6. Linguistischer Methodenworkshop 2015 Brain Vision Juliane Domke
Inhalt Teil I - Einführung –EEG –EKP –Sprachspezifische EKP Effekte Syntaktische Effekte –ELAN –LAN –P600 Semantische Effekte –N400 –Beispielmodell zur Sprachverarbeitung Teil II – Aufbereitung von Beispiel EEG-Daten mit Brain Vision Analyser I
Teil I Einführung in die EKP- Methode
EEG Elektroenzephalogramm: –Bei der Elektroenzephalographie handelt es sich um ein Verfahren zur Messung elektrischer im Volt-Bereich liegender Gehirnströme –Diese Gehirnströme entstehen durch die Kommunikation zwischen Nervenzellen und Nervenzellverbänden.
Die EEG-Messung… …ermöglicht die Ableitung von Spannungs- unterschieden innerhalb dieser Gehirnströme. Unterschiede werden auch als Potenzial- schwankungen bezeichnet. Ableitung der Potenzialschwankungen erfolgt durch Elektroden
EEG-Ableitung
EEG Ableitung Es entsteht ein Spannungs-Zeit-Diagramm Unterscheidung zwischen: –Spontanaktivität –ereigniskorrelierte Aktivität
Spontanaktivität –relativ kontinuierliche Schwingungsabfolgen mit unterschiedlichen Frequenzen und Amplituden- mustern –unterschiedliche Muster hängen von der mentalen Aktivierung bzw. dem Aufmerksamkeitszustand der einzelnen Person ab
Spontanaktivität Alphawellen, die im Bereich von 8 bis 13 Hz liegen und die so genannte Grundaufmerksamkeit anzeigen Betawellen, die im Bereich von 13 bis 30 Hz liegen und den so genannten erhöhten Aufmerksamkeitszustand kennzeichnen Thetawellen, die im Bereich von 4 bis 8 Hz liegen und eine leichte Schlafaktivität anzeigen Deltawellen, die im Bereich unter 4 Hz liegen und Zustände des Tiefschlafs oder Komas zeigen
Ereigniskorrelierte (Hirn) Potenziale Innerhalb eines EEGs gibt es Signale, die ausschlaggebend sind für die Informations- verarbeitung im Gehirn. Diese Signale (die Potenzialschwankungen) sind wiederholbar und haben die gleiche Charakteristik, was bedeutet, dass sie nach zeitlich exakt definierbaren Reizen (Ereignissen) auftreten können
Ereigniskorrelierte (Hirn) Potenziale Dies ist ein EKP (Englisch: ERP für Event-Related (Brain-) Potential). Für die Sprachverarbeitung ist die EKP Methode ein nützliches Verfahren, da man die Sprachverarbeitung online, also dann wann sie passiert, messen kann.
EKP
Die EKP-Amplituden –zwischen 0,5 Volt und maximal 20 Volt, –sind also geringer als die der Spontanaktivität (deren Amplituden liegen durchschnittlich zwischen 10 und 40 Volt, erreichen aber auch maximal 200 Volt). –Die Spontanaktivität überdeckt die ereigniskorrelierte Aktivität, welche daher aus dem EEG evoziert werden muss.
EKP –Trennung des EKP vom EEG-Hintergrund: der Versuchsperson wird wiederholt ein Reiz dargeboten dieser Reiz resultiert dann in einem Schwingungsprozess, der systematisch erfolgt und somit getriggert dann summiert und gemittelt wird. Bei der Mittelungstechnik (Average-Technik) bleibt der Wert erhalten Die evozierte Aktivität wird nun in Potenzialkomponenten aufgespaltet.
EKP Komponenten: Latenz keine exakte Definition von Potenzialkomponenten Differenzierung in quantitative als auch qualitative Parameter quantitativen Parameter Latenz –zeitlich im Millisekunden liegender Bereich, der für eine Potenzialschwankung festgelegt wird. –es wird der Zeitbereich vom Potenzialanfang (der Zeitpunkt an dem der Reiz der Versuchsperson präsentiert wird) bis zur höchsten Potenzialamplitude (wird auch als Gipfellatenz bezeichnet) gemessen. –Die Latenzkomponente steht in Relation mit weiteren Komponenten.
EKP Komponenten: Latenz Unterscheidung der Latenz zwischen zwei Bereichen –kurze (oder mittlere) Latenz liegen relativ zur Baseline vor dem Bereich von 100 ms sind auf eine erhöhte Aufmerksamkeitsregung zurückzuführen und zeigen somit keine relevanten Komponenten für die Sprachverarbeitung darstellen –späte (lange) Latenz für die kognitive Forschung sind also die Effekte zentral, die sich auf die späte Latenz beziehen. alle Effekte, die im zeitlichen Abschnitt nach 100 ms entstehen Komponenten, die im Zeitbereich nach 250 ms auftreten, kognitive Prozesse komplexerer Art auf die Sprachverarbeitung bezogen
EKP Komponenten: Polarität Auslenkungsrichtung der Kurve Unterscheidung zwischen positiver (P) und negativer (N) Auslenkung Relation der Polarität zur Latenz: –z.B. P250 positive Auslenkung der Amplitude im zeitlichen Bereich von 250 ms Latenz und Polarität reichen für eine genaue Definition der Komponenten nicht aus Potenzialschwankungen entstehen in einer räumlich ausgedehnten Spannungsquelle und lassen sich zu bestimmten Zeitpunkten jeweils nur auf räumlich begrenzte Bereiche der Schädeldecke übertragen
EKP Komponenten: Topographie bezeichnet den Ort - an dem sich die Elektrode am Kopf befindet – an welchem die Auslenkung maximal auftritt –standardisiert –die einzelnen Bereiche differenzieren sich durch festgelegte Nomenklatur –da sich mehrere Elektroden am Kopf befinden, ist hier die maximale Auslenkung der Amplitude als Wert zu sehen, der an einer einzelnen Elektrode, relativ zu den anderen Elektroden, entsteht –Die Amplitude einer Komponente gibt an, wie groß die Ausprägung der Kurve ist.
Vor- und Nachteile der EKP Methode in der Sprachverarbeitung Vorteile: EKP-Verfahren stellt für die Sprachverarbeitungsforschung eine wichtige Untersuchungsmethode dar gehaltvolle Quelle für die Ableitung von temporärer Information, da der gesamte Zeitraum der Stimuluspräsentation online aufgezeichnet werden kann EKPs können quantitativ und qualitativ differenzieren, sie sind also nicht nur zeitlich extrem fixier- und auflösbar, sondern spiegeln auch Bereiche der experimentellen Manipulation wider Nachteile: keine eindeutige Definition des Begriffs Komponente unklar, ob sich Komponenten anhand eines Kurvenverlaufs oder anhand des Vergleichs zweier Kurven bestimmen lassen. keine exakte Interpretation von Effekten und es ist zudem unklar inwieweit sich dabei ein Bezug auf die Sprachverarbeitung erstellen lässt
EKPs in der Sprachverarbeitung Ungrammatikalität von Sätzen oder Ausdrücken (im Vergleich mit den dazu analogen grammatischen Ausdrücken) kann im menschlichen Gehirn zu Reaktionen oder Effekten führen Frage: Inwieweit sind diese Effekte auf die einzelnen sprachtheoretischen Bereiche, in denen die Grammatikalitäts-verletzungen vorkommen, applizierbar? Frage: inwiefern lässt sich zwischen z.B. syntaktischen und semantischen Verletzungen unterscheiden
EKPs in der Sprachverarbeitung Dissoziation zwischen semantischer und syntaktischer Verarbeitung Verletzungsparadigma
EKP-Effekte in der Sprachverarbeitung Negativität bzw. Positivität einer Auslenkung. Gipfellatenz (Peak) örtliche Verteilung (Topographie)
Was ist ein EKP-Effekt? Kos et al. (2010)
Semantische Effekte: N400 Als Reflektion einer semantischen Anomalie ist der N400-Effekt bekannt ist als sprachspezifische Komponente weitestgehend anerkannt Negativierung, die ihre höchste Auslenkung in einem Zeitbereich um die 400 ms erreicht Verteilung ist bilateral; man findet sie meist im zentro-parietalen Raum.
N400
mit semantischer Anomalie assoziiert diese Komponente tritt auf, wenn sich eine semantische oder thematische Verletzung im Ausdruck befindet –thematische Anomalien zwischen kasusmarkierten Strukturen –semantisches Priming –semantische Inkongruenz –nicht wohlgeformte Polaritätskonstruktionen
Syntaktische Effekte drei zentrale Effekte –ELAN (Early Left Anterior Negativity), –LAN (Left Anterior Negativity) –P600
ELAN frühe Negativierung. höchste Auslenkung in einem Zeitbereich zwischen 120 und 220ms Verteilung ist links oder bilateral anterior geringe Latenz assoziiert mit Effekt, der meist bei strukturellen Anomalien wie die Phrasenstrukturverletzung auftritt *Der Freund wurde im besucht. wird als Effekt der initialen Strukturbildungsprozesse angenommen
ELAN
LAN ist der ELAN topographisch ähnlich erreicht ihre höchste Auslenkung zeitlich später, zwischen 300 und 500 ms Effekt assoziiert sich sprachspezifisch mit morphosyntaktischen Verletzungen wie Kongruenz und Rektionsanomalien
LAN
ELAN und LAN Interpretation dieser beiden Komponenten wird kontrovers diskutiert Uneinigkeit über die Bedeutung als sprachspezifisches Korrelat da sie auch mit erhöhter Belastung des Arbeitsgedächtnisses assoziiert werden können.
P600 relativ spät – zwischen 600 und 900ms - auftretende positive Auslenkung. topographisch im zentro-parietalen Bereich als Komponente mit der syntaktischen Diagnose bzw. Reanalyse und/oder Reparatur assoziiert
P600
assoziiert: –syntaktisch komplexe Ausdrücke, z.B. Ambiguitäten –Syntaktische Verletzungen –in nicht lizenzierten Polaritätskonstruktionen P600 ist stärker ausprägt, je stärker die Verletzung innerhalb einer Konstruktion ist
Zusammenfassung: EKP EKP-Methode spielt eine relevante Rolle für die Forschung im Bereich der Sprachverarbeitung. Die EKP-Methode untersucht die Verarbeitung online hohe zeitliche Auflösung Klassifizierung in quantitative und qualitative Parameter detaillierte Untersuchung der Hirnpotentiale
Noch Fragen???
Teil II EEG – Rohdatenaufbereitung mit Brain Vision Analyser II
Brain Vision Analyser Öffnen der Datei: Symbol auf dem Desktop anklicken
Brain Vision Analyser
Workspace Einrichten des Workspaces: –File / New –Browse – Pfad
Rohdaten Doppelclick auf die erste Versuchsperson Doppelclick auf VP 1 ; dann Doppelclick auf Raw Data
Rohdaten typische Augenbewegung Kanäle Trigger/Marker
Change Sampling Rate
Linear Derivation
Filter Warum filtern wir die EEG-Daten? –Reduzieren von Rauschen Luck, 2006:78
Filter – IRR-Filter
Filters Transformations / Filter Hochpassfilter von 0,2 Hz
Ocular Correction
Raw Data Inspection
Wir bezeichnen alle Kanäle, die wir bereinigen möchten Transformations / Raw Data Inspector automatische Inspektion für jeden Kanal individuell
Raw Data Inspection
Gradient – hier: die Steigung der Kurve Check Gradient – ja 50 μV maximal erlaubte Spannungs- differenz zwischen zwei Datenpunkten Markierung beginnt 200 ms vor und endet 200 ms nach der Stelle
Raw Data Inspection Max - Min maximale Spannungsdifferenz Zeitraum, innerhalb dessen die Spannungsdifferenz nicht überschritten Werden soll
Raw Data Inspection
Low Activity erlaubte Minimalaktivität Zeitraum, innerhalb dessen die Angegebene erlaubte Minimalaktivität nicht unterschritten werden darf
Segmentierung
Segmentierung der Daten Transformations/Segmentation Wir segmentieren anhand der Marker, die wir vorher fest- gelegt haben Wir speichern die Daten im Cache
Segmentierung
Wir suchen nun die relevanten Marker für unsere Auswertung aus allen Markern heraus Unser Marker ist S140
Segmentierung Nun legen wir den Zeitraum fest, der vor/nach unseren festgelegten Markern angezeigt werden soll Überlappende Segmente werden erlaubt Fertigstellen!
Segmentierung
Segmentierung - Umbenennen Damit wir nicht durcheinander- kommen, geben wir der Segmentierung einen genauen Namen: Segmentation_140 rechte Maustaste/Rename
Baseline Correction Was ist die Baseline Correction?
Average Rename – Average140
Nächste Segmentierung
Segmentierung Segmentierung der Daten Transformations/Segmentation Wir segmentieren anhand der Marker, die wir vorher fest- gelegt haben Wir speichern die Daten im Cache
Segmentierung
Remove S140 Unser Marker ist nun S141
Segmentierung Nun legen wir den Zeitraum fest, der vor/nach unseren festgelegten Markern angezeigt werden soll Überlappende Segmente werden erlaubt Fertigstellen!
Segmentierung - Umbenennen Damit wir nicht durcheinander- kommen, geben wir der Segmentierung einen genauen Namen: Segmentation141 rechte Maustaste/Rename
Baseline Correction Was ist die Baseline Correction? Die Baseline-Korrektur dient zur Justierung der Grundlinie eines jeden Segments. Die Korrektur wird im Allgemeinen vor dem Mitteln durchgefu ̈ hrt. Hierbei wird ein Intervall innerhalb eines Segments bestimmt, dessen mittlerer Spannungswert dem neuen Nullpunkt der Segmentwerte entspricht, d.h. es wird der Mittelwert (Baseline) der Punkte im vorher festgelegten Intervall ermittelt und dieser von allen Punkten im Segment subtrahiert. Diese Operation wird fu ̈ r alle Kanäle im Datensatz durchgefu ̈ hrt. (vgl. BV Handbuch)
Average Rename – Average141
Anschauen der Averages Doppelclick auf Average_140 mit der Maus auf Average_141 gehen und auf den Grid ziehen
History Template Nun haben wir ein Template für eine VP gebaut. Damit wir dieses Template nicht für jede weitere VP einzeln erstellen müssen, können wir ein History Template erstellen, das dann automatisch für die weiteren VPn angewendet werden kann
History Template History Template / New
History Template Speichern File / save as
History Template
Grand Average Transformations / Result Evaluation / Grand Average
Grand Average Nun wurden unsere Einzel Averages der Segmente noch einmal über alle VPn gemittelt Grand Average Secondary
Grand Average
Darstellungsmöglichkeiten
Grand Average Pooling und Filter
Exportieren Export / Area Information Wir exportieren die Daten in einem bestimmten Zeitfenster (hier: N400) pro Bedingung und pro Versuchsperson Name der Exportdatei
Zusammenfassung EEG und EKP Komponenten der Sprachverarbeitung Brain Vision –Rohdatenaufbereitung –Mittelung –Grand Average –Export
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Großer Dank geht an Carsten Schliewe!
Referenzen Brain Vision Analyser Benutzerhandbuch Domke [Schütte], J. (2005). Zur Verarbeitung von Polaritätskonstruktionen. Unveröffent- lichte Magisterarbeit Friederici, A.D. (1995). The time course of syntactic activation during language processing. A model based on neuropsychologival and neurophysiological data. Brain and Language Frisch, S. (2000). Verb-Argument-Struktur, Kasus und thematische Interpretation beim Sprachverstehen. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät II der Universität Potsdam. Luck, S.D. (2005). Introduction to the Event related brain protential technique. Cambridge: MIT Press. Sharbrough, F.W. Chatrian, G.E. Lesser R.P. Lüders, H.O. Nuwer, M.R. & Picton, T.W. (1991). American Electroencephalographic Society guidelines for standard electrode position nomenclature. Journal of Clinical Neurophysiology,