Iss was? Aber nicht mich! Vegetarismus und Veganismus – Argumente für eine bessere Ernährung Peter Imandt Gesellschaft/ Rosa Luxemburg Stiftung im Saarland.

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 Präsentation transkript:

Iss was? Aber nicht mich! Vegetarismus und Veganismus – Argumente für eine bessere Ernährung Peter Imandt Gesellschaft/ Rosa Luxemburg Stiftung im Saarland Saarbrücken, 29.11.2012 Renate Brucker

Zentrale Frage: Fleisch – Vegetarismus/ Veganismus Streitpotential – (Nahbereich, „Antiveg“, Arg. Hitler) 800 Mio – 1 Mrd. Vegetarier weltweit Indien über 40 % Bundesrepublik: Nat. Verzehrstudie 2007: 1,6%, EVU 9%, VEBU 2010: 6 Mio (7,3%) GB 1984 2,1%; 1993 4,3%, 1995 4,9% Frauen 16 – 25 Jahre 12,4% USA 1994 – 1%, 2009 3%

Gründe aktuell – Organisationen - Vegetarierbund Deutschland: Gesundheit, Menschen, Tiere, Umwelt, Klima, Welthunger, Wasser Vegane Gesellschaft: Menschen (Hunger), Tiere (Leiden), Natur, Klima, Regenwald, Böden, Wasser, Artensterben, Gesundheit Niederländischer Vegetarierbund: Gesundheit, Tiere, Milieu, Ozeane, Welternährung Niederl. Vegane Gesellschaft: Menschen, Tiere, Planet Engl. Vegan Society: people, animals, environment, Österr. Vegane Ges.: Gesundheit, Tierrechte, Umwelt Ethik, Ökonomie/Umwelt, Gesundheit

F:\folgen_des_fleischkonsums.pdf

Gründe – Frühes Asien AHIMSA Buddha(~ 560 – 480 v.u.Z.): “Alle Lebewesen sollen glücklich sein” Mahavira (+ in 477 oder 467 v.u.Z.) Gründer des Jainismus) “Keine Gewalt gegen Mensch, Tier, Pflanze.”

Griechische Antike Vorstellung „Goldenes“ vegetarisches Zeitalter Opferfeste + Fleischmahlzeiten = Gemeinschaft (politische) Opposition, Gesellschaftskritik Orphiker, (6. Jhdt.) + Pythagoräer = religiöse Gemeinschaften Pythagoras (560-480 v.u.Z.) vgl. „Pythagoräer“ zeitgleich: Buddha, Mahavira Ovid (43 v.u.Z. – 17 n.u.Z.)

Plutarch (45-120) Wertschätzung des Tierlebens + der Tierseele, banales gegen wichtiges Interesse Leiden als Unrecht, Entsprechung von Sklaven und Tieren Verstand + Fähigkeiten der Tiere ähnlich Seelenwanderung als denkbare Möglichkeit Fleischessen nicht notwendig „marginal cases“ (Menschen mit Defiziten) Tierschonung als Übung in Mitmenschlichkeit Fleisch schädlich für Gesundheit + Denken

Porphyrios (234-305, Neuplatonismus) „De abstinentia“ Hierarchie: Dämonen – höchster Gott/ Opfer: Fleisch – Früchte – Gesang – Schweigen Ablehnung der Tieropfer + des Opferfleisches Tiere haben Logos + Sprache, Unterschiede sind nur quantitativ, menschliches Eigeninte-resse, pathozentrische Ethik Selbsterhaltung nicht auf Kosten anderer Durch to ablabes (ahimsa) Angleichung an Gott

17./18. Jahrhundert Tierfreundliche Tendenzen franz. + ital. Autoren (Montaigne, Gassendi, Leonardo da Vinci) Englische Autoren (Tryon, Wesley, Shelley) Rousseau (1712 – 1778) „Es war der 3. Mai 1832 daß ich in Rousseau´s Emil eine Stelle aus Plutarch las, welche mit glühenden Farben schilderte, wie grausam der Mensch den Thieren gegenüber zu Werke gehe ... Schon stand mein Mittagessen auf dem Tische. Ich aber faßte den Entschluß, kein Fleisch mehr zu essen.“ (Struve 1869:4)

Organisierter Vegetarismus Manchester 1847 – 1. Vegetarische Gesellschaft, USA 1850 Eduard Baltzer (1814 – 1887) „Verein der Freunde der natürlichen Lebensweise“ Nordhausen (Thüringen) 1867 Gustav Struve (1805 – 1870) „Vegeta-rische Gesellschaft“ Stuttgart 1868 Deutscher Vegetarierbund, Leipzig 1892 Vereinswesen/ Lebensreformbewegung

Vegetarismus + Lebensreform Teil der Lebensreformbewegung: Wohnen, Kleidung, Ernährung, Heilweise, Impfablehnung, Sport, Licht, Luft, Sonne, Antialkohol/-tabak Siedlungen, „Kommunen“, („anders leben“ Eden, Blaricum, Monte Verita) Minderheitenposition: Vereine, Werbung, Information, Geselligkeit, gegenseitige Hilfe Ökonomie: Produktionsstätten, Siedlungen, Reformhäuser

Zentrale Argumente (historisch) Vegetarismus als „Erfüllung der natürlichen Lebensbedingungen“ (DVB-Satzung) Gesundheit, Vitamine, Fleischskandale, Überernährung Gerechtigkeit (Nahrungsmittelvergeudung für Tierfutter + Alkohol), Armutsbekämpfung, Flächenbedarf, Importe, alternativer Pflanzen-anbau (Dänemark im WK I, Weltwirtschaftskrise) Ethik: Tierquälerei, Lebensrecht der Tiere Frieden, Abscheu vor Gewalt, Verrohung

Frieden und Fortschritt Magnus Schwantje, 1877-1959 „Bund für radikale Ethik“ (BfrE) 1907-1934 1907-1918 „Gesellschaft zur Förderung des Tierschutzes u. verwandter Bestrebungen“ „Ehrfurcht vor dem Leben“ 1905 formuliert Zs. „Ethísche Rundschau“ (Mitglieder: cc 800)

Radikale Ethik Radikale Ethik geht an die Wurzel gesellschaftlicher Übel Zusammenhang der Gewalt gegen Menschen mit der Gewalt gegen Tiere „Radikaler Tierschutz“ = (Tierrechte) = zentral für „radikale Ethik“ Vegetarismus = zentral für „radikalen Tierschutz“+ Antivivisektion +Antijagd

Negative Aspekte des Fleischessens Tierethik (Leidensfähigkeit der Tiere wird unterschätzt) Psychologie/ Sozialpsychologie: Gewöhnung an - Grausamkeit, Verminderung der Empathiefähigkeit - Egoismus: Fremdschädigung für minimalen Eigennutzen - gewaltsame Konfliktlösungen = kriegerische Politik Ökonomie/ Politik: Fleischproduktion verursacht - Ressourcen-/Raumverschwendung, kriegerische Politik Landflucht, Lohndrückerei = soziale Ungleichheit - Überflüssige gesellschaftliche Arbeit (statt Kultur) - Ungerechte Verachtung d. Schlächters - Schlachterlehre = Kindesmisshandlung Zusammenhang von Ästhetik und Sittlichkeit Gesundheit Hat der Mensch das Recht, Fleisch zu essen? Schwantje 1922

Antispeziesismus „Die Ansicht, daß eine Handlung, die einem Wesen schadet, das einer anderen Gattung als der des Handelnden angehört, nach anderen Grundsätzen beurteilt werden müsse als eine, die einem Angehörigen der Gattung des Handelnden schadet, ist ganz unbegründet.“ (Schwantje 1950a: 31f)

Ideologiekritik „Gerade weil der Mensch von den Tieren großen Nutzen empfängt, verachtet er sie. Die heutige Tierverachtung hat dieselbe Ursache wie die Unterschätzung der Arbeiter, der Frauen, der Neger und anderer unterdrückter und ausgebeuteter Menschen. Immer wenn die Menschen andere Menschen unterdrücken und ausbeuten wollen, pflegen sie sich Ansichten über diese Mitmenschen zu suggerieren, die ihnen die Ausbeutung erleichtern.“ (1928).

Gewaltkritik Tolstoi: „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es Schlachtfelder geben!“ Schwantje: Schlachthöfe wird es sehr viel länger geben, die Arbeit für den Frieden wird durch das Fleischessen jedoch stark gehemmt, daher: „Friedensbewegung und Vegetarismus als Bundesgenossen“ Human-Animal-Violence-Link

Ethik „Hochvegetarismus“ (Veganismus) DVB um 1930 „Ethik der unbedingten Ehrfurcht vor dem Leben“ „Gar nichts mehr vom Tier“ statt „nichts vom toten Tier“ (= Parole der Zukunft) Milch „bedingt Tiermord“ - Alkohol „kleineres Übel“ Kleidung aus Pflanzenstoffen (Bezug auf Baltzer) Lederersatz (Veg. Warte 1897 – engl. Schuhe, Sattlermeister Paech Veg. Kongress Eden 1932) Ablehnung von Jagd, Zoo, Zirkus, Impfung, Tier-versuchen

Rechtsphilosophie (Leonard Nelson, 1882 – 1927, ISK) Begründung, dass „alle Wesen, die Interessen haben“, Subjekte von Rechten sind. Subjekte von Pflichten sind alle, „die darüber hinaus der Einsicht in die Anforderung der Pflicht fähig sind.“ (Kritik an Kant/ Vertragstheorie) Das heißt, dass entweder Menschen und Tiere Rechte haben oder dass sie gleich rechtlos sind. Daher „folgt das Verbot der Tierquälerei unmittelbar aus dem Sittengesetz. Wer nämlich das Quälen eines Tieres für möglich hält, setzt voraus, daß die Tiere Interessen haben. Er braucht sich daher nach dem Sittengesetz nur die Frage vorzulegen, wie er selbst in einer der Lage des Tieres analogen Situation behandelt zu werden wünschen würde.“

Internationaler Sozialistischer Kampfbund (1916-1945) „Wer die Forderung der ausbeutungsfreien Gesellschaft ehrlich zu Ende denkt, der wird Vegetarier“ (Willi Eichler) „Entweder man kämpft gegen die Ausbeutung oder man lässt es bleiben“ (Leonard Nelson) Vegetarismus im ISK verbindlich, vegetarische Gaststätten als Ressource der Widerstandsarbeit Tabak- und Alkoholmeidung aus Gesundheitsgründen (Arbeitsfähigkeit, Disziplin) effektivste Widerstandsarbeit gegen NS, Tageszeitung 1931/32, 300 Mitgl. 1000 Sympathisanten, nach 1945 SPD, Vegetarismus dann meist privat gelebt, Beziehung zu BfrE

Vegetarismus und Friedensbewegung Niederlande: Ferdinand Domela Nieuwenhuis, Lodewijk van Mirop, Felix Ortt, Bart de Ligt, Clara Wichmann, Edo Kaspers, Jo Meijer Deutschland: BfrE im Friedenskartell, Bertha v. Suttner (?), Magnus Schwantje, Emil J. Gumbel Russland: Leo Tolstoi Schweiz: Romain Rolland Indien: Mahatma Gandhi Österreich: Pierre Ramus, Johannes Ude England: G.B. Shaw

Anarchismus und Tierrechte Leo Tolstoi (1818-1910) Elisée Reclus (1830-1905) Pierre Ramus (1882-1942, 1920-1934 „Bund herrschaftsloser Sozialisten“) Clara Wichmann (1885-1922) Herbert Müller-Guttenbrunn (1882-1945) Franz Prisching (1864-1919) Felix Ortt (1866-1959) Siedlungen: Monte Verita, Blaricum, Soest

Karnismus (Carnism) (Melanie Joy) Carnivore Omnivore (Viandisme) („Assez le viandisme“) = Praxis Herbivore „Vegetarismus“ aus hist. Gründen Biologie Carnivore bürgerliche / vegetarische Kultur (Eder) Karnismus (Carnism) (Melanie Joy) - unbewusstes System von Überzeugungen - Konditionierung zum Essen von Fleisch - „essbare“ / „ nicht essbare Tiere“ - dominant - gewalttätig + ausbeuterisch (Schlachten) „Carnist“ = deskriptiv, nicht pejorativ Ideologie (…ist/ …ism/ …ismus)

Karnismus / Vegetarismus unsichtbar, unbenannt, unbewusst „Normal, Natürlich, Notwendig“ Karnistische Verteidigungsstrategien (Joy) - Blockierung von Aufmerksamkeit und Empathie - Verformung der Wahrnehmung (Tier als Sache) benannt: (Vegetarianer dt. 1867) „Ideologie“ / Ausnahme abgeleitet aus Überzeugungen „unnormal, ideologisch, anders Unerkannte Wahl

Das Tier als Prototyp des Anderen Konstruktion von hierarchischen Dualismen (Mensch – Natur u.a.) Bewertung: Aufwertung von „Geist“, Abwertung von „Körper“, „Natur“, „Tier“ reale Unterdrückung Scheinbar „natürliche“ Gewaltlegitimation gegenüber Tieren und „tierischen“ Menschen (Rassismus, Sexismus) (vgl. Zs. Beef u.a.) Fleischessen – Tierverachtung/Machtausübung Fleischverzehr entlang sozialer Hierarchien

Fleisch als permanente symbolische Machtressource Fleisch als Symbol menschlicher (männlicher) Macht Erinnerung an überwundenen Widerstand des Tieres, „Inkorporierung“ Vergewisserung der Zugehörigkeit zu privilegierter Gruppe Vegetarismus als Verweigerung der Machtsymbolik, als „Seitenwechsel“

Claude Lévi-Strauss (1908-2009) „… daß das Problem des Kampfes gegen Rassenvorurteile auf menschlicher Ebene ein viel umfassenderes Problem widerspiegelt... Ich spreche von dem Verhältnis zwischen dem Menschen und anderen lebenden Arten. Es ist zwecklos, das eine Problem ohne das andere lösen zu wollen.“ Lévi-Strauss, Claude: Rede auf dem UNESCO-Symposium 1971, zit. nach: Kastler, Alfred: Tiere sind unsere biologischen Brüder, UNESCO-DIENST 3/79, Bonn 1979, S. 14 f.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Als Symbol für zweckgebunden produziertes, warenförmiges, minderwertiges Leben und als Repräsentant des Unterlegenen und als naturhaft Stigmatisierten bildet „das Tier“ tiefenkulturell den Prototyp des Anderen, den es zu beherrschen gilt, und dient damit gleichzeitig als Modell für hierauf bezogene Handlungsformen - von der Abrichtung und Manipulation über die Entindividualisierung und Ausbeutung bis zur Anonymisierung und Vernichtung (gefolgt von der technischen Transformation in eine tote Ware). Von der symbolischen Ebene über gesellschaftliche Normen- und Wertesysteme bis hin zu kollektiven und individuellen Einstellungen und Handlungsmustern wird damit eine Grundhaltung gegenüber dem Anderen eingeübt und tradiert, die auf Distanzierung, Degradierung, Verdinglichung und Gewalt beruht und elementare Gemeinsamkeiten physischer (Schmerzempfinden) und psychischer (Leidensfähigkeit) sowie allgemein affektiver, kognitiver und sozialer Art ausblendet.[1] [1] Da auf Distanzierung und Destruktion ausgerichtete Eigenschaften und ihre prompte Abrufbarkeit in einigen Feldern, besonders im Militärwesen, sehr erwünscht sind, gehört die im Kollektiv demonstrierte Fähigkeit zur Misshandlung und Tötung von zumeist positiv besetzten Tieren wie Hunden in verschiedenen Ländern zur Aggressionsschulung im Rahmen von Trainingsprogrammen für Nahkampfexperten, Elitesoldaten, aber auch Folterer. Um Hemmschwellen systematisch zu senken, stehen hier „zur Übung“ oft besonders brutale Misshandlungsformen im Vordergrund wie das Aufschlitzen oder Auseinanderreißen lebender Tiere.