Analyse der Viehzählung und Prognose der kurzfristigen Erzeugung von Rind- und Schweinfleisch Josef Efken Thünen-Institut für Marktanalyse Braunschweig 2014
Warum werden Tiere gezählt und Prognosen erstellt? Politisch administrative Gründe: Laut EU-Verordnung VO (EG) Nr. 1165/2008: ist dies notwendig für die „ordnungsgemäße Verwaltung der gemeinsamen Agrarpolitik“ wie z.B. die Kalkulation von Subventionen, Tierprämien usw. Zur Einschätzung der Versorgungssituation: Kommt es zu Engpässen oder Überschüssen? Privatwirtschaftliche Gründe: Markttransparenz: Jeder Marktteilnehmer sollte wissen wie die Marktlage ist (Landwirte, Schlachthöfe, Fleischverarbeitung und Händler können so die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung besser abschätzen). Investitionsentscheidungen benötigen möglichst gute Entscheidungsgrundlagen
Wie wird die eigene Erzeugung des Landes ermittelt? Schlachtungen (auch Nettoerzeugung genannt, sind durch die Meldepflicht der Schlachthöfe bekannt) + Export lebende Tiere (aus der Außenhandelsstatistik) - Import lebende Tiere (aus der Außenhandelsstatistik) = Bruttoeigenerzeugung (BEE) (= errechnete inländische Erzeugung)
Schätzung der zukünftigen Bruttoeigenerzeugung Für eine Prognose der zukünftigen Entwicklung werden alle relevanten und verfügbaren Informationen genutzt: Es sind vor allem Statistiken (Mengen, Werte, Preise) der Erzeugung, Verarbeitung, des Handels und des Konsums
Schweine und Rinder werden zweimal im Jahr (Mai und November) gezählt Viehzählung Schweine und Rinder werden zweimal im Jahr (Mai und November) gezählt
Anmerkungen zur Viehzählung: Die Viehzählung ist Grundlage für die Prognose, denn der Viehbestand spiegelt das Produktionspotenzial wider. Veränderungen der Viehbestände geben Hinweise auf geänderte Erwartungen und Änderungen in der zukünftigen Entwicklung.
Das grundlegende Schema der Prognose der kurzfristigen Entwicklung beim Rind Kälberzugang = BEE Rinder insgesamt + Bestandsveränderungen Aufzuchtquoten Großrinder = Aufzucht von Kälbern / Kälberzugang Aufzuchtquoten weibl. Rinder = Aufzucht von weibl. Rindern / Kälberzugang Aufzuchtquoten Bullen = Aufzucht von Bullen / Kälberzugang Korrelationen zwischen Parametern und Bestandsentwicklungen der Vergangenheit dienen zur Prognose der zukünftigen Entwicklung Zusätzlich gibt die Beurteilung des Marktes (Nachfrage, Preise, Außenhandel, …) Hinweise auf die zukünftige Entwicklung.
Bemerkungen zu den Rinderbeständen in der EU Länder mit dominierender Milchproduktion Länder mit bedeutender Fleischrinderherde Länder mit hohem Anteil älterer Tiere Ältere Milchkühe (z.B. Polen, Rumänien) Ältere Mastrinder und Ochsenmast (z.B. Frankreich, Spanien) Es gibt ‚Spezialisten‘: Z.B. Niederlande und Kälbermast Insgesamt recht verschiedene Produktionssysteme in den EU-Ländern
Das grundlegende Schema der Prognose der kurzfristigen Entwicklung beim Schwein (1) Schweinebestand: Schweineschlachtungen: (im Mai / November) Mastschweine 50-80 kg LG BEE 1-2 Monate später (Dez/Jan bzw. Jun/Jul) Jungschweine 20-50 kg LG BEE 3-4 Monate später (Feb/Mär bzw. Aug/Sep) Ferkel bis 20 kg LG BEE 5-6 Monate später (Apr/Mai bzw. Okt/Nov) trächtige Sauen: BEE 7-10 Monate später (Jun-Sep bzw. Dez-Mär) nicht trächtige Jungsauen BEE 11 Monate später (Oktober bzw. April) Die Idee ist, dass der Bestand zu Schlachtungen in den darauffolgenden Monaten führt
Das grundlegende Schema der Prognose der kurzfristigen Entwicklung beim Schwein (2) Mai - Juli Aug - Sep Okt- Nov Dez- März April Schlachtungen in den folgenden Monaten: Zählung am 3. Mai Mastschweine 50 – 80 kg Jungschweine 20 – 50 kg Ferkel bis 20 kg trächtige Sauen nicht trächtige Sauen
Bemerkungen zu den Schweinebeständen in der EU Deutschland, Spanien, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Italien, Niederlande, Dänemark, Polen und Belgien sind die wichtigsten Schweinefleischerzeuger in der EU. Niederlande und Dänemark exportieren sehr viele Ferkel; vor allem nach Deutschland und Polen. In Deutschland werden viel mehr Schweine geschlachtet als erzeugt. Handel mit lebenden Tieren gewinnt an Bedeutung. In den Ländern ist die Schweineerzeugung häufig in bestimmten Regionen konzentriert. Z.B. in Deutschland im Nordwesten, in Frankreich in der Bretagne, …
Preise – Erlöse - Kosten Preise führen zu Kosten oder Erlösen. Sie geben Hinweise auf die Rentabilität und damit auf die zukünftigen Erwartungen und Entwicklungen sowohl der Erzeuger, Verarbeiter und Händler als auch der Verbraucher Stimmt (fast) immer: Steigt der Preis, dann sinkt die Nachfrage
Anmerkungen zu Preise – Erlöse - Kosten Die Wirtschaftlichkeit wird nicht nur vom aktuellen Marktge- schehen (den aktuellen Preisen) bestimmt, sondern auch von der Betriebsgröße den Managementfähigkeiten (Know-How) der Landwirte, Schlachthöfe, Fleischverarbeitung und Händler Investitionen, Modernisierungen, Innovationen äußeren Einflüssen wie Politische und wirtschaftliche Lage im Land und international rechtlichen Regelungen (Gen-Soja?, Tierschutzauflagen?, …) Verbrauchereinstellungen Internationalem Handel …
Außenhandel Der Außenhandel wird durch die Meldungen der Unternehmen und über ergänzende Schätzungen der nationalen statistischen Ämter ermittelt
Anmerkungen zum Außenhandel: EU-Binnenmarkt Erleichtert den ungehinderten Warenaustausch und hat zu einem intensiven Handel zwischen den EU-Ländern geführt. Allerdings führt er auch zu einer eher unvollständigen Erfassung des Handels. Daher sind Schätzungen nötig; hier insbesondere bei Ferkeln Kälbern Drittlandsmärkte (Asien, Osteuropa) gewinnen an Bedeutung Deutsche Fleischexporte insbesondere von Schweinefleisch und Geflügel haben seit ungefähr 2000 stark zugenommen. Bei Schweinefleisch ist Deutschland zur zeit Exportweltmeister.
Schlachtungen Wegen der Meldepflicht besteht ein sehr guter Überblick über Umfang und Zusammensetzung der Schlachtungen von Rindern und Schweinen. Dadurch ist auch recht sicher bekannt, wieviel Fleisch über Schlachtungen verfügbar ist (hinzu kommen noch die Importe!).
Anmerkungen zu den Schlachtungen: In Deutschland ist die Schlacht-, und Fleischverarbeitungsbranche wie auch der Lebensmittelhandel stark konzentriert. stehen die wenigen Unternehmen aber in einem heftigen Wettbewerb untereinander. Ergebnis sind niedrige Schlacht- und Zerlegekosten, effiziente Logistik und eine hohe Verarbeitungstiefe bis zur Kühltheke Im Vergleich zu Nachbarländern ist das Erzeugerpreisniveau häufig höher
Wie errechnet sich der Selbstversorgungsgrad? Dafür braucht man eine Bilanz; in diesem Falle eine Fleischbilanz und zwar auf nationaler Ebene. Sie wird Versorgungsbilanz genannt. Also zunächst: Was ist eine Versorgungsbilanz und wie ist sie aufgebaut?
Die Versorgungsbilanz und der Selbstversorgungsgrad: = Bruttoeigenerzeugung (BEE) (= errechnete inländische Erzeugung) - Import lebende Tiere + Export lebende Tiere Schlachtungen (genau bekannt und deshalb der STARTPUNKT der Berechnung/Bilanz) + Import Fleisch - Export Fleisch = Verbrauch (errechnet!) Bruttoeigenerzeugung (BEE) / Verbrauch = Selbstversorgungsgrad (SVG) Verbrauch / Bevölkerung = Pro Kopf Verbrauch
Bilanz Rindfleisch
Bilanz Schweinefleisch
Bilanz Fleisch insgesamt (Rind, Schwein, Geflügel, Innereien & Nebenerzeugnisse, Schaf & Ziege, Kaninchen, Wild, Pferd, Sonstiges)
Entwicklung des Selbstversorgungsgrades verschiedener Fleischarten in Deutschland in %
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