Kurzdarstellung der wesentlichen empirischen Befunde

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 Präsentation transkript:

Kurzdarstellung der wesentlichen empirischen Befunde Die Evaluation des Gewaltschutzgesetzes „Artikel 1 des Gesetzes zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung“ vom 1.01.2002 Kurzdarstellung der wesentlichen empirischen Befunde

Untersuchungsmethode Qualitative und quantitative Befragung der beteiligten Professionen Aktenanalyse gem.§1361b BGB oder §14 LPartG/“Rechtstatsächliche Untersuchung“ Betroffenenbefragung

Einige ausgewählte Ergebnisse Häusliche Gewalt und Stalking werden ganz überwiegend von Frauen offen gelegt Die Antragstellerinnen sind zu 68 % verheiratet Rund die Hälfte lebt zum Zeitpunkt der Gewalt getrennt Ein Viertel der Fälle bezieht sich auf nichteheliche Lebensgemeinschaften

Antragsbereitschaft/Hindernisse Grundsätzlich ist nach Einführung der neuen gesetzlichen Regelungen ein Zuwachs an Verfahren feststellbar. Für die Gesamtbewertung wurden jedoch auch die Gründe für einen Verzicht auf eine Antragstellung erhoben: - mangelnde Information bei den betroffenen Frauen - fehlendes Vertrauen in die Schutzmöglichkeiten - Angst vor dem Täter - hoch ambivalente Beziehung zum Täter - emotionale oder materielle Abhängigkeit - gemeinsame Kinder - mangelnde Unterstützung - Sprachprobleme

Antragsgegenstände/Antragsbegründungen - Antragsgegenstände/Antragsbegründungen - Antragsgegenstände sind ganz überwiegend ( fast 100 %) Betretungsverbot und Wohnungszuweisung - Verbot der Kontaktaufnahme 47% - Näherungsverbot 47% - Nachstellungen 24% - konkrete Gewaltanwendung17% - Die Anträge gründen meist auf physischer Gewalt (69%), psychischer Gewalt (65%), Nachstellungen (27%) sowie Gewalt gegen Sachen (22%). - Als Beweismittel finden sich am häufigsten: - eidesstattliche Versicherungen (86%) - ärztliche Atteste (28%) - Strafanzeigen (22%) - Polizeiprotokolle (21%) - Zeugen (12%)

Das Verfahren Von allen Verfahren werden zunächst 55 % im Eilverfahren beschieden, davon zu 93% zugunsten der Antragstellerin 14% der Anträge enden ohne weiter gerichtliche Bearbeitung 57% münden in ein sog. „Hauptsacheverfahren“ Etwas mehr als jeder zweite Antrag ist aus der Opferperspektive erfolgreich Die juristischen Neuregelungen werden von Expertinnen und Experten als erfolgreich und ausreichend beurteilt, insbesondere hinsichtlich der Schutzmöglichkeiten sowie der Strafbewehrung.

Gewaltschutz und Gesundheitssystem Als Teilstudie im nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland wurde von März 2002 bis September 2004 erstmals eine Untersuchung zur Gewaltbetroffenheit von Frauen in Deutschland durchgeführt. Unter dem Titel „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ wurden im Auftrag des BSFFSJ erstmals repräsentativ Daten erhoben und in einen europäischen Gesamtkontext gestellt. Neben der überfälligen „wissenschaftlichen Bearbeitung“ des Themas sollte auch eine nationale Prävalenzstudie entstehen, die eine Vergleichbarkeit und eine Dunkelfelderhellung ermöglichen sollte.

Aufbau Hauptuntersuchung auf der Grundlage von 10 000 Interviews Teilerhebungen bei „schwer erreichbaren“ Bevölkerungsgruppen Zusätzliche Erhebung bei türkischen und osteuropäischen/russischen Migrantinnen Teilpopulationen-Erhebungen bei Prostituierten, Asylbewerberinnen und inhaftierten Frauen qualitativer Untersuchungsteil auf der Basis von Gruppendiskussionen mit gewaltbetroffenen Frauen

„Gewaltprävalenzen“ Prozentsatz derer, die in einem bestimmten Zeitraum Opfer von Gewalt und Übergriffen geworden sind Beispielhafte Befunde körperliche Übergriffe 37% sexuelle Gewalt 13% sexuelle Belästigung 58% psychische Gewalt 42% körperliche und/oder sexuelle Übergriffe durch Beziehungspartner 25%

Gesundheitliche, psychische und psychosoziale Folgen von Gewalt 55% aller Frauen, die körperliche Gewalt erlebt haben und 44% aller, die sexuelle Gewalt erlitten haben, tragen körperliche Verletzungen davon. Das Risiko, körperliche Verletzungen davonzutragen, ist dann am höchsten, wenn es sich um Gewalt durch Partner oder Ex-Partner handelt. Gravierend: die psychischen Folgen von Gewalt und Übergriffen, die zahlreiche Folgebeschwerden verursachen, wie z.B.: Schlafstörungen, Angststörungen, Selbstverletzungen, Essstörungen... Hinzu kommt eine signifikant höhere Anzahl von gesundheitlichen Beschwerden (Kopfschmerzen, Magen-Darmprobleme, gynäkologische Beschwerden...) Auswirkung auf das Suchtverhalten, insbesondere Tabakkonsum

Ursachen/Risikofaktoren Sowohl im Hinblick auf die Betroffenheit von Gewalt als auch in Bezug auf die Täterschaft lassen sich (leider) keine Bildungs-oder Schichtzusammenhänge feststellen Arbeitslosigkeit und Alkoholkonsum des Täters können gewaltfördernd wirken, sind aber als Erklärungsfaktoren nicht stichhaltig. Als Hauptrisikofaktoren wurden erkennbar: Trennungs-und Scheidungssituationen Gewalt in der Herkunftsfamilie

Hilfe und Prävention Wenn seitens der Frauen Hilfen eingeschaltet werden, dann handelt es sich am häufigsten um Ärzte und Ärztinnen, d.h. ein Drittel der gewaltbetroffenen Frauen, wenden sich an das Gesundheitssystem! Die Kenntnis über psychosoziale Hilfsangebote für gewaltbetroffene Frauen ist nicht so groß, wie angesichts der entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit vorausgesetzt werden könnte. Je nach Schwere, Form und Kontext der Gewalt wurden von 13-29% der Frauen psychosoziale Hilfen und/oder die Polizei eingeschaltet.

Ausblick/Tipps Dem öffentlichen und privaten Gesundheitssystem kommt eine entscheidende Rolle bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt zu ! Unter anderem deswegen wird zurzeit eine wissenschaftlich Untersuchung zur Häuslichen Gewalt für die Zielgruppe der niedergelassenen Ärzte gestartet. Zurzeit werden Praxen akquiriert, die unter rechtsmedizinischer Federführung teilnehmen sollen. Unter dem Titel „MIGG“ (medizinische Intervention gegen Gewalt wird Ende Oktober eine Internet-Seite geschaltet.

Zum Weiterlesen... „Rechtstatsächliche Untersuchung zum Gewaltschutzgesetz“ im Auftrag des BMJ (Dr.Marina Rupp, Staatsinstitut für Familienforschung, Bamberg, 2006) „Standards und Empfehlungen für die Aus-und Fortbildung zum Thema häusliche Gewalt“ Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt, UAG „Fortbildung“,2007 „Femizid in Paarbeziehungen“- Möglichkeiten und Grenzen des Bedrohungsmanagements (Prof.Dr. Luise Greuel,Ipos, Bremen, 2006) Themenheft der Gesundheitsberichterstattung des Bundes zum Thema „Gesundheitliche Folgen von Gewalt“ im Auftrag des Robert Koch-Institutes, Erscheinungsdatum: 30.10.08

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!