Klassische Religionskritik Aufklärung Positivismus 2.1. Einbettung in den historischen Zusammenhang 2.2. Geschichtsphilosophie 2.2.1. Religionskritik
Aufklärung Geistige Bewegung Ende des 17. Jahrhunderts / 18. Jahrhundert in Europa Neue Denkweisen und Methoden in Philosophie, Geschichtsschreibung, Naturwissenschaften -> daraus entscheidende Anstöße zur Kritik an Religion, Kirche und Offenbarung -> wirkt sich bis heute aus auf Kunst, Literatur, Recht, Verfassung, Moral, Politik
Ziel der Aufklärung: Den Menschen aus Unwissenheit, Furcht, Abhängigkeit zu befreien (Immanuel Kant 1784) Einbildung -> Wissen Aberglaube -> Verstand Aufklärung ein Vorrecht (Könige, Herren) -> Angelegenheit für alle; Freiheit, Gleichheit… Christliche Weltdeutung -> moderne Wissenschaften Kirchl. Anspruch auf Wahrheit -> neuzeitliches Wissenschaftsverständnis
Aufklärung: Wissenschaftliches Denken und Arbeiten Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen vernunftbezogen und für jeden überprüfbar sein Neuzeitliche Wissenschaft ging von Einzelerkenntnissen aus, die sie als Gesetz formulierte und übereinstimmende Gesetze werden als Theorie vereint Umfang möglicher Erkenntnisse: unbegrenzt und offen Gegenstand: Welt, Natur, Geschichte, der Mensch
Aufklärung in Auseinandersetzung mit Kirche und Religion Eine Kultur entwickelte sich unabhängig von den Kirchen und ohne Berührungspunkte zu ihr. Ein Kampf gegen kirchliche Bevormundung und Ablehnung fand statt. Kirchlich gab es Vorarbeiten für die Aufklärung: Die Reformation, der Humanismus des 15. u. 16. Jahrhunderts, … Der Staat gründet sich nach diesen Vorstellungen nicht mehr in der Anordnung Gottes, sondern im Willen des Menschen.
Aufklärung: Veränderungsprozesse Intoleranz der kirchlichen Herrschaft Toleranz der Aufklärung Geistige Einheit des Abendlandes Geistige Freiheit und Religionsfreiheit Weltliche Macht und geistliche Macht sind miteinander verbunden Trennung von Staat und Kirche als Perspektive
Aufklärung: Naturwissenschaftliches Weltbild 1534 Kopernikus Geozentrisches Weltbild: Erde im Mittelpunkt des Weltalls (ptolemäisch) Danach -> Heliozentrisches Weltbild: Sonne im Zentrum -> die kopernikanische Wende (kopernikanisch) Danach -> von Giordano Bruno , gest. 1600, verworfen; „Fixsterne sind Sonnen“ -1630 Kepler Mathematischer Aufbau des Kosmos -1642 Galilei Ziel der Naturwissenschaften: Mathematische Ordnung des Weltalls zu erkennen; Zusammenhang von Ursache und Wirkung (strenger Kausalzusammenhang) = Abschied von der biblischen Sicht: Erde und Menschen sind Mittelpunkt = Abschied von der Behauptung, die Bibel sei das irrtumsfreie Wort Gottes = Bibel wird anhand historischer u. philologischer Methoden wissenschaftlich untersucht = nicht die kirchliche Tradition, sondern der historische Befund entscheidet über Inhalt, Verfassungszeit und Verfasser der biblischen Schriften
Aufklärung = Säkularisierung der gesamten abendländischen Kultur Christentum ist nicht mehr Voraussetzung allen Lebens und Denkens Die Theologie verliert die geistige Führerschaft über die anderen Wissenschaften Keine Alleinberechtigung des christlichen Glaubens mehr Kritik an der Aufklärung im 20. Jahrhundert: Horkheimer(-1973)/Adorno (-1969) „Dialektik der Aufklärung“ (1947): „Seit je hat Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Aber die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils.“
Positivismus Geht zurück auf den britischen Aufklärer David Hume (1711-1776) u. den französischen Philosophen Auguste Comte (1798-1857) die sich an den Idealen der Aufklärung und der Französischen Revolution orientierende erkenntnistheoretisch und methodologische Denkhaltung = Die Quelle aller Erkenntnis ist allein das Gegebene, d.h. das Positive. Alle Erkenntnis bleibt auf den Bereich begrenzt, in dem eine eindeutig verifizierbare Erkenntnis möglich ist Durch Erfahrungen beweisbaren u. quantifizierbaren Tatsachen Ein Phänomen gilt dann als erklärt, wenn eine allgemeine Gesetzlichkeit formuliert werden kann, aus der das Phänomen abgeleitet werden kann Metaphysik, (metaempirische) Philosophie u. Theologie = werden als vorwissenschaftliche Scheinprobleme abgelehnt.
Vertreter der klassischen Religionskritik Ludwig Feuerbach, Philosoph (1804 – 1872) Karl Marx, Philosoph u. Ökonom (1818 – 1883) Sigmund Freud, Psychoanalytiker und Arzt (1856 – 1939) Friedrich Nietzsche, Philosoph (1844 – 1900)
Einbettung der klassischen Religionskritik in den historischen Zusammenhang Industrialisierung – beginnt in Deutschland etwa 1830/40 Aufklärung: naturwissenschaftliche Entdeckungen, medizinischer Fortschritt,Krise des Feudalsystems Bevölkerungswachstum -> Intensivierung der Landwirtschaft (Dünger, Maschinen) -> weniger Landarbeiter werden gebraucht -> Abwanderung in die Städte -> Arbeitskräfte für die entstehende Industrie -> Konkurrenz zum traditionellen Handwerk -> mehr Arbeitskräfte frei -> Überangebot an Arbeitskräften -> extrem niedrige Löhne, miserable Arbeitsbedingungen Arbeiter und ihre Kinder mussten arbeiten, damit das Geld reicht Kinderarbeit verhinderte den Schulbesuch Keinerlei Arbeitsschutz: 6-7 Tage Woche, 12 Stunden Traditionelle Fürsorgesysteme (Großfamilie, Zunft, Bindung an den Gutsherrn) waren durch Urbanisierung verloren gegangen Bis 1850 lebte die Hälfte der Deutschen unterhalb des Existenzminimums; Massenarmut –> Verslumung der Großstädte Lebenserwartung unter 20 Jahren
Einbettung der klassischen Religionskritik in den historischen Zusammenhang - Politische Situation In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts standen die fast unumschränkt herrschenden Landesfürsten auf Seiten der Unternehmer u. unterstützten den „Laissez-faire-Kapitalismus“ wie er sich in England schon etabliert hatte Die Revolution von 1848 – Hoffnung vieler Sozialrevolutionäre - scheiterte 1880 wurde durch Bismarck eine erste Sozialgesetzgebung begonnen, der aufkommenden Sozialdemokratie damit der Wind aus den Segeln genommen
Einbettung der klassischen Religionskritik in den historischen Zusammenhang: Rolle der Kirche Protestantismus: Seit der Reformation waren die Landesfürsten gleichzeitig Oberhäupter der evangelischen Landeskirchen Die Landesfürsten waren zuerst an Ruhe und der Erhaltung ihrer Macht interessiert. Bis ins 18. Jahrhundert hatte der Protestantismus progressiven Charakter, doch nun wurden die Kirchen eher Sprachrohr der reaktionären Kräfte Die protestantische Kirche verschloss sich vor den Veränderungen durch die industrielle Revolution und tastete das Sozialgefüge nicht an Staatskonforme und obrigkeitshörige Theologie der Ordnung heiligten den Fürst von Gottes Gnaden und die Gesellschaftsordnung Die Kirche sah die Ursache für das soziale Elend lange Zeit in der Revolution, dem Kommunismus… Die Kirche begann sich erst spät sozialpolitisch zu engagieren.