Künstlerinnen im Totalitarismus Dekonstruktion der Fremdbilder in Nino Haratischwilis Das achte Leben (für Brilka) Levan Tsagareli.

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 Präsentation transkript:

Künstlerinnen im Totalitarismus Dekonstruktion der Fremdbilder in Nino Haratischwilis Das achte Leben (für Brilka) Levan Tsagareli

Inhalt Was ist ein Fremdbild? Im Roman von Nino Haratischwili Vergleich der Figurenschicksale Das Körpergedächtnis Osten als Trauma Wien als ein doppelt kodierter Ort Zusammenfassung

Was ist ein Fremdbild? die Darstellung fremder Länder, Völker und Kulturen. Die Autoren bringen direkt oder in metaphorischer Umschreibung ihr Urteil zum Ausdruck über alles, was ihnen am Aussehen, der Religion, den Sitten und sozialen Verhältnissen anderer Völker fremd, vom eigenen verschieden und bemerkenswert vorkommt. (Beller, Fremdbilder, Selbstbilder, 94) die nationalen Charakteristiken im literarischen Text als positiv oder negativ bewertete Eigenschaften erscheinen, die der jeweiligen Nation in der Form von Vorurteilen, Stereotypen und Klischees zugeschrieben werden (Beller, Eingebildete Nationalcharaktere, 21) Zugleich sind die Fremdbilder und Selbstbilder aufeinander bezogen, indem ihnen die gegensätzlichen Eigenschaften zugeschrieben werden, so dass die Selbstbilder immer positiv und die Fremdbilder dagegen negativ erscheinen (Beller, Eingebildete Nationalcharaktere, 118-120) Reise – Voraussetzung für das Herausbilden von images und mirages (Grabovszki 117)

Im Roman von Nino Haratischwili Relativierung des Eigenbildes fällt mit der Dekonstruktion des Fremdbildes zusammen Kitty Jashi „von den bösen Kapitalisten in den Westen verschleppt worden“, denn „warum sonst hätte sie aus ihrer Heimat fliehen sollen?“ (867, vgl. auch 836) gezwungen, ins Exil zu gehen semantische Rekodierung Westens  die Bekanntschaft Kittys mit einer Österreicherin jüdischer Herkunft, Fred seltsame Ähnlichkeit beider Vitae

Vergleich der Figurenschicksale Marginalisierung bzw. die Verbindung mit einem Marginalisierten als Auslöser der Lebenskatastrophe Trennung von den Angehörigen und zwanghafte Auswanderung Auftritt einer Beschützerfigur: der „reinrassige“ Martin bzw. Giorgi Alania Trauma: die Erschießung einer Freundin, Mariam bzw. Selbstmord der Mutter

Das Körpergedächtnis „Nichts konnte man vergessen.“ (562) „Plötzlich spürte sie die brennende Sonne auf dem leeren Schulhof auf ihrem Gesicht. Dann wieder sah sie die Wohnung auf dem Heiligen Berg. Die sorgfältig gerahmten Fotos an den Wänden. Das Musterehepaar. Das Ticken der Uhr, gab es dort wirklich diese Uhr, oder war das eine Einbildung? Und das Messer, wie war das Messer, wie groß? Sie wusste es nicht mehr. Und Mariam, hatte sie am Ende geschrien, oder war es ihre eigene Stimme? Und die Lockenwickler im Haar der Blonden, waren sie alle runtergefallen? Hatte sie am Ende auch geschmunzelt, als das Messer ihr die Kehle durchschnitt? Starb sie eigentlich sofort, oder röchelte sie noch? Und wie hatte sie Mariam damals in der leeren Wohnung mit der Toten zurücklassen können, so seelenruhig? Wie war sie heimgekommen, in fremden Kleidern, in ihren Kleidern? Wie hatte sie das tun können? Was war Mariams letzter Gedanke gewesen?“ (562 f. – Hervorh. im Original)

Osten als Trauma „Immer wenn sie die Augen zumachte, kehrte der Osten zurück. Wie schnell der Westen einen verließ, sobald man sich nicht auf ihn konzentrierte, dachte sich Kitty und ertrug lautlos die Berührung des heißen Wassers mit ihrer Haut. Genauso wenig wie Fred Mödling bekam Kitty den Osten von sich abgeschraubt. Die Spuren, die er an ihr hinterlassen hatte, waren unverwüstlich. Sie sah auf ihre Narben. Dort war auch Mariam. Dort würde sie für immer bleiben. Mariam und ihr Sohn. Ja, wenn der Osten einen einmal umarmt und festgehalten, wenn man sich einmal am Osten verschluckt hatte, dann blieb er.“ (579) Die Ähnlichkeit ihrer traumatischen Erlebnisse wird zur Voraussetzung für eine Annäherung, die als Möglichkeit der Rettung in einer heillosen Welt .

Wien als ein doppelt kodierter Ort locus amoenus: „Andros und ihr ungelebter Traum“ (579), , „weil es dort so schöne Kaffeehäuser gibt und man dort Psychoanalyse macht“ (302) locus terribilis Rekodierung: locus terribilis  locus amoenus ein doppelt kodierter Ort ist: ein Ort des Traums und des Traumas zugleich ein Ort der Versöhnung mit der Vergangenheit Kirry auf „der Suche nach Wien“ (928) Freds Übersiedlung nach Wien fungiert als Kompensation für Kittys unmögliche Rückkehr nach Georgien.

Handlungsstrang Kitty Zusammenfassung Handlungsstrang Kitty Handlungsstrang Fred Gemeinsames Merkmal Kitty Fred Weibliche Künstlerfigur Beziehung mit einem Deserteur Jüdische Herkunft Marginalisierungsanlass Auswanderung nach Prag Verschleppung ins Arbeitslager Erzwungene Mobilität 1 Einsame und isolierte Existenz in Prag Einsame und isolierte Existenz im Arbeitslager Einsame Existenz an einem fremden Ort Schutz durch einen Staatsangestellten Schutz durch einen Wächter Auftritt einer männlichen Beschützerfigur, der dem Regime dient Auswanderung nach London Flucht nach Großbritannien Erzwungene Mobilität 2 Selbstopferung Mariams Selbstmord der Mutter Selbstvernichtung einer weiblichen Angehörigen als Trauma Wien Der Ort mit doppelter Kodierung

Danke für die Aufmerksamkeit!

Literaturverzeichnis Beller, Manfred. Eingebildete Nationalcharaktere. Vorträge und Aufsätze zur literarischen Imagologie. Göttingen: V&R unipress, 2006. Beller, Manfred. „Fremdbilder, Selbstbilder.“ Handbuch Komparatistik. Theorien, Arbeitsfelder, Wisssenspraxis. Hg. Rüdiger Zymner und Achim Hölter. Stuttgart; Weimar: Metzler, 2013. 94-99. Grabovszki, Ernst. Vergleichende Literaturwissenschaft für Einsteiger. Wien: Böhlau, 2011. Haratischwili, Nino. Das achte Leben (für Brilka). Roman. Frankfurt / Main: Frankfurter Verlagsanstalt, 2014. Neumann, Birgit. „Trauma und Traumatheorien.“ Grundbegriffe der Kulturtheorie und Kulturwissenschaften. Hg. Ansgar Nünning. Stuttgart; Weimar: Metzler, 2005. 215-217. Zapf, Hubert. „Dekonstruktion.“ Grundbegriffe der Literaturtheorie. Hg. Ansgar Nünning. Stuttgart: Metzler, 2004. 22-23. Zemanek, Evi, und Alexander Nebrig, Hg. Komparatistik. Berlin: Akademie Verlag, 2012