Dr.-Ing. Thomas Benz, DPG-Frühjahrstagung, 16. März 2010

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Dr.-Ing. Thomas Benz, DPG-Frühjahrstagung, 16. März 2010 Stromtransport: Erfordernisse und Lösungen für ein eu-ropäisches Verbundnetz unter Nutzung solaren Stroms aus Nordafrika © ABB Group March 15, 2010 | Slide 1

DESERTEC Industrial Initiative (DII) Konzept für eine nachhaltige Stromversorgung für die EUMENA-Region Ziel für 2050: Deckung von etwa 15 % des europä-ischen Strombedarfs durch in der MENA-Region regenerativ erzeugten Strom. EU: Europe ME: Middle East NA: North Africa Quelle: DESERTEC Foundation www.desertec.org © ABB Group March 15, 2010 | Slide 2

Drehstromübertragung Bis heute das System der Wahl für Europa Übertragungsnetz der UCTE, Union for the Coordination of Transmission of Electricity (jetzt ENTSO-E, European Network of Transmission System Operators for Electricity). Stand: 01.07.2008 Quelle: www.entsoe.eu Vorteile Transformierbarkeit Einfache elektromechanische Energieumwandlung Einfache Stromunterbrechung Frequenz als systemweite Führungsgröße Vermaschbarkeit L C/2 Betriebskapazität Betriebsinduktivität Vereinfachtes Ersatz-schaltbild für eine elektrische Wechsel-stromleitung. Drehstromfreileitung: Induktivitätsbelag L’= 0,8 … 1,3 mH/km Kapazitätsbelag C’= 9 … 14 nF /km VPE-Drehstromkabel ( 110 kV): Induktivitätsbelag: L’= 0,2 … 0,6 mH/km Kapazitätsbelag: C’= 200 … 300 nF/km Grenzen Energieübertragung über lange Strecken (Verluste, Stabilität) Drehstromkabel bereits bei Entfer-nungen < 100 km wegen Blind-leistungsbedarf technisch schwierig © ABB Group March 15, 2010 | Slide 3

Drehstromübertragung Ist der Mittelmeer-Ring eine Lösung? Kaupp, A.: MEDRING Update Study. Technical Workshop on Electricity Inter-connections in the Mediterranean, 8.+9. Feb. 2010, Brussels. Quelle: www.ec.europa.eu Bild: DLR TRANS-CSP Study Report, Juni 2006 www.desertec.org MEDRING Update Study - Preliminary findings: Sending renewable/fossil based AC electricity around the Mediterranean basin might not be the best option. A 100% AC synchronization is very complicated. Even when the ring has been com-pleted, its transit capacity will not be sufficient for the necessity of internal transit between Mediterranean countries, nor for the North-South transit. Dahomé, E. (MEDELEC): Syn-chronous or asyn-chronous – Over- view of outstanding questions. Technical Workshop on Electricity Inter-connections in the Mediterranean, 8.+9. Feb. 2010, Brussels. Quelle: www.ec.europa.eu © ABB Group March 15, 2010 | Slide 4

Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) Die Alternative zur Drehstromübertragung Beispiele für HGÜ-Projekte in Asien. Vorteile: Geringe Verluste (Gleichstrom) Keine Längenbeschränkung, keine Stabilitätsprobleme Kabel über große Entfernung ein-setzbar, da kein Blindleistungsbe-darf Geringer Flächenbedarf Nachteile: Basiskosten für Umrichterstationen  erst bei größeren Entfernungen wirtschaftlich interessant (auf See: ab ca. 80 km, an Land ab mehreren 100 km) Punkt-zu-Punkt-Verbindung (aber: selbstgeführte HGÜ vermaschbar) Beispiele für HGÜ-Projekte in Europa. © ABB Group March 15, 2010 | Slide 5

HGÜ-Technik Klassische HGÜ (netzgeführte HGÜ) Prinzipschaltbild HGÜ Klassik. (HVDC = High Voltage Direct Current) Thyristor-Technik (nur einschaltbar) 12-Puls-Umrichter Kurzschlussleistungsbedarf (Betrieb nur am spannungsstarren Netz) Leistungsbereich: 250 – 9.000 MW Leistungsflussumkehrung durch Um-polung der Spannung (Stromfluss-richtung bleibt gleich) Stufenweise Blindleistungsbereit-stellung Freileitung oder Massekabel (Isolation: ölimprägniertes Papier) Fernübertragung großer Leistungen 6-Zoll-Thyristor für HGÜ-Anwendungen. Sperrspannung: 8,5 kV Stromtragfähigkeit: 4,5 kA 550 MW, 120 x 50 x 11 m © ABB Group March 15, 2010 | Slide 6

Klassische HGÜ – Projektbeispiel UHVDC-Verbindung Xiangjiaba – Shanghai, China Nutzung der Wasser-kraft zur Stromerzeu-gung in großer Ent-fernung von den Verbrauchszentren (Shanghai). Kapazität: 6.400 MW (ausreichend für die Versorgung von 31 Mio. Menschen) Ausführung: bipolare Übertragung DC-Spannung: ±800 kV DC-Strom: 4.000 A Distanz: 2.071 km Verluste: < 7 % (Gesamtsystem) Gründe für die Verwendung von HGÜ: Große Übertragungsdistanz Große Übertragungsleistung Kompaktheit: 40 % weniger Land-verbrauch als bei einer Drehstrom-übertragung 2.071 km 1-Phasen-Umrichter-Transformator. Nennscheinleistung: SN = 297 MVA Nennspannungen: UN = 515/158 kV Abmessungen: 10,85 x 3,5 x 4,85 m (L x B x H) Gewicht: 260 t 12 Stck. pro Pol © ABB Group March 15, 2010 | Slide 7

Klassische HGÜ – Projektbeispiel Seekabelverbindung NorNed, Norwegen – Niederlande Asynchrone Ver-bindung der Dreh-stromnetze von Norwegen und den Niederlanden. Kapazität: 700 MW DC-Spannung: ±450 kV Distanz: 580 km (Kabel gefertigt und verlegt in Teil-stücken bis 150 km Länge, Gesamt-gewicht 47.000 t) Wassertiefe bis zu 410 m Verluste: < 4 % (Gesamtsystem) Gründe für die Verwendung von HGÜ: Lange Seekabelverbindung Kopplung asynchroner AC-Netze Steuerbarer Leistungsfluss (Strom-handel) NorNed-Seekabel. Leiter: 2 x 790 mm2 Kupfer Isolierung: Masse-imprägniertes Papier Abmessungen: 217 x 136 mm Gewicht: 84 kg/m © ABB Group March 15, 2010 | Slide 8

HGÜ-Technik VSC-HGÜ (selbstgeführte HGÜ) Prinzipschaltbild VSC-HGÜ. (VSC = Voltage Source Converter) IGBT-Technik (ein- und ausschaltbar) Benötigt keine Kommutierungsblind-leistung Leistungsbereich: 50 – 1.200 MW Dynamische Spannungsregelung Schwarzstartfähig* Leistungsflussumkehrung durch Um-kehrung des Stromflusses VPE-Kabel (Isolation: vernetztes Polyethylen) oder Freileitung Geringer Platzbedarf durch kompakte Stromrichterstationen Vielfältige Anwendungen IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor)-Module für unter-schiedliche Leis-tungsbereiche. Sperrspannung: 2,5 kV Stromtragfähigkeit: 500 bis 2.000 A *Kann nach einem Netzfehler den Betrieb selbstständig, d.h. ohne Stützung durch das umgebende Drehstromnetz wieder aufnehmen. © ABB Group March 15, 2010 | Slide 9

VSC-HGÜ – Projektbeispiel Landkabelverbindung Murraylink, Australien Asynchrone Ver-bindung der Dreh-stromnetze von Victoria und Südaustralien. Kapazität: 220 MW Blindleistung bei Nennleistung: Wechselrichterbetrieb: -100 bis +100 MVAr Gleichrichterbetrieb: -75 bis +125 MVAr DC-Spannung: ±150 kV DC-Strom: 739 A Distanz: 176 km Gründe für die Verwendung von HGÜ: Lange Kabelverbindung (Kabel zum Schutz der Übertragungsstrecke vor Buschbränden) Steuerbarer Leistungsfluss (Strom-handel) Einfache Genehmigung 176 km Kabelverlegung. Isolierung: 3-fach ex-trudiertes, vernetztes Polyethylen (VPE) Leiterquerschnitte: 1.200 und 1.400 mm2 Aluminium (aufgrund unterschiedlicher thermischer Boden-eigenschaften) Kabeldurchmesser: 80,2 und 83,7 mm © ABB Group March 15, 2010 | Slide 10

VSC-HGÜ – Projektbeispiel Netzanbindung Borkum 2, Deutschland Anschluss des Off-shore-Windpark-Clusters Borkum 2 in der Nordsee. Kapazität: 400 MW DC-Spannung: ±150 kV Distanz: 203 km (128 km Seekabel, 75 km Landkabel) Gründe für die Verwendung von HGÜ: Lange See- und Landkabelver-bindung Einfache Blindleistungsbereitstellung zur Spannungsstabilisierung Schwarzstartfähigkeit Offshore-HGÜ-Platt-form. Plattform-Oberdeck: Abmessungen: 54 x 35 x 25 m (L x B x H) Gewicht: 3.300 t (inkl. Anlagen) Unterwasserstruktur: Gewicht: ca. 2.200 t Höhe: ca. 40 m Wasserspiegel bis zur Plattform: 20 m © ABB Group March 15, 2010 | Slide 11

VSC-HGÜ Beiträge zur Systemstabilität Reihenschaltung von VSC-HGÜ und Dreh-stromleitung. Wirkleistungsregelung (Frequenz-stabilität) Jeder Wirkleistungsfluss einstellbar Sofortige Leistungsflussumkehr (Stromumkehr) Kann nicht unkontrolliert überlastet werden Blindleistungsregelung (Spannungs-stabilität) Unabhängig von der Wirkleistung Unterstützt den Netzwiederaufbau nach Kurzschluss Parallelbetrieb von VSC-HGÜ und Dreh-stromleitung. Asynchrone Einspei-sung in ein Dreh-stromsystem. © ABB Group March 15, 2010 | Slide 12

Ausblick Nächste Entwicklungsschritte Neues IGBT-Modul. Sperrspannung: 4,5 kV Stromtragfähigkeit: 2 kA Klassische HGÜ DC-Spannung: 1.000 kV VSC-HGÜ: DC-Spannung: 640 kV Leistung: 2.400 MW Verluste pro Konverter: < 0,9 % DC-Kabel Wassertiefen bis 2.000 m DC-Leistungsschalter Elektronisch Mechanisch Aufbau von Gleichstromnetzen (z.B. OffshoreGrid) Von der Punkt-zu-Punkt-Verbindung zum DC-Netz. © ABB Group March 15, 2010 | Slide 13

Zusammenfassung Mit der klassischen, netzgeführten HGÜ lassen sich große Leistungen sehr effizient über weite Strecken übertragen. Für die Seekabelübertragung ist die HGÜ oftmals die ein-zig realisierbare Lösung. Die VSC-HGÜ zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass sie zur Spannungsregelung, Lastflussregelung und Blind-leistungsbereitstellung im Drehstromnetz eingesetzt wer-den kann. Die VSC-HGÜ kann an schwachen Drehstromnetzen mit nur geringen Kurzschlussleistungen betrieben werden, was für die Realisierung des DESERTEC-Konzepts von beson-derem Vorteil ist. Die künftig wohl interessantesten Anwendungen für die VSC-HGÜ liegen generell im Aufbau von DC-Netzen. © ABB Group March 15, 2010 | Slide 14

Fazit Mit HGÜ muss DESERTEC keine Vision bleiben Wasserkraft Solarenergie HGÜ-Verbindungen Windenergie Wasserkraft 200 GW Windenergie 300 GW 25 000 km2 5000 x 10 km Solarenergie 700 GW 8000 km2 90 x 90 km © ABB Group March 15, 2010 | Slide 15

© ABB Group March 15, 2010 | Slide 16