Neuro-, Psycho- und Klinische Linguistik

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Dominika Łuniewska Sandra Sakowska
Advertisements

Bildverarbeitung in der Netzhaut
Vom graphischen Differenzieren
Wahrnehmung Perzeption
III Interaktion biologischer und soziokultureller Faktoren bei der Entwicklung in verschiedenen Bereichen • Unterschiede im Denken • Motivationale Unterschiede.
Selbstbezogene Implizite Einstellungen - IAT und GNAT im Vergleich Anna-Konstanze Schröder, Kati Dorsch, Kristina Geue, Friederike Lipka, Anja Pörschmann,
Das Erstellen einer Hausarbeit
Nach dem Buch „Garantiert Schreiben lernen“ von Gabriele L. Rico
Klassische Hypothesenprüfung
EmPra Der Einfluss und die Verarbeitung von emotionalen Reizen
Gliederung Vertrauensintervalle Arten von Hypothesen
Versuch zur Vokalnormalisierung
Die Normalisierung und Wahrnehmung eines fremden Akzents Datum: Referentin: Carolin Funk Dozent: Prof. Dr. Jonathan Harrington Hauptseminar:
Was ist die artikulatorische Grundlage von Locus-Gleichungen? Hauptseminar: Modelle der Sprachproduktion & - perzeption Dozent: Prof. Dr. Jonathan Harrington.
Snyder, L. H., Batista, A. P., & Andersen, R. A. (1998) Change in Motor Plan, Without a Change in the Spatial Locus of Attention, Modulates Activity in.
Parietal neglect and visual awareness
Neuroimaging - Orientierungsselektivität im V1
Texturwahrnehmung von Bela Julesz
Neuronale Grundlagen der Gestaltwahrnehmung
Form Analysis in Visual Cortex Rüdiger von der Heydt
An Ideomotor Approach to Imitation
Spezifität Warum verwenden Organismen Enzyme als Katalysatoren?
Soziale Interaktion und Alltagsleben
Neurokulturelle Theorie
Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch nach ICD-10 und DSM-IV
Einführendes Sprachpsychologie.
Werbepsychologie Seminar „Lerntheorien – theoretische Grundlagen und praktische Anwendungen“ Dr. Nikol Rummel Kristin Deddner, Kristina Weißbrodt
STROOP INTERFERENZ.
Indirekte Messung von Einstellungen
Frage 1 Skizzieren Sie die Untersuchung von Loftus und Palmer (1974) zur Manipulation von Augenzeugen. „Typ“ der Frage: Untersuchung darstellen Probleme:
Ein zentraler Flaschenhals
Einführung in das wissenschaftliche Schreiben
Reflexhafte Aufmerksamkeit verändert die Verarbeitung von visuellen Reizen im menschlichen visuellen Kortex von Joseph B. Hopfinger und George R. Mangun.
Tutorium
Tutorium
Computer Science Unplugged Sortiernetzwerke © Computer Science Unplugged canterbury.ac.nz von Tim Bell, Ian H. Witten und Mike Fellows Übersetzung:
Vorlesung: ANOVA I
2 Hemisphären – 1 Gehirn Das Grosshirn ist anatomisch in eine rechte und eine linke Hemisphäre geteilt. Beide Hemisphären sind vom Aussehen her sehr ähnlich.
SFB 522 Umwelt und Region Universität Trier, Trier gefördert durch: Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung,
Physiologie 7 Dominanz.
THE NEUROPHYSIOLOGY OF IMITATION AND INTERSUBJECTIVITY
© Wortstellung im Deutschen Norbert Fries.
„lack of personality integration“
Leitsymptome der Broca – Aphasie, insbesondere der Agrammatismus
Wahrscheinlichkeitsrechnung
ELP-TT Training teachers to use the European Language Portfolio EFSZ-Kurzprojekt ELP_TT2 Koordination: Mag. Margarete Nezbeda.
Empirische Softwaretechnik
Biologische Psychologie II
Motor cortex maps articulatory features of speech sounds
Wie viele Beine hat dieser Elefant?
Von Aphemie zur Aphasie – ein geschichtlicher Überblick
EXPLAINING APHASIAS IN NEURONAL TERMS
Entwurf einer neurologischen Theorie der Sprache
Biologische Psychologie I
Methoden zur Untersuchung des NS
Aphasie und Aphasietherapie
Auswirkungen des DS auf die Entwicklung
Reflections on mirror neurons and speech perception
The Representation of Abstract Words: Why Emotion Matters Kousta, S. T., Vigliocco, G., Vinson, D. P., Andrews, M., & Del Campo, E. (2011)
Toleranzanalyse und Simulation Beispiel 1, Montage von Einzelteilen
Methoden Die klassische Methode der Psycholinguistik (genauso wie der experimentellen Psychologie im Allgemeinen) ist die Messung von Reaktionszeiten.
Vom graphischen Differenzieren
Corporate Identity.
EEG-Korrelate der Aktivierung kortikaler Objektrepräsentationen-1
Universität Karlsruhe (TH) Forschungsuniversität · gegründet 1825 Lehrstuhl für Programmiersysteme Fakultät für Informatik 1 Anforderungen und Probleme.
Layout: Antje Vorwerk © E-Science Interfaces, Oktober 2011 E-Science Interfaces Sonja Palfner, Ulla Tschida Text-Bild-Link Editor aus dem TextGridLab (Quelle:
The link between leadership and followership: How affirming social identity translates vision into action. Projektarbeit Sozialpsychologie: Soziale Identität.
Arbeiten mit WordSmith 4. Inhalt 1. Arbeiten mit der Funktion Wortliste (im getaggten Korpus) 1. Arbeiten mit der Funktion Wortliste (im getaggten Korpus)
► In einem Test werden 10 norwegische Verben gezeigt, wobei bei jedem Verb anstelle einer deutschen Übersetzung ein akustisches Signal oder ein Bild steht:
 Präsentation transkript:

Neuro-, Psycho- und Klinische Linguistik Wortarten im Gehirn

Wie werden unterschiedliche Wortarten im Gehirn verarbeitet? Fragestellung Wie werden unterschiedliche Wortarten im Gehirn verarbeitet?

Rückblick: Cell Assemblies Funktionale Einheiten bildende Neuronenverbände im Gehirn, die gemeinsam aktiv werden und zum Beispiel Sprachliches Wissen repräsentieren. „Eine Cell Assembly ist eine Gruppe kortikaler Neuronen, die untereinander stark exzitatorisch verknüpft sind, wobei sich die starke Verschaltung“ gemäß dem Hebbschen Gesetz „aufgrund häufiger gemeinsamer Aktivität ausgebildet hat“ (Pulvermüller 1994, 24)

Hypothese Cell Assemblies, die im Gehirn grammatikalische Funktionswörter (Pronomina, Artikel,…) repräsentieren, sind anders lokalisiert als Cell Assemblies, die bedeutungstragende Inhaltswörter (Nomen, Verben,…)betreffen.

Annahmen für… …Funktionswörter Cell Assemblies sind in der perisylvischen Sprachregion lokalisiert Wo genau, hängt vom jeweiligen Sprecher ab Rechtshänder: linke Hemisphäre Linkshänder: rechte Hemisphäre (diejenige Hemisphäre, welche die Sprache kontrolliert, liegt der dominanten Hand gegenüber)

Lokalisierung Funktionswörter

Annahmen für… …Inhaltswörter Cell Assemblies sind über den gesamten Cortex verteilt Weniger stark lateralisiert = nicht auf rechte oder linke Hemisphäre begrenzt

Experimente Wortverarbeitung von Funktions- und Inhaltswörtern nach tachistokopischer Darstellung (= sehr kurze Darbietung von visuellen Reizen) Elektro-chemische Signalübertragung im Nervensystem bei der Verarbeitung von Inhalts- und Funktionswörtern ( Elektrozephalogramm) Verarbeitung von Inhalts-und Funtkionswörtern bei Aphasikern mit Läsion im Wernicke-Zentrum

Experiment 1 Versuch und Methode Probanden: ALLE Rechtshänder  dominante Hemisphäre befindet sich also links Fixierung eines Kreuzes in der Mitte des Bildschirms Bestimmung der Wortqualität: randomisierte Abfolge grammatischer und ungrammatischer Funktions- und Inhaltswörter Jedes Wort taucht einmal im rechten und einmal im linken visuellen Feld auf

Ergebnisse Rechts dargebotene Wörter: allgemein schnellere Reaktion im Vergleich zu links dargebotenen Inhaltswörter: kein signifikanter Unterschied in der Reaktionszeit zwischen rechtem und linkem visuellen Feld Funktionswörter: signifikanter Unterschied zwischen rechtem und linkem visuellen Feld  deutlicher Verarbeitungsvorteil bei Erscheinen des Wortes im rechten visuellen Feld

Fazit Vorhersage des Cell-Assembly-Modells bestätigt sich Funktionswörter werden stark in der linken Hemisphäre verarbeitet Kaum Lateralisierung bei der Verarbeitung von Inhaltswörtern

Experiment 2 elektrophysiologischer Nachweis Hypothese Negativierung des ausgelösten Potentials = erhöhte neuronale Aktivität Das bedeutet… …bei Inhaltswörtern sollte eine Negativierung über den gesamten Kortex auftreten …bei Funktionswörtern sollte eine deutlich stärkere Negativierung über die linke Hemisphäre erkennbar sein Die Negativierung des ausgelösten Potential zeigt die Verteilung der Cell Assemblies für Funktions- und Inhaltswörter auf

Versuch und Methode Ergebnis Erneut: Bestimmung der Wortqualität Messung der Hirnströme mit Hilfe einer Elektrodenhaube und des Elektroenzephalogramms Ergebnis Bestätigung der Hypothese und des Ergebnisses von Experiment 1 Funktionswörter verursachen eine stärkere Negativierung über die linke Hemisphäre Inhaltswörter verursachen eine ungefähr gleich starke Negativierung über beide Hemisphären

Experiment 3 – Verarbeitung bei Aphasikern Hypothese Bei Aphasien sind Wortklassen-spezifische Ausfälle in Abhängigkeit des Läsionsortes zu erwarten Annahmen Bei Schädigung innerhalb der perisylvischen Region tritt Agrammatismus auf Bei Läsionen außerhalb der p.R. meist amnestische Aphasien (z.B. Wortfindungsstörungen)

Methode Probanden: zwei rechtshändige Patienten mit Läsionen im Wernicke-Zentrum Bestimmung der Wortqualität: diesmal werden die Begriffe allerdings gleichzeitig im linken und rechten visuellen Feld gezeigt

Ergebnis Zwar gibt es einen Unterschied in der Reaktionszeit der Aphasiker auf Inhalts- und Funktionswörter, allerdings wird in diesem Experiment deutlich, dass die Frequenz (=Vorkommen im Alltagsgebrauch) der Versuchswörter einen größeren Einfluss auf die Reaktionszeit hat als bisher angenommen.

Die Hypothese lässt sich also durch die Untersuchung der Reaktion auf Wortklassen nicht ausreichend beantworten, sondern muss auch auf Frequenzuntersuchungen und der damit verbundenen Cell Assembly Vernetzung erweitert werden!

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!

Quellenverzeichnis Pulvermüller F (1996) Neurobiologie der Sprache. Gehirntheoretische Überlegungen und empirische Befunde zur Sprachverarbeitung. Berlin: Pabst Science Publishers, Kapitel 3. Pulvermüller, F. (2001). Brain reflections of words and their meaning. Trends in Cognitive Sciences, 5(12), 517-524. http://www.neuro24.de/show_glossar.php?id=429 http://www.daeda.de/node4.html