Wie können Interetcafés in Jugendeinrichtungen dem Auftrag der Jugendhilfe und den Anforderungen des Jugendschutzes gerecht werden? Jutta Croll Stiftung.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Initiative SCHAU HIN! Was Deine Kinder machen.
Advertisements

Grundbegriffe der Pädagogik: Bildung, Sozialisation, Erziehung
Einführung in die Medienpädagogik
Was ist „Medienkompetenz“?
(Susanne Fink, Lernen vor Ort, LK OVP) Diskussionsrunde 4
Versuch einer Betrachtung
Jugendhilfeplanung Planungsaufgabe eines Jugendamtes
Pro-Skills-Hintergrundphilosophie
Pädagogische Mündigkeit
Aufsichtspflicht für Jugendleiter und Ferienbetreuer
Evelyn Naucke Jessica Vogts
Susann Kasperski Juliane Schmidt
Ich kann dich wenn ich will!
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
Dr. Valentin Aichele, LL.M.
Jugend für Berlin Jugendarbeit an Schulen Zusammenfassung
Information zur Initiative Oberschule (IOS) Ref.33.
30. Sept. 2008Karl Gertler in der Fachtagung LAGF 1 Familienbildung in der örtlichen Jugendhilfe Potential und notwendige Weichenstellungen: Wie intensiv.
Akzeptierende Jugendarbeit mit rechtsextremen Jugendlichen
Die besonderen Potentiale Älterer Lebenskunst/Balance Lebenserfahrung Soziale Kompetenz Soziales Verantwortungsbewusstsein/Disziplin gewachsene Netzwerke.
Strukturierter Dialog mit der Jugend – quo vadis? Runder Tisch
Computernutzung an der Schule…
Gefahren die für Kinder auf Facebook lauern
Controller Leitbild 2002  2013.
professioneller Akteur
Präsentation der Bachelor- Abschlussarbeit von Nicole Jablonowski
Nordrhein- Westfalen Individuelle Förderung in der OGS im Primarbereich Die Schule – vermittelt die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags.
Thomas Kober; SSA Rudolstadt; erstellt: Februar 2002
Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle NRW e.V.
Die sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeit - Vorschläge zur Konkretisierung und Operationalisierung -
Arbeitsgruppe 6: Tagesbetreuung für Kinder C. Katharina Spieß DIW Berlin und FU Berlin Professur für Familien- und Bildungsökonomie 22. Februar 2013.
Jugend und Medien Nationales programm zur förderung von Medienkompetenzen.
Social Media Handbuch Theorien, Methoden, Modelle und Praxis Daniel Michelis | Thomas Schildhauer [Hrsg.] 2. aktualisierte und erweiterte Auflage 2012.
Koordinierungsstelle Marburg / Marburg-Biedenkopf
Zentrale Diskussionspunkte in Fragen religiöser Kompetenzentwicklung
Medienkompetenz und Web 2.0 im Wandel
SGB VIII Erstes Kapitel §1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe
Konzept Jugendarbeit Springe 1. Jugendarbeit 2. Rahmenbedingungen
Perspektive Gemeinwesen? Prof. Dr. Albrecht Rohrmann
Online-Angebote für Lehrkräfte
Sozialwissenschaften
Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen
Soziales Lernen als Aufgabe der Jugendhilfe
Jugendschutz und Medien
Ansatzpunkte der EU-Jugendstrategie
Vortrag und Praxisbeispiel zum Fachtag: Gesellschaft macht Prävention!
Medienkonzepte E n t w i c k l u g Entwicklung eines Medienkonzeptes
Neue Jugendschutzgesetze
 Die Schule Niederrohrdorf ist eine innovative, attraktive und vorbildliche Lern-, Arbeits- und Lebensstätte, die ihre Werte lebt.  Unsere Kinder profitieren.
Soziale Medien und berufliche Orientierung Thesen aus dem Projekt „Learn2Teach by social web“ Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen.
Home BAS – JugendhilfeHome Home BAS – JugendhilfeHome Betreutes Wohnen für Kinder, Jugendliche und junge Eltern Betreutes Wohnen für Kinder, Jugendliche.
Niederrheinischer Pflegekongress 25./
Flächenseminar Qualitätsrahmen QB Q - Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung (Pflichtbereich) Kriterium Q 1 – Grundsätze der Lehrerbildung.
„Die rechtliche Dimension des Gesundheitsbegriffs“
Öffentliche Internet-Zugangs- und Lernorte als Bestandteil der sozialen Stadtteilentwicklung Olaf Schroth TU Hamburg-Harburg.
Jugendmedienschutz Neue Medien
Dagmar Much Empirische Erhebung Bildungsträger und Bildungsplaner.
Grundkurs Strafrecht II Prof. Dr
Jugendverbände und neue Medien Nürnberger Seminar der KJG-Landesebene Bayern 16./17.November 2001 Ein Plädoyer für die Etablierung von Computermedienpädagogik.
Leitbild des Deutschunterrichts
Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg Rechtliche Fragen bei der Einrichtung von Internet-Arbeitsplätzen für Schüler/innen Seminar für Netzwerkbetreuer/innen.
Der Berufswahlpass – Eine Klammer um alle für Berufs- und Studienorientierung relevanten Inhalte und Aktivitäten ihrer Schule und Partner Schule, Ort,
Partizipation im Übergang – gemeinsam gestalten
Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII
Ein Service von: Aufsichtspflicht für Jugendleiter und Ferienbetreuer.
Alles zur gebundenen Ganztagsklasse ist nachlesbar unter
Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)
Fachtagung anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Kinder- und Jugendschutzdienste in Thüringen am 16. Juni 2009 Kooperation Kinder- und Jugendschutz.
Prof. Dr. iur. Johannes Münder em. Universitätsprofessor TU Berlin Lehrstuhl für Sozialrecht und Zivilrecht Subsidiarität – Relikt aus der Vergangenheit.
TIME for kids Kinder- und Jugendschutz im Internet.
 Präsentation transkript:

Wie können Interetcafés in Jugendeinrichtungen dem Auftrag der Jugendhilfe und den Anforderungen des Jugendschutzes gerecht werden? Jutta Croll Stiftung Digitale Chancen

schädigend Pornographie Gewalt Überaggressive Werbung illegal Kinderpornographie Politischer Extremismus Sexismus, Rassismus Illegale und / oder schädigende Inhalte im Internet Gegen Werte verstoßend Gegen Gesetze verstoßend Religiöse Verunglimpfung Illegaler Download von Software, Spielen, Music etc.

Rechtliche Regulierung Technische Entwicklungen Pädagogische Maßnahmen

Auszug aus dem Jugendschutzgesetz in der Fassung vom 23. Juli 2002: „Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen.“ Auszug aus dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag JMStV – Std : „Zweck des Staatsvertrages ist der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen.“ Rechtliche Regulierung

Rechtliche Regulierung: nachlaufende Regulierung = reaktiv

Rating: Bewertung der Inhalte, intellektuell oder maschinell Filtern: positive Leistung, die Inhalte bereitzustellen, die erwünscht sind Blocken: negative Leistung, die Inhalte fern zu halten, die nicht erwünscht sind Rating ist die Basis für Filtern und Blocken Technische Entwicklungen

Was geschieht beim Rating ? 1. Verwendung von Listen der als positiv oder negativ eingeschätzten Internetinhalte 2. Verwendung von positiven oder negativen Keywordlisten, durch die die Internetinhalte gefiltert oder abgeblockt werden Dadurch aufgeworfene Fragen: 1. Welches Wertesystem liegt dem Rating zugrunde? 2. Welche Legitimation hat derjenige, der das Rating vornimmt? 3. Welche Interessen werden mit dem Rating verfolgt?

Lehrstuhl für Informationswissenschaften der Universität Konstanz 1999: Vergleichende Untersuchung der Filtersysteme Net Nanny, Cyber Partol, Cyber Sitter und Surf Watch „75 % der durch die Suchmaschine (Alta Vista) gefundenen Websites wurden fälschlicherweise als anstößig bzw. unangemessen deklariert und damit abgeblockt.“ „41 % der im Prinzip nach den Vorgaben eigentlich anstößigen bzw. unangemessenen Websites wurden nicht als solche identifiziert und blieben damit frei zugänglich.“ Tröndle, M.: Experimentelle Bewertung von Blocking- und Filtersystemen im Internet. Ein Vergleich der Systeme von Net Nanny, Cyber Patrol, Cyber Sitter und Surf Watch. Konstanz 1999

Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet. Untersuchung der Secorvo Security Consulting GmbH im Auftrag des Projekträgers Multimedia des BMWi, August 1999 „Technische Lösungen zur Filterung der Inhalte bieten bisher keinen adäquaten Schutz und können prinzipiell keinen absoluten Schutz bieten. Verfügbare Filterprogramme zeigen wenig Treffsicherheit und sind leicht zu manipulieren; ihre Bedienung ist mühsam. Die deutsche Sprach- funktionalitat ist unzureichend. Kategoriensysteme zur Kennzeichnung von Inhalten sind bisher nicht weit genug verbreitet, um als Basis für eine flächendeckende qualifizierte Filterung zu dienen. Ein auf den deutschen oder europäischen Kulturraum zugeschnittenes Werte- und Kategoriensystem existiert nicht.“

Eine Zertifizierung von Inhalten wie sie die Internet Content Rating Association (ICRA) oder der Erfurter Netcode verfolgen, bietet Unterstützung, löst aber nicht das Problem der vorhandenen ungeeigneten Inhalte. Websites, die mit einem Qualitätssiegel oder dem Hinweis „für jugendliche Surfer geeignet“ versehen sind, können dann den Jugendlichen empfohlen werden. Dadurch wird jedoch nicht verhindert, dass schädigende oder illegale Inhalte vorhanden sind und auch von den Jugendlichen gefunden werden.

Rechtliche Regulierung: nachlaufende Regulierung = reaktiv Technische Entwicklungen: nachlaufende Entwicklung = reaktiv

Medienkompetenz ist nach Baacke “... die Fähigkeit, in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen." (Baacke, Dieter: Medienkompetenz - Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In A. von Rein (Hrsg.): Medienkompetenz als Schlüsselbegriff. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.1996, S. 119). Pädagogische Maßnahmen

4 Dimensionen der Medienkompetenz nach Baacke Medienkritik MedienkundeMediengestaltung Mediennutzung Wissen über heutige Mediensysteme und -strukturen Fähigkeit zur innovativen und kreativen Gestaltung von Mediensystemen Fähigkeit sich analytisch, reflexiv und ethisch mit Medien auseinanderzusetzen Fähigkeit zur rezeptiven und interaktiven Mediennutzung

„Nach § 11 Abs. 1 SGB VIII sind jungen Menschen „die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote“ der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Diese Angebote sollen „an die Interessen junger Menschen an- knüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbst- bestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“ Sei es als „außerschulische Jugendbildung“ im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII oder als „internationale Jugendarbeit“ (Nr. 4). erfüllt das pädago- gisch begleitete Angebot von Internetanschlüssen in Jugendzentren öffent- licher und freier Träger eine gesetzlich definierte Schwerpunktaufgabe der Jugendarbeit.“ (Vgl.: Johann Bizer: Das Internetcafé im Jugendzentrum. Rechtsfragen der Nutzung von und Internet in Jugendzentren. Stiftung Digitale Chancen Erziehung zur Selbständigkeit, nach SGB VIII:

Konzept der “lebensweltorientierten sozialen Arbeit“ 8. Kinder- und Jugendbericht BMFSFJ “Lernen in der außerschulischen Jugendarbeit ist weitgehend am Handeln orientiert. Dabei hat das soziale Element Priorität vor dem Erwerb von Wissen und Fähigkeiten. Beim Handeln kommt der Erschließung von Ressourcen eine wesentliche Bedeutung zu, der Fähigkeit, die in einer Situation zur Verfügung stehenden Optionen nutzbringend in den eigenen Alltag zu integrieren. PC und das Internet können dabei eine Schlüssel-rolle entfalten. Sie stellen Ressourcen dar, an denen Jugend-liche lernen und üben können, wie Ressourcen erschlossen werden und wie man nutzbringend von ihnen Gebrauch macht.“ Bader, Roland: Legitime Partizipation. In: Bildung in virtuellen Welten. Frankfurt/M. 2001, S Beiträge zur Medienpädagogik Bd. 6.

“Wichtig ist, den Erwerb von Medienkompetenz im sozialen Kontext der Nutzung zu begreifen und die Interaktion zwischen Menschen als dasjenige Element anzusehen, das Identitätsentwicklung auslöst und befördert.“ Bader, Roland: Legitime Partizipation. In: Bildung in virtuellen Welten. Frankfurt/M. 2001, S Beiträge zur Medienpädagogik Bd. 6.

Rechtliche Regulierung: nachlaufende Regulierung = reaktiv Technische Entwicklungen: nachlaufende Entwicklung = reaktiv Pädagogische Maßnahmen: vorbeugende Maßnahmen = aktiv

Verantwortlichkeit und Aufsichtspflicht in Jugendzentren Strafrechtlich relevant ist die Frage, ob und wie weit die Betreuungspersonen verpflichtet sind, Straftaten ihrer Klientel zu verhindern ( § 13 StGB). Zivilrechtlich maßgeblich ist die Reichweite der jeweiligen Aufsichtspflichten (§ 832 BGB).

Aus § 13 StGB ergibt sich die sog. „Garantenpflicht“: Die Argumentation von Liesching und Günter für Internetcafés in Schulen kann auf die Situation der Sozialarbeiter in Jugendeinrich- tungen übertragen werden: „Werden Internetcafés im Rahmen der Ausbildung im weiteren Sinne an Schulen betrieben, so sind die aufsichtführenden Lehrer gegenüber den Schülern Garant dafür, dass diese vor sozialer Desorientierung durch pornografische oder gewaltverherrlichende Seiten geschützt werden.“ Liesching/ Günter, S. 262 Das Vorliegen einer Einwilligung der Erziehungsberechtigten führt nicht zur Freistellung der Aufsichtsperson von der Garantenpflicht. Vgl. Liesching/Günter, S. 266 (Marc Liesching / Thomas Günter: Verantwortlichkeit von Internet-Café-Betreibern. Besonderheiten bei pornografischen oder sonstigen jugendgefährdenden Inhalten. MMR 5/2000, S

Eine generelle Pflicht zur Verhinderung des Zugangs zu jugendgefährdenden Inhalten kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden. Entscheidend zur Lösung dieser Fragestellungen ist vielmehr der Zweck der von den Jugendlichen ausgeübten Internetnutzung Liegt der Zweck der verschiedenen Nutzungsformen - wie , Chat, Informationssuche etc. - innerhalb des erzieherischen Auftrags zur Selbständigkeit (nach SGB VIII, § 11), dann reicht die Aufsichtspflicht der zuständigen Betreuer immer nur so weit, wie die ggf. auszuübende Kontrolle nicht dem Konzept der Jugendarbeit widerspricht. Vor dem Hintergrund des Rechtes auf freie Entwicklung der Persönlichkeit ist vielmehr eine verlässliche Kenntnis der Jugendlichen, ob und welche Kontrollmaßnahmen angewendet werden, erforderlich. (Vgl.: Johann Bizer: Das Internetcafé im Jugendzentrum. Rechtsfragen der Nutzung von und Internet in Jugendzentren. Stiftung Digitale Chancen

Zur Verdeutlichung: Die geforderte Sprach- und Medienkompetenz kann sich häufig nur durch einen ungehinderten Gebrauch des neuen Mediums entwickeln. Umgekehrt bedeutet Erziehung zur Selbständigkeit aber auch, dass die Grenzen des Mediums einschließlich ihrer rechtswidrigen Verwendung auch sozial erfahrbar sein und reflektiert werden müssen. (Vgl.: Johann Bizer: Das Internetcafé im Jugendzentrum. Rechtsfragen der Nutzung von und Internet in Jugendzentren. Stiftung Digitale Chancen

Medien- pädagogisches Konzept Vereinbarung fester Nutzungsregeln in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen, einschl. Sanktionen Regelmäßige Kontrollen der Logfiles und Information der Jugendlichen darüber, dass dies geschieht Aufstellen der PCs so, dass eine Kontrolle möglich ist Sperrung des Disketten- laufwerks Installation von Filterprogrammen