Arbeiten ohne Schulabschluss – Chancen der Unterprivilegierten Themenschwerpunkt 1 – Bildung in Indien Arbeiten ohne Schulabschluss – Chancen der Unterprivilegierten Indientreff in der Ev. Dreifaltigkeitsgemeinde, Frankfurt am Main 28. Juli 2011 Referentin: Denise Brodersen, Referentin der Geschäftsstelle
Rückblick: Themenschwerpunkte der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit der DIZ ~2011 Themenschwerpunkt 1 – Bildung in Indien Das Recht auf Bildung – Januar Themenschwerpunkt 2 – Landwirtschaft in Indien Wirtschaft und Landwirtschaft im Widerspruch – Ansiedlung von Sonderwirtschaftszonen in Indien – Februar Indische Kleinbauern in der Schuldenfalle – Bauernsuizide in Maharashtra – März Mikrokredite und ländliche Entwicklung in Zentralindien – April Landwirtschaft im boomenden Indien – Indien zwischen Ernähungssicherung und weltwirtschaftlichem Aufstieg - Juni Indientreff 28. Juli 2011
Inhalt des heutigen Indientreffs Definition Tagelöhner Millennium - Entwicklungsziele Bildungssituation in Indien Kinderarbeit Generationenfalle Was tun wir? Vorankündigung August 2011 Indientreff 28. Juli 2011
Definition Tagelöhner Urdu/Hindi qulī (क़ुली) Begriff „Kuli“ kommt ab dem 16. Jh. in Nordindien vor und bedeutet so viel wie Knecht, Sklave Kuli ist allgemeine Bezeichnung für ostasiatische Tagelöhner und Lastenträger Kein festes Arbeitsverhältnis, bieten Arbeitskraft kurzfristig an Tagelöhner ~ Unterprivilegierte Falsche Kaste viele Probleme Das Stigma der Unberührbarkeit haftet ihnen Aufgrund ihrer Arbeit an (Wäscher, Gerber, Schuhmacher, Straßenkehrer, Reiniger öffentlicher Toiletten, Teeverkäufer, …) Zugang/das Betreten von Schulen bleibt ihnen verwehrt Dalit = unterdrückt, gebrochen, am Boden = Eigenbezeichnung der Kastenlosen/Unberührbaren Indientreff 28. Juli 2011
Bildung ist … … eine wesentliche Voraussetzung für soziale, wirtschaftliche, politische und ökologische Entwicklung Daher auch festgelegt in eines der MDG, siehe nächste Folie! Schon eine elementare Schulbildung erhöht die Produktivität der Menschen in allen Sektoren und trägt so zur Armutsbekämpfung bei. Elementare Grundbildung hat Auswirkungen auf die Geburtenzahlen, Kinder- und Müttersterblichkeit (und damit auf das Bevölkerungswachstum) sowie auf die Ernährung und Gesundheit der Menschen. Besonders hohe Wirkungen in allen diesen Bereichen erzielt die Grundbildung von Mädchen und Frauen. Indientreff 28. Juli 2011
Millenniumsentwicklungsziele MDG für das Jahr 2015 (2000 formuliert) MDG 1: den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, halbieren MDG 2: allen Kindern eine Grundschulausbildung ermöglichen Bis 2015 soll sichergestellt sein, dass Kinder in der ganzen Welt, Mädchen wie Jungen, eine Primärschulbildung vollständig abschließen können. MDG 3: die Gleichstellung der Geschlechter fördern und die Rechte von Frauen stärken MDG 4: die Kindersterblichkeit verringern MDG 5: die Gesundheit der Mütter verbessern MDG 6: HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten bekämpfen MDG 7: den Schutz der Umwelt verbessern MDG 8: eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen MDG-Arbeitsgruppe: UNO Vereinte Nationen, Weltbank, OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und NGOs MDG 2: frühkindliche Erziehung, Zugang zu qualitativ guter Bildung für alle, lebenspraktische Bildungsprogramme für Jugendliche, Alphabetisierungsprogramme für Erwachsene, Beseitigung der geschlechterspezifischen Ungleichheiten in der Primar- und Sekundarstufe, Verbesserung der Bildungsqualität (!!!) MGD 3: dass Mädchen und Jungen den gleichen Zugang zu Bildung und Bildungschancen haben Indientreff 28. Juli 2011
Bildung für alle - Education for all (EFA) Bis 2015 sind folgende Ziele gesteckt: Alle Kinder sollen eine Grundschule besuchen und abschließen Analphabetenrate unter Erwachsenen halbieren Gleichberechtigung der Geschlechter Frühkindliche Förderung ausbauen Lernbedürfnisse von Jugendlichen absichern Bildungsqualität verbessern Indientreff 28. Juli 2011
Stand des MDG 2 im Allgemeinen bemerkenswerte Fortschritte in den Entwicklungsländern sind die Einschulungsquoten zwischen 1999 und 2008 im Schnitt von 82 Prozent auf 89 Prozent deutlich gestiegen Erfolge sind ermutigend, reichen aber nicht aus! 10 Prozent aller Kinder im Grundschulalter besuchen keine Schule Mädchen sind immer noch benachteiligt Umsetzung des Ziels „MDG 2: Bildung für alle“ bleibt weiter ehrgeiziges Unterfangen Wie sieht es in Indien aus? Der Zugang zu Bildung hängt stark vom Familieneinkommen ab. Für Familien mit geringem Einkommen sind Schuldgeld oder Uniformpflicht unüberwindbare Hindernisse. Kinder müssen daher arbeiten um mit Geld zu verdienen, damit die Angehörigen überhaupt überleben können. Indientreff 28. Juli 2011
Schulpflicht in Indien Theoretisch: Reform der Regierung: Schulpflicht für Kinder von sechs bis 14 Jahren (Art. 45 der Verfassung) Kostenfreier Schulbesuch Praktisch: Defizite bei Umsetzung des ehrgeizigen Vorhabens: Umsetzung unklar Finanzierung unklar Kontrolle unklar Lehrer sind schlecht ausgebildet und unterbezahlt Schulgebäude oftmals in erbärmlichen Zustand Für Lehrer sind lukrative Nachhilfe-Angebote besser, als in der Schule zu unterrichten Indientreff 28. Juli 2011
Irrglaube vieler Eltern Wer lernt keine Zeit zum Arbeiten Arbeiten heißt Geld Geld heißt überleben Aus diesem Irrglauben resultieren folgende Aussichten… Indientreff 28. Juli 2011
Aussichten für die, die keine Schule besuchen … Schuldknechtschaft Beschäftigung als Tagelöhner Beschäftigung im Elternhaus Indientreff 28. Juli 2011
Mögliche Beschäftigungen von Tagelöhnern Müllsammeln in Mülldeponien, offenen Kanalisation Steinbrüche Plantagen Teppichindustrie Schuhputzer Alle Arbeiten werden sowohl von Kindern, als auch von Erwachsenen ausgeführt Indientreff 28. Juli 2011
Kinderarbeit Kinder sind willige Opfer der skrupellosen Arbeitgeber sie wehren sich nicht gegen Ausbeutung erhalten einen Bruchteil des „normalen“ Lohns erhalten unwürdige Unterbringungen und schlechtes/wenig Essen Schuldknecht-Verhältnis: Kinder müssen die Schulden der Eltern über Jahre abarbeiten, ohne selbst je eine Rupie zu bekommen Kinder sind für Familien die billigsten und am leichtesten verfügbaren Arbeitskräfte (Haushalt, Landwirtschaft, etc.) Kinder sind sich ihrer Rechte nicht bewusst, sind gefügiger Quelle: Campaign against child labour Indientreff 28. Juli 2011
Tragische Tatsachen Armut Schulden Mehr Kinder höhere Einnahmen Kinder arbeiten Schulden der Eltern ab erhalten selbst keine Rupie Kinder werden verkauft Schuldentilgung der Eltern (geringe Bildungsgrad und Unwissenheit von Eltern verhindert umsichtige Zukunfts- und Familienplanungen) Eltern durchschauen oft nicht die Methoden der Abwerber/Kinderkäufer; Eltern glauben vielleicht auch, dass es den Kinder woanders dann besser ergehen kann?! Indientreff 28. Juli 2011
Teufelskreis - Generationenfalle arbeitende Kinder Erwachsene ohne Bildung bekommen Kinder Keine Bildung Keine Perspektiven auf einen Ausweg aus der Armut Indientreff 28. Juli 2011
Unwissenheit der Unterprivilegierten Es gibt Schutzgesetzte und Quotenregelungen für Unterprivilegierte Viele Unterprivilegierte haben durch Unwissenheit keinen Zugang zu staatlichen und zivilgesellschaftlichen Entwicklungsprogrammen Sie denken irrtümlich, dass sie aufgrund tradierter Schranken und Tabus nicht in Genuss dieser Hilfen kommen können (Kaste z. Bsp.) Sie sind nicht in der Lage ihre legitimen Ansprüche zu artikulieren, die verantwortlichen Stellen zu adressieren oder bürokratisches Antragsverfahren erfolgreich zu durchlaufen Indientreff 28. Juli 2011
Bildung als Schlüsselfunktion Zugang zu Bildung dauerhaft ermöglichen Eltern erhalten z. B. die Möglichkeit auf Kleinkredite, um eine Kuh zu kaufen und so die Milch wieder zu verkaufen um Familieneinkommen nachhaltig zu verbessern Kinder können somit zur Schule, anstatt im Haushalt zu helfen ZIEL: Erlangen von Bildung und Wissen Kreislauf der Generationenfalle entkommen Indientreff 28. Juli 2011
DIZ in Zusammenarbeit mit Ecumenical Sangam in Nagpur Wir schaffen Zukunft durch Bildung: Kindergärten Handwerkerausbildung Schneider- und Nähunterricht Ausbildung zur Dorfgesundheitshelferin und Krankenschwester Indientreff 28. Juli 2011
Kindergärten Ungefähr 100 Kinder zwischen drei und fünf Jahren besuchen die Kindergärten des Sangams Dorfzentrum Bamhani und in weiter entlegenen Subzentren Fundierte Grundausbildung (Englisch, Hindi, Marathi, Farben, Zahlen, Alphabet, Gemüse, Früchte, Tiere) Eine nahrhafte Mahlzeit pro Tag Regelmäßige Untersuchungen von Krankenschwestern des Sangams Indientreff 28. Juli 2011
Kindergärten Indientreff 28. Juli 2011
Handwerkerausbildung Für junge Erwachsene 6monatiger Kurs Kursinhalte: wie funktioniert Elektrizität, Zweiradreparatur, elektrische Schaltpläne Nach Abschluss erhalten die Teilnehmer ein von der Regierung anerkanntes Zertifikat Zusätzlich erhalten sie Aufklärung über Gesundheitsthemen (HIV, Hygiene, Ernährung, Verhütung) Seit Beginn der Handwerkerkurse hat der Sangam über 140 junge Menschen ausgebildet Indientreff 28. Juli 2011
Handwerkerausbildung Indientreff 28. Juli 2011
Schneider- und Nähunterricht Erlernen des Nähhandwerks im Basiszentrum und Slums von Nagpur Mehr als 100 Frauen erhalten die Möglichkeit zur Ausbildung zur staatlich anerkannten Näherinnen und Schneiderinnen Seit 1995 haben gut 1.000 Mädchen und Frauen die Ausbildung absolviert, etwa 200 besitzen mittlerweile ein eigene Nähmaschine Indientreff 28. Juli 2011
Schneider- und Nähunterricht Indientreff 28. Juli 2011
Dorfgesundheitshelferin und Krankenschwester Im Basiszentrum Bamhani werden junge Frauen zu Dorfgesundheitshelferinnen ausgebildet In Nagpur können sie zur qualifizierten Krankenschwester weitergebildet werden Ausbildung vermittelt Wissen über allgemein in der Region auftretende Krankheiten Aufklärungsarbeit: Alkoholismus, soziale und familiäre Probleme Etwa 350 Frauen haben diese Ausbildung bereits absolviert Indientreff 28. Juli 2011
Dorfgesundheitshelferin und Krankenschwester Indientreff 28. Juli 2011
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Vorankündigung 15 Jahre DIZ Samstag, 27. August 2011 Indientreff 28. Juli 2011
Samstag, 27. August 2011 15:00 bis 22:00 Uhr 15 Uhr Ankunft und Begrüßung Kaffee & Kuchen Ort: Kirche der Ev. Dreifaltigkeitsgemeinde Dr. Jona A. Dohrmann 15.30 Uhr Seminar „Bildung in Indien: Zwischen Analphabetismus und IT“ Michael Schwarm (ehemaliger weltwärts-Freiwilliger) 17 Uhr Grußwort Konzert mit dem Hohenlohe Brass Quintett Rückschau: 15 Jahre DIZ in Bildern Lesung aus „Masala Highway“ Esther Gebhardt (Vorsitzende des Ev. Regionalverbandes) Gabriel A. Neumann Ab 19 Uhr Grillen im Pfarrgarten Indientreff 28. Juli 2011
Kontakt www.diz-ev.de Deutsch-Indische Zusammenarbeit e. V. Dr. Jona Aravind Dohrmann oder Sybille Franck info@diz-ev.de Tel.: 069 - 7940 3920 Aktuelle Projektinformationen und Beispiele der Arbeit finden Sie auf der Homepage: www.sangamonline.org www.diz-ev.de Indientreff 28. Juli 2011 30