Grundeinkommen oder Grundsicherung und Arbeitszeit-Verkürzung / Mindestlohn? September 2006 Ronald Blaschke Sprecher Netzwerk Grundeinkommen www.grundeinkommen.de.

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Grundeinkommen oder Grundsicherung und Arbeitszeit-Verkürzung / Mindestlohn? September 2006 Ronald Blaschke Sprecher Netzwerk Grundeinkommen

2 Thesen: 1.Arbeitszeit-Verkürzung oder Mindestlohn – für sich genommen – sind äußerst problematische Instrumentarien. 2. Die Kombination Grundeinkommen – Arbeitszeit-Verkürzung – Mindestlohn ist gegenüber der Kombination Grundsicherung – Arbeitszeit-Verkürzung – Mindestlohn von großem Vorteil. Denn ein Grundeinkommen weist Arbeitszeit- Verkürzungseffekte und Mindestlohneffekte auf, unterstützt also wesentlich AZV und ML.

3 Unterschiede GS - GE (beide tendenziell Armut verhindernd, Teilhabe sichernd) Grundsicherung Grundeinkommen nur Bedürftige alle BürgerInnen bedürftigkeits- bedürftigkeits- geprüft ungeprüft Haushalt-/Familienbezug Individualbezug mit Arbeits- ohne Arbeits- verpflichtung/-zwang verpflichtung/-zwang

4 Grundeinkommen und Arbeitszeit-Verkürzung (AZV) Thesen: Das GE hat einen AZV - Effekt. Das GE beinhaltet einen Lohnausgleich. Vom GE profitieren mehr als von der AZV. Das GE sollte durch Instrumentarien der AZV ergänzt werden.

5 Grundeinkommen und Arbeitszeit-Verkürzung (AZV) 1.Je höher das Grundeinkommen und je geringer die steuerliche Belastung der Erwerbseinkommen um so größer der individuelle Arbeitszeit-Verkürzungs-Anreiz / -Effekt für Gutverdienende und um so geringer der Arbeitszeit-Verlängerungs- Anreiz für Schlechtverdienende. Hat eine Grundsicherung (GS) Arbeitszeit- verkürzungsanreize/-effekte aufzuweisen?

6 Grundeinkommen und Arbeitszeit-Verkürzung (AZV) 2. Für kleinere Firmen, insbesondere im Osten, ist der Lohnausgleich bei Arbeitszeit-Verkürzung nicht möglich. Für Schlechtverdienende ist eine AZV ohne Lohnausgleich unmöglich. Ein Grundeinkommen ist ein Lohnausgleich bei einer Arbeitszeit-Verkürzung.

7 Grundeinkommen und Arbeitszeit-Verkürzung (AZV) 3. Das Grundeinkommen kommt allen zugute. Arbeitszeit-Verkürzungen aber nur den Erwerbstätigen, wenn ein Lohnausgleich erfolgt, den Erwerbslosen nur, wenn ein Personalausgleich erfolgt. Der aber ist selten gegeben - da faktisch a) Produktivitätssteigerung und b) Arbeitszeit-Verkürzung nur zwecks Erhalt Arbeitsplätze.

8 Grundeinkommen und Arbeitszeit-Verkürzung (AZV) 4. Zum Grundeinkommen hinzu kommende Arbeitszeit-Verkürzungsinstrumente befördern die Akzeptanz des Grundeinkommens, da die Spaltung in erwerbstätige und nichterwerbs- tätige GrundeinkommensbezieherInnen und Neiddebatten wesentlich minimiert werden können – jede/r, die/der will, kann erwerbsarbeiten.

9 Grundeinkommen und Arbeitszeit-Verkürzung (AZV) "Die Arbeitnehmer brauchen stärkere Anreize als bisher, in Teilzeit zu gehen oder auch für zwei, drei Jahre eine Auszeit aus dem Berufsleben zu nehmen, um sich weiter zu bilden, um zu reisen, um neue Energie aufzutanken oder um sich stärker der gemeinsamen Kindererziehung zu widmen … Wer eine Auszeit aus dem Berufsleben nehmen will, der sollte ein steuerfinanziertes einheitliches Grundeinkommen erhalten … Denn die Beschäftigten sind eher bereit, weniger zu arbeiten, wenn sie ein Grundeinkommen bekommen." DGB Vorsitzender Michel Sommer In: DIE WELT, 08. Juli 2002

10 Bereitschaft / Wunsch sabbatical 58% der abhängig Beschäftigten (EU 15 und Norwegen, 1998; in Bielinski, Bosch, Wagner 2002)

11 Grundeinkommen und Mindestlohn (ML) Thesen: Das GE hat einen ML – Effekt. Vom GE profitieren mehr Menschen als vom ML. Ein ML allein verändert an der Situation Nicht- Erwerbstätiger (inkl. Erwerbsloser) kaum etwas. Auch hinsichtlich Erwerbstätiger ist die Wirksamkeit des ML nicht sicher.

12 Grundeinkommen und Mindestlohn (ML) 1.Ein Existenz sicherndes und Teilhabe ermöglichendes Grundeinkommen hat einen starken Mindestlohneffekt, weil es die straffreie und existenzgesicherte Ablehnung von Armuts- und Niedriglöhnen ermöglicht. Hat eine Grundsicherung Mindestlohneffekte? GS setzt durch ihren Arbeitszwangcharakter Löhne unter Druck, insbesondere bei niedriger GS werden Kombi-/Niedriglöhne provoziert.

13 Grundeinkommen und Mindestlohn (ML) 2. ML gilt zwar als verbesserte Zumut- barkeitsgrenze bei Erwerbslosigkeit (natürlich nur, wenn er höher als das ALG oder bei ALG II höher als der sittenwidrige Lohn liegt). Aber nur wer einen Job hat/bekommt, kann letztlich ML in Anspruch nehmen! 3. ML verhindert keine 1 Euro – Jobs, da diese sozialrechtliche Arbeitsverhältnisse darstellen, die nicht vom ML erfasst werden.

14 Grundeinkommen und Mindestlohn (ML) 4. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie hebelt nationale Mindestlöhne aus (Selbständige). 5. In Zeiten und Regionen hoher Arbeitslosigkeit ist ein Mindestlohn permanent durch Unternehmen und ArbeitnehmerInnen unterwanderbar (Drohung Verlust Arbeitsplatz bei Einklage von ML, Umwandlung von SV-Beschäftigung in Scheinselbständigkeit …).

15 Grundeinkommen und Mindestlohn (ML) 6. Mindestlöhne sind für viele Kleinunter- nehmen nicht zahlbar. In Regionen hoher Arbeitslosigkeit steigt auch nicht die Kaufkraft durch Mindestlöhne und somit die Nachfrage bei diesen Unternehmen. Geschäftsaufgaben bei Kleinunternehmen sind die Folge.

16 Grundeinkommen und Mindestlohn (ML) 7. Ein Grundeinkommen sollte durch einen Mindestlohn flankiert werden, um bei möglicher freiwilliger Annahme von Niedriglöhnen das Absinken der Löhne zu verhindern.

17 Das Grundeinkommen in Kombination mit der Arbeitzeit-Verkürzung und dem Mindestlohn ist eine Erfolg versprechende und eine viele gesellschaftliche Gruppen einende emanzipatorische Strategie.