Einführung in die Germanistische Linguistik

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 Präsentation transkript:

Einführung in die Germanistische Linguistik 10. Sitzung Lexikologie der deutschen Sprache (Wortfamilien, lexikalische Relationen. Die Polysemie von Hand und Auge)

Wörter und Wörterbücher Die Wörter einer Sprache bilden deren Wortschatz. Man unterscheidet den individuellen, den gruppenspezifischen und den allgemeinen Wortschatz. Außerdem gibt es fachspezifische Wortschatzbereiche. Das Kind im Erstsprachenerwerb verfügt mit etwa drei Jahren über 300 bis 400 Wörter. Der tägliche Gebrauchswortschatz liegt (aktiv) bei etwa 4000 bis 7000 Wörtern, der passive Wortschatz beim Abitur sollte bei etwa 20 000 Wörtern liegen. Neben der grammatischen Gliederung (siehe Wortarten) und der Wortbildungsgliederung (siehe Wortfamilien), kann der Wortschatz nach weiteren Gesichtspunkten geordnet werden. Dies ist traditionell die Aufgabe der Lexikographie. Bezieht man sich auf den kognitiven Besitz (aktiv und passiv) von Wörtern, so spricht man auch vom mentalen Lexikon im Gegensatz zu den lexikographisch erstellten Lexika. Die Struktur des mentalen Lexikons wird in der experimentellen Psycholinguistik und Neurolinguistik untersucht.

Lexikologie und lexikalische Bedeutung Zwei Perspektiven der Wortanalyse: Semasiologie: Vom Wort zu seinen Bedeutungen Onomasiologie: Vom Bezeichneten (der „Sache“) zu den Wörtern Wortfamilien (siehe das Beispiel im Duden, 1998: § 857 (fahr-), § 1034 (lehr-). Siehe auch: Tabelle aus:http://www.uni-landau.de/germld/STudarbeiten/Wortschatzarbeit2.pdf

Unterteilungen des Wortschatzes Offene Klassen von Lexemen (viele Elemente, ständiger Zuwachs): Substantive, Verben, Adjektive, Adverbien. Eigenschaften: benennend, beschreibend (denotativ, auto-semantisch) Geschlossene Klassen (wenige Elemente, langsame Veränderung des Bestandes): Artikel, Pronomina, Präpositionen, Konjunktionen. organisierend, den grammatischen Konstruktionen dienend

Eigennamen (Gegensatz: Gattungsnamen, Appellative) Anthroponyme (Namen für Menschen): Sigrid, Theodor Storm Toponyme (Orts- und Landschaftsnamen): Leipzig, Deutschland, Brocken, Rhein Namen für Institutionen, für Ereignisse Firma Mercedes, Werder Bremen, Olympia 2008 Produkt- und Warennamen: Microsoft Vista, Aspirin, Adidas Übergänge zwischen Eigennamen und Gattungsnamen: der Mercedes, die Deutschen, ein Leonardo

Namensforschung (Namenskunde) Die germanischen Rufnamen, die sich meist aus zwei Bestandteilen zusammensetzten (vgl. Siegfried), deren formale und inhaltliche Gliederung aber bald undurchsichtig wurde (vgl. Volker = Volk-[h]er aus Folk-hari; hari=Heer) und Walter = Walt-[h]er), wurden zuerst durch Beinamen ergänzt: Dietrich von Bern, Heinrich der Löwe. Danach entwickelten sich die eigentlichen Familiennamen. Als Ursachen können sowohl die Verringerung des Bestandes der Rufnamen (durch Konzentration auf wenige, häufig verwendete) als auch der schnelle Bevölkerungswachstum in den Städten im 12. und 13. Jh. gelten. Die Ausbreitung erfolgte von den Städten (zuerst im Rheinland) auf das Land, von den höheren auf die niedrigeren Schichten, von Männern auf Frauen. Jüdische Bürger hatten teilweise bis ins 18. Jh. keine Familiennamen.

Lexikalische Bedeutungsbeziehungen Synonyme Sie sind bedeutungsgleich oder sehr bedeutungsähnlich Wörter; siehe keck, dreist , mutig. Sie unterscheiden sich auf der Ebene der Konnotationen. Antonyme (konträr vs. kontradiktorisch): schwarz-weiß; fein-unfein Hyponyme und Hyperonyme (unter- bzw. Überordnung): Säugetier – Nagetier – Hase; Sitzmöbel - Stuhl Homonyme und Polysemie: Kiefer (die K.) Baum, der K. (Körperteil) Auge (Körperteil, (Fett)Auge, Auge des Taus usw.

Mehrdeutigkeit in der visuellen Wahrnehmung Erkennen Sie die beiden Bedeutungen?

Mehrdeutigkeit im Lexikon bank1: A long pile or heap; mass: a bank of earth, a bank of clouds. [mengl.: banke]; 16 Varianten und Gebrauchsweisen bank2: An institution for receiving, lending, exchanging, and safe-guarding money. [it. banca, ahd. bank = bench]; 11 Varianten und Gebrauchsweisen. bank3: An arrangement of objects in a line or tiers. [altfrz. banc < gemeingerm.]; 10 Varianten und Gebrauchsweisen. Aufgabe: Suchen Sie die deutschen Entsprechungen von engl. bank

Homonymie in drei Sprachen bank1, bank3 (engl.) Bank2 (engl.) Franz.: banc1(m) enger Sitz banque (f) Wirtschaftsunternehmen banc2 (m) Sandhaufen Italien.: banco (m) Sitz banca (f) Institution Spanisch: banco (m) “asiento largo y estrecho” banco2 (m) öffentliche Kreditanstalt banca (f) Sitz in Holz banca2 (f) Geld- und Kreditinstirut

Übersetzungsäquivalente von dt. aufziehen transitive use intransitive Französisch Kontext Englisch lever Vorhang open s'élever Gewitter approach hisser Fahne hoist monter Bild mount die Wache draw up élever Kinder raise remonter Spielzeug wind up arranger Treffen organize railler Menschen tease Aufgabe: Bilden sie deutsche Sätze, in denen die verschiedenen Bedeutungen deutlich werden

Polysemie von Hand und Auge Hegel sagt in seiner Phänomenologie des Geistes (Hegel, 1952: 231): “daß sie [die Hand] nächst dem Organ der Sprache am meisten es ist, wodurch der Mensch sich zur Erscheinung und Verwirklichung bringt. Sie ist der beseelte Werkmeister seines Glücks; man kann von ihr sagen, sie ist das, was der Mensch tut.” “Die einfachen Züge der Hand also, ebenso Klang und Umfang der Stimme als die individuelle Bestimmtheit der Sprache  ...  all dieses ist Ausdruck des Inneren, so daß er als die einfache Äußerlichkeit sich wieder gegen die vielfache Äußerlichkeit des Handelns und des Schicksals, sich als Inneres gegen diese verhält.” (ibid.: 232)

Polysemie von Hand und Auge Es gibt eine evolutionäre Kontinuität mit vielfältiger Variation zu anderen Affen und Wirbeltieren. Gewisse Funktionen, wie das Laufen unter Zuhilfenahme der Handfläche, der Finger oder des Handrückens, gehören allerdings nicht mehr zum menschlichen Repertoire. Ein evolutionärer Vergleich lässt uns zumindest eine Linie annehmen, die sowohl, was die Form der Hand als auch was ihre Funktionen angeht, vom Menschen zum Primaten, Affen und Wirbeltier führt. Polysemie von Hand und Auge

Dynamische (onomasiologische) Valenzen und Kontexte von HAND Typische Prozesse von HAND, z.B.: des Kontaktes (berühren, streicheln, anfassen usw.), des Greifens (zupacken, festhalten, haben, loslassen), der gestischen Manipulation (zeigen, winken, Zeichen geben, signalisieren, [Hände] schütteln, grüßen), des Nehmens und Gebens; dazu gehören auch: kaufen, verkaufen, schenken, leihen, stehlen, rauben usw., des Arbeitens, des Schlagens.

HAND und AUGE im Sprachenvergleich Von den bei Wilkins beobachteten semantischen Verschiebungen werden immerhin 70% durch die folgenden “natürlichen Tendenzen” (Wilkins, 1996.: 273) abgedeckt. Verschiebung vom sichtbaren Teil einer Person auf die sichtbare nächst höhere Ganzheit: Nabel  Bauch  Oberkörper  Körper  Person (unidirektional). Räumlich benachbarte Teile werden semantisch verschoben: Bauch    Brust. Die Teile oberhalb der Mittellinie (z.B. Bauch) werden semantisch durch Teile unterhalb der Mittellinie (und umgekehrt) semantisch belegt: Ellbogen    Knie, After   Mund. Körperteile von Tieren werden semantisch verschoben zu menschlichen Körperteilen: Schnauze  Nase; Schnabel  Gesicht. Ein Ausdruck für die Handlung, welche einen Körperteil involviert, wird verschoben zum Ausdruck des Körperteils selbst: gehen  Bein; halten  Hand.

Teildiagramm des semantischen Wandels Unterarm Handfläche Hand Finger Fingernagel Stirn Arm Kopf Dach des Kopfes Oberarm Gesicht Haar Ohr Lippe Auge Augenbraue Mund Teildiagramm des semantischen Wandels Nach Wilkins 1996

Die diachronen Semasiologie von HAND (innerhalb der indoeuropäischen Sprachen) Im Sanskrit finden sich verbale Wurzeln für ‘halten’, ‘tragen’ und nominal für ‘Griff’ und ‘Macht’, die zum Konzept HAND führen. Das Lateinische ‘manus’ hat dieselbe Wurzel wie altnordisch ‘mund’ (ähnliche Bedeutung wie HAND); letzteres wird generalisiert zu ‘Schutz’ und ‘Aufsicht’. Diese Abwandlung findet sich lexikalisiert in althd. ‘munt’ und neuhd. ‘Mündel’, ‘Vormund’.

Besondere Teile oder Formen der Hand können als Basis dienen, so im Lateinischen ‘palma’ (Handfläche), im Altengl. ‘folme’ (für Hand). Aus der lateinischen Wurzel wurden per Abstraktion Adjektive abgeleitet, wie im Lateinischen ‘palam’ (offen), ‘planus’ (flach). In ähnlicher Weise kann die Faust als Ausgangspunkt für HAND gewählt werden. Ausdrücke des Greifens, Verfolgens sind (s. im Gotischen ‘fralinpan’) die Basis sowohl für die germanischen Ausdrücke (im Englischen ‘hand’; im hd. ‘Hand’) für HAND — als auch für Engl. ‘hunt’ (jagen). Im Litauischen ist ein verbales Konzept, ‘renkti’ (sammeln) der Ausgangspunkt von Bezeichnungen für HAND. In ähnlicher Weise sind verbale Wurzeln mit der Bedeutung ‘tun’, ‘machen’ vermittelt durch Adjektivformen, die Basis von Ausdrücken für HAND im Sanskrit (hasta) und im Awestischen (zasta).

Die germanischen Sprachen haben ein gemeinsames Etymon Die germanischen Sprachen haben ein gemeinsames Etymon. Neben (synchron) hd. ‘Hand’; engl. ‘hand’, finden wir diachron mhd./althd. ‘hant’; ‘angelsächs. ’hond’; anord. ‘hond’; got. ‘handus’. Im Gotischen gibt es bereits feste Beziehungen zum Verb hisþan = fangen. Undurchsichtig sind heute die Beziehungen zu engl. ‘hunt’ /dt. ‘Hund’. Die romanischen Sprachen haben ebenfalls ihr eigenes Etymon. Zum Lateinischen ‘manus’, finden wir in den heutigen romanischen Sprachen: frz. ‘main’; it./span. ‘mano’; rum. ‘mina’; katal. ‘ma’; port. ‘mão’. Bereits im Lateinischen gibt es viele Wortbildungen, die später von den romanischen Sprachen übernommen wurden. Ich exemplifiziere dies nur am Französischen ‘manica’ > ‘manche’ (Ärmel); ’mendare’ > ’demander’ (fragen), ’commander’ (befehlen), ’mandat’; ’manceps’ > ’émanciper’ (befreien); ’mancus’ > ’manquer’ (fehlen, verfehlen); ’manualis’ > ’manuel’ (Hand-).

Lexikographie - Geschichte Die Wurzeln des modernen Lexikons, das sich an eine größere Lesergemeinde wendet, führen in das frühe 18. Jahrhundert zurück. Als eines der ersten lexikalischen Werke gilt das zunächst im Jahre 1704 als einbändige Ausgabe heraus-gegebene „Reale Staats-, Zeitungs- und Conversationslexicon“ des Schriftstellers und Lehrers Johannes Hübner. Bis 1825 brachte es der beliebte und immer wieder gelesene „Hübner“, der schließlich in drei Bänden erschien, auf 31 Auflagen. kann. In das 18. Jahrhundert fällt aber auch bereits die Geburtsstunde des vielbändigen Großlexikons. Zu nennen ist hier zunächst das von dem Leipziger Buchhändler und Verleger Johann Heinrich Zedler ab 1732 herausgegebene „Große vollständige Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste“, von dem bis zum Jahre 1754 insgesamt 68 Bände mit 67.000 Seiten erschienen. Quelle: http://www.konversations-lexikon.de/index.php?p=kultur_geschichte

Dass monumentale Unternehmen wie Krünitz und Ersch-Gruber sich nicht durchsetzten, hat Gründe: Beide Werke folgten noch nicht dem lexikalischen Prinzip prägnanter Erklärungen, sondern wollten universelle Lehrbuchsammlungen sein, die das Wissen ihrer Zeit vollständig in sich versammelten. Ein Vorhaben, das angesichts der rasch wachsenden Vielfalt und Komplexität der wissenschaftlich-technischen Entwicklung und der Vielgestaltigkeit künstlerischer und literarischer Schaffensformen scheitern musste. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. [in 32 Teilbänden]. Leipzig: S. Hirzel 1854-1960. -- Quellenverzeichnis 1971.

Beispiel eines Eintrages: “Auge” AUGE, n. ahd. ougâ, mhd. ouge, goth. augô, altn. auga, schw. öga, dän. öje, ags. eáge, engl. eye, fries. âge, nnl. oog. hierzu stimmt nun, auch im neutralen genus, das sl. oko, pl. vielmehr dl. otschi, pl. otschesa, poln. oczy, böhm. oči; litt. akis, lett. azs, altpr. ackis f. (weil diesen sprachen das n. fehlt); gr. οκος, οκκος, beide ungewöhnlich, aber mit dem üblichen dl. οσσε, dessen zischlaut sich zum κ in οκος verhält, wie der slavische und lettische; lat. oculus, einfaches ocus voraussetzend, it. occhio, sp. ojo, port. olho, prov. olh, huelh, franz. oeil, der koseform oculus und ocellus (das äuglein, liebe auge, wie soleil die liebe sonne) entsprach auch ein gr. οκκαλλος, οκταλλος, vgl. οφθαλμος = οπταλμος, und οψις, ωψ. endlich skr. aks̆i = axi. der hier dem kehllaut anrückende zisch gleicht wieder jener modification des oko in otschi, des οκος in οσσε, dem ψ in ωψ ωπος, und ist der wurzel ebenso fremd, als das die lat. flexion bestimmende si in scribo scripsi, nubo nupsi, rego rexi = regsi, duco duxi = ducsi. das skr. pflegt ihn auch in andern wörtern zu entfalten, z. b. in ṛiks̆a = ṛixa, iṛxa bär, litt. lokis für olkis, orkis, lett. lahzis, ahd. elah, elaho, lat. ursus für urcsus, gr. αρκτος für αρκσος = αρξος (wie jenes οκταλλος für οξαλλος), ir. gal. art für arct, welsch arth.

Die deutsche sprache in ihrem ougâ, auge wie in elaho, elch, die litt Die deutsche sprache in ihrem ougâ, auge wie in elaho, elch, die litt. in akis wie in lokis hegen reinen kehllaut, im lett. azs und lahzis ward er zischend, gleich den sl. und gr. dualen, im skr. aks̆i durchgängig. man kann nicht annehmen, dasz der zisch in auge, oko, oculus geschwunden, sondern nur, dasz er in aks̆i zugetreten sei, wurzelhaft ist also ak, nicht aks̆. dieser wurzel zunächst gelegen scheint aber lat. acuo, acies, acus, vielleicht axis; acies oculi bezeichnet gerade die sehe des augs, die pupille, acus könnte spitze oder auch öhr der nadel, axis auszer dem, worum das rad sich dreht, dessen loch gemeint haben; verwandt sind ahd. achus, goth. aqizi axt, mit angefügtem s, aqizi tritt nah zur form aks̆i. nicht stammt aks̆i von îks̆ videre, spectare, umgekehrt îks̆, wie aks̆i, von der verlornen wurzel ak; nicht unmöglich, dasz zu diesem îks̆ unser sehen, goth. saihvan gehörte (vgl. sehen), wie spähen, specere dem skythischen spu auge gleichen; noch eine andere skr. benennung des auges tschaks̆us leitet auf tschaks̆ dicere, indicare, vielleicht goth. teihan. deutlich fällt aber unserm auge zu das goth. augjan ostendere, ahd. ougan, mhd. ougen; wie îks̆ sehen ist augjan sehen lassen. bemerkenswerth endlich ist auch das altpr. ackiwist publicus, augenscheinlich, ahd. agawis, akiwis, augiwis publicus, publicanus.

Neubearbeitung des Grimmschen Wörterbuches FAHREN  vb.   ahd. faran, mhd. varn. as. faran, mnd. v*ren; anfrk. faran, mnl. nnl. varen; afrs. fara; ae. faran, me. f*ren, älter ne. fare (schw. vb.); an. isl. fara, norw. dän. fare, schwed. fara, got. faran gehören mit gr. *, lat. portare zur idg. wz. *per- ‘hindurchkommen, durchqueren’. s. auch fahrend adj.   1  sich, etwas (über eine strecke) fortbewegen.    a  sich gehend, reitend fortbewegen, reisen; häufig mit angabe des ziels, zwecks:  E8.jh. ih faru dhir fora Isidor 156 ATB.  u830 furláz theso menigi, thaz sio farento in burgi inti in thorf thiu thar umbi sint Tatian 280,1 S.  hs.10.jh. Phol ende Uuodan uuorun zi holza merseb. zaubersprüche 2,1 S.  (u1060) gáng ûz unto uár nâh démo spóre déro córtare unte uuêidene dîne kízzin bî den hérebergon déro hírto Williram 14,2 S.  (u1170) gagen Dario quâmen gevaren/ zwêne und drîzich kuninge Lamprecht Alexander S 1966 K.  (n1231) ez sint vaste fünf jâr/ daz sîne bruoder für wâr/ von im fuoren über mer Reinbot 647 K.  hs.1353 von urliug und von des closters gebresten muost ich zuo miner muoter varen usse dem closter Ebner 7 S.  1438 item daz sie eyn nuwe strasz von Kyla und Kaffa uffbrengen wollten, dadurch sie alle kaufflute nemlich Dutsche und von allen andern landen nicht mer meynten in ire lande faren zu lassen Frankf. reichscorr. 1,465 J.  (n1521) darnach bin ich gefahren biss gen Margera, dohin sein 3 meil, ist ein dorff pilgerreisen 357 R./M.  1628 wier seindt diesen gantzen tagk nur drey meilen gefahren Lubenau reisen 1,97 S.  

5. <hat/ist> a) mit einem Fahrzeug zurücklegen: einen Umweg, einige Runden, täglich eine bestimmte Strecke f.; er ist, (seltener:) hat die Runde in 5ÿ:ÿ42 Minuten gefahren; ich bin diese Straße schon oft gefahren; b) mit einem Fahrzeug ausführen, bewältigen: Kurven f.; die beste Zeit, einen Rekord, sein letztes Rennen f. 6. durch Fahren (2 a) in einen bestimmten Zustand bringen <hat>: er hat seinen Wagen schrottreif gefahren. 7. mit einem Fahrzeug befördern, an einen bestimmten Ort transportieren <hat>: Sand, Mist f.; er hat den Verletzten ins Krankenhaus gefahren; ein Baby spazieren f. 8. <hat> a) (Technik) in Betrieb halten, bedienen: einen Hochofen f.; eine Anlage mit verminderter Leistung f.; b) (Jargon) ablaufen lassen; [nach Plan] organisieren: volles Programm f.; eine Sonderschicht in der Fabrik f.; die Nachrichtensendungen werden täglich mehrmals gefahren.

9. a) sich rasch, hastig in eine bestimmte Richtung, an eine bestimmte Stelle bewegen <ist>: erschrocken aus dem Bett f.; in die Kleider f. (sich rasch anziehen); der Blitz ist in einen Baum gefahren; er fuhr in die Höhe (sprang auf); (Jägerspr.:) der Hase fährt aus dem Lager (springt auf), der Fuchs fährt zu Bau; der Hund ist ihm an die Kehle gefahren (gesprungen); Ü was ist denn in dich gefahren? (was ist mit dir los?); blitzschnell fuhr es ihr durch den Kopf (kam ihr der Gedanke), sofort abzureisen; b) [mit einer schnellen Bewegung] über, durch etw. streichen, wischen, eine schnelle Bewegung machen <hat/ist>: sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. 10. (Bergmannsspr.) sich in einem Grubenbau fortbewegen, sich in die Grube hinein- od. aus ihr herausbegeben <ist>. 11. (ugs.) in bestimmter Weise zurechtkommen, bestimmte Erfahrungen machen <ist>: mit ihm, mit dieser Methode sind wir immer gut gefahren. © Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2003 [CD-ROM].

Aufgaben Geben Sie weitere Beispiel im Deutschen für lexikalische Relationen. Aufgabe: Suchen Sie die deutschen Entsprechungen von engl. Bank Aufgabe: Bilden sie deutsche Sätze, in denen die verschiedenen Bedeutungen von aufziehen deutlich werden Aufgabe: Sammeln Sie (mit Hilfe eines Wörterbuches) deutsche Wörter, die auf die Etyma: hand bzw. manus zurückzuführen sind.