Psychiatrische Maßregel und Gemeindepsychiatrie

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 Präsentation transkript:

Psychiatrische Maßregel und Gemeindepsychiatrie Kontaktgespräch Psychiatrie, Berlin 27. Mai 2015 Veränderungsbedarf im Maßregelrecht aus Sicht forensischer Ambulanzen DR. FRIEDHELM SCHMIDT-QUERNHEIM

Agenda Gemeinsames Ziel – Versorgung der ‚Schwierigen‘ Gesetzesentwurf – (Fehl-)Wirkungen auf die Kooperation von Forensischer- und Gemeindepsychiatrie ? (1) Prävention (2) Führungsaufsicht (3) Erledigungen Fazit Perspektive – ‚Verantwortungsgemeinschaft‘ von Justiz und Psychiatrie ?

Die Versorgung der ‚Schwierigen‘ Kommunale Arbeitsgruppen ( Tänzer 2009, Arnolds 2007) Konsultationsverbund im Rheinland (Becker, 2012) Gemeindepsychiatrische Verbünde (Rosemann 1999, Konrad & Frank, 2011) Qualifizierung (DGSP, 2005)   Kooperationen mit Forensischen Ambulanzen (Schmidt- Quernheim & Seifert, 2014) Präventionsprojekt Universität Düsseldorf & LB MRV NRW (Frommann et al., 2012) Die Fortbildung hat daher einen starken Praxis- und Handlungsbezug, der Sicherheit im alltäglichen Umgang geben soll und insbesondere die „Fallstricke“ in der Beziehungsgestaltung thematisiert. Probleme der Gegenübertragungen und die Reflektion der eigenen Haltung (zwischen Verteufelung und Sozialromantik) haben einen prominenten Stellenwert hier können Multiplikatoreneffekte erzielt werden (die Teilnehmer sind meist im Anschluss als „Forensik-Beauftragter“ in ihren Einrichtungen tätig die Ausbildung führt zu weitergehenden Akzeptanz forensischer Nachsorge in den Einrichtungen der Regionen und trägt dadurch zur regionalen Vernetzung von forensischen Kliniken und der Gemeindepsychiatrie bei.

Forensische Nachsorge ist immer sozialpsychiatrische Arbeit mit ‚Schwierigen‘ ‚Personenzentrierte‘ Arbeitskonzepte Forensischer Ambulanzen alltägliche Lebenswelt mit Ressourcen und Hilfebedarfen - ‚Sozialer Empfangsraum‘ Weniger Individualbehandlung als Unterstützung von Beziehungen und Systemen Setting übergreifendes (‚komplexes‘) Hilfsangebot überwiegend aufsuchend-mobil mit einem Case Management 'aus einer Hand' Parallelen mit der auch in der AP propagierten 'Integrierten Versorgung' mit ACT-Teams

Stimme der Gemeindepsychiatrie Wir müssen bei „der Problematik schwer erreichbarer psychisch erkrankter Menschen in Multiproblemlagen einfachen Lösungen des ‚Wegdelegierens‘ widerstehen… Es geht darum, diesen Menschen auf regionaler Ebene ein Gesicht und eine Stimme zu geben und ein kollektives Gedächtnis für sie zu entwickeln, um eine ernstgemeinte Verantwortungsgemeinschaft umzusetzen und mit Leben zu füllen.“ (Sprenger, 2013) Die schwierigen, vielfach diskutierten Multiproblempatienten (sog. ‚Systemsprenger‘) haben wieder ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass Problematik nicht durch Schönrederei oder Verleugnung oder Abschieben vom Tisch ist Vorwurf, dass die AP ihr Präventionspotential nicht ausschöpft, Patienten z.B. mit hoher Ko-Morbiditätsbelastung zu früh oder disziplinarisch entlasse, was eine Verwahrlosung und Forensifizierung der Patienten zur Folge

Gesetzesentwurf – (Fehl-)Wirkungen auf die Kooperation von Forensischer- und Gemeindepsychiatrie ? (1) Prävention Der Gesetzesentwurf ist bei Umsetzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht konsequent: Präventive Handlungsansätze werden vernachlässigt, die zur Verhinderung stationär-forensischer Unterbringungen beitragen und damit zu einer weitergehenden Kooperation mit der gemeindepsychiatrischen Versorgung führen könnten bzw. müssten.

Wir brauchen Alternativen zu stationären Unterbringungen ! Häufigere Anwendung des § 67 b StGB (primäre Bewährungsaussetzung), der zum Verzicht auf eine Unterbringung führen könnte bzw. bei Vorliegen „besonderer Umstände“ und strikter Auslegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sogar erfolgen sollte

Was ist dafür erforderlich? Wie können Alternativen aufgebaut werden? Schaffung von „besonderen Umständen“ (§ 67 b StGB), um dem Gericht eine entsprechende Entscheidung zu ermöglichen Voraussetzung ist eine intensive gemeindepsychiatrische Hilfeplanung direkt bei der Aufnahme, um Alternativen (ambulante oder stationäre ) zu erkunden oder wenigstens gleich zu Beginn Rehabilitation und gemeindepsychiatrische Weiterbetreuung in den Blick zu nehmen (Maßregelvollzug als Transit)

(a) Wie ist das umsetzbar (a) Wie ist das umsetzbar? Wie lassen sich „besondere Umstände“ schaffen? Bereits während der einstweiligen Unterbringung nach 126a StPO sollte durch gesetzliche Normierung sichergestellt werden, dass neben Behandlung und Begutachtung Umfeldbezogene, anamnestisch-sozialpsychiatrische Berichte von bisherigen Bezugspersonen regelhaft als eigenständige Stellungnahmen zu dieser spezifischen Fragestellung in den gerichtlichen Entscheidungsprozess einfließen (Dönisch-Seidel 2014)

(b) Wie ist das umsetzbar (b) Wie ist das umsetzbar? Wer sollte diese Expertisen regelhaft erstellen ? Die Gerichtshilfe hat exakt diesen gesetzlichen Auftrag (www.justiz.nrw.de) „Hauptaufgabe der Gerichtshilfe sind sozialarbeiterische Untersuchungen und Darstellungen der persönlichen Verhältnisse und der sozialen Lage von Personen, die in Strafverfahren involviert sind. Die sozialarbeiterischen Diagnosen werden nach konkretem Auftrag durch Staatsanwaltschaften, Strafgerichte, Strafvollstreckungsbehörden erstellt. Dadurch sollen deren Entscheidungen im Interesse einer sozialen Strafrechtspflege und verbesserter prognostischer Grundlagen vorbereitet werden. Dabei sind die Gegebenheiten festzustellen, die für die Strafzumessung (§ 46 StGB), für die Einstellung eines Verfahrens (§§ 153 und 153 a StPO), die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) und die Anordnung der Besserung und Sicherung (§ 61 StGB) von Bedeutung sein können.“

Fazit 1 und weiter: „…Die Gerichtshilfe leistet Sozialarbeit im Bereich psychosozialer Diagnose. Im Mittelpunkt steht das gezielte, methodische Gespräch mit den Betroffenen und den Personen ihres sozialen Umfeldes (Familienangehörige, Partner, Freunde, Arbeitgeber etc.) Fazit: Hier muss nichts neu erfunden werden, sondern bestehende Zuständigkeiten und Kompetenzen genutzt und ausgebaut werden Gesetzesänderung in StPO, um die Inanspruchnahme dieser gemeindepsychiatrischen Expertise sicher zu stellen

Was kann die Gemeindepsychiatrie dazu leisten Was kann die Gemeindepsychiatrie dazu leisten? ‚Koordinierende Bezugsperson‘ als Partner Koordinierende Bezugsperson könnte als fester Ansprechpartner u.a. der Gerichtshilfe die Problematik, gemeindepsychiatrische Vorgeschichte etc. des Patienten detailliert beschreiben, Lebenssituation und bestehende, auch professionelle Kontakte fachlich bewerten (hinsichtlich Ressourcen, Risikofaktoren, Veränderungsbedarf), zur „Hilfeplanung mit der Kompensation von Rückfallrisiken durch spezifische gemeindepsychiatrische Unterstützungsangebote“ beitragen (BAG GPV; Konrad/Rosemann 2015) Erfahrung zumindest aus NRW, das es vielerorts schon bestehenden Fallmanagern gibt, die den Patienten lange begleitet haben und daher sehr auskunftsfähig werden. Beim Konzept einer koordinierenden Bezugsperson – so meinen noch vorläufigen Erkundigungen – gibt es aber eine explizite Beauftragung /Benennung, so dass dann neben den reine face-to face Kontakten eben auch vielfältigste komplexe Koordinations-/Netzwerkarbeit gemacht wird, die auch im Falle einer Klinikbehandlung nicht aufhört, sondern gerade dann intensiviert wird Ein gesetzlicher Betreuer – wenn er überhaupt installiert ist – ist da sicher kein Ersatz

Fazit 2 Sie sichert Info-Transfer und die persönliche und fachliche Kontinuität durch alle Stufen und Sektoren der Versorgung – sie bleibt auch während einer forensischen Unterbringung Begleiter und Ansprechpartner für die Rückkehr des Patienten in die Region (Aussetzungsentscheidungen § 67 e StGB) Fazit: Auch die ‚koordinierende Bezugsperson‘ muss nicht neu erfunden werden. Konzept ist fachlich unstreitig, bereits partiell erfolgreich eingeführt (u.a. Obert 2013), sollte in der gemeindepsychiatrischen Versorgung zum Regelfall werden – und damit auch zur Schnittstelle zum Maßregelvollzug

(2) Führungsaufsicht: Schaffung von Kriseninstrumenten ! Gemeindepsychiatrie (zuletzt Konrad/Rosemann 2015) betont die Wichtigkeit einer befristeten Wiederaufnahmemöglichkeit in den Maßregelvollzug bei ernsten Krisen und Rückfallvorboten, Bei Erledigungsentscheidungen fallen diese Kriseninterventionen u.a. weg, damit aber genau diejenigen Maßnahmen, die in vielen Fällen den Erfolg der Rehabilitation absichern konnten ! Es ist schwer verständlich, dass gerade bei den ‚Schwierigen‘ alle Nachsorger vom Gesetzgeber alleine gelassen werden!

Schaffung von Kriseninstrumenten ! Auch für ‚Erlediger‘ ist ein vergleichbare Wiederaufnahme-möglichkeit in klinische Behandlung erforderlich Eine kurzfristige stationäre Krisenintervention wäre verhältnismäßig und im Sinne des Patienten – Verhinderung einer erneuten und langfristigen Forensifizierung Auch aus juristischer Sicht (Expertise von Richter Koller, Landgericht Göttingen, 2012) erscheint eine entsprechende rechtliche Normierung erforderlich und mit höchst-richterlichen Urteilen vereinbar Initiative des Justizsenators Hamburg bisher folgenlos – sollte aber dringend wieder aufgegriffen werden !

3. Erledigungsentscheidungen vermeiden ! Durch fehlenden 'sozialen Empfangsraums‘ fällt entscheidender Stabilitätsfaktor weg Die schrittweise Erprobung der Realität ‚draußen‘ in einer haltenden Übergangsphase ist de facto nicht möglich. Die ‚Passung‘ von Patient und Kontext kann weder professionell gestaltet noch ausreichend nachjustiert werden. Justizielle Interventionsmöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung Das führt zur Nicht-Aufnahme in Einrichtungen Die Rückfallgefährdung ist keine Eigenschaft, die ein Patient hat. Vielmehr ist das Rückfallrisiko kontextabhängig, abhängig insbesondere von einer kompetenten Nachsorge: "Die beste Prognose ist die, die man selbst gestalten kann“ Modelliermasse für eine gute Prognose

Patient - Spielball zerstrittener und überforderter ‚Eltern‘ ? Patient hat ambivalente Bindung an die Klinik Angst und Überforderungserleben der Patienten nicht unterschätzen mehr als nur Hospitalisierung, sondern erstmalig haltgebende Institution, die ihn aushält Gefahr einer erlebten ‚Ausstoßung‘ durch ‚Eltern‘ werden, die ihre Patienten aus Gründen eigener Entlastung loswerden wollen nur das diesmal zu seinem ‚Wohl‘ sein soll; wo solche Begriffe auch -Autonomie- aber eher zynisch wirken) das Verhältnisprinzip Schindluder getrieben

Verhältnismäßigkeit konsequent auch auf Bewährungsentscheidungen § 67 d Abs.2 ausdehnen Fortdauerentscheidungen (im Hinblick auf eine mögliche Bewährungsaussetzung) sollten stärker hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit geprüft werden – das Wort „erheblich“ § 67 d Abs.2 ist verkürzt auf die Tatschwere, Kein „Mehr“ an Gutachten (mit zweifelhaftem Erfolg) Explizite Prüfung (§ 463 StPO Abs.4), ob der Zweck der Maßregel auch durch alternative Behandlungs- und Betreuungsformen außerhalb der Klinik erreicht werden kann Qualität der regionalen Versorgung ! (Beispiel NRW)

‚Bumerang-Effekt!?‘ Fazit: Forcierte, nicht fachgerechte ‚Erlediger-Entlassungen‘ können für die gesamte Nachsorgelandschaft, aber auch für Klinik und Justiz, nicht zuletzt für den Patienten nachhaltig nachteilige Folgen haben. Gefahr ist nicht unbegründet, dass gut ‚gemeintes‘ Gesetz in der jetzigen Situation eher kontraproduktive Effekte hat und dadurch zum Bumerang wird. Risiko für Forensische Ambulanzen und Gemeindepsychiatrie als Feigenblatt missbraucht zu werden, das Legitimationsbedürfnissen der Justiz dient

Fazit - Verhältnismäßigkeitsgrundsatz konsequent durchsetzen und effektiv gestalten Prävention: Alternativen zur stationären Unterbringung schaffen (§67b StGB; 126a StPO) Nutzung bzw. Ausweitung justizeigener Ressourcen (Gerichtshilfe) Rückbindung an die allgemein-/gemeindepsychiatrische Versorgung Fortdauerentscheidungen: Bewährungsaussetzungen ermöglichen (67 d Abs. 2; 463 Abs. 4 StPO) Stellungnahmen/Gutachten, ob der Zweck der Maßregel auch durch andere, außerstationäre Betreuungsformen erreicht werden kann ‚Erledigungen‘ als absolute Ausnahmefälle, dabei Regelungen für effektive Führungsaufsicht schaffen

Verantwortungsgemeinschaft von Justiz und Psychiatrie oder Schwarze-Peter-Spiel? Es sollten auf -zunächst- regionaler Ebene sowohl kreative, einzelfallbezogene Lösungen als auch generelle Verfahrensweisen entwickelt werden unter Einbeziehung aller Beteiligten (Vorbild Köln: ‚Runder Tisch‘ von Strafvollstreckungskammer, Klinik, PSAG, Eingliederungshilfe ) um die beschriebenen Fallstricke (möglichst) zu vermeiden ohne die Unterschiedlichkeit der Rollen und gesetzlichen Aufträge der verschiedenen Akteure zu negieren oder zu verwischen ohne sich dabei aber auf Kosten der anderen Seite zu entlasten (Schuldverschiebungs-Spiel) Frühzeitige , explizite Ankündigung in den Beschlüssen, dass Aspekt der V. stärker in Vordergrund Dann intensive Beratung/Abstimmung step by step über Verlauf, Optionen etc die alle Regeln einer Kommunikation auf Augenhöhe beachten, statt durch Besserwisserei und Anklage, Androhung von Zwangsgeld, Klima vergiftet Erledigungen ganz vermeiden, auch wenn da ein Vorlauf ist - halbes Jahr ist Augenwischerei und ändert nichts an Problemen nachher! Wenn dann doch Erledigungen, dann nur wenn noch Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden kann (statt Rest in Klinik ‚abmachen‘ Statt: macht Lockerungen, wenn schiefgeht, seid ihr Schuld, befürwortet Entlassung/Nachsorge, dann seid ihr auch Schuld Oder OlG Köln- genialer Ausweg? Statt typische Aufschaukelung: wo wahlweise Unwillen, therapeutische Minderleistung, Verweigerung, persönliche Befangenheit etc vorgeworfen wird und wo dann Rechtbehalten im Vordergrund steht Sondern anerkennen, das Klinik aus Ihrer Sicht ebenso an Ihre fachlichen Prognosen etc gebunden sind, wie sie an Ihr heiliges Verhältnis-p

Ende Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Rückfragen bitte an: friedhelm.schmidt-quernheim@lbmrv.nrw.de tel.: 0179 1301408