Repräsentation in symbolischen Handlungen

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 Präsentation transkript:

Repräsentation in symbolischen Handlungen Christine Danzeglocke, Ella Dück, Agnes Figura, Nadia Haupt, Eva Kronberg, Daniel von Rimscha, Laura von Zalewski

Ablauf Theorie Beispiel für Gesten Anwendung in Literatur und Geschichte

1.1 Definition Symbolische Handlung: Ritual: 1. Theorie 1.1 Definition Symbolische Handlung: Mittel mittelalterlicher Kommunikation Ritual: Verkettung von mehreren symbolischen Handlungen

Definition „Ritual“ (nach Althoff): 1. Theorie Definition „Ritual“ (nach Althoff): „Ketten von Handlungen, Gesten und auch Worten […], die Mustern verpflichtet sind, sich wiederholen und so einen Wiedererkennungseffekt erzielen.“ (Althoff, Gerd: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt: 2003, S. 11f.)

1. Theorie 1.2 Charakteristika: Umfangreiches Repertoire an Zeichen, Gesten, Ritualen, die zu einer Inszenierung verbunden wurden Zeichen für z.B. Unterordnung, Freundschaft, freundliche oder ablehnende Haltung Einzelne „Bausteinchen“ Veränderbarkeit von symbolischen Handlungen und Ritualen

1.3 Voraussetzungen für gelungene Kommunikation 1. Theorie 1.3 Voraussetzungen für gelungene Kommunikation Bereitschaft an Inszenierungen teilzunehmen Fähigkeit das Gezeigte interpretieren / verstehen zu können Wiedererkennung und Eindeutigkeit

1. Theorie „[Das Zeichensystem] hob Reaktionen und Handlungsweisen aus der Sphäre individueller Beliebigkeit in den Bereich von Rechtsgewohnheiten und machte sie kalkulierbarer.“ (Althoff, Gerd: Spielregeln der Politik im Mittelalter, Darmstadt: 1997, S. 252.)

1.4 Funktion Rechtsverbindliche Akte 1. Theorie 1.4 Funktion Rechtsverbindliche Akte Zuschauer = Zeugen, damit Garanten, dass Verpflichtungen erfüllt werden Stabilisierung der Ordnung

Geste und Inszenierung Wahrheit und Lesbarkeit von Körpern im höfischen Epos Silke Philipowski (2000)

Gesten = Inszenierungen Gesten vs. Inszenierungen Ausgangspunkt neuere mediävistische Forschung: Gesten = Inszenierungen Philipowski: Gesten vs. Inszenierungen Philipowski bezieht sich in ihrem Text auf Gesten im höfischen Epos, nicht auf historische Dokumente; z. T. allerdings Vermischung! (s. Problematisierung)

Geste vs. Inszenierung Schaffen von Wahrheit nicht-intentionale Akte unwillkürlich, unbewusst, spontan intuitiv und instinktiv Leugnung von Wahrheit intentionale Akte geplant, bewusst, zweckrational Vorgang um Affekte darzustellen, zu verhüllen, zu symbolisieren

Fortsetzung Geste vs. Inszenierung Art und Weise, auf die der Körper in Erscheinung tritt Körper ist ! Geste ist ! leiblich-seelische Einheit (innen und außen) Sprache des Körpers > arbiträres Zeichensystem Körper verweist ! Geste bedeutet ! Ablösbarkeit vom Körper

Die Bedeutung des Körpers im mittelalterlichen Epos bei den Figuren in der mittelalterlichen Dichtung sind Körper und Seele untrennbar miteinander verbunden Gesten sind untrennbar mit dem Körper verbunden Körper als Metapher für die mittelalterliche Gesellschaft

Trauer Trauergestus verwitweter Frauen: Haare ausreißen, Kleider zerreißen, Gesicht zerkratzen Bedeutung: Wiederherstellen der Ordnung des höfischen Kosmos (Ausgleich) Der Körper der Frau macht ihren gegenwärtigen Zustand sichtbar > Eheleute = 1 Körper Philipowski: Selbstverstümmelung nur als unreflektierte und unmittelbare Reflexe sinnvoll; Ausdruck des Inneren nach außen

Erinnerung körperliche Angelegenheit (Bsp.: Der Körper Willehalms ist Träger einer kollektiven Topographie des Kriegs und des Elends.) nicht abstrakt, sondern körperlich Erkennen des Standes am Körper Beteilung des Körpers bei Identifikation von Unbekannten Körper ist Nachricht, Nachricht ist Körper (Kriegsboten)

Fazit Körper ist im höfischen Epos unmittelbarer Akteur und Sitz von Identität Körper ist nicht Teil der Figur, sondern eins mit ihr > unvermittelt und absolut Geste ist untrennbar mit Körper verschmolzen untrennbare Einheit von ‚Innen‘ und ‚Außen‘ Gefühle der Figur finden außen statt, d.h. an ihrem Körper, ihren Bewegungen, ihrer Rüstung oder Kleidung

Bemerkung Ausdrückliche Unterscheidung zwischen historisch vollzogenen Gesten und Darstellung von Gesten in der Literatur „Hier liegt der gravierende Unterschied zu jenen Gesten, die in Chroniken, Regesten und anderen historischen Dokumenten begegnen. …, daß diese in der Öffentlichkeit vollzogenen Gesten ganz spezifische Funktionen haben, daß sie nicht als unkontrollierbare Expressivität oder Emotionalität mißverstanden werden dürfen, sondern aus dem Kontext heraus als ‚perfekte Inszenierungen‘ erkannt werden müßten. …, dann ist diese Funktionalität auf die Gesten des höfischen Epos nicht zu übertragen.“ (S. 470)

Problematisierung dennoch Vermischung von Literatur und Geschichte (Sachsenspiegel) Ist so klare Trennung zwischen höfischem Epos, der doch mittelalterliche Gesellschaft spiegelt, und historischen Begebenheiten überhaupt möglich? Wird Unterscheidung literarischer und historischer Gesten nicht hinfällig, wenn man den höfischen Epos seinerseits schon als bewusste Komposition erkennt, in die die Gesten eingefügt sind?

Der „gruoz“ Burkhard Krause: Zur Problematik sprachlichen Handelns: der „gruoz“ als Handlungselement.

Der „gruoz“ zählt zu den Formen der alltäglichen Interaktion. Nach Soziologe Niklas Luhmann spielen sich diese alltäglichen Interaktionen in „einfachen Systemen“ zwischen zwei oder wenig mehr Individuen ab.

Funktion und Bedeutung des „gruoz“ Das Charakteristische einer Grußsituation ist die „vis-à-vis“ oder die „face-to-face-Situation“. Diese Situationen sind die Prototypen der gesellschaftlichen Interaktion. Die Handelnden treten in einen sichtbaren Bezug zueinander. wird häufig in Verbindung mit symbolischen Gesten ausgetauscht wie Steigbügelhalten, Kuss, Waffenabnahme

J. L. Austin (Mitbegründer der Sprechakttheorie) Wichtigstes Merkmal beim Gruß: der Dialog J. L. Austin (Mitbegründer der Sprechakttheorie) sagt, dass es beim grüßen „um die Reaktion auf das Verhalten anderer Leute und um Einstellungen gegenüber dem vergangenen oder unmittelbar bevorstehenden Verhalten eines anderen“ geht. der „gruoz“ hatte im MA einen höheren Wert und auch eine andere Bedeutung als in unserer Zeit

Grundmuster der „gruozes“ Annahme, dass es ich beim gruoz um einen Akt der Besänftigung mit der Absicht handelt, Misstrauen gegenüber Fremden , Ängste und Unsicherheiten zu beseitigen. Gestützt durch begleitende symbolische Handlungen wie dem Kuss oder der Waffenabnahme.

Beispiel Iwein: bistû übel ode guot? (V 483) (Iwein)   weder wider mich sîn muot waere übel ode guot, desn weste ich niht die wârheit, und was iedoch ze wer bereit. ( V 475-78) (Iwein) Swer mir niene tuot der sol ouch mich ze vriunde hân. ( V 484) (Waldmann)

Beispiel „Daniel“ ern weste, weder im ein heil nâhete oder ein ungemach, dô er si komen sach. (V 2608-10)    Sô nâhe quâmen, daz si es wol vernâmen, er gruozte sie alle viere. Sie tâten im vil schiere Gezogenlîche widergelt... (V 2615-19)

„gruoz“ = Regulative, Spannungen zweier nebeneinander existierenden, nicht übersichtlich geordneten Gruppen zu vermindern bzw. Ein Signal des Wunsches nach konfliktfreier Verständigung zu geben. Mittel zur Einleitung einer positiven sozialen Beziehung. Ehrerweis, der die Beziehung besänftigt und bekräftigt. Laut Interaktionsforschung ist der Gruß ein Ritual mit positivem Inhalt .Wenn der „gruoz“ entboten und erwidert wird sind die Beziehungen intakt oder gestalten sich in dem Sinne.

Grußvermeidung als negatives Ritual Die Versagung des Grußes bedeutet eine Fehdenansage. Grußverlust ist also auch Ehrverlust. Grußvermeidung hat desintegrierende Wirkung. Bereich der negativen Rituale. Es zeigt sich ein asozialer Charakter im Grußverzicht und in der Grußverweigerung. Grußvermeidung kann auch aus Statusgründen resultieren und auf sozialen Unterschieden beruhen.

Beispiel „Daniel“ daz er alsô stille sweic und weder sprach noch enneic.   daz was den beiden ungemach. der grâve zornelîche sprach (...) ,Deswâr, ich will erkunnen, was den ritter darzuo trage, daz er uns sînen gruoz versage.’ er nam das ros mit den sporn und jagete in. Im was zorn. (V 2464-70)

Brüchigkeit des „grouzes“ Auch nach friedlichem Gruß kann es noch zum Kampf kommen. allein der gruoz reicht also nicht hin, die freundschaftliche Absicht und den Verzicht auf einen Kampf anzuzeigen. Das Hinzukommen absichtsverstärkender Zeichen wie das Steigbügelhalten machen die Situation eindeutiger und lassen sich einfacher dekodieren.

Die „Magie“ der Gesten (Jean-Claude Schmitt) Geste als Viatikum und magische Gebärde Viatikum Das Viatikum (lat. „Wegzehrung“) ist die geweihte Hostie, die dem Sterbenden gereicht wird. (www.kirchen-lexikon.de)

Wirksamkeit und Formalismus Nur wenn ein bestimmter Ritus/ eine bestimme Reihenfolge eingehalten wird, ist eine Geste wirksam. Wird der Ritus falsch ausgeführt, wird keine Wirksamkeit erzielt oder gar die Bedeutung verkehrt.

Gesten und Symbole am Beispiel des Taufritus Frage nach Taufbegehren und Glaubensbekenntnis Weißes Taufkleid (Reinheit und Unschuld) Übergießen mit Wasser (Begraben werden und Auferstehen) Entzünden der Taufkerze an der Osterkerze mit den Worten: „Empfange das Licht Christi“ Salbung mit Chrisam (röm.-kath.) Effata-Ritus (Öffnung der Sinne)

Sakramente dürfen nicht wiederholt werden, da sie sonst nicht mehr wirksam sind. (außer dem Sterbesakrament)

Kreuzzeichen nach Lothar von Segni (Innozenz III.) Daumen-, Zeige-, und Mittelfinger → Dreifaltigkeit Abwärts führende Handbewegung → Menschwerdung Christi Anschließende Bewegung von rechts nach links → missionarische Werk an Juden (rechts) und Heiden (links)

Christliche Symbolkraft der Gesten in der Liturgie der Messe Weiterentwicklung und Dramatisierung der Messe im 11. und 13. Jahrhundert, z.B.: Aufteilung des Kirchraums gemäß seiner Symbolik Regeln zur Ausführung des Kreuzzeichen (→ Innozenz III.) Arithmetik der Gesten

Arithmetik des Kreuzzeichens nach Lothar von Segni (Innozenz III.) Das Kreuz soll im Laufe des Kanons 25 mal geschlagen werden, weil: 25 eine vollkommene Zahl (5 x 5) ist 5fach die Sinne des Menschen sind 5 = 2 + 3, wobei 2 → Leib und Blut Christi, 3 → Brot, Wein und Wasser (Herstellung der Heiligen Gestalt)

Abt Ælred von Rivaulx (. 1110 in Yorkshire, † 12 Abt Ælred von Rivaulx (* 1110 in Yorkshire, † 12. Januar 1167) äußert Kritik an der Umgestaltung der Kirche: Messe darf nicht zum Schauspiel verkommen.

„Er küsse mich mit dem Kuß seines Mundes“ (Klaus Schreiner) Mittelalterliche Anthropologie gekennzeichnet durch die Verbindung von: actus animi und actus corporis, homo interior und homo exterior Leib und Seele bilden eine Einheit, daher: motus corporis → motus animae facies → speculum cordis gestus corporis → signum mentis

Vom Sinn der Gesten Vergegenwärtigen, Botschaften transportieren, Beziehungen, Werte und Normen repräsentieren

Gesten sind mit Öffentlichkeit verbunden, ordnungsstiftend, verhaltensbestimmend, kontextabhängig

Die Geste des Kusses in verschiedenen Kontexten Verschiedene „Arten“ von Küssen (Anlässe zu Küssen) → Friedenskuss etc. Reglementierung der Ausführung des Kusses (um die „Reinheit“ zu gewährleisten, Pax-Tafel) Wann ist ein Kuss legitim? (Johannes v. Paltz) → Bsp. Begrüßungskuss Pervertierung des Kusses (der „schandbare Kuss“/ osculum infame → Hexen, Ketzer) Ambivalenz des Kusses (Lehnskuss, Hochzeitskuss, päpstlicher Fußkuss etc.) Wann verliert eine symbolische Handlung ihren Sinn?

„Das Zeitalter der Vernunft löst das Zeitalter der Zeichen ab.“

FAZIT Kuss bündelt Konnotationen aus mehreren Diskursen Hauptziel: Misstrauen gegenüber Fremden, sowie Ängste und Unsicherheiten beseitigen Verweigerter Kuss → gestörte soziale Beziehungen Gewährter Kuss → intakte soziale Beziehungen, rechts- und friedenssichernd

Inszenierung zur Repräsentation von Herrschaft im MA am Beispiel der deditio Literatur: Gerd Althoff: „Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde“, Darmstadt, 1997.

Überlieferung Die deditio ist regelmäßig seit dem 10. Jhd. überliefert Aus diesen konkreten Schilderungen kann man die Regeln, nach denen sie ablief, rekonstruieren Ergiebig für die Untersuchung symbolischer Handlungen im MA

Überlieferung von Bischof Bernward aus dem Jahr 1001 „Einige Tage später zeigten sich der Herr Bernward und der Papst vor den Toren der Stadt. […] Jene aber gaben nicht eher nach, als bis sie mit Gottes Hilfe alle zur friedlichen Unterwerfung unter das Gebot des Kaisers gebracht hatten. Am anderen Tag kehrten die Bischöfe zum Kaiser zurück, gefolgt von einem denkwürdigen Triumphzug. Denn alle angesehenen Bürger der Stadt folgten ihnen, nur mit einem Lendenschurz bekleidet , in der Rechten ein Schwert und in der Linken eine Rute tragend, und bewegten sich so zum Palast:

Dem Kaiser, so sagten sie, seien sie mit Hab und Gut verfallen, nichts ausbedungen, nicht einmal das nackte Leben; wen er für schuldig halte, möge er mit dem Schwert hinrichten oder, wenn er Mitleid üben wolle, am Pranger mit Ruten auspeitschen lassen; wünsche er, daß die Mauern der Stadt dem Erdboden gleichgemacht würden, so wollten sie dies bereitwillig und gerne ausführen; nie in ihrem Leben würden sie sich ferner dem Befehl seiner Majestät widersetzen. Der Kaiser war voll des höchsten Lobes für die Friedensstifter, den Papst und den Bischof Bernward, und schenkte auf ihre Bitten den Schuldigen Verzeihung.“

Charakteristische Kennzeichen einer deditio: Entsprechende Kleidung des Unterlegenen: barfuss, nur mit Lendenschurz oder Büßergewand bekleidet Er trug ein Schwert und eine Rute bei sich, die auf die eigentlich verdiente Strafe hinwiesen Kniefall und die rituelle Auslieferung an den Sieger Die Reaktion des Siegers fiel unterschiedlich aus Töten durfte er die Unterlegenen allerdings nicht

Die Unterwerfungen fanden in größtmöglicher Öffentlichkeit statt Die Unterwerfung des Gegners gab der überlegenen Partei Genugtuung (satisfactio) Mehr Menschen = größere Genugtuung Die Öffentlichkeit garantierte das Einhalten der symbolisch vollzogenen Entscheidungen

Die deditio war immer im Vorhinein inszeniert Ablauf der Unterwerfung und Art der Bestrafung wurden vorher durch Vermittler (mediatores) ausgehandelt Die mediatores bürgten dafür, dass sich die Parteien an das Ausgehandelte hielten Die Vermittlungen waren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt Sie sind aber im Falle der deditio in einigen Quellen bezeugt

Heinrich IV. bittet um Vermittlung

Variation der deditio Die Ausgestaltung der Unterwerfung konnte situationsbedingt variiert werden Die verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten von Gesten, Gebärden und Ritual ermöglichten je nach Situation, den gewünschten Sinn zu erzeugen

Die deditio wurde nicht gewährt wenn, es sich bei der Unterwerfung tatsächlich um eine Spontanhandlung handelte es sich um Personen ausserhalb des Adelsstandes handelte ein Konflikt schon einmal durch eine Unterwerfung beendet worden war

Fazit Die Regeln der deditio hatten eine enorme Bindungskraft für die Adelsgesellschaft des MA. Dadurch war es möglich, eine Eskalation von Konflikten zu verhindern. Die Entscheidung zur deditio war geprägt von rationalen Beweggründen, denn beide Seiten profitierten von ihr

Der Sieger Er konnte u. U. einen langwierigen Krieg vermeiden Im Umgang mit den Unterlegenen konnte er Milde demonstrieren Die satisfactio

Der Unterlegene Rettete durch die deditio ggf. sein Leben Der Akt der Unterwerfung beschädigte nicht das Ansehen des Betroffenen Er konnte danach wieder zurück in Amt und Würden gesetzt werden

Die Macht der Zeichen und Gesten Von Hermann Kamp

Dudo von Saint- Quentin um 960, † 1026, Kanoniker v. St- Quentin (Vermandois), erster Geschichtsschreiber der Normannen (Normandie). Dudo gilt als Vertreter der karolingischen Kultur. Kaplan und Kanzler am Hofe Richard I. Sein Werk:“De moribus et actis primorum Normanniae ducum“.

Dudo von Saint- Quentin Teil 2 Das Verhalten der Normannen und Franken in der Öffentlichkeit. Die geschilderten öffentlichen Auftritte, Begegnungen und Verhalten der Normannen, laufen wiederholt darauf hinaus, die Macht der Normannen aufzuzeigen. Aber auch: Wie Macht in der Öffentlichkeit wirkt und wie sich sich offenbarte. Macht wird in diesem Kontext untersucht, wo sie Form und Gestalt annimmt.

Wirkung von Macht in der Öffentlichkeit Beispiel: Herrschertreffen von 942 in Vize in Dudos Werk. Zusammentreffen zwischen Ludwig IV. und Otto I. durch die Vermittlung Wilhelm Langschwerts. Konflikt unter den Kriegern beider Herrscher.

Der Konflikt unter den Kriegern Lothringer und Sachsen verschmähen Wilhelm Langschwert: „welch außergewöhnliche Tüchtigkeit und Machtfülle der Herzog der Normannen besitze, der Gold umhangen mit ( nur) 500 Kriegern hier angekommen sei. Sein Heer will Vergeltung und verübt sie auch. Beendigung des Konfliktes: Wilhelm gibt Cono sein Schwert. Er bring es zur Vorhut. Sie reagieren, als ob ihr Herr selbst zu ihnen spricht.

Demonstrative Gesten, die die Macht und Bedeutung Wilhelms demonstrieren. Am Anfang steht eine unterwürfige Bitte an Wilhelm. Rituelle Begrüßung durch Kuss und Umarmung, die die Gleichrangigkeit Wilhelms herausstellt. Schwerträgerdienst Präsentation des herrscherlichen Schwertes. Selbsterniedrigenden Akte des Gefolges.

Öffentlichkeit im Mittelalter Öffentlichkeit als Raum, in dem auf Ehre; Ansehen jedweder Person zu achten war. Verstoß dagegen: Flächenbrand. Angriff auf die persönliche Ehre in der Öffentlichkeit konnte aus freundschaftlichen Beziehungen feindliche machen. Bestimmte Ehre das Feld öffentlicher Interaktion, so erklärte sich schon zum Teil die Dominanz zeichenhafter Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit. Ehre und Ansehen wurde durch demonstrative Gesten vermittelt und erwiesen.

Demonstrative Gesten bei Dudo Reaktion des Gefolges auf den Spott als demonstrative Geste. Zerstörungswut war nicht unkontrolliert. Die verbale Herausforderung wurde mit einem demonstrativen Akt beantwortet. Wechsel der Kommunikation Tat sollte die Ehre der Spötter herabsetzten. Spott mit Spott hätte den Ehrverlust nicht ausgeglichen. Überlegenheit der demonstrativen Handlung gegenüber der verbalen Äußerung.

Demonstrative Gesten 2 Das Schwert als Inbegriff der Macht, repräsentiert den Herrscher, verbürgt sein Wort. Wirkt als Symbol selbst, fordert Ehrfurcht und Gehorsam. Sie verhielten sich dem Schwert gegenüber, als ob sie im Angesicht ihres Herrschers stünden. Präsenz des Schwertes schaffte einen öffentlichen Raum, in dem man nun in symbolischen Handlungen kommunizierte.

Demutsgesten und Bittgänge Bei Bittgänge können Demutsgesten als Machtmittel fungieren. Sollten eine bestimmte Reaktion erzwingen. Selbstdemütigung versetzte den Gegenüber in eine Bringschuld. Bsp.:Ludwig IV. besucht Wilhelm um ihn als Vermittler zu gewinnen. Ludwig trat wie ein „Haussklave“ auf und bediente Wilhelm. Erfolg für Ludwig, da er sich als höherstehender einem Untergebenem unterworfen hat. Zugzwang für Wilhelm.

Fußfall Fußfall vor untergeordneten Individuen = enormer Zwangscharakter. Fußfall vor gleichwertigen oder höherstehenden Individuen = Ehrerweis. Selten eingesetztes Mittel, häufiger Einsatz hätte zur Entwertung des Machtinstrumentes geführt.

Reden Bittreden: Bitten werden mehrfach wiederholt um das vorgebrachte Ansinnen durch zu setzten. Je demütiger die Bitte vorgebracht wurde,desto höher die Chance auf Erfolg. Wichtig: Körperhaltung und Stimme während der Rede. Der Kopf wurde gesenkt, Stimme gedämpft und der Gegenüber wurde nicht angesehen. Stimme reflektierte Inhalt der Rede. Z.B.:Unglücksbotschaften:zittrige Stimme, stöhnend übermittelt. Aber: Stimme kein rethorisches Stilmittel, Stimme variiert nicht nach Inhalt, sondern abhängig von den sozialen Beziehungen der Akteure. Ein König senkte niemals seinen Kopf, wenn er eine Bittrede hielt.

Reden 2 größere Unterwürfigkeit, wenn der Bittsteller in die Knie ging. Mimik, Gestus oder Stimme spiegeln nach Dudo das Ansinnen + Befindlichkeiten der geschilderten Person wieder. Das Gesagte wird sichtbar, gaben ihr Gewicht und Authentizität. Dadurch wurde aus der Bittrede eine Werkzeug.

Nibelungenlied 2 Teile: Im Burgundenreich am Rhein Hauptthema: Tod Siegfrieds Südostdeutschland und das Donaugebiet des heutigen Österreichs und Ungarns Hauptthema: Rache Kriemhilds

1. Teil Königshof WORMS: Kriemhild und 3 Brüder: Gunther, Gernot, Giselher Siegfried (Königssohn aus Xanten) erscheint bei Hof und fordert Gunther heraus ZENTRALER KONFLIKT: Vasallität, Unterordnung und Gehorsam

Siegfried in Xanten Unbezwingbarer Held Ausgestattet mit wundersamen Hilfsmitteln: Tarnkappe Schwert Balmung Legendärer Nibelungenschatz (Hort) Unverletzbarkeit durch ein Bad in Drachenblut

Brunhild Übermäßig starke Frau Verlangt von den Werber, sie im Kampf zu besiegen Gunther braucht Siegfrieds Hilfe bei der Werbung Vasallendienst Täuschung im Kampf Hochzeitsnacht fatal Siegfrieds Hilfe in der zweiten Nacht (Entwendung von Ring und Gürtel = klassische Zeichen für eine erfolgreiche Defloration)

Brunhild ♥ Gunther Kriemhild ♥ Siegfried Siegfried und Kriemhild besuchen Worms → Streit der beiden Frauen (Kebse)

Hagen von Tronje: Sieht in Siegfried eine Bedrohung des Hofes von Worms Hagen verabredet mit Gunther einen Mord im Odenwald Tötung Siegfrieds durch Lanze an der Quelle

Kriemhild Siegfrieds Leiche vor Kemenate Schwört Rache Will durch den Schatz fremde Recken an sich binden Hagen raubt den Hort

2. Teil Kriemhild ♥ Hunnenkönig Etzel → sieht eine Chance zur Rache Hagen versucht, die ehe zu verhindern Brüder wollen durch diese Heirat ihre Schuld sühnen Hochzeitsnacht findet statt, Kriemhild wird eine mächtige Monarchin

Jahre später werden die Wormser nach Ungarn geladen (Taufe des dreijährigen Sohnes Ortlieb) Eingeladene wittern eine Falle Warnung durch Meerjungfrauen Wormser legen am Hof ihre Waffen nicht ab → offene Kampfansage und schwere Beleidigung des Gastgebers

Offener Kampf Hagen tötet Ortlieb Etzel hetzt seine Krieger auf → Blutbad Überlebende: Dietrich von Bern, Hildebrand und Etzel

Zusammenfassend: Memorialzeichen: Geltung von Ring und Gürtel Gebärdensymbolik: z.B. Steigbügelszene Trügerischer Schein der Worte: z.B. verbale Strategien Hagens gegenüber Siegfried und Kriemhild