Die Hartz-IV-Reform des Arbeitsmarktes –

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Was hat das mit LIONS zu tun ?
Advertisements

... für alle, die mal Ihren IQ testen wollen!
Glück In der deutschen Sprache wird der Begriff "Glück" in zwei sehr unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht: Glück im Sinne von: „Glück haben" Glück.
Einfach Rauchfrei |.
Interview mit der Tell Familie
Staatsfinanzen und Steuern aktualisiert März 2010
Politischer Liberalismus
Grundkurs praktische Philosophie 10
Theodizee-Problem – die atheistische Anfrage
Wirtschaft Technologie Umwelt Vorstand Wilfried Kurtzke Konjunktur: Aufschwung ohne breite Grundlage Einkommen, Nachfrage, Arbeitsplätze Kollektive Arbeitszeitverkürzung.
Arbeitsmarktreformen
Was Anfangs nur eine Idee war wurde am zur Wirklichkeit !! Doch welchen Namen sollte der Clan tragen? Der Name sollte etwas ausdrücken !
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen!?
Wort des Lebens Juli 2010 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte.
Bilder Strimmer Roland
FunFriends www. FunFriends.de Neujahrsvorsätze Alle Jahre wieder...
“Ein Genius verabschiedet sich”
Wolfgang´s Powerpoint Präsentation Ein Hundeleben.
Nach einer Idee von Dottore El Cidre
Wie viel Markt verträgt der Mensch ?
Der Schlüssel zum Glück.
Paradoxe unserer Zeit.
Wort des Lebens Dezember
Bald ist Weihnacht, wie freuen wir uns drauf. Die Politik macht Gesetze und räumt erstmal auf. Eine Kopfpauschale, die Unternehmer springen vor Freude.
Die 5 schwierigen Fragen
Referat von Xiaoyan Yang
Das MÄNNERMANIFEST (ein für alle Mal!)
Da ist was dran ! Michael war so eine Art Typ, der dich wirklich wahnsinnig machen konnte. Es war immer guter Laune und hatte immer was positives zu sagen.
Was ist Erfolg. Text aus : www. gott-in-dir
Da ist was dran ! Michael war so eine Art Typ,
Lebensmotto: DAS LEBEN LIEBEN - DIE LIEBE LEBEN
6. Text und Konversationsmaximen
Geniesse das Leben, denn es ist das Einzige, das du hast !!!
Das Leben.
Geniesse das Leben, denn es ist das Einzige, das du hast !!!
Heute schenke ich Dir den Schlüssel zum Glück. Das ist ein Schlüssel, den Du vielleicht vergessen oder verloren hast? Wie auch immer, ich wünsche, dass.
Mann kann alles richtig machen und doch das Wichtigste versäumen
Wichtige Lebensweisheiten es lohnt sich sie zu lesen
Umbau des Sozialstaats in der Krise Impulsreferat
Schicke dieses Herz an allen, die du in 2011 nicht verlieren möchtest
MODAL-PARTIKELN.
Projekt: Schüler verbessern ihren Unterricht
Sind Sie intelligent ? Diese Frage ist wichtig (da man ja denkt, dass man intelligenter ist als der Idiot von einem Nachbarn) Hier nun vier Fragen, die.
Abschließende Statements und Schlusswort 1 Öffentlich geförderter Beschäftigungssektor - Programm der Linken in Halle bearbeitet durch den.
Überfluss und Überdruss
Zur ökonomischen Situation der Frauen in Österreich Gudrun Biffl
Management, Führung & Kommunikation
Da ist was dran!.
Da ist was dran! „Wenn es mir besser gehen würde,
Euro-Mindestkurs Beitrag 1 Beitrag 2 Beitrag 3 Beitrag 4
Infinitiv + zu Infinitiv mit zu: Infinitiv ohne zu:
Arbeitsmarktreformen
Lebensmotto: DAS LEBEN LIEBEN -
Gabriel Garcia Marquez
E r f a h r u n g e n.
Du brauchst einen Freund …
Volkswirtschaftslehre studieren
Eine einfache Rechnung Mit beeindruckendem Ergebnis.
Kann Politik ehrlich sein? D‘ Sunne schiint für alli Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
"Und wieso macht du das?" Wie kommen Antike, Mittelalter und Frühe Neuzeit aus der Revanzfalle?
Zuversicht in CHRISTUS 11: Anwendung Teil 1: „halb“ voll.
Gedanken G.W
Heute schenke ich Dir den Schlüssel zum Glück. Das ist ein Schlüssel, den Du vielleicht vergessen oder verloren hast? Wie auch immer, ich wünsche, dass.
Mit denen wir gemeinsam Die Achterbahn des Lebens fahren
Inklusionsbarometer 2016 Zahlen & Fakten (beruhend auf dem vierten Inklusionsbarometer der Aktion Mensch (Komplette Studie:
Da ist was dran ! Michael war so eine Art Typ,
 Präsentation transkript:

Die Hartz-IV-Reform des Arbeitsmarktes – Viel Lärm um Nichts oder Hartz IV und das Leben Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

1. Einleitung Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

Paradoxon Nummer 1 (wohlbekannt): 1. Einleitung Paradoxon Nummer 1 (wohlbekannt): Politisch links orientierte Regierungen sind sparsam Konservative Regierungen geben Gelder großzügig aus Paradoxon Nummer 2 (neu!): Die Sozialdemokraten beuten ihre eigene Klientel aus Hartz Reformen scheinen zutiefst arbeitnehmerfeindlich Die zentrale Frage: Wie absurd kann Politik sein? Oder: Waren die Hartz Reformen geniale arbeitnehmerfreundliche Reformen? Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

Es machten sich auf die Suche: Dr. Andrey Launov, Irene Schumm und ich 1. Einleitung Es machten sich auf die Suche: Dr. Andrey Launov, Irene Schumm und ich Wir suchten nach der Gerechtigkeit in den Hartz IV Reformen … … und wurden: überrascht – und enttäuscht Überrascht: Arbeitnehmer gewinnen und Unternehmen verlieren Enttäuscht: Langzeitarbeitslose ohne Stellenchancen verlieren Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

2) Die Hartz-IV-Reform in Kürze 3) Auf der Suche nach Gerechtigkeit 1. Einleitung Der Plan: 2) Die Hartz-IV-Reform in Kürze 3) Auf der Suche nach Gerechtigkeit 4) Die Ergebnisse: Gerechtigkeit und Effizienz – von allem nicht viel 5) Jenseits von Hartz IV: Progressive Sozialversicherungsabgaben 6) Anstelle einer Zusammenfassung: Auf der Suche nach Erkenntnis und Glück Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

2. Die Hartz-IV-Reform in Kürze Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

2. Die Hartz-IV-Reform in Kürze Nettolohn Arbeitslosengeld Arbeitslosenhilfe t0 t0 + Anspruchsdauer Zeit Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

2. Die Hartz-IV-Reform in Kürze Nettolohn Arbeitslosengeld I Arbeitslosengeld II Hartz IV t0 t0 + Anspruchsdauer Zeit Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

2. Die Hartz-IV-Reform in Kürze Reduktion um 7% von 12,2 auf 10,9 Monate Nettolohn Arbeitslosengeld I (a) Arbeitslosengeld II (b) Hartz IV t0 t0 + Anspruchsdauer Zeit Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

3. Auf der Suche nach Gerechtigkeit Gerechtigkeit ist die einzig moralisch vertretbare Grundhaltung in einer globalisierten Welt Aber was ist Gerechtigkeit? Gleichheit! Und was ist Gleichheit? „Equality of what?“ Gleichheit von Wohlergehen? von Einkommen? von Chancen? Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

3. Auf der Suche nach Gerechtigkeit Gleichheit von Wohlergehen? Am schwierigsten – aber vielleicht der Idealzustand Schwierig zu entscheiden, was mit Champagnersüchtigen zu tun ist Gleichheit von Einkommen? Nicht so nah am Idealzustand Wie berücksichtigt man Krankheiten, eine Allergie, eine Behinderung? Gleichheit von Chancen? Schöne Idee: Freiheit und Verantwortung wird betont Praktisch: moralisch verbrämte Gleichgültigkeit Chancengleichheit zweier Menschen besteht zu keinem Lebenszeitpunkt Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

3. Auf der Suche nach Gerechtigkeit Was ist nun das Gerechtigkeitskriterium, dem eine Reform genügen muß? Sicher ist: Umso weniger wir wissen, umso besser können wir diskutieren. Reduziert man das Ansehen eines Menschen auf seine ökonomische Leistungsfähigkeit, dann ist das Ende einer humanen Gesellschaft erreicht. Intuitives Kriterium: Werden alle Beteiligten „angemessen berücksichtigt“? In diesem Sinn: Die Hartz-IV-Reformen sind gerecht in einem gewissen Sinn und Ausdruck schreiender Ungerechtigkeit in einem anderen. … da war noch was: auch Effizienz wird berücksichtigt Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

4. Die Ergebnisse: Gerechtigkeit und Effizienz - von allem nicht viel Unsere Effizienzergebnisse: Arbeitslosenquote ist 10,3% statt 10,6% in 2008 Arbeitslosigkeit sinkt um gerade mal 0,3% - viel Lärm um Nichts Größte Überraschung bei Verteilungsfrage: Gruppe der Arbeitnehmer als Ganzes gewinnt (als Ganzes heißt Beschäftigte, Kurz- und Langzeitarbeitslose zusammen) Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

4. Die Ergebnisse: Gerechtigkeit und Effizienz - von allem nicht viel Wie kommt es zu diesem Gewinn für Arbeitnehmer? Reform  verstärkte Suchintensität  schnellere Stellenbesetzung  mehr freie Stellen  Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer steigt  höherer Nettolohn Verbessert dies auch die Situation von Kurzzeitarbeitslosen? Nicht aktuell, aber bald, d.h. wenn eine Stelle gefunden wird Im Schnitt: ja Verbessert dies auch die Situation von Langzeitarbeitslosen? Sofortige Verschlechterung, aber vielleicht Verbesserung in Zukunft Langzeitarbeitslose mit geringen Erfolgsaussichten verlieren Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

4. Die Ergebnisse: Gerechtigkeit und Effizienz - von allem nicht viel Was passiert mit Unternehmergewinnen? Sie sinken! Ist das ein glaubwürdiges Ergebnis? Unternehmer vergessen „allgemeine Gleichgewichtseffekte“ Verstärkte Stellensuche der Arbeitslosen  Bessere Verhandlungsposition der Unternehmen  Höhere Gewinne der Firmen? aber: alle Unternehmen handeln ähnlich! Mehr freie Stellen  bessere Verhandlungsposition der Arbeitnehmer! Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

4. Die Ergebnisse: Gerechtigkeit und Effizienz - von allem nicht viel Was lässt sich nun sagen zur Gerechtigkeit? Intuitives Kriterium: Werden alle Beteiligten „angemessen berücksichtigt“? Arbeitnehmer als Gruppe gewinnen, es gibt aus dieser Sicht nichts zu beklagen … und wurden bitter enttäuscht: Langzeitarbeitslose ohne Aussicht auf Arbeitsplatz verlieren – per Konstruktion Verantworungsethische Sichtweise Arbeitslosigkeit selbst verursacht? Kürzung in Ordnung Arbeitslosigkeit als Schicksalsschlag? Kürzung nicht akzeptabel Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

5. Jenseits von Hartz IV: Progressive Sozialversicherungsabgaben Hätte man es besser machen können? Hintergrund: Die aktuelle Diskussion zum Lohnabstandsgebot (Regelsätze <sollen> unter den Nettoarbeitsentgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen bleiben, SGB XII) FAZ (6. Februar 2010) Arbeitsmarkteinkommen ist „ausreichend höher“ als Lohnersatzleistungen für alle Hoch- und Mittelqualifizierte, nicht jedoch für Geringqualifizierte mit zwei oder mehr Kindern Paritätischer Wohlfahrtsverband (März 2010)  es lohnt sich für alle Arbeitnehmer immer zu arbeiten, unabhängig vom Bildungshintergrund  Vorwürfe bewusster Manipulierung Wirtschaftspolitische Schlußfolgerung? Lohnersatzleistung zu hoch oder Nettolohn zu niedrig? Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

5. Jenseits von Hartz IV: Progressive Sozialversicherungsabgaben Kann man Arbeitslosigkeit beseitigen, ohne Armut zu erzeugen? Ziel: Paretoverbessernde Arbeitsmarktreformen Kein Individuum oder Gruppe darf durch die Reform schlechter gestellt werden Umsetzung: a) Absenken der Lohnersatzquote  verstärkte Suchanreize, mehr Beschäftigung, reduzierter Lohn b) Reduktion der Sozialversicherungsabgaben für Geringverdiener (d.h. progressive Sozialversicherungsabgaben)  Rückgang des Nettolohnes (und auch der Lohnersatzleistung) wird kompensiert Mehr Beschäftigung bei gleichem Nettolohn ist möglich! Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

6. Anstelle einer Zusammenfassung: Auf der Suche nach Erkenntnis und Glück gibt es Letztbegründung? 6.1. Die absolute Erkenntnis … – … wird es nie geben Menschliches (und damit staatliches) Handeln ist in einem tiefen Sinn nicht begründbar Ziel der Letztbegründung: Nichts unbegründet zu lassen Festlegung von Hartz-Sätzen ist einfach bei Überzeugung zu Verteilung Aber wie diese Überzeugung begründen? Die nicht hinterfragbare Grundlage nach Apel: Der Diskurs Kann daraus die Höhe von Hartz-IV-Sätzen hergeleitet werden? Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

6. Anstelle einer Zusammenfassung: Auf der Suche nach Erkenntnis und Glück 6.2. Das Leben … – … lässt sich nicht fassen Suche nach Letztbegründung, nach Festem und Stabilem – exzessiv betrieben – ist Ausdruck seelischer Ungleichgewichte Der glückliche Mensch ist – und akzeptiert die Unbegründbarkeit menschlichen Handelns Der Wissenschaftler sucht nach Erkenntnis ohne Sinn und Zweck und er analysiert den Politiker, der – auch ohne Letztbegründung, nur aus Überzeugung – Hartz IV Sätze festlegt, angreift oder stützt. Wieso äußert sich ein Politiker, wie er sich äußert? Wie kommt ein Wissenschaftler tatsächlich zu seinen Aussagen? Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

6. Anstelle einer Zusammenfassung: Auf der Suche nach Erkenntnis und Glück 6.3. Das Glück … – … lässt sich finden Aussagen aller Art – wissenschaftlich, politisch, persönlich – sind Ausdruck tiefliegender individueller Charakterzüge Was bleibt also an wahrer Erkenntnis aus Hartz-IV-Evaluation und 18 Jahren Forschens und Denkens? Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

6. Anstelle einer Zusammenfassung: Auf der Suche nach Erkenntnis und Glück 6.3. Das Glück … – … lässt sich finden Aussagen aller Art sind Ausdruck tiefliegender Charakterzüge Was bleibt an wahrer Erkenntnis aus 18 Jahren Forschens und Denkens? Hintergrund: Debatte um Höhe der Hartz-IV-Sätze und Rückrufaktion von Toyota, Februar 2010 Abb.: Politischer Schlagabtausch statt Ergründen des Wesentlichen Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

6. Anstelle einer Zusammenfassung: Auf der Suche nach Erkenntnis und Glück 6.3. Das Glück … – … lässt sich finden Tiefergehende Analyse entdeckt oft unergründete und sehr individuelle Persönlichkeitsstrukturen Der Mensch ist selten Herr in seinem eigenen Haus – und damit ist wahre Erkenntnis, wahrer wissenschaftlicher Fortschritt nicht möglich Der Weg ist aber klar: Der Schlüssel zum Glück des Menschen liegt in der Selbsterkenntnis. Verstehe Dich selbst als Maxime und Vorraussetzung menschlichen Handelns Einheit von Funktion und sich selbst verstehender Person erlaubt wissenschaftlichen Fortschritt und damit eine für alle befriedigende(re) Welt Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010

Herzlichen Dank! Antrittsvorlesung Prof. Dr. Klaus Wälde 29. April 2010