Von Ideologie über Regimeskepsis zum Dissens

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 Präsentation transkript:

Von Ideologie über Regimeskepsis zum Dissens Literatur der DDR Literatur der DDR Von Ideologie über Regimeskepsis zum Dissens Vorlesung 17

1945

1950

1960

1970

1980

Literatur der DDR Kulturpolitik: Die Literatur der DDR steht im Dienste des Sozialismus, dessen Zielsetzungen sie unterstützen soll. Die Partei gibt den Schriftstellern vor, wie diese ihre Werke inhaltlich wie formal zu gestalten haben (Prinzip des sozialistischen Realismus). Abweichendes Verhalten wird mit Sanktionen belegt (wie Ausschluss aus der Partei, Ausschluss aus dem Schriftstellerverband - damit Verlust von Privilegien bzw. der materiellen Absicherung). Vorphase (1945-1949): Rückkehr vieler sozialistisch eingestellter Schriftsteller aus dem Exil in die SBZ in der Hoffnung auf eine antifaschistische und demokratische Entwicklung: so z. B.: Joh. R. Becher, Bertolt Brecht, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Peter Huchel, Anna Seghers, Friedrich Wolf, Arnold Zweig; Pflege des „klassischen Erbes“ (d.h. Autoren der Klassik und Realisten des 19. Jh.s, nicht jedoch „modernistische“ Autoren wie Franz Kafka).

1. Phase (1949-1961): Aufbau des Sozialismus Proklamierung des Aufbaus des Sozialismus durch die SED. „Die Idee der Kunst muß der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen "(Otto Grotewohl, 1951). „Sozialistischer Realismus“ als verbindliches Gestaltungsprinzip. Sog. Aufbauromane nach sowjetischem Vorbild, in denen der „positive Held“ als Sieger in der Auseinandersetzung mit dem rückschrittlichen Gegenspieler hervorgeht. Dem von oben diktierten Optimismus steht die lähmende Sterilität der Schreibweise gegenüber. Berliner Ensemble als herausragendes künstlerisches Ereignis, das von B. Brecht 1949 gegründet wurde. 1953-1956 nach den Aufständen in der DDR und Ungarn sowie der proklamierten Entstalinisierung kurze Phasen der Öffnung für die Kunst (Heiner Müller, Stefan Heym). Forderung nach Überwindung der „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ auf dem V. Parteitag der SED durch W. Ulbricht. Bitterfelder Weg: Auf Anregung des Mitteldeutschen Verlages Halle gehen Schriftsteller in die Betriebe, arbeiten mit den Brigaden zusammen und versuchen, auch den einfachen Arbeiter zum Schreiben zu motivieren. Keine Breitenwirkung.

2. Phase (1961-1971): Ankunft im Sozialismus Entscheidendes Ereignis: Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961. Ansätze zur Liberalisierung nach dem Schock. Tendenz zu individuellen Schreibweisen und vorsichtiger Kritik (jedoch ohne grundsätzliche Infragestellung!) des sozialistischen Aufbaus. Autoren und Werke: Brigitte Reimann (1933-1973): Ankunft im Alltag (des Sozialismus,1961); Heiner Müller (1929-1996): Der Bau (Kritik an der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit); Peter Hacks (geb. 1928): Moritz Tassow (Probleme der Bodenreform); Erwin Strittmatter: Ole Bienkopp; Christa Wolf: Der geteilte Himmel (Teilung Deutschlands); Hermann Kant: Die Aula; Joh. Bobrowski; Günter Kunert; Sarah Kirsch; Wolf Biermann („Liedermacher“). Manche Werke dürfen nicht in der DDR erscheinen. Harter Kurs ab 1965: Wegen einer „Ideologie des bürgerlichen Skeptizismus“ werden u.a. Chr. Wolf, Wolf Biermann, Peter Hacks, Stefan Heym, Günter Kunert, Sarah Kirsch, Heiner Müller und der Philosoph Robert Havemann öffentlich gerügt.

3. Phase (ab 1971): „postrevolutionäre“ Situation Zunächst Phase der Lockerung seit dem Amtsantritt Erich Honeckers 1971. Rede auf dem VIII. Parteitag: „Wenn man von der festen Position des Sozialismus ausgeht, kann es meines Erachtens auf dem Gebiet der Literatur und Kunst keine Tabus geben.“ Nach der Meinung Peter Hacks (geb. 1928) erfordert der „postrevolutionäre Zustand“ in der DDR eine widerspruchsfreie Literatur, die nur noch der Vervollkommnung der schon klassenlosen Gesellschaft zu dienen habe. Andere (wie Volker Braun) sehen den revolutionären Prozess noch nicht als abgeschlossen an und fordern die weitere Darstellung noch bestehender Grundwidersprüche in der Gesellschaft. Beispiele für die Lockerung: Ulrich Plenzdorf: Die neuen Leiden des jungen W. (1972); Stefan Heym: Der König-David-Bericht (1973); Volker Braun: Hinze und Kunze (1973); Brigitte Reimann: Franziska Linkerhand (1974); Volker Braun: Unvollendete Geschichte (1975); Ausbürgerung Biermanns 1976: Erneute Verschärfung des kulturpolitischen Kurses durch die Ausbürgerung W. Biermanns, der 1976 von einer Tournee durch die BRD nicht mehr in die DDR zurückkehren darf. Protestaktion zahlreicher Künstler zugunsten Biermanns führt zu deren Maßregelung und, sofern sie sich nicht distanzieren, zum Ausschluss aus Partei und Schriftstellerverband. Einige von ihnen übersiedeln später in die BRD, wie z. B. Jurek Becker, Sarah Kirsch, Günter Kunert (auch Manfred Krug oder Armin Müller-Stahl). In der Literatur weiterhin kritische Sicht des Alltags im Sozialismus und der Vergangenheit, die 1945 nicht bewältigt zurückblieb, sondern das Verhalten der DDR-Bürger weiter bestimmte. Wachsende innere Distanzierung der Schriftsteller von der verkrusteten Herrschaft der SED bis zur Wende 1989. Favorisierung eines humanen Sozialismus durch viele Autoren der DDR.

Was bleibt, wenn die Literatur ideologisiert wird? Nach 8.5.1945: 4 Besatzungszonen, in die sowjetische BZ kehren linksorientierte und kommunistische AutorInnen – A. Zweig, A. Seghers, J. R. Becher, P. Huchel; B. Brecht – zurück 7.10.1949: Gründung der DDR; die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) als regierende Partei; Phase der antifaschistischen Literatur (A. Seghers, B. Brecht, F. Fühmann) 17.6.1953 – Volksaufstand: Brechts und Heyms Protestgedichte Schematisierung der Literatur: Bitterfelder Weg (1956): Arbeiterlit.: Hermann Kannt: Die Aula (R. Iswall als Parteikader); Publikationsverbote, große Auswanderungswelle 13.8.1961: Berliner Mauer: (W. Ulbricht); Ch. Wolf: Der geteilte Himmel: Liebe & Heimat; U. Johnson: Mutmaßungen über Jakob 1976: Ausbürgerung Wolf Biermanns: Proteste, Verfolgung: F. Fühmann, S. Hermlin, S. Heym, S. Kirsch, Ch. Wolf, H. Müller; Emigration: G. Kunert, R. Kunze 3.10.1990 – Vereinigung Deutschlands, Proteste von G. Grass: Das weite Feld, Ch. Wolf: Was bleibt?, S. Heym, H. Müller

Geschichte der DDR 1945 Bedingungslose Kapitulation des 3. Reiches. Die Alliierten Streitkräfte (USA, Frankreich, England und Russland) übernehmen mit der Berliner Deklaration die Regierungsgewalt. Deutschland wird in vier Sektoren geteilt. 1946 Zusammenschluss der SPD und KPD zur SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) in der sowjetischen Besatzungszone (Vorsitz: Walter Ulbricht).

1948Geplante Währungsreform für Deutschland wird von der UdSSR abgelehnt und nur in den drei Westzonen durchgeführt. In der Ostzone wird eine eigene Reform durchgeführt. 1949,am 7. Oktober: Gründung der DDR (im ehemaligen von der UdSSR besetzten Gebiet) 1950 Im Görlitzer Abkommen erkennt die DDR die Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnische Grenze an und schließt ein Freundschaftsabkommen mit Ungarn, Bulgarien und Rumänien. 1951/52 Die Westmächte beenden formell den Kriegszustand mit Deutschland.

1954 Die DDR wird von der Sowjetunion als souveräner Staat anerkannt. 1955 Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der UdSSR durch die BRD. Die DDR wird Mitglied des Warschauer Pakts (der als Gegengewicht zur NATO gegründet wurde) 1956/57 Die DDR stellt eigene Nationale Volksarmee auf. Einführung eines 'Passgesetzes' zur Verhinderung von Republikflucht. 1958 UdSSR verlangt ultimativen Abzug der Besatzungstruppen und eine entmilitarisierte Zone Berlin, die Westmächte lehnen das Ultimatum ab.

1961 Errichtung der Berliner Mauer um Fluchtbewegung zu stoppen 1961 Errichtung der Berliner Mauer um Fluchtbewegung zu stoppen. Befehl des Waffengebrauchs zur Verhinderung der Flucht. 1971 Walter Ulbricht tritt zurück; sein Nochfolger wird Erich Honecker. 1972 Abschluß des ersten Staatsvertrags zwischen der BRD und der DDR (Anerkennung der Gleichberechtigung beider deutscher Staaten und der Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen). 1973 Aufnahme in die UNO (beider deutscher Staaten). 1987 Honecker Staatsbesuch in der BRD (erster und letzter eines DDR-Staatsoberhauptes).

1989 Bedingt durch den politischen Wandel in der Sowjetunion werden auch in der DDR Kräfte gegen die sozialistische Staatsstruktur gestärkt;  Massenflucht. Am 9. November 1989 wird unter dem inneren und internationalen Druck die Grenze zur BRD und die Berliner Mauer geöffnet. Zentralkommitee und SED werden aufgelöst. 1990 18. März: erste und letzte freie Wahlen in DDR. Am 2. Juli treten Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft. Am 3. Oktober wird durch den Beitritt der rekonstituierten Bundesländer von vor 1952 der ehemaligen DDR zur BRD ein geeintes Deutschland geschaffen.

Kennzeichen der frühen DDR Die Aktivisten- Bewegung Produktionssteigerung durch neue sozialistische Arbeitsformen: Arbeitsnormen (sozialistische Brigaden, Jahrespläne...) 2. Das zentralistische Prinzip SED als Kaderpartei Übertragung des zentralistischen Prinzips auf alle gesell- schaftlichen Bereiche

Auswirkungen auf die Literatur System der Privilegierung Funktionalisierung der Literatur, die nicht als Angriff auf die Autonomie der Literatur wahrgenommen wurde Identifikation von Schriftstellern mit der staatlich angebotenen Rolle

Geschichtliches Sendungsbewusstsein und historische Realität „Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik leitete eine Entwicklung ein, die den gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten der Epoche entsprach. Sie bedeutete einen Wendepunkt in der Geschichte des deutschen Volkes und Europas.“

Kulturelle Institutionen 1950 Akademie der Künste; Zeitschrift: Sinn und Form (Huchel) Amt für Literatur und Verlagswesen 1954 Ministerium für Kultur 1950 Deutscher Schriftstellerverband ab 1952 eigenständige Organisation: 1. Vorsitzende: Anna Seghers Nachfolge: Hermann Kant 1953 Zeitschrift des Verbandes: Neue Deutsche Literatur 1955 Weimarer Beiträge (eigenständige Zeitschrift) 1955 Leipziger Institut für Literatur später umbenannt in Johannes R. Becher Institut existiert noch heute • Nationalpreis

Organisatorische und ideologische Weichenstellungen für die Literatur Hauptsegment: geplante Literatur im Sinne des Sozialistischer Realismus Institutionalisiertes System zur Durchführung Bedingung zur Veröffentlichung: Mitglied im Schriftsteller- verband Soziale Anerkennung wird institutionalisiert Die Selbstwahrnehmung der Schriftsteller verändert sich: statt individuellem Verhalten (der freischaffendene Schrift- steller im Westen) die kollektive Rolle

Ideologische Kampffelder der 50er Jahre Der Kampf gegen die Moderne bzw. der Kampf gegen den Formalismus Ging von der Sowjetunion aus (Stalinismus) Kosmopolitismus (Weltoffenheit) wird verachtet Modernismus stehe der Bewältigung der „historischen Aufgabe“ im Weg (Ausschluss von Kafka, Proust...), Sturz in die Provinzialität Verpflichtung an die Vormoderne/ vormodernes Ressentiment Formalismus: Geringschätzung der Erkenntnisfunktion Die Form steht über dem Inhalt Kein Bezug zur Lebenswelt

Ideologische Kampffelder der 50er Jahre Ablehnung des Experiments und der Innovation (Wiederholung, Vertrautes, Bewährtes,..., Selbstberuhigung) b) Kritik der Arbeitsweise der Künstler

„Wien, am 30. Oktober 1953. Genossen, ... viele meiner Werke liegen in der Schreibtischlade, darunter mehr als 500 Lieder, Kantaten, Orchester- und Kammermusik. Ich fühlte, daß keinerlei Bereitschaft bestand, diese Werke, die in einem immerhin kampferfüllten Leben vor drei Jahrzehnten entstanden sind, zu akzeptieren... Ihr mögt es für eine Schwäche halten, aber ich brauche eine Atmosphäre des Wohl- wollens, des Vertrauens und der freundlichen Kritik um künstlerisch Arbeitsfähig zu sein. Selbstverständlich ist Kritik notwendig, aber nicht Kritik, die jeden Enthusiasmus bricht, das Ansehen des Künstlers herabsetzt und sein Selbstbewußtsein untergräbt. Nach der Faustus-At- tacke merkte ich, daß mir jeder Impuls, noch Musik zu schreiben, abhan- den gekommen war. So kam ich in einen Zustand tiefster Depression, wie ich sie kaum jemals erfahren habe. Ich habe nun aber keine Hof- fnung, den für mich lebenswichtigen Impuls, Musik zu schreiben, anderswo zu finden als in der Deutschen Demokratischen Republik.“ Hanns Eisler (Zitat)

Ideologische Kampffelder der 50er Jahre 2. Sozialistischer Realismus Def: „Der Sozialistische Realismus, (...) fordert von Künstlern wahrheitsgetreue, historisch konkrete Darstellung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung. Wahrheitstreue und historische Konkretheit muß mit den Aufgaben der ideologischen Umgestaltung und Erziehung der Werktätigen im Geiste des Sozialismus verbunden Werden.“ Aus dem Statut des sowjetischen Schriftstellerverbandes [Kategorien: realistisch, volkstümlich & parteilich.] [Bogdal: plakativer pathetischer Klassizismus]

Ideologische Kampffelder der 50er Jahre 2. Sozialistischer Realismus a) Die Kategorien des TYPISCHEN „Ewig keimen wird der Same, Ewig grünen wird das Feld. Wie die Sonne wird Stalins Name Ewig scheinen auf der Welt. Er ist höher als die Wolke, Er ist tiefer als das Meer, Und er lebt in jedem Volke Auf der Erden ringsumher.“ E.Weinert: Ein Lied für Stalin (1953)

Ideologische Kampffelder der 50er Jahre 2. Sozialistischer Realismus b) Die „Entbürgerlichung“ der Literatur „Du großes Wir, Du unser aller Willen: Dir, Dir verdanken wir, was wir geworden sind! Den Traum des Friedens kannst nur Du erfüllen Dein Fahnenrot steigt im Jahrhundertwind. Es wird Dich rühmend einst ganz Deutschland nennen, Denn nur durch Dich wird Deutschland eins und frei! Laß Dich voll Stolz, voll Stolz laß Dich bekennen: Dir alle Macht, der Sieg ist Dein, Partei!“ Johannes R. Becher, Kantate (1950)

Ideologische Kampffelder der 50er Jahre Konsequenzen: Stiftung eines kollektiven Solidaritätsgefühls Verschwinden der kritischen Öffentlichkeit Verschwinden des kritischen Potentials in der Literatur Zerstörung der Spontaneität, Verhinderung von Ereignissen zugunsten einer Planung Verschwinden der Literatur

Brecht: Die Lösung (GW 10, S. 1009f.) Nach dem Aufstand des 17. Juni Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbandes In der Stalinallee Fugblätter verteilen Auf denen zu lesen war, daß das Volk Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe Und es nur durch doppelte Arbeit Zurückerobern könne. Wäre es da Nicht doch einfacher, die Regierung Löste das Volk auf und Wählte ein anderes?

Der XX. Parteitag & seine Folgen (1956) Chrustschow kritisiert den Stalinismus Konsequenz: z.B. Aufstand in Ungarn; Öffnungen im kulturellen Bereichen; Stichwort: „Tauwetter“ In der DDR: Verfolgung der Intellektuellen (Flucht Blochs) / ‚Säuberungen‘ Hans Mayer: Verteidigung der Moderne ‚Kampf gegen revisionistische Ansichten‘ In der DDR wird die Auseinandersetzung mit dem Stalinismus wieder verdrängt. Die Auseinander- setzung wird als „Pseudofehlerdiskussion“ deklariert. Weitere Abschottung gegenüber westlichen Einflüssen.

Briefkampagnen Nachterstedter Brief Bilder DDR Kunst/ Arbeiter 5. Parteitag der SED Zitat: „Stürmt die Höhen der Kultur.“ „sozialistisch Arbeiten, sozialistisch lernen, sozialistisch leben.“ Ende der 50er Jahre schwere Krise der DDR Kulturpolitik Reaktion auf die Krise mit dem „Bitterfelder Weg“ (1959)

Das Ziel des Bitterfelder Wegs Schriftsteller in die Betriebe, denn dort würden sie das wirklich Neue finden. „Greif zur Feder Kumpel, die sozialistische Nationalliteratur braucht Dich!“ Auf der 2. Bitterfelder Konferenz 1964 wird das Konzept wieder abgesetzt. Bitterfelder Weg ist Teil einer umfas- senden Bildungsreform In dieser Zeit entsteht die soziale Basis für das, was wir heute als DDR- Literatur ken- nen. 1961: Mauerbau (wirtschaftliche Stabilisierung)

Zusammenfassung: 50er Jahre: Unterwerfung des einzelnen unter die Gesetze der Geschichte, unter das Kollektiv. (Zirkel des Bestrafens und Belohnens) Verschwinden der Literatur 60er Jahre: „Einsicht, dass sich das Individuum am besten im Einklang mit den Gesetzen der Geschichte entwickeln kann.“

„In höchster Pflichterfüllung üben sie jeden Tag, zu jeder Stunde eine hohe Arbeits-, Staats- und Parteidisziplin. So werden die Gebote der sozialistischen Moral in immer stärkerem Maße zum Grundsatz ihres Handelns. – Unaufhörlich wachsen die Neuerer und vorbildlichen sozialistischen Arbeiter in der Produktion.“ (Walter Ulbricht)

Der Aufbau – Roman Stichwort: „Helden der Arbeit“: Politische Instrument, um Arbeitsleistungen als kollektive Leistungen und als neue Lebensweise darzustellen, die in der Realität noch nicht realisiert ist. Die bekanntesten Romane: Eduard Claudius: Menschen an unserer Seite (1951) Marie Langner: Stahl (1952) Karl Mundstock: Helle Nächte (1953) Hans Mardwitzer: Roheisen (1955) Rudolf Fischer: Martin Hoop IV (1955) Anna Seghers: Die Entscheidung (1959)

Anna Seghers eig. Netty Radvanyi, geb. Reiling; Mainz 1900-Berlin 1983; emigr. 1933 über Frankreich und Spanien nach Mexiko, seit 1947 in Berlin (Ost); 1952-78 Präsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR; bedeutende Exilromane: Das siebte Kreuz (engl.1942/dt.1946), Transit (engl.1944/dt.1948), Der Ausflug der toten Mädchen: psychologisch gefärbt, versch. Zeitebenen (1946); Georg-Büchner-Preis 1947; nach der Rückkehr wurde sie zu einer Leitfigur der DDR-Literatur: Die Toten bleiben jung: polit. Generationsroman (1949)

Franca - Alexandra Rupprecht Eine Präsentation von Franca - Alexandra Rupprecht Patric Welzbacher

Biographie Am 19.November 1900 wird Anna Seghers mit ihrem richtigen Namen Netty Reiling in Mainz geboren.

Biographie Netty besuchte ab ihrem 7. Lebensjahr nur hochwertige Schulen: 1907 Privatschule von Fräulein Goertz. 1910 Höhere Mädchenschule 1917 Großherzoglichen Studienanstalt

Biographie Während ihrer Studienzeit lernt Netty den ungarischen Emigranten Laszlo Radvanyi kennen.

1926 Geburt des Sohnes Peter Biographie 1928 Geburt der Tochter Ruth 1926 Geburt des Sohnes Peter

Biographie Gründung des proletarisch- revolutionären Schriftstellers Bund Netty nennt sich jetzt Anna Seghers - wird Mitglied Sie tritt der KPD bei

Biographie 1933 Als am 30. Januar Hitler zum Reichskanzler ernannt wird flieht Anna Seghers in die Schweiz Frankreich Beteiligung an der Neugründung des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Paris Verlässt Marseille  Mexico City

Biographie 1942 Das siebte Kreuz. Roman aus Hitlerdeutschland in Englisch (USA) und in Deutsch (Mexiko) 1943 Schwerer Verkehrsunfall am 25. Juni, langer Krankenhausaufenthalt. 1947 verlässt Anna Seghers Mexiko zurück nach Berlin. Der Aufbau Verlag beginnt mit der Edition der Exilwerke

Anna Seghers stirbt am 1 Juni 1983 Biographie 1947 Georg-Büchner-Preis 1950 Weltfriedensrates 1975 Kulturpreis des Weltfriedensrates Ehrenbürgerschaft von Berlin (Ost) Anna Seghers stirbt am 1 Juni 1983

Sozialistischer Realismus “ Der sozialistische Realismus als Hauptmethode der sowjetischen künstlerischen Literatur und Literaturkritik, fordert vom Künstler wahrheitsgetreue, historisch konkrete Darstellung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung. Wahrheitstreue und historische Konkretheit der künstlerischen Darstellung müssen mit den Aufgaben der ideologischen Umformung und Erziehung der Werktätigen im Geiste des Sozialismus abgestimmt werden „ Quelle: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie Romantik Sozialistischer Realismus Realismus

Sozialistischer Realismus Helden Arbeiter-/Arbeitskultur Verteidigungsbereitschaft gegenüber dem faschistischen Ausland Richtlinie Politische Zwecke

Werke 1925 - Jans muss sterben (nach ihrem Tod im Nachlass entdeckt) 1928 - Aufstand der Fischer von St. Barbara 1930 - Auf dem Wege zur amerikanischen Botschaft und andere Erzählungen 1932 - Die Gefährten 1933 - Der Kopflohn 1935 - Der Weg durch den Februar 1937 - Die Rettung 1942 - Das siebte Kreuz 1943 - Der Ausflug der toten Mädchen 1944 - Transit 1948 - Sowjetmenschen. Lebensbeschreibungen nach ihren Berichten 1949 - Die Toten bleiben jung 1949 - Die Hochzeit von Haiti 1950 - Die Linie 1950 - Der Kesselflicker 1951 - Crisanta

Werke 1951 - Die Kinder 1952 - Der Mann und sein Name 1953 - Der Bienenstock 1958 - Brot und Salz 1959 - Die Entscheidung 1963 - Über Tolstoi. Über Dostojewski 1965 - Die Kraft der Schwachen 1967 - Das wirkliche Blau. Eine Geschichte aus Mexiko 1968 - Das Vertrauen 1969 - Glauben an Irdisches 1970 - Briefe an Leser 1970 - Über Kunstwerk und Wirklichkeit 1977 - Steinzeit. Wiederbegegnung 1980 - Drei Frauen aus Haiti 1990 - Der gerechte Richter

Das siebte Kreuze Georg Heisler KZ Westhofen

Beispiel: „Garbe Stoff“ 1950 Auszeichnung von Hans Garbe (Hochofenarbeiter) Bearbeitungen von: Erzählung und Roman: Eduard Claudius Stoffbearbeitung von Bert Brecht (nicht vollendet nach 1953): Veröffentlichung von Käthe Rüliche: ‚Hans Garbe Erzählt‘ (1952) Heiner Müllers Bearbeitung: ‚Der Lohndrücker‘ (1957) Symbolik( bei Claudius): Bauen: Aufbauen Schmelzofen: Mann aus Eisen (Stalin) Name: Hans Ähre typische Entwicklung

Autoren – Werke – Gattungen Prosa: Der Aufbauroman Michael Scholochow: Neuland unterm Pflug Franz Fühmann: Kabelkran und blauer Peter Bernhard Seeger: Herbstrauch (1961) Erwin Strittmatter Willi Bredel (1901-1964) Hans Marchwitza (1890- 1965): Die Kumiaks und ihre Kinder (1959) Otto Gotsche: Die Fahne von Kriwoj Rog (1959) Bodo Uhse: Die Patrioten (1954) Wolfgang Joho Jurij Brĕzan Franz Fühmann: Drei Kameraden Dieter Noll: Die Abenteuer des Werner Holt (1961)

Franz Fühmann Rokytnice nad Jizerou 1922-Berlin (Ost) 1984; psychologisch tiefgründige, teilw. autobiografische Erzählungen über Krieg und Nationalsozialismus: Kameraden, (1955), Das Judenauto (62). Seit Anfang der 70er-Jahre auf Distanz zur Realität der DDR: 22 Tage oder Die Hälfte des Lebens, (1973), ein vielseitiges Werk um Traum, Mythos und Utopie: Prometheus, 1975; Übers: mit L. Kundera: Die Glasträne (1966): tschechische Lyrik des 20. Jhdts.

Literatur des Abschieds und der Ankunft Regina Hastedt: Die Tage mit Sepp Zach (1959) Brigitte Reimann: Ankunft im Alltag (1961); Die Geschwister (1963) Karl Heinz Jakobs: Beschreibungen eines Sommers (1961) Joachim Wohlgemuth: Egon und das achte Weltwunder (1961) Erwin Strittmatter: Katzgraben Motiv: Individuelle Ankunft im Sozialismus und individuelle Gründe für die Entscheidung zum Sozialismus („realer Sozialismus“). Hinwendung zum Alltag. Konfliktdarstellung: Anpassung an den Alltag ist nicht so anstrengend wie die Flucht in den Westen (wo man unters Rad kommt).

Erwin Strittmatter (1912-1994) Ochsenkutscher (1950) Tinko (1954) Der Wundertäter (1957)

Neue Autoren Christa Wolf Karl Heinz Jakobs Günter de Bruyn Erich Köhler Herbert Nachbar Joachim Wohlgemuth Dieter Noll Erik Neutsch Irmtraud Morgner Jurek Becker u.a.

Christa Wolf in der DDR Landsberg an der Warthe 1929; ideologische Prosa: Der geteilte Himmel (1963): Liebe im geteilten Deutschland; regimekritische Romane: Nachdenken über Christa T.: (Krebs als Somatisierung; 1968); Kindheitsmuster (Aufarbeitung des eigenen Kriegsfanatismus, 1976) (Halb)verbotene Werke: Kassandra (Mythos als ideologisches Mittel patriarch. Gesellschaft, 1983); existenzielle Ängste: Kein Ort. Nirgends (Schreiben als Lebensgefahr, 1979), Störfall, (Atomunfall+Krankheit, 1987) 1980: Georg-Büchner-Preis

Christa Wolf nach der Wende Gegen zu schnelle Vereinigung Deutschlands, Nomination zum Nobelpreis aus kulturpolitischen Gründen zurückgezogen Werke: Erz.Was bleibt (1979, hrsg.1990: Psychogramm einer von der Staatssicherheit überwachten Frau); Roman Medea. Stimmen (frauengerechte Umschreibung des Mythos, 1996); Erz. Leibhaftig (schmerzliche Auseinandersetzung mit der Rolle der Intellektuellen in der DDR, 2002)

Drama B. Brecht Turandot oder der Kongreß der Weißwäscher (1953, UA 1969) von 1949- 56 Inszenierung von 8 Brecht- Stücken Insgesamt 21 am Berliner Ensemble Die Hofmeister (Lenz) 1950 Der Prozess der Jeanne d‘ Arc zu Rouen (Anna Seghers) 1952 Pauken und Trompeten (Farquahar) 1952 Coriolan (Shakespeare) 1954 Don Juan (Moliere) 1952 Biberpelz – Der rote Hahn (Hauptmann) 1951

Bertolt Brecht: Leben Augsburg 1898-Berlin (Ost) 1956; studierte 1917-21 Philosophie und Medizin in München (ohne Abschluss), arbeitete 1924-26 an M.Reinhardts Deutschem Theater in Berlin, danach als freier Schriftsteller; Brecht unterstützte die Kommunisten, trat aber nie der KPD bei; emigrierte 1933 (Dänemark, seit 1941 USA), kehrte 1947 nach Europa, 1949 nach Berlin (Ost) zurück; seit 1949 in Berlin (Ost): Berliner Ensemble, zusammen mit seiner Frau H.Weigel eine weltberühmte Experimentierbühne.

Brechts Schaffen in der DDR In der DDR überwiegt praktische Theaterarbeit nach der Methode des epischen Theaters, Modellinszenierungen im Berliner Ensemble: Mutter Courage und ihre Kinder (1939), Das Leben des Galilei (1938-1953), Der kaukasische Kreidekreis (1945) Prosawerke: Kalendergeschichten (1949), Geschichten vom Herrn Keuner (hrsg. 1958, ent. 1930-56); Lyrik: Bukower Elegien (Gefühl der Resignation; 1953)

Bert Brecht: Der Rauch Das kleine Haus unter Bäumen am See. Vom Dach steigt Rauch. Fehlte er Wie trostlos dann wären Haus, Bäume und Seen.

Literatur des Abschieds und der Ankunft Gegenwartsstücke: Harald Hauser: Am Ende der Nacht (1955) Heiner Müller: Der Lohndrücker (1956) Helmut Baierl: Frau Flinz (1961) Helmut Sakowski: Steine im Weg (1960) Peter Hacks (1928-2003)

Lyrik Erich Arendt (1903-1984) Franz Fühmann (1922-1984) Georg Maurer Johannes Bobrowski (1917-1965) Sarmatische Zeit (1962) Schattenland Ströme (1966)

Paul Wiens: Signale der Jugend Unser Lied, das den Erdball erschüttert und die Mauern der Kerker durchbricht, unser Lied singt von Zeiten, wie wir sie bereiten, fröhlich und licht. Unser Lied dröhnt im Hämmern der Werke, singt als silberne Sichel im Feld, unser Lied lehrt uns sehen und dies zu verstehen: jung ist die Welt. Ja, Signale, der Jugend Signale, seid dem Sturmtag des Herzens gesellt! Alle sollen es wissen, welche Fahne wir hissen: Frieden der Welt!

Paul Wiens Das schreibt und verkündet sein Unbehagen und bläht sich mit Benn und Kafka und Proust und fordert und konspiriert und schmust. Und ist langweilig. Kaum zu ertragen, gedankenarm, ohne eigenen Ton, und schreit, wenn man‘s nicht druckt: „Inquisition!“ Und ist anspruchsvoll und produziert Ersatz und sinniert sich eins ins Säuseln des Winds und ist für die Katz und schreibt für die Katz. Provinz, Provinz und nochmals Provinz!

Lektüreliste 50er Jahre: Apitz, Bruno: Nackt unter Wölfen. (1958) [2 Millionen Aufl. in der DDR; 3 Mill. Weltweit] Arendt, Erich: Gesang der sieben Inseln (1957) [Lyrik] Bobrowski: Sarmatische Zeit. (1961) [Lyrik] Brecht, B.: Buckower Elegien. (1955) [Lyrik] Fühmann, Franz: Kameraden. (1955) Jakobs, Karl- Heinz: Beschreibung eines Sommers. (1960) Johnson, Uwe: Mutmaßungen über Jakob. (1956) Müller, Heiner: Der Lohndrücker. (1958) Noll, Dieter: Die Abenteuer des Werner Holt. (1960) Seghers, Anna: Transit. (1951/ EA 1944) Strittmatter, Erwin: Der Wundertäter. (1957) Strittmatter, Erwin: Ochsenkutscher. (1951)

Heiner Müller Eppendorf (Landkreis Freiberg) 1929-Berlin 1995; Dramatiker; seit 1992 Leiter des Berliner Ensembles; 1990-93 Präsident der Akademie der Künste Berlin; 1961 wegen Kritik der DDR in seinen an Brecht geschulten Produktionsstücken (Der Lohndrücker, 1957) Ausschluss aus dem Schriftstellerverband, 1988 Wiederaufnahme; 1985: Georg-Büchner-Preis; 1990: Kleist-Preis.

Heiner Müller: Werk Als halbverbotener Autor: antike und mythologische Stoffe als Allegorie der totalitären Gegenwart: Philoktet, (Odysseus als Manipulator und Lügner, 1965); Germania Tod in Berlin (Verhältnis von Staat und Gewalt, 1977); Poetik: schockierende Bilder, die einer Absage an vernunftorientierte Geschichtsmodelle entsprechen: Hamletmaschine, 1978

Lyrik in der DDR Wolf Biermann: *Hamburg 1936, Liedermacher; 1953-1976 in der DDR; 1963 Ausschluss aus der SED, 1965 Auftrittsverbot: Lyriksammlung Die Drahtharfe erschien in Berlin (West); Mit Marx- und Engelszungen (1968); Peter Huchel: Berlin 1903-Staufen im Breisgau 1981; 1948-62 Chefredakteur von Sinn und Form, seit 1972 in der BRD; schlichte Naturgedichte: Gezählte Tage, 1972; Reiner Kunze: *Oelsnitz/Erzgeb.1933; ironisch u. knapp über Erfahrungen in der DDR: Sensible Wege, 1969; Zimmerlautstärke, 1972; Prosaband Die wunderbaren Jahre (1976): Auschluss aus dem DDR-Schriftstellerverband, 1977: Emigration; Nachdichtungen tschechischer Lyrik: Wundklee

Exilliteratur in der DDR

Bis Anfang der 50er Jahre -wenig Konflikte -Literatur der DDR galt offiziell als Fortsetzung der klassischen deutschen Philosphie Ab Anfang der 50er Jahre -Autoren wurden zu Erfüllungsgehilfen der Autoren -mussten sich an die Richtlinien der SED für künstlerische Erzeugnisse halten

Reaktion der Autoren -fühlten sich in ihrer Persönlichkeit eingschränkt -fühlten sich von der Regierung benutzt Folge 2 große Ausreisewellen

1. Ausreisewelle: Ende der 50er Jahre 2.Ausreisewelle: Nach Ausbürgerung Biermanns

fachwissenschaftlicher Kontext DDR-Exilliteratur 16.11.1976 Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976-1977 Stasi-Haft in Hohenschönhausen 1977 Verkauf von Jürgen Fuchs nach Westberlin

fachwissenschaftlicher Kontext DDR-Exilliteratur Appell der Dreizehn gegen die Biermann-Ausbürgerung Sarah Kirsch, Christa Wolf, Volker Braun, Franz Fühmann, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Gunter Kunert Heiner Müller, Rolf Schneider, Gerhard Wolf, Jurek Becker, Erich Arend (Fritz Cremer)

Johannes Bobrowski Tilsit 1917-Berlin (Ost)1965; zuletzt Verlagslektor; schrieb Gedichte Sarmatische Zeit, 1961; Schattenland, Ströme, 1962, Erzählungen und Romane Levins Mühle: Geschichte des Antisemitisums (1964); Litauische Claviere, hrsg. 1966, die in hoher Sprachkunst den kulturellen Raum Osteuropas, die Begegnungen zwischen deutscher, jüdischer und slawischer Kultur beschwören.

Biographie Bobrowskis 1917 9. April: Geburt in Tilsit (heute Sowjetsk an der Memel) als Sohn des Eisenbahnbeamten Gustav Bobrowski.

1925 zieht die Familie nach Rastenburg im heute polnischen Masuren 1925 zieht die Familie nach Rastenburg im heute polnischen Masuren. Bobrowski besucht das Gymnasium in Rastenburg. 1928 zieht die Familie nach Königsberg (heute Kaliningrad). Eintritt in die Quinta des humanistischen Stadtgymnasiums. Bobrowski arbeitet im „Bund Deutscher Bibelkreise“ mit, wiederholt die Obertertia, lernt beim Domorganisten, gewinnt kurz vor dessen Tod die Freundschaft des Dichters Alfred Brust (1891-1934), sucht die Nähe der Bekennenden Kirche (in der die Familie 1936 Mitglied wird) und verbringt die Sommer bei den Großeltern.

1937. legt Bobrowski sein Abitur ab 1937 legt Bobrowski sein Abitur ab. Wenig später lernt Bobrowski Johanna Buddrus aus Motzischken kennen. Pflichtdienst beim Reichsarbeitsdienst. Im November Beginn des zweijährigen Wehrdienstes als Funker in der Nachrichtenabteilung 41 in Königsberg. 1938 zieht die Familie nach Berlin-Friedrichshagen. Bobrowski soll in Berlin Kunstgeschichte studieren. 1939 Als Gefreiter nimmt Bobrowski am gesamten Krieg teil – in Polen, Frankreich, in der Sowjetunion

1941/42. Studiensemester in Berlin 1941/42 Studiensemester in Berlin. Im April 1943 heiratet Bobrowski Johanna Buddrus. Ein zweites Studiensemester unter der Bedingung, Offizier und Mitglied der NSDAP zu werden, lehnt Bobrowski ab. 1945 Am Tag der Kapitulation der Wehrmacht geht Bobrowski am 8. Mai in Kandau (Kandava) in sowjetische Gefangenschaft, beginnt als Kohlenhauer bei Rostow, arbeitet in der Kulturbrigade mit. 1949 Besuch der Antifaschistische Zentralschule bei Gorki an der Wolga.

1949 An Heiligen Abend kehrt Bobrowski zu seiner Frau nach Berlin-Friedrichshagen heim. 1953 im Juni zieht Bobrowski mit den Eltern in eine Wohnung in Berlin. 1959 Beginn als (einziger) Lektor des Altberliner Verlags, einem Kinderbuchverlag. Unter anderem gibt Bobrowski bei Lucie Groszer „Die Sagen des klassischen Altertums“ nach Gustav Schwab neu heraus und. Bearbeitung des „Volksbuch vom Hans Clauert“, dem märkischen Eulenspiegel. 1961 Im Februar erscheint Bobrowskis erster Gedichtband „Sarmatische Zeit“ bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart, im November beim Union-Verlag, der die in Stuttgart gestrichene „Pruzzische Elegie“ aufnimmt.

1962 Im März erscheint bei der DVA der Gedichtband „Schattenland Ströme“ (im Mai 1963 folgt der Union-Verlag). Im Juli erhält Bobrowski in Wien den Alma-Johanna-Koenig-Preis, im Oktober den Preis der Gruppe 47. 1964 Im September erscheint gleichzeitig im Union-Verlag und im Fischer-Verlag der Roman „Levins Mühle“, mit Vorabdruck in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im August/September. 1965 Auszeichnung für „Levins Mühle“mit dem Heinrich-Mann-Preis der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin Im Mai: Auszeichnung mit dem Internationalen Charles-Veillon-Preis in Zürich.

1965 Im Mai erscheint bei Wagenbach das Quartheft „Mäusefest und andere Erzählungen“. Ende Juli beendet Bobrowski das Manuskript der „Litauischen Claviere“. Zwei Tage später wird Bobrowski mit einem Blinddarmdurchbruch ins Krankenhaus Köpenick eingeliefert. 2. September: Tod Bobrowskis Er wird nahe seiner Wohnung Ahornallee 26 auf dem Friedhof der Evangelischen Gemeinde in Friedrichshagen begraben. Im selben Monat erscheint im Union-Verlag der Erzählungsband „Boehlendorff und Mäusefest“ 1966 Erscheint aus dem Nachlass im Union-Verlag der Roman „Litauische Claviere“, 1967 im Wagenbach-Verlag.

Gedichtsinterpretation Johannes Bobrowski: „Heimweg“

den der Reiher umfliegt Und das Haus einst, wo nun der Wald herabkommt Blau Die Lüfte Der hohe Baum den der Reiher umfliegt Und das Haus einst, wo nun der Wald herabkommt klein und weiß Das Haus, und der grüne Schimmer Ein Weidenblatt Wind. Er hat mich geführt Vor der Schwelle lag ich Er hat mich bedeckt. Wohin sollt ich ihm folgen? Ich hab Flügel nicht. Mein Mütze abends warf ich den Vögel zu Allgemeines: modernes Gedicht, bestehend aus 2 Strophen freier Rhythmen, d.h. in ungebundener Sprache 1. Strophe: Erinnerung an die verlorene Heimat,ihre Schönheit(Blau, Reiher, klein, weiß das Haus)  Steigerung des Zeilen-und Satzumfangs; 1 Wort:Blau; 2Wörter-die Lüfte; Sätze hier ohne Subjekt- wirken wie Erinnerungsfetzen Wiederholung: das Haus-das Haus; Haus vielleicht besonderes Symbol für die Heimat – natürliche,sympathische frische Farben gewählt(blau-weiß-grün) für schöne Erinnerung, vielleicht für Frühling,Sommer); Personifizierung(d.h Dinge, Gegenstände werden lebendig-zur Person)hier:"wo nun der Wald herabkommt„ "einst"- verweist auf längst vergangene Zeiten „der grüne Schimmer“ drückt Hoffnung aus; entpuppt sich jedoch nur als Blatt einer (Trauer-)Weide

Heimweg (Johannes Bobrowski, 1960) 2.Strophe: Blau. Die Lüfte. Der hohe Baum, den der Reiher umfliegt. Und das Haus, einst, wo nun der Wald Herabkommt, klein und weiß Das Haus, und der grüne Schimmer, Ein Weidenblatt. Wind. Er hat mich geführt. Vor der Schwelle lag ich. Er hat mich bedeckt. Wohin sollt ich ihm folgen? Ich hab Flügel nicht. Mein Mütze abends warf ich den Vögel zu. Dämmerung. Die Fledermäuse fahren ums Haupt mir. Das Ruder zerbrochen, so werd ich nicht sinken, ich gehe über den Strom. 2.Strophe: Wind personifiziert- „er hat mich geführt“-“er hat mich bedeckt“ indirekte rhetorische Frage: „Wohin soll ich ihm folgen?“(nirgendwohin vielleicht)“ Inversion genannt: = Umkehrung des normalen Satzbaus: „Ich hab Flügel nicht“ - Wirkung: spannend, eindringlich). Inversion und Alliteration (d.h. Stabreim, mehrere Wörter beginnen mit gleichem Laut): „Die Fledermäuse fahren ums Haupt mir“ (Wind: jener kann überall hin, wie die Vögel- das lyrische Ich leider nicht „Ich hab Flügel nicht“) 3. Strophe: "Dämmerung"- ist Tatsache, "Ich gehe über den Strom“ ( Bild: Jesus ging über das Wasser) ein Mensch kann das nicht lyr.Ich kann nicht nach Hause "das Ruder zerbrochen"- Lyrisches Ich kann nicht in Heimat zurück- nur im Traum, ist ein unerfüllbarer Wunsch

Vergleich: „wie nirgendwo„ Frage ohne Fragezeichen: Am Beginn; wiederholt sich"Habt ihr jemals...“) Vergleich: „wie nirgendwo„ Metapher(übertragene Bedeutung) : "ländlichen Grotten" Suche nach Heimat „vereinsamter Bahnhöfe"- stehen für Abschied/ Ankunft; „vereinsamt“ drückt Einsamkeit des lyr. Ichs aus; wird verstärkt durch "zu wenig Licht"," zu viel Regen"( gibt hier auf die zuvor gestellte Frage eine Antwort) direkte Anrede: Habt ihr jemals....Antwort: Wieder nichts-wieder nichts -wieder: Anapher(Aufeinander folgende Sätze beginnen mit gleichen Wörtern): letzte fünf Zeilen: tiefe Traurigkeit- „stolpern“ (d.h. unsicherer Gang) Penelope= Gattin des Odysseus; sie hat die ganzen Jahre seiner Irrfahrt auf ihren Mann gewartet- griechische Mythologie) ; hier wartet keiner Hades= Totenreich- das wird ihre "endgültige Heimat„: Einsamkeit , Warten, Dunkelheit, Traurigkeit Heimkunft (Günter Kunert, 1970) Was für ein Land ist das das wie nirgendwo ist besonders in den nächtlichen Grotten vereinsamter Bahnhöfe. Viel zu wenig Licht. Viel zu viel Regen. Habt ihr jemals beobachtet wie sie den Abteilen entsteigen enttäuscht über die Ankunft: Wieder nichts als Kälte und Nässe als Dunkel und Rauch. Wieder nichts. Wieder ein Traum misslungen. Schon stolpern sie über den eigenen Schatten davon von keiner Penelope erwartet in den Hades ihrer endgültigen Heimat.

Inhaltliche Gemeinsamkeiten Wortwahl: Dämmerung, zerbrochenes Ruder, nirgendwo, vereinsamt, enttäuscht, Kälte, Nässe, Stolpern, Hades  lyr. Ich zeigt Resignation- Verbindung mit Enttäuschung über jenen Staat und seine Politik- enttäuschte Illusionen Unerfüllte Erwartungen: Entwicklung in der DDR - keine Kritik gewollt- Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit Fragen ohne Antworten wie im Gedicht  Lyrisches Ich kann nicht in die altbekannte Heimat zurück. Es bleibt nur ein unerfüllbarer Wunsch oder eine enttäuschende Heimkunft. Die ersehnte, in greifbarer Nähe geglaubte Heimat existiert nicht mehr!

Die Jenaer Opposition in der DDR

Opposition in den 40er Jahren 1945-1948 die liberale Hochschulgruppe Leitfigur: Hans Leisegang Ziel: Einfluss der SED-Kader auf die Uni und somit Begrenzung der Bildungsinhalte Ergebnis: Verweis des Professors von der philosophischen Fakultät; Flucht nach Westberlin

Opposition in den 50er Jahren • 17.Juni.1953 Volksaufstand • 1954-1958 Eisenberger Kreis Ort: Eisenberg und Jena Ziel: gegen die SED-Diktatur Leitfigur: Thomas Ammer, Johann Frömel Ergebnis: Verhaftung der Mitglieder; insgesamt zu 114 Jahren Zuchthaus Einfluss: die größte und aktivste Widerstandsgruppe der 50er Jahre in der DDR

Opposition in den 60er Jahren 1967/68: Gründung einer Gruppe von bis zu 20 Studenten der Uni Jena Tätigkeiten: Demonstration durch Kleidung, Frisuren und Auftritte Ziel: gegen „sozialistischen Menschenbild“ Endziel: Ablösung der SED Ergebnis: bis Nov. 1973 Exmatrikulation der Studenten aus diesem Kreis

Opposition in den 70er Jahren Arbeitsgruppe Lehrlinge Hintergrund: mangelnde kulturelle Infrastruktur, somit die Beschränkung der Freizeitmöglichkeit Leitfigur: Jochen Anton Friedel Ziel: Reform der DDR, Verlangen nach einem besseren Sozialismus 1973 Anfang mit der Lehrlingsarbeit 1974 Gründung der Jenaer Jazztage Tätigkeiten: Arbeit in Lehrlings- und Studentenklub (Rosenkeller), das Studentenkabarett und Singergruppen 1983 Ausreise von Friedel aus der DDR

Mitglieder: Jürgen Fuchs, Lutz Rathenow etc. Tätigkeit: Opposition in den 70er Jahren Der Arbeitskreis Literatur (1) Mitglieder: Jürgen Fuchs, Lutz Rathenow etc. Tätigkeit: Wöchentliches Treffen von 30 jungen Menschen aus allen Schichten Diskussion / Lesung eigener Lyrik und Prosa Erhitzung an ihrem Ideal, dem Prager Frühling, und an der Wirklichkeit, dem Zentralismus und der Meinungsmanipulation Ziel: Verbesserung des Sozialismus

Der Arbeitskreis Literatur (2) 1975 Selbstauflösung Ursache: Kontrolle der „staatliche Mitarbeiter Kultur“; Sabotage der Diskussionsrunden bei allen Veranstaltungen Ergebnisse: Nach der Auflösung des Arbeitskreises Literatur werden die ehemaligen Mitglieder vom MfS Jena heimlich überwachtet Die Exmatrikulation von Jürgen Fuchs Einberufung von vier Leuten (Graf, Makowski, Scheer, Sonntag) zur NVA

1950 geb. in Reichenbach/ Vogtland 1968 Abbruch des Studiums aus politischen Gründen, Armeedienst 1970 Psychologiestudium in Jena Seit 1971 literarische Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien der DDR 1975 Zwangsexmatrikulation 1976 –77 Stasi-Haft 1977 Gedächtnisprotokolle, Internationaler Pressepreis 1988 "Das Ende einer Feigheit". Kritikerpreis für Literatur Seit 1989/90 Mitarbeit in Bürgerkomitees zur Auflösung des DDR-Geheimdienstes Jürgen Fuchs (1950-1999)

März 1977 politische Exmatrikulation aus der Uni 1952 geb. in Jena März 1977 politische Exmatrikulation aus der Uni September 1977 Übersiedlung nach Berlin 1980 kurzzeitige Verhaftung; Erreicht DDR- Öffentlichkeit überwiegend durch Lesungen in Kirchen und Wohnungen Kuriertätigkeit zwischen Berlin und Jena, Verbreitung der Materialien von Jürgen Fuchs und anderen in der DDR Lutz Rathenow Leiter des Arbeitskreises Literatur

Opposition in den 70er Jahren Jena und die Biermann Ausbürgerung 1976 16.11.1976 Protest und Treffen der Jugendlichen im Hinterhaus in der Jungen-Gemeinde Jena 17.11.1976 Mitteilung der Schriftstellerpetition von Jurek Becker auf seiner Buchlesung in Jena 18.11.1976 Junge-Gemeinde-Abend: 80 Leuten, Lesung, Diskussionen, Unterzeichnung des Schriftstellerpetition Ab 19.11.1976 Eine Reihe von Verhaftungen 21.11.1976 Freilassung der Verhafteten Ergebnisse: Exmatrikulation von Lutz Rathenow und Sybille Havemann aus der Uni

1953 Übersiedlung in die DDR 1936 geb. in Hamburg 1953 Übersiedlung in die DDR 1955-1957 Studium der politischen Ökonomie an der Humboldt-Universität Berlin 1965 Erscheinen seines Gedichtbandes "Die Drahtharfe" und seiner ersten Langspielplatte in der BRD; Auftritts- und Publikationsverbot durch die DDR-Behörden. 16. 11. 1976 die Ausbürgerung aus der DDR. Begründung: Sein Programm in der Bundesrepublik richtete sich gegen die DDR und den Sozialismus Wolf Biermann (1936 - ) Liedmacher

Die Ausbürgerung Biermanns -Nach einem Auftritt Biermanns in Ost-Berlin 1965 schritt die politische Führung der DDR ein. Publikations- und Aufführungsverbot Biermanns. Ihm wurde „anarchistische“, „liberalistische“ und „pornografische Neigungen“ vorgeworfen. -Aufgrund seiner konsequenten Orientierung am Marxismus war Biermann für die DDR-Behörden ein großes Ärgernis. Er galt als Verräter sozialistischen Gedankenguts. -Durch Fortschreiten der Revolution sowie Demokratisierung und Entstalinisierung des sozialistischen Alltags trat er für die existenziellen Bedürfnisse des einzelnen ein.

November 1976 Amtliche Nachrichtenagentur der DDR verbreitete folgende Meldung: „Die zuständigen Behörden der DDR haben Wolf Biermann, der 1953 aus Hamburg in die DDR übersiedelte, das Recht auf weiteren Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik entzogen... Mit seinem feindseligen Auftreten gegenüber der DDR hat er sich selbst den Boden für die Gewährung der Staatsbürgerschaft der DDR entzogen.“

Folgen Darauf folgt ein gewaltiger öffentlicher Protest in der DDR. Zwölf prominente Schriftsteller verfassen eine Protestresolution, der sich innerhalb weniger Tage über hundert weitere Künstler, Intellektuelle, Arbeiter und Studenten anschließen. Für viele endet der Protest mit Verhaftung, Parteistrafe, Ausschluss, Ausreise, Ausbürgerung oder Berufsverbot. -Obwohl Biermann in der DDR nie ein Buch oder eine Schallplatte veröffentlichen konnte galt er als bekanntesten literarischen Kritiker Deutschlands

Opposition in den 80er Jahren 1982/83 unabhängige Friedensbewegung(1) Eine außerhalb kirchlicher Räume unabhängig agierende politische Basisgruppe ohne Leitung und ohne eingeschriebene Mitglieder Hintergrund: Zunehmende Militarisierung in der DDR, zunehmende Tendenz zur Wehrdienstverweigerung 14. 11.1982 Ein Schweigekreis für den Frieden von 70 jungen Leuten auf dem Zentralen Jenaer Platz Nov. 1982 Entstehung der Jenaer Friedensforderungen Inhalt: Abschaffung des Wehrkundeunterrichts; Abzug der Besatzertruppen aus Osteuropa und beiden deutschen Staaten

Opposition in den 80er Jahren 1982/83 unabhängige Friedensbewegung(2) Offizielle Gründung der Friedensgemeinschaft nach den Haftentlastungen Tätigkeiten: Offene Briefe, Appelle, Flugblätter, Klebeaktionen und fotografische Dokumentationen 18/19.03.1983 Demonstrationen mit Schildern 18.03.1983 ein beim Friedensgottesdienst von 96 Teilnehmern unterzeichneter Protestbrief an Honecker Vom 19.05.1983 „Gegenschlag“ von der Stasi, „Übersiedlungsaktion“

Frieden schaffen ohne Waffen Mitglieder der Jungen Gemeinde und der Friedensgemeinschaft auf dem Weg zur staatlichen Friedensbekundung.

ab 1975 Angehöriger der Jungen Gemeinde Jena Stadt-Mitte 12.6.1957 geb. in Görlitz ab 1975 Angehöriger der Jungen Gemeinde Jena Stadt-Mitte November 1976 Beteiligung am Protesten gegen die Biermann-Ausbürgerung; Unterzeichnung einer Protestresolution von Künstlern 10.04.1981 Verhaftung im Zug nach Berlin 12.04.1981 gestorben in der U-Haft des MfS (Die Ursache bleibt bis heute ungeklärt.) Matthias Domaschk (1957-1981)

1975 Studium der Wirtschaftswissenschaft an der FSU Jena 14.7.1953 geb. in Jena 1975 Studium der Wirtschaftswissenschaft an der FSU Jena 1976 Kritik an die Ausbürgerung von Biermann an der Uni , anschließend Exmatrikulation 01. 09. 1982 Verhaftung wegen "Missachtung staatlicher Symbole" März 1983 Mitbegründer der unabhängigen Friedensgemeinschaft Jena Juni 1983 gewaltsame Ausbürgerung Gegen seine Exmatrikulation protestierte Roland Jahn mit diesem Foto

1982/83 unabhängige Friedensbewegung(3) 1983 Jenaer Weißer Kreis weiße Blusen und weiße T-Shirts, gewaltfreie Demonstration Tätigkeit: Demonstration am 18. und 25. 06.1982 morgens um neun Uhr auf dem Zentralen Jenaer Platz der Kosmonauten (heute: Eichplatz) Ergebnis: Etwa 70 Personen bekamen gleich ihre Entlassung aus der Staatsbürgerschaft

Hannelore und Rüdiger Studanski (im Vordergrund) führten 1982 den Weißen Kreis Jenaer Markt

1983 Jenaer Weißer Kreis

Abkürzungen: DDR: Deutsche Demokratische Republik FDJ: Freie Deutsche Jugend FSU: Friedrich – Schiller- Universität Jena KD: Kreisdienststelle des MfS MfS: Ministerium für Staatssicherheit NVA: Nationale Volksarmee SED: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Stasi: Staatssicherheitsdienst U-Haft: Untersuchungshaft

Das Ende der DDR Veränderungen in der Sowjetunion 1985 Michail Gorbatschow Generalsekretär des ZK der KPdSU Perestroika (Umbau): Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, mehr freie Marktwirtschaft, mehr Demokratie Glasnost (Öffentlichkeit): offene Diskussion in der Gesellschaft, in den Medien, Möglichkeiten der Mitsprache Sowjetunion gab den Anspruch auf, unter allen kommunistischen Ländern die Führung innezuhaben

Das Ende der DDR Bürgerrechtsgruppen (civil rights campaigners) Am 4. September 1989 in Leipzig erste Montagsdemonstration nach einem der traditionellen Friedensgebete (prayers for peace) Herbstrevolution in der DDR, nach der Kundgebung auf dem Alexanderplatz am 4. November 9. November 1989 Fall der Mauer

Politische Entwicklung 1989

„Wir sind das Volk“ – ja? Slogan bei Montagsdemonstrationen in Leipzig Mitbestimmung, demokratische Rechte Das Neue Forum Demokratie Jetzt „Thesen für eine demokratische Umgestaltung in der DDR“

"Wir sind ein Volk"

Wir waren das Volk...

Wir sind kein Volk? Symbol der Ostalgie: Ampelmännchen Wiedervereinigung gescheitert?

Ostalgie Verharmlosung? Kommodifizierung – oder Gedächtnis? Good Bye Lenin!

Fußnote in der Weltgeschichte... “Es hat eine Revolution stattgefunden – getragen von zwei Kräftegruppierungen: Die eine wollte eine bessere DDR, und die andere wollte gar keine DDR. Die eine hat die Revolution unter grossem Risiko gemacht, dann kam die andere in den Vordergrund – und die hat gesiegt. Es wird keine DDR mehr geben. Die DDR wird nichts sein als eine Fußnote in der Weltgeschichte” Stefan Heym März 1990

DDR – humoristisch gedeutet Der Diener Russlands Deutscher Distrikt Russlands Demokratie der Russen Dawaj, dawaj rabotaj(tje) sinngemäß „Los, los! Arbeiten!“ (ebenfalls in Anlehnung an russ. „dawaj“ = „Los!“, „Beeile dich!“, „Spute dich!“, „Mach hin!“, „Vorwärts!“ + „rabotat'“ = arbeiten) Dumm Doof Rettungslos