Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH

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 Präsentation transkript:

Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH Europäische Gesundheitssysteme: Herausforderungen und Wandel im Vergleich Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management) & European Observatory on Health Systems and Policies

Bevölkerungs- gesundheit ↑ fragmentierte Versorgung Geburten ↓ Lebenser- wartung ↑ Bevölkerungs- gesundheit ↑ fragmentierte Versorgung Geburten ↓ Chronische Krankheiten ↑ Doppelte Alterung Work- Life- Balance Regionale Variation/ unnötige Leistungen Gesündere Ältere Patienten- souveränität effektivere Prävention und Therapie Neue Techno- logien Mehr Leistungen DMPs/ integrierte Versorgung Fach- kräfte- mangel Evidenz- basierte Medizin Trans- parenz Ausgaben/ Kosten ↑ Qualität der Ver- sorgung Ambulanti- sierung Effizienz der Versorgung ↑ Health Technology Assessment Neue Gesund- heitsberufe Qualitäts- orientierte Vergütung Leistungs- Konzentration DRGs Ziele und Werte: Universalität, Solidarität, Gesundheitsverbesserung, Zugang zu bedarfsgerechter und qualitativ hochwertiger Versorgung, Wirtschaftlichkeit …

Und wie wissen wir, wie gut ein Gesundheitssystem ist Und wie wissen wir, wie gut ein Gesundheitssystem ist? Zunächst müssen wir wissen, was wir vergleichen wollen ... 7. November 2013

Portugal Finnland Großbritannien Schweden Spanien Belgien Deutschland Frankreich Österreich Schweiz Italien Griechenland Irland Niederlande stationär ambulant stationär ambulant stationär HA HA HA HA HA HA FA FA FA HA HA HA HA HA HA

Die gute Nachricht zuerst: Zugang ist kein Problem (aber das hebt Österreich auch nicht von vielen anderen Ländern ab!)

Österreichische Patienten beurteilen im europ Österreichische Patienten beurteilen im europ. Vergleich ihre Hausärzte durchschnittlich – EuroPEP 2009 Rang: 5 2 3 6 7 4 1 8 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich Verhindert der gut ausgestattete ambulante Sektor, dass Patienten unnötig stationär behandelt werden (sog. « ambulant-sensitive Fälle »)? COPD … 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich … und Diabetes Antwort: anscheinend nicht! 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Akute Krankenhausbetten/ 100.000 Einwohner -16% -51% -27% -41%

Akute Krankenhausbetten/ 100.000 Einwohner 36% 56%

Akute Krankenhausfälle/ 100 Einwohner +25% -2% -32%

Verweildauer in akuten Krankenhäusern -3,4 -1,8 -2,4

Mehr Betten, mehr Fälle als im EU15-Schnitt Fälle/ 100 Ew. Mehr Betten, mehr Fälle als im EU15-Schnitt Weniger Betten, mehr Fälle Weniger Betten, weniger Fälle Betten/ 100 Tsd. Ew. 7. November 2013

Wie sieht das ganz konkret in einem Jahr aus Wie sieht das ganz konkret in einem Jahr aus? (am Beispiel eines Gebietes mit 190.000 Einwohnern, z.B. Linz) 1,2 Krankenhäuser mit 500 Betten = 600 Betten 21.500 Patienten a 5,6 Tage = 120.000 Bettentage  36 Patienten/ Bett, 0,6 Tage/ Einwohner 4 Krankenhäuser mit je 260 Betten = 1050 Betten 40.000 Patienten a 7,5 Tage = 300.000 Bettentage  38 Patienten/ Bett, 1,6 Tage/ Einwohner Niederlande Norwegen <1 Krankenhaus mit 540 Betten = 450 Betten 33.000 Patienten a 4,5 Tage = 150.000 Bettentage  74 Patienten/ Bett, 0,8 Tage/ Einwohner 3 Krankenhäuser mit 350 Betten = 1050 Betten 50.000 Patienten a 6,7 Tage = 335.000 Bettentage  48 Patienten/ Bett, 1,8 Tage/ Einwohner Deutschland 7. November 2013

Bei bestimmten Prozeduren ist Österreich mengenmäßig (fast) Spitzenreiter: Hüft- und Kniegelenkersatz D.h. rund 21.000! Auf dem Niveau Schwedens wären es 20% weniger D.h. fast 17.000! Auf dem Niveau der Schwedens wären es 40% weniger

Koronarangioplastie D.h. rund 20.000! Auf dem Niveau Schwedens wären es 15.000, auf deutschen Niveau >50.000 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Spielt das Vergütungssystem eine Rolle? 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Size of bubble: number of DRGs Range: DRG weights (index case = 1) 7. November 2013

Vergütung für verschiedene Herzinfarkt-Pat. (I) 7. November 2013

Vergütung für verschiedene Herzinfarkt-Pat. (II) DES DES € 2601 € 4533 Mit Koronarintervention € 2189 € 1837 € 2926 € 7933 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Und was bringt es bezogen auf die Qualität Und was bringt es bezogen auf die Qualität? Österreich trotz großer Senkung der Letalität bei Herzinfarkt-Patienten im Krankenhaus (2001-2011) nur durchschnittlich 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich Letalität bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall im Krankenhaus, 2001-2011: Österreich besser als Mittelwert, aber mit Verbesserungspotenzial 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Bei den 5-Jahres-Überlebensraten bei Brust- und Dickdarmkrebs liegt Österreich gerade mal im Durchschnitt

Und wie sieht es mit den Gesundheitseffekten des Systems insgesamt aus? Gesamtmortalität/ Lebenserwartung Umwelt Lifestyle Sozio-ökonomischer Status/ Bildung etc. Med. „vermeid- bare“ Sterblichkeit (Avoidable/amenable mortality) Gesundheitsversorgung 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich

Medizinisch vermeidbare/ beeinflussbare Todesursachen in 16 OECD-Ländern 1997/98 – 2006/07 Deaths per 100,000 population* * Countries’ age-standardized death rates before age 75; including ischemic heart disease, diabetes, stroke, and bacterial infections. Analysis of World Health Organization mortality files and CDC mortality data for U.S. Source: Adapted from E. Nolte and M. McKee, “Variations in Amenable Mortality—Trends in 16 High-Income Nations,” Health Policy, published online Sept. 12, 2011.

Und was sagt die Bevölkerung dazu Und was sagt die Bevölkerung dazu? Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem in den EU15-Ländern, Schweiz und Norwegen (%), 1996-2011; sortiert nach Ergebnis 2009 1996 1998 1999 2002 2004 2007 2008 2009 2010 2011 Belgien 70 63 57 77 65 88 97 Österreich 73 71 83 67 84 95 Finnland 86 81 78 74 85 94 Frankreich 59 64 23 91 42 40 Niederl. 46 51 Schweden 58 48 79 90 44 Luxembg. 50 72 Dänemark 76 52 87 UK 49 56 31 32 26 17 62 Deutschld. 66 43 47 28 20 54 38 Spanien 36 37 Italien 16 15 21 13 53 Irland Portugal 6 24 14 Griechenl. 18 11 19 45 25 Schweiz 69 Norwegen Platz 8/ 15 Platz 2/ 15 Platz 2/ 15 Platz 4/ 15 Platz 2/ 15 Platz 3/ 15 Platz 1/ 15 Very/ fairly satisfied System works pretty well Satisfied 7-10/10 Confidence in national system Quality good

Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich Schlussfolgerungen Herausforderungen und Ziele europäischer Gesundheitssysteme sind von Land zu Land sehr ähnlich (oder gleich) – ebenso wie die diskutierten und gewählten Lösungen Strukturen und Prozesse von Gesundheitssystemen unterscheiden sich jedoch weiterhin – und damit auch die Frage, welche „gut“ sind Jedes Land kann von anderen lernen, sofern es selbstkritisch ist Das österreichische Gesundheitssystem scheint sich weniger als andere gewandelt zu haben, wodurch mögliche Verbesserungen unterblieben sind Leider fehlt Österreich auch in mehreren internationalen Datenvergleichen, wodurch es weniger Möglichkeiten zum Lernen gibt 7. November 2013 Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich: Österreich