysik/Astroteilchenphysik Seminarthemen Organisation
Entdeckung des Myons und des Pions in der kosmischen Strahlung
Elementarteilchen aus dem Urknall
Der Urknall Beleg für die Urknalltheorie Der Urknall
Kern- und Teilchenphysik 2
- Die Elementarteilchen
Einführung Kern- und Teilchenphysik
Bestandteile des Kosmos
GUT, Inflation, erste Teilchen
Kernfusion in der Sonne
Hauptseminar Astroteilchenphysik – Kosmische Strahlung
Die ersten 3 Minuten - Elementenstehung im Urknall
Der Urknall und seine Teilchen
Das Higgs-Teilchen - Der letzte Baustein im Standard Modell
Die vier Fundamentalkräfte
Die vier Fundamentalkräfte
Die vier Fundamentalkräfte
Inhalt Gleichgewicht zwischen Gravitations- und Trägheitskräften auf Kreisbahnen Gravitation allein führt zum Verschmelzen aller Materie: „schwarze Löcher“
1. Physik der Elementarteilchen.
3. Was bringt die Zukunft ? Was ist spontane Symmetriebrechung?
Das magnetische Moment der Leptonen
Besuch im Teilchenzoo Claudia-Elisabeth Wulz Juli 2011
Die wichtigsten stabilen Teilchen
Die Entstehung des Universums
Galaxiencluster, dunkle Materie und der LHC. Dunkle Materie August 2006: NASA Finds Direct Proof of Dark Matter
European Masterclasses 2007 Teilchenbeschleuniger&Detektoren.
Entstehung des Universums
Titel: Elementarteilchen
Teil 7: Offene Fragen der Teilchenphysik
Teilchenphysik im Experiment
der Elementarteilchen
Galaxien, dunkle Materie und der LHC. Etwas fehlt Wie schnell sich ein Stern in einer Galaxie um das Galaxienzentrum dreht, seine Rotationsgeschwindigkeit,
WYP 2005 European Masterclass Das Standardmodell Standardmodell der Elementarteilchenphysik.
Die kosmische Hintergrundstrahlung
Aufbau der Materie Die Bilder stammen z. T. von verschiedenen PowerPoint-Präsentationen aus dem Internet. www-linux.gsi.de/~wolle/TELEKOLLEG/KERN/PPT/Materie.ppt.
Freitag, 28 September 2007 Prof. G. Dissertori
Teilchenphysik-Quiz Präsentationstitel, Autor.
Der Urknall und seine Teilchen
Workshop: Selbstbau einer Nebelkammer Barbara Valeriani-Kaminski
Schwere Eichbosonen Seminarvortrag im Rahmen des F-Praktikums
Auf der Suche nach den kleinsten Bausteinen
Standardmodell. 224 Was wissen wir bisher? Nukleonen bestehen aus (3) spin ½ Teilchen mit relativ geringer Masse.
Easy4Me - Lösungsvorschlag
Atome im Magnetfeld Magnetisches Moment
Standardmodell der Elementarteilchenphysik
Die fundamentalen Bausteine der Materie
Teilchenphysik-Quiz Präsentationstitel, Autor.
 Präsentation transkript:

Kosmologie und Teilchenphysik Astronomiefreifach HS 2002/2003 Stefan Leuthold

Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Fermionen und Bosonen Aus den Fermionen besteht die Materie: Quarks (up, down, ...) => Hadronen: Baryonen (qqq: Proton, Neutron) Mesonen (qq) Leptonen (Elektron e–, Neutrino n, ...) Bosonen vermitteln die Kräfte zwischen den Fermionen: Gluonen Starke Wechselwirkung W+, W–, Z0 Schwache Wechselwirkung Photonen Elektromagnetische Wechselwirkung Gravitonen Gravitation Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Fundamentale Teilchen: Fermionen ? Aufspaltung nach Art Quarks Leptonen 2/3 - 1/3 - 1 Aufspaltung nach Ladung up down Elektron e Neutrino n Familie up charm top down strange bottom Elektron Müon Tauon ne nm nt Teilchen Antiteilchen u u c c t t d d s s b b e e m m t t ne ne nm nm nt nt Eingekreist ist die elektrische Ladung des Teilchens in Einheiten der Elementarladung e = 1,60218 · 10–19 Coulomb. Alle Teilchen einer Familie haben dieselbe elektrische Ladung, aber unterschiedliche Massen, Teilchen und Antiteilchen haben gleiche Masse, aber entgegengesetzte elektrische Ladung. Das Antiteilchen des Elektrons heisst Positron, oft schreibt man e– und e+. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Zusammengesetzte Teilchen Hadronen Baryonen Mesonen qqq qq Proton: uud Neutron: udd π+ : ud «Pion» K+ : us «Kaon» qqq: Antibaryonen Hadronen sind Teilchen, welche aus Quarks bestehen und durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten werden (Hadronen heisst «die Starken» auf griechisch, Wechselwirkungen siehe nächste Folie). Baryonen bestehen aus drei Quarks, Mesonen aus einem Quark und einem Antiquark. Das Proton mit Ladung 1 besteht zum Beispiel aus zwei up-Quarks und einem down-Quark. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Fundamentale Teilchen: Bosonen Fermionen wechselwirken untereinander über die sogenannten Austauschteilchen oder Bosonen. Wechselwirkung betroffene Teilchen Bosonen Gravitation Elektromagnetische Wechselwirkung Starke Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung 8 Gluonen g W+, W–, Z0 Photonen g Gravitonen Hadronen (linkshändige Komponenten der) Fermionen elektrisch geladene Teilchen Teilchen mit Masse Reichweite ≤ 1 fm 10-3 fm ∞ Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Grössenverhältnisse Atom Kern Proton Kern Quarks Protonen und Neutronen 10-10 m 10-14 m 10-15 m Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Elementarteilchenfamilien Ladung 1. Familie 2. Familie 3. Familie 4. Familie 5. Familie 6. Familie 1 Quarks 2/3 up charm top ? ? ? 1/3 neutrale Leptonen ne  nt ? ? ? –1/3 down strange bottom ? ? ? Quarks –2/3 geladene Leptonen –1 e– m– – ? ? ? Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Bemerkungen zu Teilchenfamilien Isidor Rabi (Nobelpreis) zur Entdeckung des Myons: «Wer hat denn das bestellt?» – es ist überhaupt (noch) nicht klar, weshalb es genau diese Teilchenfamilien gibt. Das Universum würde anders aussehen, wenn es mehr oder weniger Teilchenfamilien gäbe, als es tatsächlich gibt (Argument später) Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Linearbeschleuniger: HF-Kavität + – e– Hochfrequenzkavität Werden Elektronen auf einer Gerade beschleunigt, benötigt man umso längere Röhren, je grösser die Endgeschwindigkeit (und damit die Energie in Experimenten) sein soll. Deshalb ist man auf die Idee mit den Kreisbeschleunigern gekommen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Kreisbeschleuniger: Zyklotron Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Kreisbeschleuniger: Synchrotron. Ein elektrisches Feld wird zum Beschleunigen der Teilchen benutzt, ein Magnetfeld hält die Teilchen auf der Kreisbahn. Da die Teilchen bei jedem Umlauf schenller werden, müssen E-Feld und B-Feld synchron hochgeschraubt werden, damit die Teilchen nicht aus dem Beschleuniger fliegen – deshalb der Name Synchrotron. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Geschichtliches über Beschleuniger Ernest Lawrence: Erstes Zyklotron, 1930. Energie: 80‘000 eV, Durchmesser: 32 Inches Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Tevatron am Fermilab, Chicago. Bestes Zyklontron Energie: Etwa 2000 GeV Durchmesser: 4 Meilen Interessante Maßstäbe... Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Energien im Labor und im Urknall Teilchenbeschleuniger-Experimente finden mit immer besseren Beschleunigern bei immer höheren Energien statt. Bereits mit niederenergetischen Linear-beschleunigern bekommen die Teilchen Energien, welche vergleichbar sind mit den Energien bei der Entstehung der Kerne (sogenannte «Nukleosynthese») gemäss der Urknalltheorie (≈ 1 Minute nach dem Urknall). (Eine Energie entspricht einer Temperatur.) Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Vereinigung der Wechselwirkungen Starke Wechselwirkung Grand Unified Theory (GUT) Schwache Wechselwirkung Theory of Everything (TOE) Elektroschwache Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Gravitation niedrige Energie 100 1015 1019 hohe Energie E/GeV Bei genügend hohen Energien vereinigen sich die fundamentalen Wechselwirkungen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Kosmologischer Beschleuniger? Teilchenbeschleuniger-Energien entsprechen natürlich auch den Energien des Universums wenige Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall: 10–10 Sekunden <=> 100 GeV (CERN, Vereinigung elektromagnetische und schwache Wechselwirkung. Ein Beschleuniger, der an die GUT herankommt, bräuchte man Platz bis zu den nächsten Sternen, ein TEO-Beschleuniger würde die gesamte Milchstrasse füllen. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Repetition Teilchenphysik Elementarteilchenfamilien Schritt von der Kosmologie zur Teilchenphysik Nukleosynthese: Limit Anzahl Teilchenfamilien Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Nukleosynthese nach dem Urknall Etwa eine Sekunde nach dem Urknall, bei einer Temperatur von etwa 1013 K findet die Nukleosynthese statt: Protonen und Neutronen schliessen sich zu Kernen zusammen (vorher zu heiss). Diese Temperaturen entsprechen Energien von Linearbeschleunigern. Mikrowellenhintergrund liefert Daten über Zeit nach Entkopplung von Strahlung und Materie (etwa 100‘000 Jahre nach Urknall) nach der letzten Streuung von Photonen an Elektronen bei einer Temperatur von 3000 K. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Urknalluntersuchung im Labor Annahme: Während der Nukleosynthese ist die Materie als Nukleonengas behandelbar. Nukleonengas: Protonen werden in Neutronen, Neutronen in Protonen umgewandelt (Stösse mit Elektronen, Positronen, Neutrinos und Antineutrinos). Bei sinkenden Gastemperaturen wird plötzlich ein Überschuss an Protonen entstehen, da das Neutron ein wenig schwerer ist als das Proton und deshalb leichter umgewandelt wird. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Urknalluntersuchung im Labor |2 Berechnung: Bei 109 K beträgt das Verhältnis Neutronen zu Protonen etwa 1:7. Temperatur nun kalt genug für Entstehung von Deuterium (Proton-Neutron-Kern). Reaktion von Deuterium mit anderen Protonen und Neutronen => Entstehung Tritium (1 p, 2n), He-3 (2 p, 1 n) => Entstehung He-4 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Urknalluntersuchung im Labor |3 He-4 Bindungsenergie sehr hoch => Häufigkeit von He-4 gross Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Berechnung der Häufigkeit von He-4 Häufigste Verbindung von Protonen und Neutronen ist He-4 (vorangehende Graphik). Nach He-4 gibt es praktisch keine stabilen Kerne mehr: Die restlichen Elemente sind in Sternen entstanden. => He-4 sollte etwa 25% der gewöhnlichen Materie ausmachen. 2 Neutronen 14 Protonen 1/4 3/4 Wasserstoffwolken => Sternentstehung => Entstehung der schwereren Elemente durch Kernfusion He-4 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Häufigkeiten/Anzahl Teilchenfamilien Die Häufigkeit der Teilchenarten (wie He-4) hängt ab von Nukleonendichte und Strahlungs-dichte im Weltall. Nun berechnet man die Häufigkeiten bestimmter Elemente in Abhängigkeit von der Nukleonendichte und vergleicht diese mit den aktuellen Messungen (nächste Folie). Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Heutige Nukleonendichte He-4 Messungen Massen- anteil 10–1 10–3 He-3 Messungen 10–5 D Messungen He-3 Li-7 10–7 10–9 Li-7 Messungen 10–11 Beste Schätzung D heutige Nukleonendichte (g/cm3) 10–32 10–31 10–30 10–29 10–28 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Nukleonen- und Strahlungsdichte Die Strahlungsdichte beeinflusste vor allem Expansionsgeschwindigkeit des Universums. Sie ist proportional zur Anzahl der Strahlungs-arten. => Strahlungsdichte proportional zur Anzahl der Teilchen mit Geschwindigkeit ≈ c. Neun Strahlungs-Teilchenarten beim Urknall: , e–, e+, ne, nm, n, ne, nm, n Betrachte Nukleondichte in Abhängigkeit der Teilchenarten (nächste Folie). Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Nukleonen- und Strahlungsdichte |2 He-4 He-4 Messungen Massen- anteil 10–1 4 3 2 10–3 He-3 Messungen 10–5 D Messungen He-3 Li-7 10–7 10–9 Li-7 Messungen Eingekreiste Zahlen: Anzahl Neutrinoarten 10–11 Beste Schätzung D heutige Nukleonendichte (g/cm3) 10–32 10–31 10–30 10–29 10–28 Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Nukleonen- und Strahlungsdichte |3 Vorangehende Graphik zeigt die Nukleonendichte aufgespalten nach der Strahlungsdichte in Abhängigkeit der Anzahl Neutrinoarten. Die Beobachtungen stimmen also mit den Berechnungen überein, wenn es nicht mehr als vier Neutrinoarten gibt, und damit auch nicht mehr als vier Teilchenfamilien. Bereits eine vierte Teilchenfamilie würde eine He-4-Häufigkeit ergeben, welche knapp überhalb der Beobachtungen liegt. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.

Kosmologie ist schön. Astronomiefreifach - Kosmologie und Teilchenphysik.