Die EU-Wasserrahmenrichtlinie Referat Öffentliches Umweltmanagement 13.01.2005 Christine Röhl, Margarethe Scheffler, Karen Adriaens
„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muß“ [Wasserrahmenrichtlinie, 1. Erwägungsgrund]
Gliederung Einführung Entstehung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie Verhandlungprozesse Neue Ansätze der Wasserrahmenrichtlinie Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland Chancen, Möglichkeiten und Kritik Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Berlin
Einführung Wasser, Süßwasser, ist ein knappes kollektives Gut: eine erneuerbare, aber begrenzte Ressource Zugang zu Wasser ist ungleich verteilt Es wird eine globale Wasserkrise erwartet In Europa, und Deutschland, nicht so sehr ein Problem der Quantität, aber viel mehr der Qualität
Einführung: Wasserkrise? Pro-Kopf-Verbrauch steigt (Lebensstil) Bevölkerung nimmt zu Süßwasservorkommen wird durch Verschmutzung weiter verringert Externe Effekte, auch für zukünftige Generationen: Verschmutzung, Wasserdistribution, Transport, Hochwasser
Enstehung der Wasserrahmenrichtlinie Seit 1970 eine Vielzahl von Richtlinien im Rahmen des Gewässerschutzes in der EG-Umweltpolitik Sektorspezifisch und ordnungsrechtlicher Ansatz Folge: eine Aneinanderreihung von Richtlinien, fehlende Abstimmung, Integration und Koheränz
Es hat 12 Jahre gedauert bis die Wasserrahmenrichtlienen zustande gekommen ist 1988, erster Ansatz für die Reform der EU-Wasserpolitik 1994, Anfang der Reformarbeiten In erster Phase wurde an eine Novellierung der bestehenden Richtlinien gedacht (Trinkwasser, Badegewässer) 1996: Gesamtkonzept für eine europäische Wasserpolitik 1997: Erster Vorschlag für eine neue Wasserrahmenrichtlinie 2000: Verabschiedung der Wasserrahmenrichtlinie (22.12.2000)
Instutionen und Verhandlungsprozess Wasserrahmenrichtlinie ist im Laufe eines langwierigen Verhandlungsprozesses zustande gekommen Unterschiedliche Auffassungen der Mitgliederstaaten (Umweltministerrat) -> Vermittlungsverfahren, u.a. Rechtsverbindlichkeit der Ziele, Zeitplan zur Umsetzung , kostendeckende Wasserpreise, Einbeziehung der Verpflichtungen aus den Meeresschutzabkommen Zwischen Umweltministerrat und Europäisches Parlament gab es ein Vermittlungsverfahren u.a. zu Kriterien für die Ausweisung Erheblich veränderter Gewässer, und kostendeckenden Wasserpreise
Annäherung unterschiedliche Vorstellungen zwischen Rat und Europäischem Parlament ohne Vermittlungsverfahren, z. B. Berücksichtigung bestimmter gefährlicher Stoffe (Meeresschutzabkommen), Aufnahme endokriner Stoffe in Liste der unerwünschten Stoffe Ausnahmeregelungen für “künstlichen Gewässer” wurden auf Vorschlag der Kommission übernommen Unproblematisch wurde ein Vorschlag einer Expertengruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten übernommen: Begriffsbestimmungen, normative Festlegungen für ökologische Zustand, Chemische Qualitätsnormen und Kriterien zur Überwachung
Inhalt und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
Ansätze der Richtlinie Ziel: einen guten chemischen und biologischen Zustand aller Oberflächengewässer und eine gute chemische und mengenmäßige Qualität des Grundwassers bis 2015 (spätestens 2027) zu erreichen Ganzheitlicher ökologischer Ansatz von Quelle bis Mündung (Flußeinzugsgebiete) Bewirtschaftungsplan für gesamten Lauf bzw. Flußeinzugsgebiet Einbeziehung der Öffentlichkeit (Transparenzerhöhung)
Guter ökologischer Zustand 5 stufige Klassifizierung der ökologischen Gewässerqualität Güteklasse I entspricht anthropogen unbeeinflusst Güteklasse Ökologische Qualität I sehr guter Status II guter Status III mäßiger Status IV unbefriedigender Status V schlechter Status
Umsetzung der Maßnahmen 1. Schritt: Bestandesaufnahme: Ermitteln der anthropogenen Belastungen der Oberflächengewässer und Grundgewässer und Einschätzung der Auswirkung 2. Schritt: Bewirtschaftungsplan: Welche Maßnahmen müssen betrieben werden um das Umweltziele zu erreichen? 3. Schritt: Umsetzung
Zeitplan 1.Schritt 2.Schritt 3.Schritt
Wirtschaftliche Analyse I wirtschaftliche Bedeutung von Wassernutzung in jeder Flussgebietseinheit Überprüfung der Umweltauswirkungen menschlicher Tätigkeiten Wie entwickeln sich die Wirtschaftsfaktoren im Laufe der Zeit, und wie wirkt sich das auf die Belastungen aus?
Wirtschaftliche Analyse II Wie entwickeln sich Wassernachfrage und Wasserangebot im zeitlichen Verlauf und welche Probleme dürften sich hieraus ergeben Beurteilung aktueller Kostendeckungsgrade Kostenwirksamkeitsanalyse für Maßnahmen
Weitere neue Ansätze kostendeckende Preise erheben (betriebswirtschaftliche Kosten und Umwelt- Ressourcenkosten) Anwendung des kombinierten Ansatzes von Emissionsobergrenzen und Qualitätsstandards Strenge Fristen für Zielerreichung Insgesamt ein Schritt auf dem Weg zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer auf einem europaweiten einheitlichen Niveau
Umsetzung ins deutsche Recht Knapp 3 Jahre Zeit für Umsetzung (bis 22.12.2003) Novellierung des WHG im Juni 2002 Umsetzung in 16 Länderwassergesetze notwendig Für Bewirtschaftungspläne: Kooperationsmechanismen erforderlich unter Ländern (bzw. Wasserwirtschaftsverwaltungen) Facharbeitsgruppen in Länderarbeitsgemeinschaften Wasser und Bund sind für die fachliche Umsetzung verantwortlich Kommission arbeitet aktiv mit um interpretationsbedürftige Teile harmonisch zu lösen
Flußgebietseinheiten
Novellierung des WHG Nachhaltige Entwicklung bei der Gewässerbewirtschaftung Koordinierungspflicht Bewirtschaftungsziele Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen Öffentlichkeitsarbeit Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramme
Stand der Umsetzung in Landesgesetze Bundesland Landeswassergesetz verabschiedet ? Verordnung erlassen ? Baden-Württemberg 22.12.2003 30.8.2004 Bayern 24.07.2003 16.03.2004 Berlin 16.09.2004 Brandenburg 29.06.2004 24.08.2004 Bremen 18.12.2003 24.02.2004 Hamburg 04.02.2004 09.07.2004 Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen 19.02.2004 03.08.2004 Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz 22.01.2004 10.11.2004 Saarland 31.03.2004 17.09.2004 Sachsen 24.06.2004 Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein 18.06.2003 10.11.2003 Thüringen 04.12.2003 27.05.2004
Beeinflussung anderer nationaler Politikfelder Landwirtschaft: Berücksichtigung diffuser Stoffeinträge Naturschutz: Schutz der Lebensräume und Arten (bessere Wasserqualität-> Verbesserung der Lebensräume) Küsten- Meeresschutz: WRRL betrifft Übergangsgewässer und Küstengewässer -> Qualität der Meere unmittelbar betroffen
Kritik Abweichung von strengen Ziel möglich (Schlupflöcher), großer Ermessungsspielraum -> enger Abstimmungsprozess nötig keine konkreten Kriterien zur Bestimmung und Sicherstellung einer guten chemischen Qualität des Grundwassers (Tochterrichtlinie)
Ausblick große Herausforderung für Verwaltung durch ganzheitliche Bewirtschaftungsansatz -> Umorientierung Bewirtschaftungsplan für gesamtes Flussgebiet-> Einflussnahme der Unterlieger höher Wasserpreisaspekt als offener Prozess der nur schrittweise gelingen wird, Methoden zur Berechnung der Umwelt- und Ressourcenkosten stehen noch aus Muss in andere Politikfelder hineinreichen (Energie, Chemie)
Umsetzung der WRRL Berlin
Flussgebiet und Koordinierungsraum Flusseinzugsgebiet Elbe Zusammenschluss Bundesländer an der Elbe zu national organisiertem Koordinationsbund Flussgemeinschaft Elbe Bildung von Koordinierungsräumen innerhalb der Flusseinzugsgebiete Berlin: Koordinierungsraum Havel
Institutionen & Akteure Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin Oberste Wasserbehörde 15 weitere nachgeordnete Behörden mit Umsetzung WRRL befasst (Oberste Naturschutzbehörde, Berliner Forsten etc.) Enge Zusammenarbeit m. Brandenburg (grenzüberschreitende Gewässer) Ministerium f. Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung Öffentlichkeit Wasserbetriebe Industrie & Handelskammer Landesfischereiamt Berliner Umwelt- und Naturschutzverbände
Stand der Umsetzung Umsetzung in Landesrecht noch nicht abgeschlossen Berliner Wassergesetz novelliert, aber noch nicht in Kraft Bestandesaufnahme abgeschlossen Zuordnung Einzugsgebiete Typisierung Ökosysteme Erfassung signifikanter Belastungen
Oberflächengewässer
Ammonium- Stickstoffgehalt der Gewässer
Ausnahmen Künstliche Gewässer & erheblich veränderte Oberflächengewässer (naturnaher Rückbau aus ökonomischen und nutzungsbedingten Gründen nicht möglich) Ziel: gutes ökologisches Potenzial erreichen Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Gewässereigenschaften ohne Nutzung aufzugeben
Grundwasser Einteilung in Grundwasserkörper Ziel: guter mengenmäßiger und chemischer Zustand d. Grundwassers Grundwasserabhängige Landökosysteme (Wald, Feuchtwiesen, Quellen etc.) Ziel: keine signifikanten Schädigungen im Wasser- und Stoffhaushalt
Grundwasserabhängige Landökosysteme
Endergebniss Oberflächenwasser Grundwasser 250km Fliessgewässer, 100km künstlich, 110 erheblich verändert, 2 Gewässer annähernd naturnah Zielstellung bisher bei 1% erreicht, bei 25% unklar, bei 74% unwahrscheinlich (beinhaltet auch künstl. & erheblich veränderte Gewässer) Grundwasser 4 Grundwasserkörper Zielstellung: mengenmäßig ok, Zielerreichung chemischer Zustand bei 3 GWK unwahrscheinlich
Ausblicke Bestandesaufnahme Grundlage für Monitoring Programm ab 2006 Handlungsfelder d. Maßnahmenprogramme Oberflächenwasser: Maßnahmenprogramme gemäß Abfallbeseitigungsplan 2001 ausreichend um Nähr- und Schadstoffe zu reduzieren ggf. Zeitliche Raffung; Strukturverbessernde Maßnahmen Grundwasser: keine Handlungsfelder erkennbar, zur Verbesserung d. schlechten chemischen Zustands greift Erlass d. Trinkwasserschutzgebiete, abwassertechnische Erschließung in Siedlungsgebieten & Altlastensanierung
Bewertung & Probleme WRRL Grundwasser „nur“ Verschlechterungsverbot WRRL in vielen Behörden und bei Betroffenen noch nicht angekommen Sehr ökologisch orientierter Ansatz – kaum Nutzerfreundlich Vorhandene Nutzung und guter ökologischer Zustand kaum vereinbar – Zielerreichung unklar