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Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

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Präsentation zum Thema: "Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008"—  Präsentation transkript:

1 Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008
Gelingendes Arbeitsbündnis – Passung der Metaphern? Metaphernanalyse in der qualitativ-empirischen Professionsforschung Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

2 Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008
Themen & Thesen Kindesinteressen und advokatorische Dilemma – Skizze des Arbeitsfeldes Das kindschaftsrechtliche Verfahren: Pädagogisierende ‚Friedensstiftung‘ statt ‚Rechtsverfahren‘ Kindesinteressenvertretung als juristisch-psychosozial-pädagogisches Arbeitsfeld Was erwartet Sie in meinem Vortrag? Mit der Intention und Methodik der MA sind Sie bereits eingeführt worden. Zum Verständnis meiner Forschungsfrage ist es notwenig, dass ich sie zunächst inhaltlich mit dem Forschungsfeld ‚Kindesinteressen und deren Vertretung‘ vertraut mache   (volles Bild) Und danach im Hauptteil auf die Ergebnisse der Metaphernanalyse eingehe. Arbeitsbündnis mit den Bezugspersonen - eine metaphernanalytische Annäherung Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

3 Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008
Juristisch-struktureller Rahmen für das Arbeitsfeld ‚Kindesinteressenvertretung`  seit 1998 kein Konsens zum Aufgabenprofil der Kindesinteressenvertretung  Entstehung zweier gegensätzlicher Lager zur Funktionsbestimmung von Verfahrenspflegschaft: „Sprachrohr des Kindes“ oder ...? Mit der Kindschaftsrechtsreform 1998 war eine neue Rechtsfigur ins familiengerichtliche Verfahren eingeführt worden: Seither ist es möglich, für Kinder in denen sie betreffenden Verfahren einen eigenen Interessensvertreter zu bestellen – bekannt als „Anwalt des Kindes‘ bzw. die exakte Bezeichnung ist Verfahrenspfleger. Es gab allerdings keine Einigung zum Aufgabenprofil dieser neuen Berufsgruppe: Der Gesetzgeber blieb bei der Funktionsbestimmung vage – So entstanden 2 gegensätzliche Lager: die einen sahen darin – ähnlich der Vertretung Erwachsener - eine reine Sprachrohrfunktion des geäusserten Kindeswillens; Die anderen hatten eine weitere Rollenauffassung, die auch psychosoziale Aspekte beinhaltete. Nachfolgend die gesetzliche Grundlage: Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

4 § 50 FGG [Pflegerbestellung]
Das Gericht kann dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. ... Die Bestellung erfolgt in Verfahren bei Kindeswohlgefährdung sowie bei hochstrittiger Trennung und Scheidung. In meiner Studie habe ich mich auf Verfahren bei Trennung und Scheidung konzentriert, da hier die Diskrepanzen zum üblichen Rechtserfahren besonders deutlich waren. Als ich 2001 mit meiner Forschung begann, hatte sich ja bereits eine Berufspraxis entwickelt. Deshalb wollte ich die Frage nach der Funktion anhand einer qualitativ-empirischen Untersuchung klären. Ich näherte mich dem Feld also mit einem offenen Erkenntnisinteresse Was ein qualitativ-empirisches Forschungsdesign impliziert Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

5 Qualitativ-empirische Forschungsfragen
Was ist in dem Feld ‚Kindesinteressen und deren Vertretung‘ der „Fall“? Welches professionelle Selbstverständnis, welche Berufspraxis haben Verfahrenspfle-gerInnen und RichterInnen entwickelt? Welche Erwartungen haben jeweils andere Verfahrensbeteiligten (Kinder, Elternteile, Professionelle)? Forschungsfragen vorlesen... Ich entschied mich für nachfolgendes Forschungsdesign: Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

6 Grounded Theory (GT) als Forschungsmethodologie
Erhebung empirischer Daten ca.25 Problemzentrierte Interviews mit Familienrichtern, Verfahrenspflegern, Jugend-amtsmitarbeitern, betroffenen Kindern und Elternteilen (inkl. zweier Fallstudien) ca. 20 Rechtsdokumente Teilnehmende Beobachtung (zur „Theoretischen Sensibilisierung“ i.S.d. GTM) Auswertungsmethoden Kodieren gemäß GT-Methode (nach Strauss/ Corbin) bei Teilen des Interviewmaterials: Systematische Metaphernanalyse (nach Schmitt) Auswertung in Forschungswerkstätten Erläutern ... Ich wollte eine empirisch fundierte Praxistheorie entwickeln – eben herausfinden, was in dem Feld „der Fall“ ist. Um das Phänomen und die Daten verstehen zu können, war die Einbeziehung verschiedener theoretischer Perspektiven notwendig Aufzählen: ... Bevor ich auf den metaphernanalytischen Schwerpunkt eingehen kann, möchte ich zum besseren Verständnis zunächst einige der zentralen Thesen skizzieren, die ich in meiner praxistheoretischen Untersuchung gewonnen habe Triangulation von Daten, Perspektiven und Methoden Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

7 Was sind Kindesinteressen?
Umfassen Kindeswille und Kindeswohl; Anerkennung der Individualität und des Subjektstatus der Kinder; Berücksichtigung ihrer Verwiesenheit auf die erwachsenen Bezugspersonen In der individualisierten Gesellschaft umfassen Kindesinteressen  (volles Bild) Folie vorlesen... Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

8 These: Kindesinteressenvertretung als ‚advokatorisches Dilemma‘
spannungsreiche Bipolarität von Autonomie und familialer Verwiesenheit Kindesinteressenvertretung als Balance zum Schutz von Autonomie und Bindung Wenn man Kindesinteressen ernst nimmt, Dann muss das Familiengerichtliche Verfahren - und damit auch die Kindesinteressenvertretung – selbstverständlich diese beiden Pole ausbalancieren: Also sowohl die Selbstbestimmung des Kindes – und damit den Kindeswillen – ernst nehmen; Als auch den Erhalt der familialen Bindungen des Kindes zu seinen originären Bezugspersonen unterstützen. Das impliziert, die Eltern auch im Falle der Trennung dazu angehalten werden, ihre Sozialisationsfunktion weiter wahrnehmen zu können Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

9 § 1627 BGB [Ausübung der elterlichen Sorge]
(1) Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben. (2) Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Der Anspruch an elterliche Verantwortung ist in § 1627 BGB formuliert: Vorlesen... Noch in den 80-er Jahren bis zur Kindschaftsrechtsreform 1998 ging man davon aus, dass unverheiratete und geschiedene Eltern sie nicht – bzw. nicht mehr – Gemeinsam wahr nehmen können. Deshalb wurde im Zuge der Scheidung einem Elternteil zwingend die Alleinsorge zugewiesen; Bei unverheiratete Eltern hatte sowieso die Mutter das alleinige Sorgerecht Das hat sich mit der Kindschaftsrechtsreform geändert: Man kann sagen, der idealtypische Anspruch an Elternschaft liegt heute darin; Unabhängig vom Status der Partnerschaft, Die elterliche Verantwortung für das Kind – wenn möglich – gemeinsam wahr zu nehmen Und damit dem Kind die gewachsenen Bindungen auch im Falle der elterlichen Trennung zu erhalten. Damit hat sich die Intention des familiengerichtlichen Verfahrens grundlegend geändert; es fungiert nicht mehr primär als Entscheidungsinstanz, sondern Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

10 Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008
These: Das kindschaftsrechtliche Verfahren als ‚kindzentrierte Friedensstiftung' Das Familiengericht greift als ‚soziale Kontrollinstanz‘ aufgrund der Leitnorm Kindeswohl in den elterlichen Konflikt ein, mit dem Ziel - entsprechend den subjektiven Bedürfnissen der Kinder - eine adäquate Befriedung zu bewirken. Vorlesen beim Anklicken... Damit hat sich eine andere Verfahrensstruktur als im klassischen Rechtsverfahren entwickelt: Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

11 Kindschaftsrechtliches Verfahren als kindzentrierte friedensstiftende Intervention
Konstitutive Verknüpfung von Kontrollinstanz: Macht und Pflicht zur Intervention (Äusserer Druck) Beratung und mediative Elemente (Psychosoziale Hilfe)  (oberer Teil) Diese Verfahren sind durch eine Verknüpfung von ... Dies wird häufig arbeitsteilig eingebracht: Seite des Druckes – FamRi – insbes. durch die Legitimation, auch gegen ... eine Entscheidung zu treffen. Die psychosozial-mediativen Elemente werden durch die im Verfahren beteiligten psychosozialen Fachkräfte eingebracht: Wie JA, mit Vermittlung beauftragte SV und eben auch den VFP  (volles Bild) Ziel ist, die zerstrittenen Eltern für die subjektiven Bedürfnisse der Kinder zu sensibilisieren; Sie zur konstruktiven Konfliktbearbeitung anzuhalten – und auch dabei zu unterstützen. Kurz, die Intention und Handlungsstrategie besteht darin, bei den Eltern entsprechende „Lern- und Veränderungsprozesse` anzuregen. ...Unterschied zu Rechtsverfahren (Luhmann: normalerweise braucht es keine Änderung der Erwartungshaltung) Entsprechend dieses pädagogisierenden friedensstiftenden Anspruchs hat sich für die Kindesinteressvertretung folgendes Handlungsmodell in meinen Interviewdaten heraus arbeiten lassen Ziel: Entwicklungschancen der Kinder sichern gemäß den subjektiven Bedürfnissen des Kindes bei den Bezugspersonen entsprechende ‚Lern- und Veränderungsprozesse‘ anzuregen Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

12 Handlungsmodell Kindesinteressenvertretung
Als grundlegende Aufgabe der VerfahrenspflegerInnen gilt es, in jedem Fall den Willen des Kindes zu ermitteln und in das Verfahrenssystem einzubringen. Neben der FamRi gehören dazu auch alle anderen Verfahrensbeteil.– insbes. die Eltern. Diese 1. H-Ebene = 'anwaltliche Vertretung' kategorisieren. (2) = weiterführende Sachverhaltsermittlungen im Umfeld des Kindes – wie Gespräche mit Bezugs- und Betreuungspersonen. Willensbildungsprozess nachvollziehbar werden + um Kindeswohlaspekte zu beleuchten und abzuwägen. (3): Zielgruppe sind hier insb. die am Konflikt beteiligten Elternteile. Wie bereits erwähnt, sollen sie im Rahmen von Gesprächen für die Situation des Kindes zu sensibilisiert werden. Dazu will die VerfahrenspflegerIn Perspektivwechsel anregen + ggf. zwischen den Konfliktparteien vermitteln.  (volles Bild) transdisziplinäres Profil = ... Diese 3. HE stellt eine „quasitherapeutische‘ innerfamiliale Intervention dar, die ich – auf Anregung von Fritz Schütze - als 'Sozialgeflechtsarbeit' bezeichnet habe. Diese 3. HE ist jedoch nur möglich, wenn die Eltern sich freiwillig auf ein Arbeitsbündnis mit den psychosozialen HelferInnen einlassen. Das korrespondiert damit, dass die Professionellen sich bemühen müssen, kommunikativen ‚Zugang‘ zu den Betroffenen zu finden. Andernfalls werden Chancen auf eine Verbesserung der Situation des Kindes vertan und damit der Zweck des Verfahrens konterkariert. Ich möchte die Bedeutung der Sozialgeflechtsarbeit an einer Fallstudie illustrieren. ... neues Feld Sozialer Arbeit

13 Rekonstruktion der Trennungsgeschichte Trennung vor 6 Jahren
Fallstudie Familie Menzel (Interview mit Tochter Lisa, Mutter, Vater, Verfahrenspflegerin, Familienrichterin) Rekonstruktion der Trennungsgeschichte Trennung vor 6 Jahren Tochter Lisa (damals 8) lebte bei Mutter Seither mehrere Verfahren um Umgang und Sorgerecht Mutter alleiniges Sorgerecht Lisa (nun 14) wünscht Wechsel zum Vater Mutter nicht einverstanden  Neues Verfahren mit Bestellung der Verfahrenspflegerin Frau Moritz  führte zu Veränderungsprozessen bei Mutter Der Fall der Familie Menzel ist ein Beispiel für eine gelungene Sozialgeflechtsarbeit.  Rekonstruktion Vorlesen: Seit der Trennung vor 6 Jahren lebte die Tochter Lisa Menzel bei ihrer Mutter. Da die Mutter den Umgang erschwerte und und einen verzweifelten Kampf um das alleinige Sorgerecht für Lisa geführt hatte waren seither mehrere Verfahren zur elterlichen Sorge und zum Umgang anhängig gewesen. Die Vermittlungsbemühungen des JA konnte sie nicht annehmen. Sie galt als schwer zugänglich. Nunmehr wollte die inzwischen 14-jährige Lisa ihren Aufenthalt von der Mutter zum Vater wechseln. Da die Mutter damit nicht einverstanden war, war ein neues Sorgerechtsverfahren nötig, In dem war für Lisa erstmalig eine VFP bestellt worden.

14 Fallstudie zu Familie Menzel
Metaphernanalytische Feinauswertung  Metaphorische Konzepte bei Mutter und Verfahrenspflegerin Durch das Verfahren – insbesondere das professionelle Handeln der Verfahrenspflegerin – sind Veränderungsprozesse bei der Mutter angestoßen worden. Die Mutter gab an, dass sie durch die Gespräche mit der VFP Frau Moritz erstmals wieder Vertrauen gefasst hat. Sie war aufgrund ihrer langjährigen Unzugänglichkeit die Schlüsselfigur. Das hat mich zu der Feinanalyse motiviert:  (volles Bild) Der Metaphernanalyse liegt die Annahme zugrunde, dass sich anhand der verwendeten Metaphern Rückschlüsse auf die subjektive Deutung, das Denken + Handeln der SprecherInnen ziehen lassen. Deshalb wollte ich durch die Metaphernanalyse der thematisch relevanten Interview-Ausschnitte der Mutter und der Verfahrenspflegerin ich herausfinden, wodurch genau diese Veränderungsprozesse bei der Mutter angeregt worden sind. Welche metaphorischen Konzepte – und damit subjektive Deutungen - sie zum Trennungserleben hatte? Welche Erwartungen bzw. Erleben der professionellen Bearbeitung sich in den Metaphern erkennen lassen? Dies sollte mit den metaphorischen Konzepten der Verfahrenspflegerin kontrastiert werden. Ergeben sich aus dieser Metaphern-Analyse der Hinweise auf ein gelingendes Arbeitsbündnis? subjektive Deutung zu Trennung und Erwartungen an prof. Bearbeitung Gelingendes Arbeits-bündnis – Passung der metaphorischen Konzepte?

15 Metaphorische Konzepte der Mutter
Trennungsfamilie als 'zerbrochenes Objekt' die Familie ist ja nur noch aus Teilen bestehend wenn eine Familie jetzt zerbricht wenn das jetzt bei uns zerbrochen ist Und da (durch das Gespräch mit der Professionellen, Anm. HS) begann das dann so allmählich, dieses Kaputte wieder sich aufzubauen (nur Überschrift) Zur Erinnerung: Die Verfahrensintention der Professionellen liegt darin, bei den Bezugpersonen ‚Lern- und Veränderungsprozesse zu initiieren. Das zeigte sich u.a. darin, dass von der FamRi u. VFP sehr viele Metaphern für Lernen im engen, schulpädagogischen Sinne verwendet wurden: Die Betroffenen sollen etwas „einsehen“, „merken“, „gedanklich mitgehen“ (siehe Liste auf Handout). Sie kamen bei der Mutter auch vor. Doch wie ich zeigen werde, erwiesen sich im Interview mit der Mutter primär andere metaphorische Konzepte als besonders bedeutsam. ( Im Rahmen dieses Vortrages ist keine ausführliche Darstellung aller gefunden metaphorischen Konzepte möglich. Aus Darstellungsgründen werde ich mich in meinem Vortrag auf jene besonders prägnanten beschränken. Damit setze ich mich der von Rudolf Schmitt dargelegten Kritik aus, besonders schillernde Metaphern überzuinterpretieren und andere zu vernachlässigen. In meiner Studie habe ich das ausgewählte Material jedoch einer systematischen Metaphernanalyse unterzogen Bei Interesse ist es nachzulesen  (volles Bild) Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

16 Trennungsfamilie als ‚unaufgeräumte Häuser mit Fundament und mehreren Ebenen‘
aber in der Familie, man braucht da keine amtlichen Personen rein holen. Amtliche Personen - hab ich mir gesagt - holen nur die rein, die keine Familie haben, die asozial sind. Wo es wirklich total kaputt ist - die holen das rein! eine Familienpflegerin versucht, dieses Dreieck Mutter-Kind-Vater wieder in eine Reihe zu bekommen. Nicht ähnlich wie eine Ehe, aber dass das Kind eine gewisse - na ja Geborgenheit nicht - aber so ein Fundament hat Sie vertritt die Interessen von der Lisa und der Herr Taube hilft Ihnen auf der Elternebene Und der Herr Taube hat da eine Linie rein gebracht.

17 Trennungskonflikt ist Lärm - Ruhe ist Frieden
wenn ich ruhiger gewesen wäre und vielleicht aber auch, wenn die Frauen ein bissel anders reagiert hätten, wäre es vielleicht auch ein bissel besser gelaufen. Ich wollte überhaupt keine Gespräche haben. Ich wollte erst mal meine Ruhe haben. Wir haben das ja so geregelt, dass die Kinder jedes Wochenende auch zusammen sind. Also dass da - wenn sie auch da und dort sind - aber doch gewisse Ruhe ist. Da hätte ich jetzt Ruhe für mich. Und da merke ich jetzt auch, dass jetzt aufgrund der Verfahrenspflege von der Frau Moritz eine gewisse Ruhe rein gekommen ist. Der Herr Taube hilft Ihnen auf der Elternebene, denn das muss da sein; das Kind kriegt dann mehr Ruhe! Ruhe scheint für Frau Menzel ein sehr bedeutsames Konzept zu sein Vorlesen...

18 Professionelle sollen ‚heilen‘
Implikationen aus den metaphorischen Konzepten an das Handeln der Professionellen Professionelle sollen ‚heilen‘ Die Familie ist ja nur noch aus Teilen bestehend; eine Familienpflegerin schafft das noch im gewissen Sinne zu erhalten. Und die Frau Moritz hat (...) also die Lisa da schon so vertreten, dass also beide (Elternteile, Anm. HS) nicht verletzt sind. Wenn eine Familie jetzt zerbricht (...) versucht eine Familienpflegerin Nur Überschrift Es liegt in der Natur der Sache, dass in der subjektiven Deutung des Problems auch die subjektiven Erwartungen der Lösung liegen: Da die Mutter mit ihrer Metaphorik das zugrundeliegende Problem - die Trennungsfamilie - als 'zerbrochenes Objekt' konzeptualisiert, wird verständlich,  (volles Bild) dass sie von den professionellen Helfern erwartet, dass diese das Beschädigte 'heilen' und weitestgehend 'erhalten' bzw. helfen, das 'Kaputte wieder aufzubauen' und dabei möglichst niemand 'verletzt' wird. Auffallend ist, dass sie die Verfahrenspflegerin im Interview zumeist als 'Familienpflegerin' bezeichnet. Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

19 Prof. sollen ‚Ruhe und Ordnung rein bringen‘
Mit den Gesprächen, die jetzt mit dem Herrn Taube sind, merke ich, dass da jetzt wieder Struktur rein kommt. Eine Familienpflegerin versucht, dieses Dreieck Mutter-Kind-Vater wieder in eine Reihe zu bekommen. Und da merke ich jetzt auch, dass jetzt aufgrund der Verfahrenspflege von der Frau Moritz eine gewisse Ruhe rein gekommen ist. Der Herr Taube hilft Ihnen auf der Elternebene, denn das muss da sein; das Kind kriegt dann mehr Ruhe! Die Richterin hat dort fest gelegt, also: Gespräche werden da geführt.  (bis auf letzten Anstrich) Mit ihrem metaphorischem Konzept von 'Trennungsfamilie als unaufgeräumtes bzw. lautes Haus' korrespondiert die Erwartung, dass die Helfer 'aufräumen': Die 'Familienpflegerin' Frau Moritz und der Berater Herr Taube 'bringen Ruhe und Ordnung rein', indem sie wieder 'eine Linie rein' oder etwas 'auf die Reihe bringen' ähnlich die Richterin:  (volles Bild) Gerade hier wird deutlich, dass die kognitiven Konzepte der Mutter eine auffallende Passung zur friedensstiftenden Verfahrensintention aufweisen: „Professionelle sollen Ruhe und Ordnung rein bringen“ – besser kann man den Vermittlungstyp ‚Friedensstiftung‘ nicht metaphorisieren!!! Kommen wir nun zum letzten Teil – nämlich der Frage, ob sich eine Passung in den metaphorischen Konzepten der VFP Frau Moritz zeigt:

20  Professionelle zeigen, wo es lang geht!
Vergleich der metaphorischen Konzepte von Mutter und Verfahrenspflegerin VFP sieht ihren Auftrag darin, „den Eltern ein Stück deutlich zu machen, wo es hingeht“ Und dass ich viel schneller als früher deutlich mache: Bis hierher und nicht weiter!“ „Für`s Kind ist der Weg dazwischen, dazwischen geht‘s!. (...) So und so ist es! Und nicht anders! Punkt.“ Die Eltern sollen „den Weg gedanklich und auch initiativ mitgehen“.  Die Verfahrenspflegerin verwendet nicht die explizite Ordnungsmetaphorik der Mutter, Doch kommt sie mit ihrem „wegweisenden“ Selbstverständnis dem Wunsch nach Orientierung entgegen. Sie sagt den Eltern ganz deutlich, wo es lang geht....  (volles Bild) Und gibt damit Orientierung  Professionelle zeigen, wo es lang geht!

21 Ruhe & Einvernehmen ist Frieden  Ziel
VFP Frau Moritz: Also das ist auch etwas, was für die Richter wichtig ist, die sagen: "Wir brauchen keine dritte Streitpartei, die ihre Anträge stellen (...). Das bringt überhaupt keine Ruhe rein, sondern noch mehr Konflikt. Da kann ich beschließen, was ich will, das hat am Ende keinen Bestand. Das Verfahren kommt mir wieder rein. Also dann mache ich doch lieber und versuche so lange alles Mögliche, um die Eltern zu erreichen. Manchmal macht es ja Sinn!"  Auch bei Frau Moritz findet sich das Konzept: Ruhe und Einvernehmen ist gleich Frieden  (volles Bild) Ist das zentrale Verfahrensziel im kindbezogenen Trennungs- und Scheidungsverfahren Auch in § 1627 Verfahrensziel: einvernehmliche Lösungen

22 Professionelle Helfer als 'Pfleger und Allheilmittel' I
VFP Frau Moritz: Und dass dann der Verfahrenspfleger durch die gewisse andere Position - der hat ja ein Stück mehr Macht als alle anderen - im Interesse des Kindes die auch ein Stück nutzen, sinnvoll nutzen, hier zu vermitteln zwischen denen und die zu erreichen (die Eltern, Anm. HS). Also das wäre für die Familienrichter eigentlich das Allheilmittel, dass der Verfahrenspfleger das macht.  Nur Überschrift Die Mutter bezeichnete die Verfahrenspflegerin zumeist als 'Familienpflegerin', die es schaffte, die Nachscheidungsfamilie - trotz Beschädigung - ein Stück weit 'zu erhalten' und sich auch in der Anhörung bemühte, niemanden zu 'verletzen' . Auch im Interview der Verfahrenspflegerin findet sich die Metaphorik des 'Heilens'. Die Sicht und Erwartung der Familienrichter auf Verfahrenspflegschaft beschreibt sie so:  (volles Bild) Sie konzeptualisiert aber auch noch einen anderen Pol des professionellen Handelns als „Allheilmittel“.

23 Professionelle Helfer als 'Pfleger und Allheilmittel' II
VFP Frau Moritz: Aber der Richter ist das Allheilmittel: Irgendwann haut der mit der Faust auf den Tisch und sagt: „Nur so geht´s!“ ‚Und wenn ich (als Elternteil, Anm. HS) das habe, dann muss ich damit leben!' Haben mir auch schon viele Eltern gesagt.  Nur Überschrift In der Fortführung des Zitates beschreibt sie, wie ihrer Meinung nach die Eltern über die Rolle der Familienrichter denken:  (volles Bild) In diesen beiden Zitaten wird jeweils eine Facette des professionellen Handelns beschrieben und als 'Allheilmittel' metaphorisiert. In der ersten Sequenz konzeptualisiert Frau Moritz es als dringend notwendige 'Behandlungs-Maßnahme', dass die Verfahrenspflegerin sich bemühen soll, die 'Eltern zu erreichen' und zwischen ihnen zu 'vermitteln'. Als zweite notwendige 'Behandlungs-Maßnahme' konzeptualisiert sie die Macht der Richter, wenn es nötig ist "auf den Tisch zu hauen" und für die Eltern zu bestimmen, wo es lang 'geht'. Damit hat sie als 'notwendige Heilmittel' genau jene beiden Handlungsaspekte konzeptualisiert, die ich als ‚kindzentrierte Friedensstiftung‘ eingeführt habe:

24 Kindschaftsrechtliches Verfahren als kindzentrierte friedensstiftende Intervention
Konstitutive Verknüpfung von Kontrollinstanz: Macht und Pflicht zur Intervention (Äusserer Druck) Beratung und mediative Elemente (Psychosoziale Hilfe) Es bedarf sowohl eines 'äusseren Druckes' als auch psychosozialer Aspekte im Sinne von 'Beratungsorientierung' und 'mediativen Elementen‘ für eine erfolgreiche Bearbeitung. Ich bin mir der Verkürzungen und Zuspitzungen in diesem Vortrag bewusst. Ich hoffe dennoch, dass ich wenigstens ansatzweise zeigen konnte, dass die Metaphernanalyse eine große Passung bestätigt. Sowohl die Mutter als auch die Professionellen konzeptualisieren ihre Erwartungen und das Handeln der Professionellen als friedensstiftende Intervention Die Mutter metaphorisiert poinitert so, dass die Professionellen das „Kaputte pflegen“ und „Ruhe und Ordnung rein bringen“ sollen. Die Professionellen haben ein solches professionelles Verständnis. Ziel: Entwicklungschancen der Kinder sichern gemäß den subjektiven Bedürfnissen des Kindes bei den Bezugspersonen entsprechende ‚Lern- und Veränderungsprozesse‘ anzuregen Rekonstruktive Sozialarbeitsforschung und Biografie, München 2008

25 Analyse der Metaphorische Konzepte bei Betroffenen und Professionellen
Dass die metaphorischen Konzepte der Mutter sich auch bei der VFP fanden, ist m.E. ein deutliches Indiz für das gelungene Arbeitsbündnis. Eine Verallgemeinerung kann selbstverständlich hieraus noch nicht getroffen werden, Deshalb erachte ich meine Studie vor allem als Anregung dazu, Dass es für lohnenswert ist, diesen Fragen auch in anderen professionellen Handlungskontexten mit Hilfe einer systematischen Metaphernanalyse nach zu gehen! Im Kontext Sozialer Arbeit – insbesondere für eine qualitative Handlungswissenschaft – wären solche empirischen Praxisstudien zweifellos eine adäquate Bereicherung. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf eine rege Diskussion. Welche metaphorischen Konzepte zu Problem und professioneller Bearbeitung lassen sich finden? Korreliert ein gelingendes Arbeitsbündnis mit der Passung der metaphorischen Konzepte? ...weitere metaphernanalytische Forschung zum professionellen Handeln

26 Trennung als ‚Weg mit Hindernissen‘ ....
ich hatte also Schwierigkeiten zu überwinden als er die Trennung wollte, da kam er plötzlich mit Jugendamtsgesprächen und ich war in dem Zeitpunkt überhaupt nicht bereit dafür. Ich hatte den Schritt überhaupt noch nicht vollzogen und hab die Erfahrung gemacht, dass im Jugendamt die Frauen, das nicht so verstanden haben wenn ich ruhiger gewesen wäre und vielleicht aber auch, wenn die Frauen ein bissel anders reagiert hätten, wäre es vielleicht auch ein bissel besser gelaufen. Also ich muss Ihnen jetzt ganz ehrlich sagen, ich bin deswegen zu den Beratungsgesprächen gegangen (...) weil das Gericht das beschlossen hat. Das war für mich auch eine ungeheure Überwindung. "zwei auseinander gegangen" ihr Mann ist "weg gegangen" Kinder brauchen eine "Ausgangsbasis" die Situation der Kinder bebildert sie als "Schieflage" (Z 133). Sowohl die familiale Lebenspraxis als auch der Prozess der professionellen Bearbeitung, lassen sich als ein 'schwieriger Weg' beschreiben: .... Professionelle müssen richtig auf einen ‚zugehen‘

27 Metaphorische Konzepte für Lernprozesse im engen, schulpädagogischen Sinne*
a)   Lernen ist etwas merken, fassen, begreifen b)   Lernen ist Hören und Sagen c)   Lernen ist besseres Sehen, Einsicht + Erklärung d)   Lernen ist etwas bekommen und annehmen e)   Lernen ist etwas aufbauen und erarbeiten f) Lernen ist Laufen, Schritte vollziehen und Erfahrungen machen. "zwei auseinander gegangen" ihr Mann ist "weg gegangen" Kinder brauchen eine "Ausgangsbasis" die Situation der Kinder bebildert sie als "Schieflage" (Z 133). Sowohl die familiale Lebenspraxis als auch der Prozess der professionellen Bearbeitung, lassen sich als ein 'schwieriger Weg' beschreiben: * Liste der kulturell üblichen metaphorischen Konzepte; Vorkommen im Interview von Mutter und Professionellen


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