Selbsthilfe und Sponsoring – Wertschätzung durch die Gesellschaft

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Selbsthilfe und Sponsoring – Wertschätzung durch die Gesellschaft Selbsthilfe und Sponsoring – Wertschätzung durch die Gesellschaft? Ein Beitrag zum Forum Selbsthilfe Heilbronn am 23.10.2010 Karl Lesehr Referat Sucht- und Drogenhilfe

Meine Themen: zu meinem (eingeschränkten) Erfahrungshintergrund 1. Was ist eigentlich Selbsthilfe und warum ist sie für andere verbale Wertschätzung und auch Geld wert? 2. Die „guten“ Kranken in der Selbsthilfe 3. Organisierte Selbsthilfe als direktes und indirektes Marktpotential 4. Selbsthilfe und ihr Umgang mit Geld 5. Ist Geld eigentlich alles oder darf Selbsthilfe mehr Beteiligung wollen? Vielleicht werde ich den einen oder anderen mit meinen Gedanken provozieren und verstören. Ich tu das aber sicher nicht, um irgendjemand von Ihnen zu ärgern, sondern um Sie alle zum Nachdenken einzuladen!

Was ist eigentlich Selbsthilfe und warum ist sie für andere Wertschätzung und Geld wert? Ist alles, was ich zu meinem eigenen Nutzen tue und an dem auch andere teilhaben können, schon eine anerkennenswerte „Selbsthilfe“? (Beispiel) Was macht die organisierte Selbsthilfe für die Gesellschaft und einzelne Akteure denn interessant: ihre Existenz ihre Handlungen und Leistungen oder der der Selbsthilfe in den letzten Jahren zuerkannte politische Stellenwert?

Selbsthilfe ist Stachel im Fleisch des Systems 1. Organisierte Selbsthilfe stellt in unserem System gesundheitlicher Versorgung immer auch einen grundlegenden Widerspruch dar – Selbsthilfe ist Stachel im Fleisch des Systems Selbsthilfe ist ein Gegenentwurf zur weitgehend arztzentrierten Gesundheitsversorgung (wer krank ist, geht zum Arzt! „Krankschreibung“) Selbsthilfe zeigt immer auch die fachlichen Grenzen professioneller Behandlungs- und Versorgungskonzepte auf Selbsthilfe zeigt häufig auch die materiellen Grenzen gesellschaftlicher Versorgungskonzepte auf (wieviel professionelle Hilfe können und wollen wir uns leisten?) Selbsthilfe blendet dieses grundlegend rebellische Potential allzuleicht aus (z.B. Suchtselbsthilfe als Antwort auf alltagsferne Behandlungskonzepte).

Sozialleistungsrechtliche „Pflichtleistungen“ (SGBs und Daseinsvorsorge), die von der organisierten Selbsthilfe wahrgenommen werden: Vermittlung von Informationen zu Erkrankungen und den damit verbun-denen Risiken und zu Vorbeugungs-/Schutzmöglichkeiten Vermittlung von Informationen zur Krankheitsentwicklung und zu einem konstruktiven Umgang mit der Krankheitsdynamik Akute Krisenhilfe in psychisch-körperlichen Belastungssituationen, psycho-soziale Unterstützung auch der sozialen Bezugspersonen Information zu professionellen Hilfen und Unterstützung bei der sachge-rechten Inanspruchnahme solcher Hilfen Alltagsbegleitende Motivierung zur Eigenverantwortung für eine Krank-heitsbewältigung bzw. Gesundung (Motivierung zu Verhaltensänderungen)

Die gesellschaftliche Wertschätzung und Zuwendung zur Selbsthilfe ist deshalb -zumindest unterschwellig- oft zwiespältig: „Wir brauchen die Selbsthilfe; wir können und wollen weder fachlich noch finanziell auf sie verzichten.“ so begründet sich z.B. ganz wesentlich das gesetzlich geregelte Engagement der Kranken- und Rentenversicherung für die Selbsthilfe: vielleicht nicht zufällig verstärkt sich dieses finanzielle Engagement in Zeiten knapper Kassen und verkürzter, eingegrenzter Leistungen. „Die organisierte Selbsthilfe soll sich aber verstehen als Teil unseres medizinischen Versorgungssystems und darin die fachliche Vorrangstellung der Profis nicht in Frage stellen.“ Ich kenne außer den „Psychoseseminaren“ in der Sozialpsychiatrie wenige Beispiele, in denen sich Profis über ihre Behandlungskonzepte tatsächlich auf Augenhöhe in einer strukturierten Form mit der Selbsthilfe auseinandersetzen.

Die „guten“ Kranken in der Selbsthilfe 2. Die „guten“ Kranken in der Selbsthilfe Bei Abhängigkeitskranken ist der Unterschied zwischen den lästigen, dreckigen, bösen akut Kranken und den abstinent lebenden guten Kranken sicher am offensichtlichsten; aus meiner Erfahrung gibt es diese Spaltung aber unausgesprochen auch bei vielen anderen Krankheiten (aber auch bei sozialen Problemlagen wie z.B. Wohnungslosigkeit). Organisierte Selbsthilfe ist zwar vielleicht im Einzelfall „lästig“ mit ihren Forderungen, aber wohl kaum / selten im persönlichen Kontakt.

Diese „Spaltung“ in der Wahrnehmung von Krankheit hat Wirkung: die „guten“ Kranken schaffen einen Zugang für karitatives Engagement : Welches geschilderte Elend berührt mich, auch weil ich ja sehe, dass Hilfe wirkt? Bei welchem Elend fühle ich mich vielleicht verpflich-tet / verantwortlich? Die „guten Kranken“ erschweren aber bisweilen auch die Befassung mit Krankheit im eigenen Lebensumfeld: die Erfahrung „guter“ Selbst-hilfler lässt Angehörige immer wieder die tatsächlichen Störungen / Belastungen durch eine Krankheit zu lange ausblenden und erschwert so eine realistische Auseinandersetzung (Beispiel MS-kranker Kollege). Die „guten“ Kranken sind natürlich immer auch ein Beleg für eine im Grunde gute und erfolgreiche Behandlung und Versorgung und damit ein Marketingargument für Kostenträger.

Organisierte Selbsthilfe als indirektes und direktes Marktpotential 3. Organisierte Selbsthilfe als indirektes und direktes Marktpotential Organisierte Selbsthilfe ist auch eine passgenaue Bündelung von Zielgruppen für direkte Marketingaktivitäten (Markterschließung für Produkte) – je nach Krankheit unterschiedlich relevant Organisierte Selbsthilfe ist eine passgenaue Bündelung von Zielgruppen für indirektes Marketing (Meinungsbildung) durch Verstärkung oder Neuausrich-tung von Fachinformationen (gezielte und wissenschaftlich legitimierte Infor-mation prägt Bewusstsein kaum weniger als eigene Erfahrung) Organisierte Selbsthilfe eröffnet für Lobbyisten einen scheinbar wertfreien Zugang zu Patienten als Endverbrauchern und Nachfragern von Gesundheits-leistungen Organisierte Selbsthilfe ermöglicht eine passgenaue Gewinnung von Verbrau-cherinformationen (reflexives Marketing) Organisierte Selbsthilfe ermöglicht Marktteilnehmern, sich auch ein good-boy-Image zuzulegen (v.a. im Bereich Suchtselbsthilfe)

Organisierte Selbsthilfe und ihr Umgang mit Geld 4. Organisierte Selbsthilfe und ihr Umgang mit Geld Hier beziehe ich mich ausschließlich auf meine Erfahrungen mit der Suchtselbsthilfe! Gruppen haben teilweise wenig Transparenz nach innen wie nach außen bezüglich Aufwendungen / Finanzen Gruppen unterscheiden manchmal gar nicht mehr zwischen der internen Gruppenarbeit und einer gesellschaftsbezogenen Arbeit und tun sich dann schwer mit Förderanträgen und Verwendungsnachweisen Gruppen wissen teilweise gar nichts mit Fördermitteln anzufangen, weil sie sich nicht klar entschieden haben, ob und wofür sie externe Zuwendungen annehmen wollen (vgl. die klare Entscheidung von AA-Gruppen) Gruppen nehmen es vereinzelt schon als völlig selbstverständlich, dass sie für ihre Selbsthilfetätigkeit öffentliche Zuwendungen erhalten und vergessen, dass jeder Geldgeber damit auch (berechtigte) Erwartungen verknüpft

Hilfreiche Fragen für Gruppen: Wollen wir überhaupt externe Zuwendungen, Spenden, Fördermittel annehmen? Sind wir bereit, uns in der Folge auch um die damit verbundenen rechtlichen Fragen umfassend zu kümmern und unsere Arbeit danach zu strukturieren (Verhinderung von Missbrauch, Transparenz)? Welche Interessen verbindet ein Geldgeber mit seiner Zuwendung, welche nicht nur vordergründigen Interessen könnten damit verbunden sein (Beispiel Praxisgebühr) und könnten sich daraus Belastungen für die Arbeit oder das öffentliche Ansehen der Gruppe ergeben? Wird durch die Annahme einer Zuwendung unsere Unabhängigkeit und unsere Parteilichkeit für die kranken Menschen gefährdet oder könnte auch nur in der Öffentlichkeit der Eindruck einer solchen Interessensvermischung entstehen? Macht uns die Annahme einer Zuwendung möglicherweise „duldsamer“ oder gar blind gegenüber anderen Aktivitäten des Zuwendungsgebers, die auch unsere unmittelbaren Betroffeneninteressen beeinträchtigen?

5. Ist Geld eigentlich alles oder darf Selbsthilfe auch mehr Beteiligung wollen? Selbsthilfe ist kein geschütztes Etikett, es gibt trotz aller Förderkriterien durchaus fragwürdige Trittbrettfahrer, die es im wesentlichen auf Fördermittel und auf öffentliche Anerkennung abgesehen haben. Wenn organisierte Selbsthilfe das in Jahrzehnten erworbene Ansehen nicht gefährden will, muss sie sich aktiv bemühen um eine unabhängige Meinung und Position, die nicht neutral ist, sondern sich an den Interessen ihrer Mitglieder orientiert in deren gesellschaftlicher Doppelrolle als Patient / Betroffener / Angehöriger und als Beitrags- und Steuerzahler muss sie kritisch bleiben gegenüber allen professionellen Helfern und Leistungsanbietern und deren Behandlungs- und Betreuungskonzepten muss sie aber angesichts permanenter gesellschaftlicher Veränderungen auch entwicklungs-offen bleiben gegenüber fachlichen Weiterentwicklungen oder konzeptionellen Alternativen muss sie wach sein dafür, dass sie auch genutzt werden kann als Legitimation für den Abbau / die Begrenzung leistungsrechtlich finanzierter Hilfen

Mehr wollen: Selbsthilfe als Versorgungsexperten Selbsthilfe ist als Quasi-Leistungserbringer bei wohl allen Versorgungs-verantwortlichen aus fachlichen und aus finanziellen Gründen hochwill-kommen und wird auch gerne (mit bescheidenen Mitteln) gefördert. Die Nagelprobe einer ernsthaften Beteiligung ergibt sich aber m.E. erst bei der Frage, ob und in welcher Form die Selbsthilfe als eine Form einer Betroffenenvertretung auch eingebunden wird in konkrete Ver-sorgungsplanungen und -gestaltungen. Organisierte Selbsthilfe hat in den letzten Jahrzehnten ein oft hochspezia-lisiertes Experten- und Erfahrungswissen aufgebaut, das auch Versorgungskonzepte umfasst und dabei teilweise durchaus abweicht von Behandlungs- und Versorgungskonzepten professioneller Experten. Die wesentliche Frage ist, ob dieses Expertenwissen wie bislang meist nur er-gänzend von Profis „angehört“ oder auf gleicher Augenhöhe bei Versor-gungsplanungen beteiligt wird / werden kann.

Nach einer langen Phase einer im wesentlichen einrichtungs- und träger-orientierten Versorgungsstruktur (wir bieten das an, was aus unserer Sicht gut ist für die Betroffenen, bzw. wir finanzieren Leistungen einzelner Träger / Einrichtungen) könnte unter dem aktuellen Finanzdruck vielleicht endlich eine stärker versorgungsorientierte Entwicklungsdynamik in Gang kommen, die unabhängig von finanziellen Zuständigkeiten danach schaut, was denn der individuelle und gesellschaftliche Gesamtaufwand in unserem System gesundheitlicher Versorgung ist und welche Bausteine davon für Betroffenen von besonderer Wichtigkeit sind. Wer, wenn nicht die organisierte Selbsthilfe, könnte bei Entscheidungen kompetenter mitreden, bei denen es um eine verbesserte Vernetzung und effizientere Abstimmung der einzelnen Versorgungsangebote und um eine noch stärkere Verlagerung von „Gesundheitsleistungen“ in die Eigenverant-wortung des Bürgers geht!

Die Suchtselbsthilfe (BWAG) hat sich in den letzten Jahren im Kontext des Aufbaus der Kommunalen Suchthilfenetzwerke in einem Projekt mit der Frage einer „Betroffenenvertretung in den Steuerungsprozessen der Kommunalen Suchthilfenetzwerke“ befasst und für viele mit einer solchen verbindlichen Beteiligung verbundene Fragen erste konstruktive Lösungen entwickelt. Eine qualifizierte Beteiligung lässt sich aufgrund dieser Erfahrungen genauso konstruktiv regeln wie die einer Einbeziehung unter-schiedlicher professioneller Helfer. Allerdings: wer nicht nur als Erbringer von Hilfeleistungen respektiert, sondern mit seinem Expertenwissen auch in die Gestaltung von Versor-gungsstrukturen einbezogen werden möchte und kompetent und verant-wortlich mitreden will, muss sich dafür über die eigene Krankheitserfahrung hinaus auch Vertretungskompetenz erwerben.

Herzlichen Dank für Ihr Interesse und Ihr Mitdenken!