Wärmebehandlung von Stählen

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 Präsentation transkript:

Wärmebehandlung von Stählen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung von Stählen Unter Wärmebehandlung versteht man nach DIN EN 10052 Verfahren oder Verfahrenskombinationen, bei denen Werkstücke oder Halbzeuge bestimmten Temperatur-Zeit-Folgen unterworfen werden, um eine Änderung ihres Gefüges und ihrer Eigenschaften zu erhalten/erzielen. Ziele der Wärmebehandlung: Verbesserung der mechanischen Eigenschaften wie Festigkeit oder Zähigkeit und deren Gebrauchseinsatz (Normalglühen, Härten, Anlassen) Schaffung von optimalen Bearbeitungsmöglichkeiten Abbau innerer Spannungen (Spannungsarmglühen) Beseitigung eines Kaltverfestigung (Rekristallisationsglühen) Beseitigung von Seigerungen ** (Diffusionsglühen, **Konzentration Inhomogenität) Legierungselemente zur Wirkung bringen

Prinzip Wärmebehandlung D. Henseler /2013 Prinzip Wärmebehandlung Die Temperatur wird als Glühen (Glühtemperatur) bzw. Härtetemperatur (Härten / Vergüten) bezeichnet. Kern

D. Henseler /2013

Wärmebehandlung - Glühen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung - Glühen Das Ziel des Glühens besteht in der Veränderung der Werkstoffeigenschaften (Gefüge) im gesamten Werkstückquerschnitt…im Auflösen bestimmter Vorgänge im Gefüge (innere Spannungen), um nachteilige Eigenschaften des Werkstoffes zu beseitigen. Wärmebehandlungsmethoden: Hoch- und Weichglühen…nach dem Glühen sinkt die Festigkeit und die Härte bei gleichzeitiger Erhöhung der Verformbarkeit. Temp. 680°-750° Spannungsarmglühen…die inneren Spannungen können durch Giessen, Walzen, Schmieden oder Schweissen entstanden sein. Man glüht die Werkstücke bei 550°C bis 650°C während 1 bis 2 Stunden. Rekristallisationsglühen…wenn ein durch Kaltverformung verzerrtes Gefüge wieder in ein verzerrten Gefügezustand zurückgeführt werden soll. (Mehrere Stunden, 600 bis 700 Grad) Diffusionsglühen…unter Diffusionsglühen versteht man ein langzeitiges Glühen bei 1050C bis 1250C. Es dient dazu, beim Vergiessen eingetretene Konzentrationsunterschiede im Stück auszugleichen.

Wärmebehandlung - Glühen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung - Glühen Das Ziel des Glühens besteht in der Veränderung der Werkstoffeigen-schaften (Gefüge) im gesamten Werkstückquerschnitt bzw. im Auflösen bestimmter Vorgänge im Gefüge (innere Spannungen), um nachteilige Eigenschaften des Werkstoffes zu beseitigen bzw. bestimmte Verarbeitungs-eigenschaften herbeizuführen. Grobkornglühen (Hochglühen) Spannungsarmglühen Diffusionsglühen (Homogenisierungsglühen) Rekristallisationsglühen Gefüge eines C45 Stahls

Wärmebehandlung – Hoch- und Weichglühen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung – Hoch- und Weichglühen Durch das Weichglühen soll der Stahl möglichst geringe Festigkeit und eine geringe Härte bei gleichzeitig hoher Verformbarkeit (hohe Bruchdehnung) erhalten  direkt an Ac1 = PSK-Linie Weichgeglühte Stähle lassen sich wirtschaftlicher zerspanen – umformen, sofern dies die zukünftige Anwendung zulässt! Spannungsarmglühen Eigenspannungen sind Spannungen, die ohne das Vorhandensein von äusseren Kräften sondern im Innern eines Werkstücks auftreten. Eigenspannungen entstehen durch: Ungleichmässige Abkühlung und behinderte Schrumpfung nach dem Schweissen – man spricht von Wärmespannungen Freiwerdende durch spanabhebende Bearbeitung entstandene Gitterspannungen Gefügeumwandlung, die nicht in allen Bereichen des Werkstücks auftreten Werkzeugstahl mit 1%C - weichgeglüht

Wärmebehandlung – Verfahren Spannungsarmglühen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung – Verfahren Spannungsarmglühen Eigenspannungen können ungünstige hohe Streck- bzw. ungenügende Dehn-grenzen (ungenügender Bruchdehnung) erreichen, wie Verminderung der plastischen Verformungsreserven (reduz. Bruchdehnung), deshalb… Beim Spannungsarmglühen von Stählen wird langsam auf Temperaturen zwischen 550°C und 650°C erwärmt und diese Temperatur, abhängig von der Bauteildicke 1-2 Stunden gehalten. Insbesondere bei komplexen Bauteilen sind geringe Abkühlgeschwindigkeiten vorausgesetzt.

Wärmebehandlung – Verfahren Rekristallisationsglühen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung – Verfahren Rekristallisationsglühen Wird ein metallischer Werkstoff verformt, dann tritt in der Regel eine Verformungsverfestigung ein – dies beruht auf die Erhöhung von Kristallfehlern und Veränderung der Kristallform. Durch das Rekristallisationsglühen sollen die mit einer Verformungsverfestigung einhergehenden Veränderungen der Werkstoffeigenschaften beseitigt werden. Beim Rekristallisationsprozess entsteht ein völlig neues, ungestörtes gleichtyp. Gefüge, mit vergleichbaren Eigenschaften, welche gefordert sind  Spannungsarmglühen

Wärmebehandlung - Vorteile D. Henseler /2013 Wärmebehandlung - Vorteile Rekristallisationsglühen hat gegenüber dem Normalglühen oder Hochtemperaturglühen folgende Vorteile: Keine oder geringe Gefahr von Verzunderung Geringer Energieverbrauch Höhere Masshaltigkeit der geglühten Teile, da kleine Gefügeumwandlungen stattfinden  Typ Gefügestruktur bleibt

Wärmebehandlung - Diffusionsglühen D. Henseler /2013 Wärmebehandlung - Diffusionsglühen Unter Diffusionsglühen von Stählen versteht man ein Glühen bei hohen Temperaturen (im Bereich von 1050 – 1300°C) mit ausreichend langem Halten (bis zu 50h), um örtliche Unterschiede der chemischen Zusam-mensetzung auszugeichen – Atome im Gitter «zügeln» ihre Position  Kristallit / Kornbildung mit klaren Korngrenzen

Vergüten (Härten) und Anlassen Nach DIN EN 10052 versteht man unter Anlassen das Erwärmen eines martensitisch gehärteten (vorhandenen) Werkstücks auf eine Temperatur unter P-S-K Linie, das Halten bei dieser Temperatur sowie das nachfolgende zweckentsprechende und zeitliche Abkühlen (neu strukturiertes Gefüge) D. Henseler /2013 Aufgabe: Was ist ein Martensit-Gefüge? Wie sieht dies aus?

Vergüten auf Temperatur ( 650°C) Vergüten ist ein kombiniertes Wärmebehandlungsverfahren aus Härten mit nachfolgendem Anlassen auf höhere Temperaturen (4. Anlassstufe zwischen 450 bis 650°C). Die Anlassdauer beträgt in der Regel 1-3h. Nachfolgendes Bild zeigt Temperatur-Zeit-Verlauf des Vergütungsprozesses D. Henseler /2013 Unter Härten versteht man eine Wärmebehandlung des Stahls, bei der durch Erwärmen auf Austenitisierungstemperatur mit anschließender sehr rascher Abkühlung, die Gefügeform Martensit (Härtegefüge) entsteht.

Härten -> unlegierte Stähle C<0,8% auf 30-60°C oberhalb G-S Linie -> unlegierte Stähle C>0,8% auf ca. 780-820°C erwärmt D. Henseler /2013

Anlassen auf niedrige Temperatur – 100 bis 250°C Bei Stählen mit Kohlenstoffgehalt über 0,2% beginnen bei diesem Temperaturen bereits einzelne Kohlenstoffatome aus ihrer Zwangslösung im Martensit zu entweichen. Dabei geht die starke Verspannung des Martensitgitters zurück, das Kristallgitter entspannt sich in einem gewissen Umfang – aus tetragonalen Martensit entsteht weniger stark verzerrte kubische Martensit. Kohlenstoffatome werden als feinste Eisencarbidteilchen in der Zusammensetzung FexC  x=2,4 (ε-Carbid) D. Henseler /2013

2tes Anlassen auf Temperatur – 200 bis 320°C Über 200°C wird die Beweglichkeit der zwangsgelösten Kohlenstoffatome im Martensitkristall zunehmend grösser, d.h. die Carbidbildung wird verstärkt und ein eventuell vorhandener Restaustenit zerfällt. Der Temperaturbereich zwischen 250°C und 400°C wird in der Regel gemieden, da bei Stählen in diesem Temperaturbereich Versprödungs-erscheinungen auftreten. 3tes Anlassen auf Temperatur – 320 bis 400°C In dieser Stufe entweichen praktisch alle Kohlenstoffatome aus ihrer Zwangslösung. Der kubische Martensit verarmt zunehmend an Kohlenstoff  Zusammensetzung an angereichtem Ferrits. Das Eisen besteht letztlich noch aus Ferrit und feinst eingelagertem Zementitkörner Fe3C. Es können Versprödungserscheinungen auftreten. D. Henseler /2013

D. Henseler /2013 Einsatzhärten Unter Einsatzhärten versteht man das Aufkohlen, Härten und Anlassen eines Werkstücks aus Stahl. Ziel des Einsatzhärtens ist ein weicher und zäher Kern bei gleichzeitig harter Oberfläche des Werkstoffs. Die Randschicht des Werkstücks wird in einem geeigneten Aufkohlungs-medium mit Kohlenstoff angereichert. Durch die Diffusion des Kohlenstoffs von der angereicherten Randschicht in den Kern stellt sich ein Kohlenstoffprofil ein, das typischerweise einen mit zunehmendem Randabstand zum Kern hin abnehmenden Verlauf des Kohlenstoffgehaltes aufweist. Im Anschluss an die Aufkohlung wird das Härten und Anlassen durchgeführt. Hierdurch wird die Randhärte und Einsatzhärtungstiefe eingestellt. Die Aufkohlung erfolgt im austenitischen Zustand des Stahls, das heißt bei Temperaturen, in der Regel zwischen 880 bis 950 °C. Werden Temperaturen von mehr als 950 °C angewendet, wird vom Hochtemperaturaufkohlen ge-sprochen.  Typische Randkohlenstoffgehalte sind von 0,5 bis 0,85 Masse- % Kohlenstoffgehalt.

Typische Verfahren, die zur Aufkohlung angewendet werden, sind: -- Aufkohlung in Salzschmelzen -- Aufkohlung in Kohlungspulver / -granulat -- Aufkohlung in Gasatmosphären -- Aufkohlung im Unterdruck mit oder ohne Plasmaunterstützung Im Anschluss an die Aufkohlung erfolgt die Härtung des Bauteils. Entsprechend dem Kohlenstoffverlauf in der Randschicht ergibt sich beim Abschrecken ein Härtetiefenverlauf mit den charakteristischen Merkmalen der Randhärte. Typische Medien sind: Abschrecken in flüssigen Abschreckmedien: Wasser Härteöl Polymer Salzschmelze Metallschmelze Abschrecken in gasförmigen Abschreckmedien: Stickstoff Helium Gasdüsenfeld Hochdruckgasabschreckung D. Henseler /2013

 Mögliche Verfahren: Badnitrieren, Gasnitrieren, Plasmanitrieren. D. Henseler /2013 Nitrieren Das Nitrieren (chemisch korrekt eigentlich Nitridieren) wird fachsprachlich auch als Aufsticken (Zufuhr von Stickstoff analog der Zufuhr von Kohlenstoff bei der Aufkohlung) bezeichnet und stellt ein Verfahren zum Härten von Stahl dar. Nitridieren ist ein Verfahren zur Oberflächenhärtung. Dazu wird Stickstoff verwendet. Es entsteht eine Oberflächenschicht, die bis etwa 500 °C beständig ist.  Mögliche Verfahren: Badnitrieren, Gasnitrieren, Plasmanitrieren. Das Fertigungsverfahren wird in der Regel bei Temperaturen um (500…520) °C bei Behandlungszeiten von 1 bis 100 Stunden durchgeführt, wobei der Kern des Werkstoffes ferritisch bleibt, und ebenso die Bildung von oberflächennahem Austenit durch Eindiffusion von Stickstoff vermieden wird. An der Werkstückoberfläche bildet sich durch Eindiffusion von Stickstoff oder Kohlenstoff in das Werkstück eine sehr harte oberflächliche Verbindungs-schicht, die je nach Behandlungszeit (10…30) µm dick werden kann . Gängige Verfahren sind das Salzbadnitrieren, Gasnitrieren und Plasmanitrieren. Beim Salzbadnitrieren ist partielles Nitrieren möglich!

D. Henseler /2013