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6. Transmissionsmechanismen: Der Zinskanal und Tobins q Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau SS 2012 F Fn z 6. Transmissionsmechanismen: Der Zinskanal und Tobins q

Empfohlene Lektüre: Lambsdorff, J. Graf (2009), Skript und Übungsausgaben Makroökonomik, http://www.wiwi.uni-passau.de/fileadmin/dokumente/lehrstuehle/lambsdorff/downloads/Makro_2009_10_Konsensmodell.ppt http://www.wiwi.uni-passau.de/fileadmin/dokumente/lehrstuehle/lambsdorff/downloads/Aufgabensammlung_Konsensmodell_2009_10.doc Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das Keynesianische Konsensmodell, WiST, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387- 394, http://www.wiwi.uni-passau.de/fileadmin/dokumente/lehrstuehle/lambsdorff/downloads_ss_07/Das_Keynesianische_Konsensmodell.pdf Jarchow (2010a): 217-243; 113-119 Ergänzende Lektüre: Gischer, Herz und Menkhoff: Geld, Kredit und Banken – eine Einführung, Springer Verlag 2003, S. 215-223 Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript, University of California, Berkeley, S. 1-19:http://elsa.berkeley.edu/~dromer/

In den zurückliegenden Abschnitten stand die Frage im Zentrum, wie die Zentralbank den Zinssatz, i, beeinflussen kann. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit der Frage, wie die Zentralbank die Realwirtschaft beeinflussen kann, insbesondere die Güternachfrage und die Inflation. Offensichtlich operiert die Zentralbank nicht direkt „real“. Anders als der Fiskus kauft Sie keine Güter, um damit direkt die Güternachfrage zu beeinflussen. Stattdessen operiert Sie nur am Geldmarkt. Wir bedürfen eines „Transmissionsmechanismus“, mit dem sich monetäre Impulse auf reale Größen übertragen.

Für die Übertragung monetärer Impulse auf die Realwirtschaft wurden verschiedene Mechanismen identifiziert: der Zinskanal, der Mechanismus der relativen Preise, der Vermögenskanal, der Wechselkurskanal, der Kreditkanal, der Erwartungskanal.

Der Zinskanal Die Wirkungsweise des Zinskanals wird im Rahmen des keynesianischen Konsensmodells behandelt. Hierbei gelten die folgenden Modellgleichungen: (Taylor-Regel) (IS-Kurve) (Inflationsanpassung) Hierbei ist die Produktionslücke, y, folgendermaßen definiert: Wir können die Wirkungsweise des Zinskanals anhand einer Straffung der geldpolitischen Regel erläutern.

Straffere geldpolitische Regel MP1 p IS0 MP PA r0 P0 =P1 Y Y0 =Y1 p AD0 AD1 P0 p0 IA PA p1 P1 Y Y

Der Keynessche Zinskanal wird eine hohe Wirksamkeit aufweisen, wenn Änderungen des Zinssatzes hohe Änderungen der Investitionen induzieren, d.h. wenn die IS-Kurve flach verläuft. Hingegen ergibt sich keine Wirkung bei einer sehr steilen oder sogar vertikal verlaufenden IS-Kurve. Der Zinskanal kann aber auch unterbrochen sein, wenn die Zentralbank die Kontrolle über den Zinssatz verloren hat. Insofern besteht hier die Befürchtung, dass der Zinskanal keine zuverlässige Wirksamkeit besitzt.

In der Liquiditätsfalle gelingt es der Zentralbank nicht, negative Nominalzinsen zu erzielen. Ein Grund für dieses Versagen besteht darin, dass die Geschäftsbanken lieber horten (z.B. Bargeld in den Tresoren halten), als Kredite mit negativem Ertrag auszugeben und die Nichtbanken würden Sichteinlagen halten und unbegrenzt Kredite bei den Geschäftsbanken aufnehmen. Bei einer Inflationsrate von Null kann die Zentralbank dann keine negativen Realzinsen erreichen.

Expansivere geldpolitische Regel mit Liquiditätsfalle MP P0 =P1 r' r0=0 Y Y0 =Y1

Statt Punkte auf der MP-Kurve zu erreichen muss die Zentralbank dann von dieser Kurve abweichen. Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr. Eine expansive Geldpolitik ist in der Liquiditätsfalle wirkungslos, da die Zentralbank keine Zinssenkungen (und daher keine Steigerung der Investitionstätigkeit) bewirken kann.

Die Existenz einer solchen Liquiditätsfalle wurde lange Zeit empirisch bestritten. Erfahrungen in Japan während der 90er Jahre haben den Argumenten für ihre Existenz neuen Auftrieb gegeben. Die derzeitige Finanzkrise und die Zinsen nahe Null lassen kaum einen Fachvertreter derzeit an der Problematik der Liquiditätsfalle zweifeln. In dieser Situation kann die Zentralbank auch die Inflationsrate nicht mehr steigern, da sie nicht kurzfristig die gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöhen kann.

Deflation und Liquiditätsfalle r MP(p=0) IS0 r0=1 P0 r0=0 Y Y0 p AD0 P0 p0=0 IA Y p0=-1 Y

Sinkt die Inflationsrate nun (Deflation), so möchte die Zentralbank wie bisher mit einer Senkung der Realzinsen reagieren. Da die Nominalzinsen aber bereits Null betragen, gelingt ihr dies nicht. Entgegen dem Wunsch der Zentralbank führt die Deflation zu einem Anstieg der Realzinsen. Hierdurch sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter ab. Insgesamt ergibt sich bei einer Kombination aus Deflation und Liquiditätsfalle ein positiver Verlauf der gesamtwirtschaftlichen Nachfragekurve.

Tobins q Zu der von Keynes behaupteten Unzuverlässigkeit des Zinskanals wurde von Milton Friedman, Karl Brunner, und Allan H. Meltzer, aber auch von James Tobin eine Gegenposition entwickelt. Hierbei wird betont, dass eine geldpolitische Maßnahme nicht nur auf den Zinssatz festverzinslicher Anleihen wirkt, sondern sehr viel umfassender die gesamten Vermögensdispositionen von Wirtschaftssubjekten beeinflusst.

Eine kontraktive Offenmarktpolitik (z. B Eine kontraktive Offenmarktpolitik (z.B. im Rahmen einer strafferen geldpolitischen Regel der Zentralbank) wird bekanntlich den Zinssatz erhöhen und die Kurse für festverzinsliche Anlagen reduzieren. Der private Sektor wird hierdurch veranlasst, bereits vorhandenes Sachvermögen, das im Preis noch nicht gefallen ist, vermehrt zu verkaufen und die im Kurs gesunkenen festverzinslichen Anlagen wieder zu kaufen.

Veräußerbares Sachvermögen sind insbesondere Aktien und (Anteilsrechte an) Immobilien. Die Erhöhung des (Verkaufs-)Angebots an Aktien führt zu einer Senkung der Aktienkurse. Das Verkaufsangebot an Immobilien senkt die Preise von Immobilien und Immobilienfonds. Die Preissenkung bei vorhandenem Sachvermögen, P‘, bedeutet, dass dieses im Verhältnis zum Preisniveau des neu produzierten Sachvermögens, P, relativ billig wird. Dieses Preisverhältnis ist das Tobinsche q, q=P‘/P.

Anders ausgedrückt, ist q das Verhältnis vom Marktwert zu den Wiederbeschaffungskosten des Sachkapitals. Eine Preissenkung bei vorhandenem Sachkapital senkt den Anreiz für Investoren, Eigenkapital zur Finanzierung von Neuinvestitionen aufzunehmen. So bewirkt beispielsweise ein niedriger Aktienindex, dass Produzenten nur auf geringe Bereitschaft von Anlegern treffen, Neuemissionen zu zeichnen. Da nur ein geringer Erlös durch eine Emission erzielbar wäre, wären auch Aktionäre nicht bereit, ihren Firmenanteil zu Gunsten von Neuaktionären zu verringern.

Es stellt sich deshalb eine Abschwächung der Investitionsgüternachfrage ein. Im Gegensatz dazu würde ein Umschwenken auf eine expansivere geldpolitische Regel eine Preiserhöhung bei vorhandenem Sachkapital bewirken. Bei einer Neuemission von Aktien wäre u.U. mit einem Überzeichnen und einem hohen Ausgabekurs zu rechnen. Produzenten würden gute Finanzierungsbedingungen für ihre Investitionen vorfinden. Altaktionäre würden bereitwillig einer Kapitalerhöhung zustimmen, da sie hierbei wertvolle Bezugsrechte auf die jungen Aktien erhalten können.

Genauer gilt für den Aktienmarkt bei q>1, dass der Markt den Kapitalbestand höher bewertet als seine Wiederbeschaffungskosten. In diesem Fall kann das Unternehmen seinen Marktwert durch Kauf weiterer Kapitalgüter erhöhen. Gilt hingegen q<1, so bewertet der Aktienmarkt den Kapitalbestand geringer als die Wiederbeschaffungskosten. Eine jegliche (Re-)Investition würde den Marktwert senken und wird daher unterlassen.

Der Zinskanal wird also einerseits durch weitere Preiseffekte von Vermögensgütern gestärkt. Anders als im Rahmen des keynesianischen Konsensmodells ist für die Übertragung monetärer Impulse auf die Investitionsgüterindustrie eine Veränderung des Zinsniveaus nicht notwendig. Eine weitere Erkenntnis besteht darin, dass die Entwicklung des Aktienmarktes hilfreich bei der Konjunkturprognose sein sollte.

Tobins q könnte dabei auch in der Liquiditätsfalle, also bei einem Zinssatz nahe Null, wirksam bleiben. Ein solch niedriger Zinssatz geht mit sehr hohen Aktienkursen und Immobilienpreisen einher. Im Rahmen von Offenmarktgeschäften könnte die Zentralbank auch direkt Aktien und Immobilien ankaufen. Sie könnte damit drohen die ganze Welt aufzukaufen. Die Aktienkurse und Immobilienpreise würden endlos weiter steigen. Entsprechend könnten auch über Tobins q weiter expansive Wirkungen auf die Investitionen stattfinden.