(c) Röbenack Grundsicherung für Arbeitssuchende als mittelbare Vergesellschaftung Konstruktion einer spezifischen sozialen Existenz (außerhalb?) der Gesellschaft.

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 Präsentation transkript:

(c) Röbenack Grundsicherung für Arbeitssuchende als mittelbare Vergesellschaftung Konstruktion einer spezifischen sozialen Existenz (außerhalb?) der Gesellschaft SFB Projekt B9: Eigensinnige Kunden Silke Röbenack

(c) Röbenack These: Der Bezug von Arbeitslosengeld II ist eine beson- dere Form der mittelbaren Vergesellschaftung (nach Simmel 1992), ein simultanes Drinnen und Draußen, oder anders formuliert: ein Einschluss

(c) Röbenack Der erwerbsfähige Hilfebedürftige Hilfen in eine ähnliche soziale/sozioökonomische Lage münden wird zum Objekt für sozialpolitische Maßnahmen; die gesellschaftlich organisierte Unterstützung stellt ihn in eine Distanz zum gesellschaftlichen Ganzen; sie verweist ihn auf eine besondere soziale Rolle, klassifiziert ihn formal als Hilfebedürftigen, macht ihn somit allgemein sichtbar; er wird (für die Gesellschaft) auf eine negative, singuläre Bestimmung reduziert: inhaltlich = Mangel an Ressourcen, Fähigkeiten, Willen, und formal = Homogenität (keine individuelle Qualität); empirisch wird der ALG-II-Bezug letztlich zum gemeinsamen Endpunkt differenzierter Lebensverläufe, die zugleich durch objektive Begrenzung der materiellen Hilfen in eine ähnliche soziale/sozioökonomische Lage münden.

(c) Röbenack Neben der universalisierenden, homogeni-sierenden Tendenz wirkt das SGB II auch partikularistisch bzw. individualistisch Hilfeleistung (und Apparat) richtet sich inhaltlich auf den Einzelnen Sie soll der Überwindung der Hilfebedürftigkeit dienen Erwerbsfähigkeit weist den Weg aus der Hilfe Suche nach individuellen Vermittlungshemmnissen

(c) Röbenack Fazit In dieser sozialen Beziehung wird jemand, der ALG II beantragt und erhält, erstens zum erwerbsfähigen Hilfebedürftigen – also Teil einer sozial definierten Gruppe (formale Gleichheit), und zweitens wird zur Überwindung dieses Status wieder teilweise die Individualität (in Form von Plus und Minus) zum Vorschein gebracht.

(c) Röbenack Frage: Wie reagieren die Leistungsempfänger auf diesen Prozess? Abweisung Adaption, Umdeutung Einrichten Kompensation, Flucht o. a. (wird gebrochen durch Einfluss anderer Akteure wie Familie, Freunde, Arbeitsverwaltung)

(c) Röbenack 1.Mögliche (kritische) Reaktionen auf Rollenzuschreibung, Distanzierung und Reduzierung: Wahrnehmung, Kritik, Abweisung der Distanzierung und Reduzierung Beharren auf Heterogenität und Individualität bzw. Besonderheit der Situation, Lage Verweis auf andere Differenzlinien, Entwicklung von Ressentiments Kritik am Verlust der Selbstbestimmung

(c) Röbenack 2.Mögliche Reaktionen auf die Erfassung des Individuums in seiner Totalität: Abweisung bzw. Übernahme individueller Verantwortungszuschreibungen (z.B. für Arbeitslosigkeit)

(c) Röbenack Exemplarische Beispiele (Deskription) Herr Meier, 19, lebt bei der Mutter, kein Schulabschluss, kein Berufsabschluss, Schule vor ALG II Frau Schulz, 58, verheiratet, Ehemann ist arbeitslos, Hauptschulabschluss, handwerklicher Beruf, bis Ende 1999 ununterbrochen beschäftigt, zuletzt als Abteilungsleiterin, arbeitslos wegen Auflösung des Unternehmens, langjährige Beschäftigung vor ALG I/II Frau Schmidt, 32, Realschulabschluss, kein Berufsabschluss, 2 Kinder (8 und 5), allein erziehend, Sozialhilfe vor ALG II

(c) Röbenack Zu 1) Wahrnehmung und Reaktion auf die Zuschreibung einer spezifischen Rolle, Distanzierung und Reduzierung Herr Meier und Frau Schulz, wie auch viele andere, berichten von Etikettierung bzw. Diskriminierung sowohl allgemein, als auch durch das Umfeld und Mitarbeiter der ARGE. Beide, am stärksten Frau Schulz, beschreiben und beklagen zudem die Einschränkung von Handlungsautonomie.

(c) Röbenack Herr Meier Blah, blah, die Arbeitslosen, kein Geld, wir bezahlen die und irgend so eine Scheiße kommt dann halt. Da (in der ARGE, d. A.) sind schon ein paar, die eigentlich ganz nett sind, aber das ist halt das, was ich schon sagte, dass die von oben herab, das ist das, was nervt. Die reden halt mit Dir, als ob die Scheiße wärst … Ich hätte sehr gern eine Arbeit, dass ich da endlich weg bin... Ja, vor allem, die bestimmen ja echt Dein Leben, Du darfst das und das nicht, das und das nicht … Die bestimmen ja Dein Leben...

(c) Röbenack Frau Schulz Ja, selbst Schuld, so, die Arbeit liegt auf der Straße, sie sind nur zu faul, sich zu bücken. Und, also dieses Finanzielle ist schwer, aber das ist nicht der Punkt, sondern dieser soziale Abstieg. Und, ja, auch diese gesellschaftliche Ächtung, der Freundeskreis, der Bekanntenkreis hat sich total verändert … Ja, das ist dieser gesellschaftliche und soziale Abstieg, den man erfahren hat … Also man fühlt sich wie ein Mensch, 2., 3. Klasse. Das ist das, was mich immer so wütend und frustig macht, weil, man wird in eine Schublade gepackt, wo man nicht reingehört... ja, stigmatisiert wird. Und alles in einen Topf gepackt wird und ich in eine Schublade gepackt werde, ohne Ansehen der Person und meiner Vita, das macht mir ganz schön zu schaffen. Wenn das Amt mir jetzt vorschreibt, in welcher Wohnung ich zu wohnen habe, wie groß die sein darf und dieses alles, der ganze Fragenkatalog … Was die alles erfragen. Es spielt keine Rolle, dass man Jahrzehnte in Lohn und Brot war, einen gewissen Lebensstandard, Werte sind ja eh nicht, aber man hat ein bürgerliches Leben geführt und da wird man jetzt rausgekickt.

(c) Röbenack Frau Schmidt Frau Schmidt beschreibt zwar die finanziellen Einschränkungen (Wegfall zusätzlicher Leistungen), die Zunahme von bürokratischem Aufwand und auch sehr diffus die Zunahme von Druck seitens der ARGE, letztendlich berichtet sie aber nicht über Diskriminierungs- erfahrungen: Also ich kenne es (die Arbeitslosigkeit) ja nur so. Nee es ist eben so, ich bin da so reingewachsen. Das (verstärkter Druck durch die ARGE) habe ich so hingenommen. Soll ich da irgendwie zum Obersten gehen und das so gar nicht. Nee ich versuch dann immer damit umzugehen.

(c) Röbenack Zu 2) Umgang mit Zuschreibung individueller Verantwortung für Arbeitslosigkeit Es wird deutlich, wie in vielen Interviews, dass die Befragten das Prinzip der individuellen Verantwortlichkeit durchaus übernommen haben, in ihrem persönlichen Fall aber nur teilweise – aus unterschiedlichen Gründen – akzeptieren bzw. umdeuten. Hier kann man auch die von den meisten Befragten aufgezeigten internen Differenzierungslinien gegen-über den anderen (faulen) Arbeitslosen heranziehen – die individuelle Verantwortung bedeutet dann zumeist Nicht-Wollen/Faulheit.

(c) Röbenack Herr Meier Ist zwar schon meine eigene Schuld, wenn ich mich mehr angestrengt hätte, in der Schule, aber da hab ich so viel Ärger gehabt und bin abgehauen, nicht hingegangen, also selber jetzt kann ich ja nix dafür, dass ich nix habe. Darum ist mir das eigentlich egal.

(c) Röbenack Frau Schulz Ja. Also seit meinem 15. Lebensjahr bin ich in Lohn und Brot … und ja da bis Ende 99 bis 2000 bei der Firma X beschäftigt … und war zum Schluss Abteilungsleiterin und …da waren viele Umstellungen. Man war flexibel, hat alles mitgemacht und dann war aber endgültig Schluss, 99, Ende war ich dann arbeitslos … zum Arbeitsmarkt hat sich für mich nichts getan, trotz vieler Bemühungen … Letzte Aussage war eben zu alt, überqualifiziert, zu teuer. Umdeutung Ich denke schon, ich bin kein Einzelfall. Also gerade jetzt auch meine Generation, also die 50- und 55-Jährigen, ist ja die Personengruppe, die man so richtig gewürgt hat... Und zu der Personengruppe gehör ich.

(c) Röbenack Frau Schmidt Ja gut und dann kamen die Kinder. Das erste Kind. So und somit war ich eigentlich schon, stand ich noch nie so richtig im Berufsleben. Sondern hatte immer nur so Nebenjobs. Saubermachen oder Lose verkauft habe ich ganz lange. Ja. Und jetzt bin ich schon ganz lange Hausfrau und Mutter … Und für mich ist halt Priorität nachmittags für meine Kinder da zu sein. Die möchte ich dann auch nicht in den Hort stecken, bis spätnachmittags. Da komme ich lieber mit weniger Geld aus. Ja. Das ist so meine Einstellung. Auf die Frage, wie sie ihre Situation herauskommen könnte, meint sie: Ja ich müsste dann, ich müsste dann schon richtig noch mal dann eine Ausbildung anfangen. Müsste dann, was ich schon sagte, was ich eigentlich nicht wollte, die Kinder irgendwo unterbringen. Das, was anderes sehe ich also gar nicht. Um da raus zukommen. Ihre Vorstellungen über die Zukunft untermauern dies: In fünf Jahren? Jetzt so, rumfantasiert oder doch mehr realistisch? Also ich hätte schon ganz gern irgendwann wieder einen neuen Partner. So jetzt. Ja mit meinen Kindern ganz klar. Und dass ich dann mal regelmäßig Arbeit nachgehe. Die mir Freude bereitet.

(c) Röbenack Zusammenfassung Herr Meier – Fragilität, Statusverfestigung, Flucht? Frau Schulz – Kompensation durch politische und gewerkschaftliche Arbeit und Haltung nach außen bewahren, Statuswechsel! Frau Schmidt – verfestigter Status, Statuswandel bzw. Reintegration?

(c) Röbenack Ausblick Und was könnte passieren, wenn dieser Vergesellschaftungsprozess sich nicht als das herausstellt, was er sein sollte, als ein Übergangsprozess in die Arbeitswelt? Ein neuer Vergesellschaftungsprozess? Verlust von Wechselseitigkeit, weil der Einzelne in der Struktur der Gesellschaft keinen angemessenen Platz findet bzw. den ihm zugewiesenen abweist? Das könnte die Entkopplung sein, die Castel beschreibt.

(c) Röbenack Übersicht über die Interviews JenaSaale- Orla- Region Bre- men Bremer- haven Summe Geförderte Selbständigkeit Langzeitarbeits- lose Leistungsauf- stocker, Prekäre Summe