Ludwig-Maximilians-Universität München Deutsche Philologie

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 Präsentation transkript:

Vera Plattner (10103316), vera.p@hotmail.de Ludwig-Maximilians-Universität München Deutsche Philologie HS Schrift und Schreibung WS 2014/15 18.12.2014 Das Divis Vera Plattner (10103316), vera.p@hotmail.de

Gliederung Begriffsklärung: <-> , <—> oder <-> ? Verwendung, Normierung Divis und Lesepsychologie

1. Begriffsklärung Was ist das? -­ − ‐ ‒

Bindestrich? Gedankenstrich? Trennstrich? „Divis“ (lat. dividere!) vs. „Bindestrich“ ? Viertelgeviertstrich? Halbgeviertstrich? Bindestrich-Minus?

- Form (Glyphe) Funktion - − Viertelgeviertstrich Halbgeviertstrich Bindestrich-Minus Divis: Bindestrich Trennstrich Ergänzungsbindestrich Gedankenstrich Spiegelstrich „typografisches Mädchen für alles“ - „Konzept“

2. Verwendung, Normierung Das Divis wird verwendet als Trennstrich Ergänzungsbindestrich Bindestrich

a) Trennstrich

b) Ergänzungsbindestrich - Vorwärtstilgung: Verkehrssteuerung und –überwachung Rückwärtstilgung: auf- und abbauen Vorwärts- und Rückwärtstilgung kombiniert: Warenein- und -ausgang

Was funktioniert (nicht) ? Maria hat den Garten gejätet und Hans gegossen. Schulbücher und –hefte lösbar und –lich (4) aufwachen und -stehen

c) Bindestrich Grundregel: Je autonomer die Einzelbestandteile sind und je weniger semantisch klar ( = nicht mehrdeutig) die Verknüpfung ist, desto wahrscheinlicher wird ein Bindestrich gesetzt.

Der Bindestrich im AR Zusammensetzungen und Ableitungen, die keine Eigennamen als Bestandteile enthalten (AR § 40 bis § 45) Zusammensetzungen und Ableitungen, die Eigennamen als Bestandteile enthalten (§ 46 bis § 52) (c) Kann-Regeln: §45, §51, §52

Beispiel: § 43 substantivisch gebrauchte Zusammensetzungen und Infinitive Beispiele (GKS!): das Entweder-oder, das Teils-teils, das Als-ob, der Boogie-Woogie, das Auf-die-lange-Bank-Schieben, das Von-der-Hand-in-den-Mund-Leben E: Dies gilt nicht für übersichtliche (????) Zusammensetzungen mit Infinitiv, zum Beispiel: das Autofahren, beim Walzertanzen, das Inkrafttreten

Der Bindestrich im AR Zusammensetzungen und Ableitungen, die keine Eigennamen als Bestandteile enthalten (AR § 40 bis § 45) Zusammensetzungen und Ableitungen, die Eigennamen als Bestandteile enthalten (§ 46 bis § 52) (c) Kann-Regeln: §45, §51, §52

Beispiel: §46 Zusammensetzungen mit Personennamen Frau Müller-Weber, Karl-Heinz (neben Karlheinz) (2) Geografische Eigennamen Baden-Württemberg, Flughafen Köln-Bonn

Immer OHNE Bindestrich: Sankt / St. (St. Gallen) Bad (Bad Reichenhall) …außer bei Ableitungen (§48): - die st.-gallischen Klosterschätze, die sankt-gallischen K.  obligatorisch - die Bad-Reichenhaller, die Bad Reichenhaller  fakultativ

Der Bindestrich im AR Zusammensetzungen und Ableitungen, die keine Eigennamen als Bestandteile enthalten (AR § 40 bis § 45) Zusammensetzungen und Ableitungen, die Eigennamen als Bestandteile enthalten (§ 46 bis § 52) (c) Kann-Regeln: §45, §51, §52

Beispiel: § 45 (Kann-Regel) Hervorhebung einzelner Bestandteile die Hoch-Zeit (2) Gliederung unübersichtlicher Zusammensetzungen Ultraschall-Messgerät (3) zur Vermeidung von Missverständnissen ? Musikerleben (4) beim Zusammentreffen von drei gleichen Buchstaben See-Elefant

Allen drei Divisvorkommen gemeinsam ist die „Instruktion, die morphologische Verkettung abzubrechen, die eingelesene Buchstabenkette im Arbeitsspeicher abzulegen und erst dann mit einer Folgeeinheit zu verknüpfen (…). Der Bindestrich ist deshalb umso akzeptabler, je eher die Einzelbestandteile morphologisch erkennbar und einer autonomen Interpretation zugänglich sind.“ (Bredel 2008, 116)

„Der Bindestrich bietet dem Schreibenden die Möglichkeit, anstelle der sonst bei Zusammensetzungen und Ableitungen üblichen Zusammenschreibung die einzelnen Bestandteile als solche zu kennzeichnen, sie gegeneinander abzusetzen und sie dadurch für den Lesenden hervorzuheben.“ (AR Vorbemerkung)

Im Vergleich See-Elefant Seeelefant See Elefant Druck-Erzeugnis Früh-Stück Frühstück Früh Stück früh Stück (?)

„Deppenleerzeichen“ Zur Hervorhebung einzelner Wortbestandteile werden – zumeist in der Werbung - häufig Leerzeichen verwendet, wo ‚normalerweise‘ ein Divis stehen sollte. Bastian Sick hat hierfür den Begriff „Deppenleerzeichen“ geprägt. Ist dieses Leerzeichen aber tatsächlich ein „Deppen“-Leerzeichen?

???

Semantischer Unterschied? 1. Edel-Nuss-Mix 2. Edelnussmix 3. Edelnuss-Mix 4. Edel-Nussmix Vitamin E-Quelle Vitamin-E-Quelle Vitamin E Quelle Vitamin E - Quelle

Konsistent? 1. Blütenhonig 2. Blüten-Honig 3. Blüten Honig 4. Blüten- Honig (~WTZ) Bio-Honig Biohonig (Bi-oho-nig  ) 3. Bio Honig

3. Divis und Lesepsychologie Das Divis als Mittel zur „Dekomposition des Leseprozesses“ (Anzahl der Elemente im Arbeitsspeicher) Hervorhebung und Akzentuierung der Einzelbestandteile durch Trennung

Das Divis im Englischen Keine Normierung der Schreibung von Komposita  mehrere erlaubte Schreibweisen: lifestyle life style life-style Ärgernis für die Schreiber, Chance für die Forschung. Welche Schreibung wird am schnellsten verarbeitet?

Studien zeigen: Die „gewohnte“ Schreibweise wird am schnellsten und effizientesten verarbeitet. Die Schreibweise selbst (mit/ohne Divis) ist dabei irrelevant. (Bertram, Kuperman et al. 2011)

Bsp. Life-style, aber tomcat (2) Verschiedene Grade der Lexikalisierung eines Kompositums gehen mit verschiedenen Schreibweisen (Anm.: Präferenzen der Schreiber!) einher. Bsp. Life-style, aber tomcat Je häufiger ein Kompositum verwendet wird, desto wahrscheinlicher ist Zusammenschreibung. (Kuperman et al. 2013)

Ausnahme: Bei langen oder komplexen Wörtern mit seltenen Buchstabenabfolgen wird die Getrenntschreibung bzw. die Schreibung mit Divis meist beibehalten. Bsp. fire extinguisher > fireextinguisher

(3) Lange Buchstabenfolgen sind grundsätzlich schwieriger zu verarbeiten als kurze. Dennoch führen Leerzeichen innerhalb von Komposita oft zu Verwirrung. Das Divis ist insgesamt also leserfreundlicher (Leser-freundlicher?) als Zusammen- und Getrenntschreibung. (Rakic, 2009)

Danke für eure Aufmerk-sam-keit ? Auf-merk-sam-keit Frohe Weihnachten 

Quellen (1) Allgemeine Literatur:   Allgemeine Literatur: Bredel, Ursula. 2008. Die Interpunktion des Deutschen. Ein kompositionelles System zur Online-Steuerung des Lesens. (= Linguistische Arbeiten 522). Tübingen: Niemeyer. (darin insbes. III 2.2, Der Divis, S. 106-116) Bredel, Ursula. 2011. Interpunktion. Heidelberg: Winter. (darin Divis, S. 32-39) Bernabei, Dante. Der Bindestrich. Vorschlag zur Systematisierung.

Quellen (2) Studien zur Verarbeitungsgeschwindigkeit von Komposita   Bertram, Raymond, Victor Kuperman, R. Harald Baayen and Jukka Hyöna. 2011. “The Hyphen as a Segmentation Cue in Triconstituent Compound Processing: It’s Getting Better All the Time”. Scandinavian Journal of Psychology 52: 530-544. Kuperman, Victor and Raymond Bertram. 2013. “Moving Spaces: Spelling Alternation in English Noun-Noun Compounds.” Language and Cognitive Processes 28(7): 939-966 Rakić, Stanimir. 2009. “Some Observations on the Structure, Type Frequencies and Spelling of English Compounds.” SKASE Journal of Theoretical Linguistics 6(1): 59-83., insbes. S. 61. Internetquellen Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung: http://rechtschreibrat.ids-mannheim.de/download/regeln2006.pdf#page=43 Übersichtliche Begriffsdefinitionen zur typografischen Maßeinheit „Geviert“: http://de.wikipedia.org/wiki/Viertelgeviertstrich, und http://de.wikipedia.org/wiki/Geviert_%28Typografie%29, zuletzt aufgerufen jeweils 29.11.2014.