Stadtdirektor Axel Markwardt

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Stadtdirektor Axel Markwardt Tatort Kommune... Stadtdirektor Axel Markwardt Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Persönliche Vorstellung 1979 - 1995 Baureferat, Rechtsabteilung 1988 - 1996 juristische Betreuung von Großbauvorhaben u.a. Klärwerk München II, Klärschlammverbrennungsanlage, Tunnelbauten, erster großer, spektakulärer Korruptionsfall 1992 erster Korruptionsbeauftragter der Landeshauptstadt München 1996 - 2001 Leiter des Amtes für Abfallwirtschaft seit 2001 Stadtdirektor im Kommunalreferat (Immobilien- und Betriebsreferat), Vertreter der Referentin Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Procedere Fragen, Vertiefung, Widerspruch und Diskussionsbeiträge am Ende sowie in den anschl. Diskussions- und Arbeitsgruppen Verständnisfragen, bitte sofort (Zuruf) Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Inhalt Einleitung Was ist Korruption Die Hauptfälle in München, Baubranche Sonstige bekannt gewordene Fälle Motive für die Beteiligung an Korruptionshandlungen Gefährdungspotential - Größenordnung Wie fängt alles an Anti-Korruptionsbeauftragte in den Referaten und Ämtern Was können Korruptionsbeauftragte machen Besonderes zum Bauwesen (Planung, Bau, Lieferung) Evaluation Schluss Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Einleitung Die öffentliche Hand (bes. die Kommunalverwaltung) kann meist nur reagieren “Hase und Igel” - Desinteresse, Lähmungserscheinungen Viele Möglichkeiten, die oft nicht gesehen oder genützt werden Ziel ist, zu zeigen, dass eines immer geht: die Hürden so hoch wie möglich legen und heilsame Verunsicherung Hier soll nur die Praxis, der “Alltag” der Korruptionsbekämpfung bei einer Kommunalbehörde dargestellt werden Kein juristisches Seminar über Straftatbestände Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Was ist Korruption Im antiken Rom ließen sich Feldherren ebenso bestechen, wie Kaiser, die obersten Repräsentanten des Staates gingen in Sachen Korruption mit “gutem”, d.h. “schlechtem” Beispiel” voran Ab Ende des 19. Jh.: Die Industrialisierung der Wirtschaft und die Entwicklung der öffentlichen Hände andererseits zu Dienstleistern (großen Auftraggebern) eröffnen die Dimension zur Wirtschaftskriminalität Zur Korruption der Bediensteten der öffentlichen Hand ist es dann nur ein weiterer Schritt Beteiligt sind immer auch Unternehmen und Firmen der privaten Wirtschaft Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Was ist Korruption politische Korruption Ämterpatronage, z.B. aus Dank der Parteien für treue Dienste Belohnung mit gut und hoch dotierten Vorstands- oder Ministerposten aber auch Bestechung usw. gewählter Volksvertreter Korruption in und zu Lasten der Verwaltung Bestechlichkeit und Vorteilsannahme Schmiergeld-Zahlungen Bildung von Kartellen Betrug Untreue Philipp II von Mazedonien „Eine Festungsmauer kann nicht hoch genug sein, dass ein mit Gold beladener Esel sie nicht übersteigen könnte” Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Was ist Korruption Definitionsparameter des Bundeskriminalamtes (Studie “Korruption - hinnehmen oder handeln?”, 1995) Korruption bedeutet missbräuchliches Handeln in einer amtlichen / öffentlichen Funktion (auch einer vergleichbaren in der Wirtschaft oder eines politischen Mandatsträgers) Die Handlung kann sowohl auf Veranlassung Dritter, als auch aus eigener Initiative des öffentlich Bediensteten geschehen Die Handlung dient der Erlangung oder dem Anstreben persönlichen Vorteils (meist auf beiden Seiten) Die Folge der Handlung ist der Eintritt eines Schadens (mittelbar und unmittelbar) für die Allgemeinheit Zuletzt ist kennzeichnend für alle Korruptionshandlungen das Bestreben der Geheimhaltung und Verschleierung dieser Machenschaften Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Die ersten Hauptfälle in München - Baubranche Es geht nicht nur um große, spektakuläre Fälle; die Überschreitung der Grenzen des Erlaubten im kleinen (z.B. Vorteilsannahme durch unerlaubter Annahme von Geschenken) bedeutet Eintritt mitten in den Sumpf der Korruption! Erkenntnis, dass Korruption überall vorhanden ist schmerzlicher Prozess: “Das glaube ich nicht” und “das gibt’s doch gar nicht” Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Die ersten Hauptfälle in München - Baubranche Das Elektrokartell Im ganzen Südbayerischen Raum Skandal der Elektrobranche, kein “Klärwerkskandal” Großfirmen wie Siemens, AEG und ABB, aber auch große Zahl mittelständischer Unternehmer 1 beteiligter städt. Mitarbeiter erhält in 10 Jahren über 2 Mio. Euro Schmiergelder Die Handlungen des Mitarbeiters im einzelnen: Bei Beschränkten Ausschreibungen, Firmenlisten herausgegebenen und die städt. Kostenschätzung genannt Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Die ersten Hauptfälle in München - Baubranche Das Elektrokartell Urkundenfälschung im Einzelfall Kartellbildung und -erhaltung unterstützt Aufmassbetrug Hauptschaden (über 2 Mio.!) Gesamtschaden: über 5 Mio. Euro Strafmaß: 6 Jahre und 9 Monate für städt. Mitarbeiter bis zu 4 Jahren für Firmenvertreter Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Die ersten Hauptfälle in München - Baubranche Das Kanalbaukartell Alle großen Münchner Baufirmen beteiligt Seit den 50-iger Jahren waren praktisch alle Kanalbaumaßnahmen abgesprochen Ein städt. Bediensteter bekam für seinen Informationen 1Promille der Auftragssumme, max. 10.000.-- DM pro Auftrag Die Firmen des Kartells erzieltem so satte Gewinne, der städt. Bedienstete wurde immerhin A16 (Abteilungsleiter) und Personalrat Schaden: ca. 8,5 Mio Euro Strafmaß für den städt. Mitarbeiter: 2 Jahre und 9 Monate Strafmaß für Firmenmitarbeiter: meist unter 2 Jahren, mit Bewährung Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Die ersten Hauptfälle in München - Baubranche Das Küchenkartell Küchenausstattung für Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser “geleitet” von einem städt. Mitarbeiter mit 2 Kollegen für Neuaufträge gab es 6%, für Wartungsaufträge 20% der Auftragssumme Schwerpunkt: Klein- und Kleinstaufträge < 5000.– Euro Strafmaß: 8 Jahre und 3 Monte sowie 6 Jahre und 8 Monate wg. Bestechlichkeit, Untreue, Steuerhinterziehung 1 Mitarbeiter nahm sich in der U-Haft das Leben Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Sonstige bekannt gewordene Fälle Bestechungsfälle in der Ausländerbehörde, Gaststättenbehörde und in der Führerscheinstelle Leiter der Baugenehmigungsbehörde: “Beratervertrag” (1000.-- Euro/p.M.) eines Elektro- und Immobilienunternehmers, unmittelbare Einwirkung des Betroffenen auf Entscheidungen wurden nicht nachgewiesen Abfallwirtschaft: Zusatzmüll gegen “Entgeld” “Verkauf” / Verschiebung gut erhaltener Secondhand - Waren auf den Wertstoffhöfen Problem: geringer Schaden MitarbeiterInnen des Sozialamtes zahlen sich auf eigene Konten Sozialhilfe aus Vollständigkeit nicht garantiert Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Motive für die Beteiligung an Korruptionshandlungen Motiv auf Seiten der Wirtschaft, der Antragsteller oder Petenten Vorteilserlangungen, Vertragsabschlüsse, Aufträge, Nachträge, also wirtschaftliche Vermögenswerte Erlangung begünstigender Verwaltungsakte oder Verhinderung belastender Verwaltungsakte (z.B. Ausländerbehörde, Gaststättenbehörde und natürlich: Baugenehmigungsbehörde!) Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Motive für die Beteiligung an Korruptionshandlungen Auf Seiten der öffentlichen Hände Finanzen, geldwerte Vorteile Nachahmungseffekte (Politik): „was die können, können wir schon lange“ Geltungsdrang, Ansehen, Sozialprestige Macht und Einfluss Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Gefährdungspotentiale - Größenordnung ca. 50.000 Beschäftigte (einschl. SWM GmbH) ca. 1 Mrd. Euro Investitionssumme (schwankend) ca. 7.000 Baubescheide p.a. ca. 35 rechtsverbindliche Bebauungspläne p.a. ca. 6000 Wohnungsvergaben ca. 40.000 Duldungsbescheide ca. 11.000 gaststättenrechtliche Erlaubnisse Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Wie fängt alles an? Fast immer durch Anfüttern, “Pflege der kommunalen Landschaft”, jedenfalls im Baubereich, auch in Baugenehmigungsbehörden Initiative geht selten, fast nie vom Amtsträger aus, allerdings: Ist eine längere Beziehung von Geben und Nehmen entstanden, stellt auch der/die erst eher passive MitarbeiterIn Forderungen, die häufig auch immer dreister werden So werden Abhängigkeiten geschaffen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Was kann die Verwaltung tun? Anti-Korruptionsbeauftragte Anlaufstelle für BürgerInnen und MitarbeiterInnen (auch bei Verdachtsmomenten) AnsprechpartnerIn in konkreten Korruptionsfällen für die Arbeitsgruppe Korruption, die Referats- und Amtsleitungen, die (Ober-) BürgermeisterIn AnsprechpartnerIn für Revisionseinheiten AnsprechpartnerIn für JournalistInnen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Was kann die Verwaltung tun? Anti-Korruptionsbeauftragte Erstellen von Schwachstellenanalysen Koordination und “Anschieben” aller Maßnahmen in den Referaten Betreuung der Sperrlisten in Vergabefällen (Fristen etc.) Vorschläge erarbeiten im Falle neuer Erkenntnisse Sachverhaltsermittlung bei Verdachtsfällen, Kontaktstelle zu den Ermittlungsbehörden Geltendmachung von Schadensersatz Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Anti-Korruptionsbeauftragte Stellung der Korruptionsbeauftragten Unabhängig und nur an die Weisungen des / der (Ober-)Bürgermeister(s)in gebunden Enge Anbindung (Kommunikation) an die Arbeitsgruppe Korruption (sofern vorhanden) und an die Revisionsbehörden Wichtig (Fach-) erfahrene MitarbeiterInnen Ansehen in der Dienststelle Richtiges Bewusstsein mit bringen, nicht: “ich lege meine Hand ins Feuer für ...” Schwarze Schafe eliminieren bedeutet: MitarbeiterInnen - Schutz Soziale Vernetzung in den Dienststellen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Wichtig Es gibt keine 100-% zuverlässigen Allheilmittel Es geht “nur” darum Die “Hürden so hoch wie möglich zu legen” und Für “heilsame Verunsicherung” zu sorgen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Sensibilisierung der gesamten Verwaltung Durchführung regelmäßiger Fortbildungsseminare Mitarbeitergespräche (“Vor-Augen-Führen”) Leitfaden zur Korruptionsprävention Offenlegung aller bekannten Fälle, auf Risiken und Gefahrpotentiale hinweisen Angst vor Folgen aktivieren (wohl größte Abschreckungswirkung) Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Für Abschreckung sorgen Angestellte sofort kündigen (ggf. Aufhebungsvertrag), keine Zweifel daran lassen Besonders im ersten Fall schnell, hart und konsequent reagieren Das komplette beamtenrechtliche Instrumentarium anwenden (Entfernung aus dem Dienst, Bezüge kürzen, gesetzliche Fiktion der Entlassung bei Verurteilung zu einem Jahr Haftstrafe) konsequent anwenden Hinweis: Es muss nicht nur konsequent gehandelt werden, es muss auch viel und laut darüber geredet werden Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Jobrotation Auch kein Allheilmittel Geht nur in den Grenzen der beruflichen Qualifikation bei gleichgerichteter (Verwaltungs-) Tätigkeit, wie Bau-, Sozial- und Ausländerämtern, Führerscheinstellen etc. Schwerpunkt Vergabestellen Know-How-Verluste können kompensiert werden, Pensionierung, länger dauernde Krankheit wird auch kompensiert Kluge Organisation, Nachfolger einarbeiten usw. i.ü. Personalfluktuation, Aufgabenrotation planmäßig bei Kreisverwaltungsbehörden Baugenehmigungen, Baukontrollmeister, Bauverwaltungen Sozialämter Vergabestellen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Achtung Kriminelle Handlungsweisen nicht “verpflanzen”, (Korrupte Firmen nicht “mitnehmen”) Auf Motivation achten: Jobrotation ist nicht “Strafe”, sondern dient dem Schutz aller unbescholtenen MitarbeiterInnen Jobrotation zur Voraussetzung best. Stellenbesetzungen machen (Höhergruppierung) Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Statistiken und DV-gestützte Überwachungsmaßnahmen Keinem Akt, keinem Schriftsatz kann die Korruptionshandlung entnommen werden Machenschaften haben in aller Regel die Eigenschaft, dass sie als solche eben nicht sofort erkannt, entdeckt werden können Auffälligkeiten und Verknüpfungen, die Hinweise auf Korruptionshandlungen geben, sind meist nicht aktenkundig bzw. Erschließen sich nicht auf den ersten Blick Schwerpunkt Massengeschäft (Baugenehmigungen, Sozialämter) Statistiken anfertigen: z.B. um hohe oder niedrige Genehmigungsraten in Baugenehmigungsbehörden bzgl. einzelner Bezirke oder MitarbeiterInnen zu erkennen Vergabezahlen an bestimmte Firmen Anzahl beschränkter Ausschreibungen pro MitarbeiterIn Anzahl der Firmen, die im Bauunterhalt pro Objekt beauftragt werden Vorsicht: Auffälligkeiten sind für sich noch kein Beweis für Korruptionshandlungen Abstände der Submissionsergebnisse (LV-Positionen) analysieren Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Kooperation mit den Ermittlungsbehörden Jeden Anfangsverdacht melden, anzeigen Türen und Schränke jederzeit öffnen, in München gab es kaum Durchsuchungsbefehle Angeforderte Unterlagen schnellstens herausgeben Regelmäßigen Erfahrungsaustausch organisieren (was ist in anderen Verwaltungen, in anderen Behörden passiert, welche neuen Tricks hat die Staatsanwaltschaft entdeckt?) Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption wichtig Umdenken der Verwaltungs- und Dienststellenleiter ist erforderlich “Erfolg der Ermittlungsbehörden ist auch Erfolg der Dienststelle” ! Glaubwürdigkeit nach innen in Bezug auf die überwältigende Mehrheit der korrekten MitarbeiterInnen Glaubwürdigkeit nach außen, das ist die politische und gesellschaftliche Glaubwürdigkeit Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Stärkung der Revision Einrichtung mobiler Einsatztruppen (Mitarbeiter kommen ohne Anmeldung, Aufmassbeobachtung, Akteneinsicht) Im Revisionsamt und geeigneten Referaten Allein die Existenz solcher mobiler Einsatztruppen “legt die Hürden höher” oder: “die heilsame Verunsicherung” Auch bei Firmen und Petenten spricht sich das herum! Im Baureferat wurden seit 1993 über 1500 Baumaßnahmen mit über 330 Mio. Euro Bauvolumen geprüft Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Maßnahmen gegen Korruption Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken Strittig: ganz verbieten? 10 Euro? 50 Euro? Wertgrenze in München: 15 Euro, kein Bargeld! Grenzfälle: Einladungen, Richtfeste, Ausrichtung von Weihnachtsfeiern Zielsetzung: Transparenz, Gleichbehandlung AnsprechpartnerInnen festlegen Probleme Genereller Konsens in der Privatwirtschaft, das sei üblich und normal! Kontaktpflege Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Bauwesen, Planung und Lieferung Alle Planer (Architekten, Ingenieurbüros) ausdrücklich auf Amtsverschwiegenheit u.ä. Verpflichtungen gem. § 11 Abs. 1, Nr. 2, lit. a StGB hin verpflichten und belehren - aufwendig, aber lohnend Die öffentliche Ausschreibung von Lieferung und Leistungen muss der Regelfall sein; beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben wirklich nur in den engen Grenzen der VOB und VOL durchführen Wenn beschränkte Ausschreibungen durchzuführen sind: Liste “nach oben” im verschlossenen Umschlag weiterleiten Bieterliste von Vorgesetzten und Vergabestelle ändern lassen Keine Information an die Dienststelle Bieterliste erst nach der Submission an die Dienststelle zurückgeben! Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Bauwesen, Planung und Lieferung Einrichtung zentraler Vergabestellen, die mit der Planung und der Baudurchführung nichts zu tun haben Inhaltlich genaue und nachvollziehbare Vergabevermerke fertigen Preispositionsvergleiche nach Abschluss der Baumaßnahme, Abweichungen genau hinterfragen Besonders wirkungsvolle Abschreckungsmaßnahme: konsequenter Ausschluss vom Wettbewerb bei Nachweis(en) von Korruptionshandlung(en), Regelsperrzeit 3 Jahre Problem Nachweislichkeit Erkenntnisse aus Urteilen, Geständnissen, Anklageschriften, auch verlässliche Zeugenaussagen (problematisch!) sind i.d.R. ausreichend Problem Anhörung H. M. unter Juristen, Ausschluss ist kein VA - trotzdem entspricht eine Anhörung dem Rechtsstaatsgebot Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Bauwesen, Planung und Lieferung Mittelständische Firmen sind besonders hart betroffen (i. Ggs. zur Siemens AG), Bay. Staatsregierung: “Die sozialen Auswirkungen eines Ausschlusses vom Wettbewerb sollen berücksichtigt werden!” Vorherige Wiederzulassung nur, wenn handelnde Personen entlassen oder wenigstens versetzt wurden Schadensersatzleistungen eingegangen sind Hinweise Schadensersatzverhandlungen vor der Hauptverhandlung führen, Schadenswiedergutmachung ist Strafzumessungsgrund Geeignete organisatorische, personelle Maßnahmen ergriffen wurden (z.B. Innenrevision) - vertrauensbildende Maßnahmen Konsequente Einforderung und Durchsetzung aller Schadenser-satzforderungen aus Korruptionshandlungen im Bauwesen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Bauwesen, Planung und Lieferung Wichtig Das alles dient der Abschreckung / Prävention VOB und VOL sind das zuverlässigste, sicherste Bollwerk gegen Korruption im Bauwesen Private Bauherren sind nicht verpflichtet, die Verdingungsordnungen anzuwenden Daher ist jede Privatisierung im Hinblick auf Korruptionsbekämpfung kontraproduktiv Zusammenarbeit mit der Baubranche: das könnte eine Chance sein, die schwarzen Schafe zu entdecken und vom Markt zu nehmen - wobei Skepsis angebracht ist; das ist aber hier nicht zu vertiefen! Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Evaluation Jobrotation ausdehnen Verbot von Geschenkannahmen verschärfen Aussteiger-Modell / Vertrauensanwalt In Zukunft: 0800 - Nummer (auch anonym) Sponsoring regeln (u.a. zentrale Genehmigungspflicht) Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Schluss Es gibt Möglichkeiten etwas gegen Korruption zu unternehmen Es gibt keine Allheilmittel Hürden so hoch wie möglich legen, konsequent daran bleiben, heilsame Verunsicherung! In Öffentlichkeit, im politischen Raum und in der Kommunalverwaltung selbst muss Verständnis für Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung aufgebaut werden Ächtung aller auffällig Gewordenen Auch Industrie, Handwerk und alle einschlägigen Unternehmungen müssen konsequent vorgehen, z.B. sich von untreuen, korrupten MitarbeiterInnen trennen Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Für Fragen und Diskussionsbeiträge stehe ich gerne zur Verfügung! Kontaktadresse: Stadtdirektor Axel Markwardt Kommunalreferat der LH München Roßmarkt 3 D-80331 München Telefon: +49 (0) 89 - 233 22 40 3 Fax: +49 (0) 89 - 233 28 40 4 E-mail: axel.markwardt@muenchen.de Friedrich Naumann Stiftung, 18. Juni 2005