30.04./01.05.2009 H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 1 Horst Noack Universitätslehrgang Public Health Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie.

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30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 1 Horst Noack Universitätslehrgang Public Health Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie Medizinische Universität Graz Modul C Grundlagen der Organisations- und Management- wissenschaften im Gesundheitssektor – Theorie des Gesundheitssystems Universitätslehrgang Public Health WBZ Schloss Hofen

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 2 ZIELE Strategien, Methoden und Erkenntnisse der System- analyse, Organisationsentwicklung, Steuerung und Prozessgestaltung im Gesundheitssektor: - Stärken, Schwächen, Mythen - Theorie des Gesundheitssystems - Bedarfsgerechte Krankenversorgung - „Gesunde“ Gesundheitspolitik UPH Modul C: Grundlagen der System-, Organisations- und Managementwissenschaften

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 3 Do Fr : : – Stärken, Schwächen, Mythen 08:30 – 10: – Bedarfsgerechte Versorgung 18: : – Theorie des Gesundheitssytems 10:30 – 12: – „Gesunde“ Gesundheitspolítik UPH Schloss Hofen Modul C. Modul C. Grundlagen der System-, Organisations- und Managementwissenschaften im Gesundheitssektor

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 4 PUBLIC HEALTH heute (Bevölkerungsweite Gesundheitsförderung und Krankenversorgung) Gemeinschaftliches Handeln mit dem Ziel einer bevölkerungsweiten Verbesserung der Gesundheit Public health is the “collective action for sustained population-wide health improvement” (Beaglehole et al. 2004)

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems ÖFFENTLICHE HYGIENE  GESUNDHEITSÖKOLOGIE ÖFFENTLICHE HYGIENE  GESUNDHEITSÖKOLOGIE Public Health im Wandel (Öffentliche Gesundheitsförderung) ( ( NEW) PUBLIC HEALTH GESUNDHEITSWISSENSCHAFTEN – GESUNDHEITSFÖRDERUNG GESUNDHEITSSYSTEMWISSENSCHAFTEN VERSORGUNGSWISSENSCHAFTEN Fakultät für Gesundheitswissenschaften Bielefeld Universitätslehrgang Public Health KLINISCHE MEDIZIN RISIKOFAKTORENMEDIZIN PRÄVENTION / KURATION / PALLIATION

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 6 Gesundheitswesen oder Gesundheitssystem? Anstelle des Begriffs Gesundheitswesen wird im wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs immer häufiger der Begriff Gesundheitssystem verwendet. – Ein Indiz für die Verwissenschaftlichung des Feldes? Die Wissenschaft(en) von der Bevölkerungsgesundheit und dem Gesundheitssystem (Gesundheits- und Gesundheits- system- oder Versorgungswissen-schaften) verwenden heute ein gemeinsames Begriffsrepertoir und, das sich heute in einer Art Rahmentheorie zusammenfassen lässt. Diese umfasst zwei unterschiedlich homogene Teilgebiete.

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 7 Teilgebiete einer Rahmentheorie des Gesundheitssystems Beschreibung und Erklärung der gesellschaftlichen und bevölkerungsweiten Entwicklung und Verbreitung von Gesundheits- und Krankheits- phänomenen (Epidemiologie, Gesundheits- soziologie, Anthropologie); Beschreibung und Begründung von Interventionen, Strategien und Politiken, die auf die Erhaltung und Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit gerichtet sind (Klinische Medizin und Psychologie, Prävention, Gesundheitsförderung, Gesundheitspolitik).

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 8 Weiter Gesundheitssystembegriff Öffentlich- keitsbegriff Gesundheitsbegriff exklusiv/ negativ KRANKHEIT (pathogenetische Perspektive) inklusiv/ positiv GESUNDHEIT (salutogenetische Perspektive) Soziale Einheiten Enge Perspektive Public health medicine Weite Perspektive Comprehensive public health individuelle Personen Individuelle Kranken- versorgung Individuelles Gesund- heitsmanagement Source: Noack 2005, Van der Maesen 1994 ? Weniger kranheitsbelastete Menschen ? Eine gesündere Bevölkerung ?

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 9 Akteure im Gesundheitssystem Nutzer (user) Politische Akteure (politics) Leistungs- erbringer (service provider) Kosten- träger (payer)

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 10 Was ist ein System (1) (Lexikon zur Soziologie, 1988) System: eine Menge von untereinander abhängigen Elementen und Beziehungen. –Veränderungen einzelner Systemelemente wirken direkt oder indirekt auf andere. Systemveränderungen folgen einer Struktur, die durch das Prinzip der Systemerhaltung oder des Systemgleichgewichts bestimmt ist.

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 11 Was ist ein System (2) (Lexikon zur Soziologie 1988) Autonomes System: soziales S. (z.B. eine Organisation) das sein Verhalten selbst bestimmen kann. (Dazu braucht es Kapazitäten zur Selbststeuerung. Gegenbegriff: abhängiges System) Selbstregulierendes (kybernetisches) S.: besitzt die Fähigkeit, durch Rückkoppelungsmechanismen auf interne und externe Einflüsse so zu reagieren, dass ein dynamischer Gleichgewichtszustand resultiert. Zielgerichtetes System: S., das sich auf einen gewünschten zukünftigen Zustand hin orientiert.

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 12 Was ist ein Gesundheitssystem (1) (Schwartz et al.: Public Health, 2003) … Zusammenschluss organisierten gesell- schaftlichen Handelns als Antwort auf das Auftreten von Krankheit und Behinderung zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren… –Im engen Verständnis … ein System von Maßnahmen und Einrichtungen gesundheits- bezogener Dienstleistungen wie ärztliche Hilfe oder nicht-ärztliche ambulante und stationäre Versorgung, einschließlich Arznei-, Heil- und Hilfsmittelversorgung sowie deren Organisation, Finanzierung und Erbringung.

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 13 Gesundheitssystem (2) (Schwartz et al.: Public Health, 2003) Unter einem erweiterten Gesundheitsbegriff … zahlreiche vor- und versorgende Tätigkeiten des Staates und der Wirtschaft. Unter einem Public-Health-orientierten Gesund- heitsbegriff…mehr als ein personalgeprägter Dienstleistungssektor.

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 14 Rahmentheorie: Gesundheitsentwicklung und Systemsteuerung/-intervention Gesundheitsentwicklung Gesundheitsbilanz Verteilung und Trends von Gesundheit Gesundheitsentwicklung/ Krankheitsentwicklung (Salutogenese, Pathogenese ) Einflussfaktoren (Gesundheits- determinanten/Risikofaktoren) Wechselwirkungen/Rückwirkungen (Interaktion/Feedback) Gesundheitsergebnisse (Health outcome) Nachhaltige Verbesserung/ Verschlechterung von Gesundheit Systemintervention Zielsystem/Zielfeld Gesellschaft/ Bevölkerung/ Gemeinde/Organisation/ Netzwerk/Gruppe Strategien/Maßnahmen Politische, soziale, präventive, therapeutische, pflegerische Interventionen: Bedarf, Zugang, Qualität, Partizipation ) Wirkungen/Ergebnisse (Output, Health outcome) Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Nebenfolgen Rahmenbedingungen (Kontext) Historischer und gesellschaftlich Kontext: Ökologischer, ökonomischer, soziokultureller und politischer Raum Gesundheitsparadigma/Krankheitsparadigma

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 15 Gesund- heit Gesundheitsdeterminanten Förderung Gesundheits- entwicklung (Salutogenese) Verringerung Krankheits- entwicklung (Pathogenese ) Krankenversorgung Wirtschaftl.Sicherheit Soziale Bindungen Kollektives Verhalten Werte, Regeln, Bildung Psychosoziale Ressourcen Gesundheitspolitik Gesundheitsförderung Gesundheitskompetenz ? Soziale Ungleichheit, Wechselwirkungen ?

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 16

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 17 Kranken- haus ndgl. ÄrztIn HKP MTD Apotheken etc. Formelle/Professionelle Systeme Informelle Systeme / Laiensysteme Intramural PatientIn Nachbarn Verwandte Freunde Selbsthilfe- gruppen etc. Extramural / Primary Health Care Gesundheitssystem = Krankenversorgungs- system (enger Systembegriff) soziale Netzwerke Soz. Dienste Pelikan 1999

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 18  Gerechtigkeit  Gesundheit  Nachhaltigkeit  Patientenorientierung  Partizipation  Finanzierbarkeit  … Wachsender Wertekonsens ? Source: Adapted from: Laaser, U., D. Donev, V. Bjegovic, Y. Sarolli (2002) Public Health and Peace (editorial). CMJ 43/2:

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 19 Steuerungsstrategie („Policy“): Politik-Zyklus ( Public health action cycle) 1 ANALYSE 2 PLANUNG 3 UMSETZUNG 4 EVALUATION Institute of Medicine, PUBLlC HEALTH – KONTEXT PUBLlC HEALTH - KONTEXT Identifikation kollektiver Gesundheitsprobleme und Problemursachen Vereinbarung von Zielen, Maßnahmen und Handlungsstrategien Management unfassender Gesundheitsstrategien und Qualitätssicherung Überprüfung der Zielerreichung und Kommunikation der Ergebnisse

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 20 Theorie der Gesundheitsystemsteuerung (Entwurf) Steuerungsziele/-ergebnisse Wirksamkeit: – Gesundheitspotential, – Gesundheitsgewinn/-verlust Wirtschaftlichkeit: – Kostenentwicklung – Kosten-Wirksamkeit Nachhaltigkeit: –Intragenerationale/intergener- ationale Wirksamkeit – Strukturelle Verankerung Steuerungsebene – supranational/national (Makro) – Regional (Meso) – Lokal (Mikro) – Mehrebensteuerung Akteure – Politik – Kostenträger – Leistungsanbieter – Nutzer Steuerungsmedien – Recht, Gesetz – Geld – Verträge – Leistungsangebote – etc. Steuerung („Policies“) – Komplexe Vielfachsteuerung – Koordinierung der Versorgung – „Gesunde Gesamtpolitik“ (Health in All Policies/HiAP) – etc.

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 21 G esellschafts- und gesundheitspolitische Steuerungsmedien und -faktoren Verträge mit substaat- lichen Akteuren Leistungsangebote (Versorgung, Förderung) Information, Wissen/ Qualifikation, Schulung Steuerungs- ziele Komplexe Systeme erfordern komplexe Steuerungsstrategien. Komplexe Vielfachsteuerung ohne verbindliche Zielvereinbarungen kann die Probleme moderner Gesundheitssysteme nicht lösen. Geld (Anreizsysteme) Überzeugungen/ Interessen In Anlehnung an Rosenbrock und Gerlinger 2006 Recht, Gesetz (Staatliche Macht)

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 22 Rahmentheorie der Systemsteuerung Voraussetzungen Ziele -Gesundheit-/-Krankheit (Paradigma) -Bedarf (subjektiv/objektiv) Leistungsstruktur/-kultur -Qualität (Struktur, Prozess, Ergebnis) -Angebote (Versorgung, Förderung) -Zugang (Kosten, „Komm-/Bring-Prinzip“) -Kooperation (Verträge, Partnerschaften) -Capacity building: Ausbildung, Forschung, System-entwicklung Finanzierung -Mix (Steuer-Versicherungs-Privat) -Einzel-/Pauschalleistungen (Leistungs- pakete, LKF) Partizipation -Nutzekompetenz (Selbst-/Fremdhilfe) -Empowerment (Versorgungskultur) -Professionelle Unterstützung (Beratung, Schulung) Wirkung und Ergebnisse Wirksamkeit (Effektivität) -Gesundheitspotential (Selbsthilfe) -Gesundheitsgewinn/-verlust (Wohlbefinden, Autonomie, Betreuungsbedarf) Über- /Unter/Fehlversorgung Wirtschaftlichkeit (Effizienz) -Kostenentwicklung (Steigerung, Gleichstand) -Kosten-Wirksamkeit (Balance Über-/ Unterversorgung, „Return of investment“: Investition, Konsum) Nachhaltigkeit -Intrapersonale/-intragenerationale/ intergenerationale Wirksamkeit (ohne weitere Aktivitäten, Kosten) -Strukturelle Verankerung (Werte, Wissen, Kompetenzen, Organisation, Netzwerke: „Selbstläufer- Effekt“) Rahmenbedingungen (Kontext) Tradition, Lebenskultur Chancengerechtigkeit Politische Willensbildung Gesetze, Regulierung

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 23 Szenario 1: Optimierung des Status quo (kurzfristig) Maßnahmen Ziele -Gesundheit/Krankheit: Krankheitsparadigma, -Bedarfsorientierung: anbieterabhängig Leistungsstruktur -Qualität: anbieterabhängig, Empfehlungen -Angebote: demografiebezogene Anpassung der Strukturpläne? angebotsorientierte Steuerung, Vor(Nach?)sorge neu, Interventionen?, Aufbau Monitoring-System -Zugang: Komm-Prinzip -Kooperation, Capacity building : offen Finanzierung -Mix: Versicherung, Steuer, Privat: je nach Land -Einzel-/Pauschalleistungen: ambulant überwiegend Einzelleistungsvergütung, stationär LKF (Diagnosebezug) Partizipation -Nutzerkompetenz: abhängig von Bildung und Krankheitserfahrung -Empowerment: eher gering, anbieterabhängig -Professionelle Unterstützung: anbieterabhängig Wirkung und Ergebnisse Wirksamkeit (Effektivität ) -Gesundheitspotentiale: mögliche Zunahme bei erfolgreicher Behandlung hauptsächlich akuter Störungen, geringe bis marginale -Gesundheitsgewinne/-verluste: große Gewinne bei erfolgreicher Behandlung akuter Probleme (z.B. Unfallchirurgie, geringe bis marginale Gewinne bei chronischen Verläufen, Verluste durch noso- komiale Infektionen, geringe Balance von Über-/ Unterversorgung, unveränderte Fehlversorgung. Wirtschaftlichkeit (Effizienz ) -Kostenentwicklung: wahrscheinlich weitere, etwas geringer werdende Zunahme der Inan- spruchnahme (insbesondere Spitalsbereich) und der Kostensteigerung -Kosten-Wirksamkeit: gute bis geringe Effizienz bei heilbaren Störungen, Return of investment“: wahrscheinlich bei heilbaren Verläufen Nachhaltigkeit -Intrapersonal/intragenerational: positiv bei heilbaren Verläufen, sonst gering bis sehr gering Rahmenbedingungen (Kontext) Tradition, Lebenskultur Chancengerechtigkeit: finanzielle Entlastung einkommensschwacher Gruppen (Zuzahlungen) Gesetze: komplexe Vielfachsteuerung Politische Willensbildung: länderspezifisch, überwiegend versorgungsbezogen

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 24 Optimierung des Status quo Komplexe Vielfachsteuerung optimiert Wirk- samkeit, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit relativ wenig: geringe Kostendämpfung geringe Beeinflussung von Über-, Unter-, Fehlversorgung fehlende verbindliche Steuerungsziele schwache Steuerungsinstrumentente

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 25 Globalisierungsthese (Modernisierung 1) Das heutige Gesundheitssystem ist Produkt der „Industriemoderne“. Hauptmerkmale: –Rationalisierung, Technisierung, Funktionale Differenzierung (Spezialisierung), wissenschaftlich-technischer Fortschrittsglaube, Globalisierung des Wissens –Mengensteigerung, Beschleunigung (Technik, soziale Welt, Leben), Entstehung globaler Risiken (ökologische Krise, Wirtschaftskrise, Terrorismus)

30.04./ H. Noack C 1.2 Theorie des Gesundheitssystems 26 Globalisierungsthese (Modernisierung 2) Die zukünftige Entwicklung des Gesundheits- systems vollzieht sich im Kontext globaler, regionaler (EU) und nationaler Rahmen- bedingungen („Zweite, reflexive Moderne“, „Mehrmoderne“): –Parallelität von Wissen und Nicht-Wissen (Konsequenzen der Wirtschaftskrise, Gentechnologie, des Klimawandels, der Atomtechnologie, des Terrorismus) –„Bewältigung“ von globaler Risiken und deren gesundheitlichen Konsequenzen („Weltrisiko- gesellschaft“), Fortschrittsoptimismus oder Fortschrittspessimismus?, Zukunft des Vorsorge-/ Versorgungsstaates)