Ideologische Hintergründe und Inhalte des Rechtsextremismus/ Rechtspopulismus, Abgrenzung zu anderen Konzepten Referenten: Barbara Eichhammer, James Hughes, Josef Kuhr
I. Definitionen Extremismus Rechtsextremismus Rechtsradikalismus Rechtspopulismus
Extremismus „Institutionen, Inhalte, Prozesse einschließlich ihrer Wirkungen, die zum äußeren Rand eines in Betracht gezogenen Spektrums zählen.“ - Jürgen R. Winkler
Politischer Extremismus Verfassungsrechtliche Interpretation: Parteien, Personen, Institutionen etc., welche den demokratischen Verfassungsstaat, sowie den Grundbestand der freiheitlich, rechtstaatlichen Verfassung ablehnen.
Lipsets Rechts-Links-Kontinuum
Politischer Extremismus Inhaltliche Interpretation: Bestimmung psychologischer Denkstrukturen extremistischer Akteure: Dogmatismus Offensive und defensive Absolutheitsansprüche Utopismus bzw. kategorischer Utopieverzicht Freund-Feind-Stereotype Verschwörungstheorien Fanatismus und Aktivismus Antipluralistische Politik- und Gesellschafsanalyse Politische Intoleranz Anspruch auf exklusiven Zugang zu historisch-politischer Wahrheit
Besonderheiten des Rechtsextremismus Ideologie der Ungleichheit: Übersteigerter, ethnisch begründeter, völkischer Nationalismus Rassismus Fremdenfeindlichkeit Ausländerfeindlichkeit Anti-egalitäres Politikverständnis: Ausgrenzung und Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund von Zugehörigkeiten zu Gruppen (ethnische Minderheiten/Herkunft etc.) Ideologie der rassisch-ethnischen Ungleichheit des Menschen Ablehnung der multikulturellen Gesellschaft
Besonderheiten des Rechtsextremismus Akzeptanz von Gewalt als Handlungsform: Ablehnung rationaler Diskurse Ablehnung demokratischer Handlungsformen Betonung autoritärer und militaristischer Umgangsformen Gewalt als „normale“ Aktionsform zur Regelung von Konflikten Besonderheiten des rechtsextremen Antipluralismus: Neigung zur Unterordnung individueller Interessen unter Kollektive Versuch einheitlichen und gleichgeschalteten, rechtsextremen Vorstellungen entsprechenden Staat zu schaffen, welcher pluralistisch-demokratischen Grundvorstellungen widerspricht Unterdrückung von Bestrebungen, die der eigenen politischen Philosophie widersprechen
Rechtsradikalismus Ableitung aus dem Lateinischem : radix = Wurzel → Beschreibt das Ziel, die Gesellschaft grundlegend („von der Wurzel an“) zu verändern Bis 1974 gleichbedeutend mit Rechtsextremismus Definition ab 1974: - Bestrebungen, die mit nationalistischem, ethnozentrischem Denkmuster politische und soziale Demokratie einschränken wollen (→ nicht aufheben!)
Rechtsradikalismus Rechtsradikalismus bleibt Verfassungskonform, da er den demokratischen Verfassungsstaat nicht ablehnt, sondern versucht, seine politischen Ziele innerhalb des von der Verfassung gegebenen Rahmens zu verwirklichen Schließt Strömungen rechts des etablierten Konservatismus ein und bildet die Grauzone zwischen der „Demokratischen Mitte“ und dem „Extremismus“ (s. 2.4) Dient häufig nur als Beschreibung der Entschlossenheit und Konsequenz politischen Handelns ohne konkrete inhaltliche Richtung
Rechtspopulismus Aufstrebende Bewegung, welche konservative und rechtsextreme Einstellungen und Überzeugungen in sich vereint und zunehmenden Rückhalt in vielen Schichten der Bevölkerung erfährt
Rechtspopulismus Struktureigenschaften: Volkstümlich („Anwalt der kleinen Leute“) Gegenposition zum politischen Establishment Klassenübergreifende Bewegung Anti-elitär / Anti- intellektuell Kein konkret ausgearbeitetes Programm, nur wenige, moralisch und emotional überladene Programmpunkte Meist markante Führungspersönlichkeiten, welche Parteiziele in sich personalisieren
Rechtspopulismus Themenkomplexe: Bewahrung völkischer und territorialer Identität verbunden mit einer Ablehnung der multikulturellen Gesellschaft und einer Angst vor „Überfremdung“ Übersteigerte Auffassung von Tugendhaftigkeit und völkischen Wertevorstellungen Ablehnung und Bekämpfung Sozialer und Gesellschaftlicher Umbrüche → Antimodernisierend Bekämpfung von Kriminalität durch autoritäre „law and order“ –Politik
Rechtspopulismus Überschneidungen zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus im praktizierten Rechtspopulismus: Neokonservative Wirtschaftspolitik: Weniger Staat, weniger Steuern, Einschränkung des gewerkschaftlichen Einflusses Rechtsextreme Sozialpolitik: Ausländerfeindlichkeit Ausländerpolitische Forderungen aus dem rechtsextremistischem Milieu Bevorzugung nationalinterner Bevölkerungsschichten
II. Definitionen Nationalismus Rassismus
Nationalismus „Ideologie und/oder soziale Bewegung, die territorial und wertorientiert auf die Nation bzw. den Nationalstaat ausgerichtet ist und eine bewusste Identifikation und Solidarisierung mit der nationalen Gemeinschaft voraussetzt“ Gisela Riescher
Nationalismus 1. Inklusiver Nationalismus: moderate Form von Nationalbewusstsein 2. Exklusiver Nationalismus: überhöhtes Wertgefühl, das sich von anderen Staaten in aggressiver Form absetzt Forderung nach Übereinstimmung von politischen und ethnischen Grenzen bezeichnend für rechtsextreme Organisationen und Gruppierungen
Geschichte des Nationalismus 1. Entstehung: Ende des 18. Jh./ Anfang des 19. Jh Herausbildung der ersten Nationalstaaten wesentliche Impulse für die Entwicklung nationalistischer Grundhaltungen von der Französischen Revolution (1789) damalige Bedeutung des Begriffes Nationalismus: nationale Einheit im Rahmen eines zumeist liberale, konstitutionellen Verfassungsstaates 2. 1871 Bildung des ersten deutschen Nationalstaates Bedeutungswandel: Stärkung der Machtstellung Deutschlands in der Welt 3. Nationalismus als Ausgangspunkt nationalistischen und imperialistischen Vormachtstrebens
Rassismus „Eine Ideologie, die soziale Phänomene mit Hilfe pseudowissenschaftlicher Analogieschlüsse aus der Biologie zu erklären sucht. Als Reaktion auf die egalitären Universalitätsansprüche der Aufklärung betreibt der Rassismus eine anscheinend unantastbare Rechtfertigung sozialer Ungleichheit durch den Bezug auf naturwissenschaftliche Gewissheiten“
Formen des Rassismus Rassistische Vorurteile Rassistische Diskriminierung Institutioneller Rassismus Pseudowissenschaftliche Rassenteorie Kulturellen Rassismus Alltagsrassismus
Geschichte des Rassismus Bereits seit Beginn der Neuzeit dokumentiert Rassentheorie von Arthur Gobineau im 19. Jh. Als erster systematischer Versuch einer rassistischer Gesellschafts- und Geschichtstheorie. Hauptgedanken: 1. die apriorische Ungleichheit und Reinheit der Menschenrassen 2. die daraus abzuleitende natürliche Hierarchisierung 3. pessimistische Geschichtsbetrachtung Rasseideologie der Nationalsozialisten von Alfred Rosenberg
Fremdenfeindlichkeit „Latent ablehnende, aber auch […] öffentlich demonstrierte aggressive Abwehr des Fremden und eine Politik der Abschottung von Lebensräumen.“ - Hans-Gerd Jaschke
Zwei Theorietraditionen u. Forschungsrichtungen Migrationsforschung Sozialpsychologie, politische Sozialisation, Vorurteils-Forschung
„Überfremdung“ Unterbegriff der Fremdenfeindlichkeit
Anti-Modernistische Tradition Die Fremden vs. Das Fremde
Hintergründe „schwarz-weiss“ Wahrnehmung von Gut vs. Böse Sozialdarwinismus Volksgemeinschaft
Ursachen Neue Konzepte von Rasse, ethnischer Herkunft „Gastarbeiter belästigen deutsche Frauen, befördern Kriminalität und Prostitution, kommen nur hierher, um den Sozialstaat auszunutzen, schleppen Krankheiten, vor allem Geschlechtskrankheiten ein und erhöhen die Seuchengefahr.“
Beziehung zum Rassismus Fremdenfeindlichkeit als Ausprägung des Rassismus
Beispiele der Fremdenfeindlichkeit Brandanschläge in Hoyerswerda und Rostock Anschläge in Mölln und Solingen
Fazit Äußerungen von Fremdenfeindlichkeit als Teil des rechten “Kultur-Kampfes”; d.h. ein Versuch, Überfremdung oder Migranten als wichtiges Problem in den Augen der Bevölkerung darzustellen, was diesen rechtsextremistischen Gruppen erlaubt, ihre Meinungen in der Regierung und in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Möglichkeit des Einpflanzens rechten Gedankenguts in die Öffentlichkeit nur in Krisenzeiten denkbar, in der rechtspopulistische Parteien eben diese als Plattform benutzen können. Heutzutage befinden sich große Teile Europas in einer allumfassenden Krise, woraus ein zunehmender Rechtsruck resultiert.
-Rechtsruck als Konsequenz? Diskussionsanstoß Wirtschaftlicher und sozialer Niedergang in Deutschland: -Rechtsruck als Konsequenz?