Serbisch und Slawenoserbisch Srpski i Slavenosrpski Patrizia Steinbauer WS 2006/07 Proseminar zur Synchronie des B/K/S
Serbisch Srpski
Sprachgebiet Jugoslawien Bosnien und Herzegowina Minderheit in Kroatien Minderheit in Slowenien & Makedonien Minderheit in Rumänien & Ungarn Gastarbeiter in Europa & Übersee
Sprecher Gesamtzahl ca. 12,5 Millionen Serbien: 65,8% Serben Montenegro: 31,4% Serben Kroatien: 12,2% Serben
Einteilung der Dialekte Torlakisch Štokawisch
Der torlakische Dialekt Gesprochen von Prizren im Kosovo entlang der makedonischen Grenze nach Osten; von dort entlang der bulgarischen Grenze nach Norden (bis Timok)
Unterschiede in der Phonetik Verlust des musikalischen Akzents & der Quantitätsopposition nur 1 exspiratorischer, freier Akzent stimmhafte Obstruenten im Auslaut werden stimmlos zB.: gr‘at statt grad
Weitere Unterschiede Reduzierung der Deklination auf 2 Kasusformen + Vokativ Funktion der Endungen wird durch Präpositionen übernommen zB.: s j‘ednu n‘ogu = „mit einem Bein“ Entwicklung eines postpositiven Artikels
Verdopplung der Personalpronomina zB Verdopplung der Personalpronomina zB.: men me pa sramota = „ich schäme mich“ Komperativ & Superlativ mit po- ; naj- zB.: znaje = „er weiß“ poznaje = „er weiß besser“ das silbische „l“ : zB.: slnce statt sunce
Die štokawischen Mundarten Šumadija-Vojvodina-Dialekt Ostherzegowina-Dialekt Zeta-Lovcen-Dialekt Kosovo-Resava-Dialekt
Sprachgebiet Šumadija-Vojvodina-D.: Nord- und Nordwestserbien Ostherzegowina-D.: Zentrale und östl. Herzegowina, Ostbosnien, westl. Serbien, Teile Montenegros, Insel Mljet, Halbinsel Pelješac, Kroatien (Serben)
Zeta-Lovcen-D.: Montenegro, Sandzak Kosovo-Resava-D.: vom Kosovo Richtung Osten u. Nordosten über die Resava bis zur Donau
Merkmale des Štokawischen Zusammenfall der beiden Jerlaute zu a zB.: dan = „Tag“ oder san = „Schlaf“ auslautendes -l geht in -o über zB.: pital wird zu pitao = „gefragt“ Zusammenfall von Dat., Instr., Lok. Im Pl. Endung -a im Gen. Pl. Stammerweiterung -ov- im Pl. zB.: gradovi = „Städte“
Grammatik Sechs Kasus + Vokativ Zusammenfall von Dativ, Instrumental, Lokativ im Plural Personal- und Reflexivpronomen zeigen Numerus- und Kasusunterschiede; in der 3.Person Genusunterschiede häufig: Präsens, Futur, Präteritum selten: Aorist, Imperfekt, Plusquamperf.
Vier Akzente Lang fallend Lang steigend Kurz fallend Kurz steigend
Distributionsregeln In einsilbigen Wortformen sind Intonationen fallend in mehrsilbigen Wortformen fällt der Akzent nicht auf die letzte Silbe wenn Akzent in der Mitte einer mehrsilbigen Wortform, dann steigende Intonation
Keine unbetonten Längen vor der Akzentstelle Bis zu drei unbetonte Längen in einer Wortform steigend u. fallend nur in der ersten Silbe einer zwei- oder mehrsilbigen Wortform
Sprachgeschichte 6.Jhd.: Einwanderung der vorerst schriftlosen Slawen auf die Balkanhalbinsel 863: „Slawenmission“ von Konstantin und Method 1217: Entstehung eines serbischen Reichs; folglich Förderung des Schrifttums Ab 15.Jhd.: Genre der Chroniken
14.Jhd.: Türken drangen vor 1389: Schlacht am Amselfeld 15.Jhd.: Erfindung des Buchdrucks; Druckereien in Montenegro, Bosnien,... 1690: „Große Wanderung“ = Kolonisierung der von Türken verlassenen Gebiete in Südungarn (Vojvodina) 19.Jhd.: Vuk Karadzics Sprachreform
1878: Okkupation Bosniens und Herzegowina durch Österreich-Ungarn „bosnische Sprache“ sollte zum Nationalgefühl beitragen 1907: „Serbokroatisch“ Nach Ende des 1.WK: Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen 1954: Abkommen v. Novi Sad; Serben, Kroaten, Montenegriner - 1 Sprache
Verfassungsmäßige Grundlagen Kroatien: amtlicher Gebrauch von lat. Schrift & kroatischer Sprache Jugoslawien: serbische Sprache & kyrillische Schrift Bosnien / Herzegowina: Bosnisch, Serbisch, Kroatisch; beide Alphabete
Slawenoserbisch Slavenosrpski
Sprache Slawenoserbisch = die Sprache des weltlichen Schrifttums, die die serbische Bevölkerung der Habsburgermonarchie von ca. 1760 - 1850 verwendete es verbindet Elemente verschiedener Sprachsysteme („Amalgamsprache“)
Entwicklungungsphasen 1760- 1780: Regierungszeit Maria Theresias 1780 (Joseph 2.) - 1815 (Aufstand gegen Türken) 1815- 1850: endgültiges Schwinden
1.) Regierungszeit Maria Theresias Entstehung von ca. 100 Büchern; 40 geistliche, 15 Lehrbücher neues Genre: Belletristik Zaharija Orfelin Pavle Julinac
2.) Blütezeit Entstehung von mehr als 250 Büchern Anzahl der Originalwerke übersteigt Übersetzungen 1791: erste serbische Zeitung Dositej Obradovic
3.) Endgültiges Schwinden Anfang 19.Jhd.: Zahlreiche gescheiterte Reformversuche Vuk Karadzic: fordert Bruch mit alter kirchenslawischer und vojvodinischer slawenoserbischer Tradition Gegner: orthodoxe Kirche
Zum Forschungsstand Analyse ist auf rein sprachliche Aspekte beschränkt Genre, Epoche und Autor bleiben unberücksichtigt Ungeklärte Fragen: Elemente verschiedener Sprachsysteme und ihr jeweiliger Anteil in einzelnen Texten Nichtöffentliches Schrifttum