Ulrich Mehlem WS 2008/09 Universität Bielefeld

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 Präsentation transkript:

Ulrich Mehlem WS 2008/09 Universität Bielefeld Sprachwandel am Beispiel des Deutschen 1. Das Phänomen des Sprachwandels Ulrich Mehlem WS 2008/09 Universität Bielefeld

Was ist Sprachwandel? Welche Veränderungen in der Sprache würden Sie als Sprachwandel beschreiben? er frug / er fragte neue Wörter: Handy, download, scannen neue Endungen: „ich geh“, „dem Student“ der Dativ ist dem Genetiv sein Tod „weil ich hatte keine Zeit“ kopp / kopf „seiner Jünger einer“ / „einer seiner Jünger“ Gehstütze / Krücke ih gilôbu / ich glaube

Phänomene des Sprachwandels Alle Aspekte der Sprache betroffen: Wörter (z.B. Anglizismen) Formen (z.B. andere Endungen, andere Lautverbindungen) Konstruktionen (z.B. andere Abfolgen von Wörtern = Syntax) Bedeutungen (z.B. englisch, geil, billig…) Welche zeitlichen Dimensionen? (Veränderungen in Jahren, Jahrzehnten – Veränderungen in Jahrhunderten) Welche strukturellen Aspekte? (Lautgesetze als Entwicklungsgesetze…)

Reaktionen der Beteiligten auf den Wandel SW Wird im Alltag nicht wahrgenommen, erst durch Vergleich zwischen unterschiedlichem Sprachgebrauch, z.B. älterer und jüngerer Rede von „Sprachverfall“ – „Bewahrung der Sprache“: - sprachkonservative Haltung (Sprachverderb) sprachelitäre Haltung (gg Vulgarisierung, Nivellierung) historistische Haltung (ursprüngliche Bedeutung bewahren) sprachpuristische Haltung (gg fremde Einflüsse) sprachmonomane Haltung (autoritäre, zentralistische, pedantische Sprachnorm-Auffassungen) panlinguistische Haltung (Sprachkritik als Kritik am Inhalt) kulturrevolutionäre Haltung (gegen die Sprache der Herrschenden) Polenz, Peter v. (2000) Deutsche Sprachgeschichte, Bd I, S. 4-7)

Wie kommt es zu Sprachwandel? „Die Sprache, in ihrem wirklichen Wesen aufgefasst, ist etwas beständig und in jedem Augenblicke Vorübergehendes. Selbst ihre Erhaltung durch die Schrift ist immer nur eine unvollständige, mumienartige Aufbewahrung, die es doch erst wieder bedarf, dass man sie im lebendigen Vortrag zu versinnlichen sucht. Sie ist selbst kein Werk (ergon), sondern eine Tätigkeit (energeia). Ihre wahre Definition kann daher nur eine genetische sein. Sie ist nemlich die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den articulierten Laut zum Ausdruck des Gedankens fähig zu machen.“ (1963, S. 430) Humboldt, Wilhelm v. (1963, 81996): Schriften zur Sprachphilosophie, Stuttgart: Cotta, S. 418)

Gründe für den Sprachwandel gesellschaftliche Veränderungen Neue Erfindungen, Gegenstände, Institutionen, Sachverhalte, die benannt werden sollen Ökonomisches Prinzip der Sprachnutzer Vermeidung von Mehrdeutigkeit Anpassung an die Sprache der Umgebung Vermeidung negativer Konnotationen

Die Module der Sprache Pinker, Steven (2000): Wörter und Regeln. Die Natur der Sprache. S. 29

Das Zwiebelmodell der sprachlichen Ebenen Nübling, S. 2

Von Alt- zu Neuhochdeutsch „Fuor tho Ioseph fon Galileu fon thero burgi thiu hiez Nazareth in Iudeo lant inti in Dauides burg, thiu uuas ginemmit Bethleem, bitiu uuanta her uuas fon huse inti fon biuuiske Dauides, thaz her giiahi saman mit Mariun imo gimahalero gimahhun so scaffaneru. Tho sie thar uuarun, vvurdun taga gifulte, thaz siu bari.“ (Evangelienharmonie des Tatian, 830 n. Chr. Fulda) „Da machte sich auf auch Joseph von Galiläa aus der Stadt Nazareth in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertraueten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.“ (Lutherbibel, 1890)