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Veröffentlicht von:Philo Stoecklein Geändert vor über 11 Jahren
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II. Theoretische Traditionen und ihre Menschenbilder (3): Der Mensch als "kognitiver Geizhals" bzw. "motivierter Taktiker" 1. Der Mensch als kognitiver Geizhals 2. Urteilsheuristiken 3. Der Mensch als motivierter Taktiker: Social Cognition © Gerd Bohner 2001
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1. Der Mensch als kognitiver Geizhals
Attributionstheorien sind eher normative Modelle als Theorien psychologischer Prozesse Problematische Befunde: Attributionsfehler ("biases") Unvollständige Informationsnutzung Verarbeitung häufig unvollständig, selektiv Erklärung: Begrenzte Verarbeitungskapazität zwingt zu "kognitiver Sparsamkeit" Vereinfachungen (= "Heuristiken") © Gerd Bohner 2001
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http://wwwedu.ge.ch/co/critic/illusions.html 2. Urteilsheuristiken
Fehler ("biases") aufschlussreich zum Verständnis normaler Prozesse (vgl. Wahrnehmungspsychologie – optische Täuschungen) Kahneman & Tversky: Urteilsheuristiken Verfügbarkeitsheuristik Repräsentativitätsheuristik Verankerungsheuristik (s. Kahneman, Slovic & Tversky, 1982) Verfügbarkeitsheuristik Anwendungsbereiche: Häufigkeits- und Wahrscheinlichkeitsschätzungen Soziale Urteilsbildung (z.B. Kausalität von Personen; Risikoeinschätzungen; Selbstzuschreibung von Verhalten od. Eigenschaften) Zwei Aspekte von "Verfügbarkeit" (eigentlich "Zugänglichkeit"): Prozess der Abrufung aus dem Gedächtnis Inhalt der leicht abrufbaren Information © Gerd Bohner 2001
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Klassische Aufgabe von Kahneman & Tversky:
Gibt es im Englischen mehr Wörter mit "k" als erstem Buchstaben oder mit "k" als drittem Buchstaben? (a) ____ mit "k" als erstem Buchstaben (b) ____ mit "k" als drittem Buchstaben Ergebnis: Vpn entscheiden sich meistens für Alternative (a), obwohl (b) objektiv zutrifft. © Gerd Bohner 2001
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Informationsmenge oder subjektive Erfahrung?
Problem: Beides im Alltag konfundiert. Was mir leicht einfällt, davon fällt mir auch mehr ein. Zur Klärung ein Experiment (Schwarz, Bless, Strack, Klumpp, Rittenauer-Schatka & Simons, 1991): Vpn denken über eigenes früheres Verhalten nach; 4 Bedingungen: wenige (6) Beispiele für hohes Durchsetzungsvermögen viele (12) Beispiele für hohes Durchsetzungsvermögen wenige (6) Beispiele für Mangel an Durchsetzungsvermögen viele (12) Beispiele für Mangel an Durchsetzungsvermögen AV: "Wie hoch ist Ihr Durchsetzungsvermögen?" © Gerd Bohner 2001
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Ergebnisse stützen die Leichtigkeits-Hypothese: Anzahl Beispiele
Hypothesen: Wenn Leichtigkeit des Abrufs entscheidend, dann führen wenige positive Beispiele (da leichter abrufbar) zu positiveren Urteilen als viele positive Beispiele. Umgekehrt für negative Beispiele. Ergebnisse stützen die Leichtigkeits-Hypothese: Anzahl Beispiele Art des Verhaltens positiv negativ 6 6.3 5.2 12 6.2 © Gerd Bohner 2001
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Repräsentativitätsheuristik
Ähnlichkeit als beziehungsstiftendes Prinzip (Definition) Stichprobe – Grundgesamtheit: z.B. Geburtsfolgen; Lottozahlen Element – Kategorie: Konjunktionstäuschung ("Linda-Problem"); Vernachlässigung der Basiswahrscheinlichkeit ("Ingenieur-Jurist-Problem") Handlung – Handelnde Person: Fundamentaler Attributionsfehler © Gerd Bohner 2001
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Begriffsklärung Kategorie (Klasse von Gegenständen)
Stereotyp (soziale Kategorie) Vorurteil (kognitives Stereotyp + affektive Bewertung + Verhaltenstendenz) Speicherung von Stereotypen als Prototyp Beispiel Drei mögliche Abfolgen von Geburten in einer Klinik (J=Junge, M=Mädchen): 1) J J J J J J ) M M M J J J ) J M M J J M Welche Möglichkeit ist am wahrscheinlichsten? Lottozahlen: Serie a: 3, 8, 15, 17, 34, 48 Serie b: 1, 2, 3, 4, 5, 6 Auf welche Serie würden Sie eher wetten? © Gerd Bohner 2001
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Verankerungsheuristik
Ausgangswert bei einer kognitiven Operation beeinflusst das Ergebnis. Glücksrad-Experimente Multiplikationsaufgabe "Gefühlsheuristik" Stimmungen und Gefühle als Urteilsgrundlage: "Was sagt mir mein Gefühl?" Urteile über Glück und Zufriedenheit via Stimmung vom Wetter beeinflusst (Schwarz & Clore, 1983) © Gerd Bohner 2001
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Fazit zu Urteilsheuristiken
Schätzen Sie das Ergebnis. Sie haben 5 Sekunden Zeit 8 x 7 x 6 x 5 x 4 x 3 x 2 x 1 = 1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 x 7 x 8 = Fazit zu Urteilsheuristiken Anregendes und empirisch reichhaltiges Forschungsprogramm Fokus auf alltäglichen Verarbeitungsprozessen, d.h. ökologisch valider als Attributionstheorien Kritik: Kognitive Mechanismen relativ isoliert voneinander; keine kohärente Theorie © Gerd Bohner 2001
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3. Der Mensch als motivierter Taktiker: Social Cognition
Menschen verhalten sich nicht immer wie "kognitive Geizhälse". Wann nicht? Wenn viel auf dem Spiel steht Wenn Zeit und Gelegenheit für tiefere Verarbeitung vorhanden Bild vom "motivierten Taktiker" Grundbegriffe der sozialen Kognition "top-down"- vs. "bottom-up"-Verarbeitung automatische und kontrollierte Prozesse Kapazität und Motivation Urteile (und Verhalten) hängen von Stimuli und Vorwissen ab: subjektive Konstruktion der Wirklichkeit © Gerd Bohner 2001
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Was ist sozial an "social cognition"?
soziale Objekte Prozesse geprägt vom sozialen Kontext Sequenz der Informationsverarbeitung: © Gerd Bohner 2001
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Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
Wahrgenommen werden: saliente Stimuli unerwartete relevante Encodierung und Interpretation Den wahrgenommenen Stimuli wird Bedeutung verliehen In Bezug setzen zu Vorwissen, z.B. zu Kategorien Dies ist abhängig von der Zugänglichkeit der Kategorien Priming-Experimente: Zugänglichkeit von Kategorien wird manipuliert, beiläufige Aktivierung von Wissensstrukturen Einschränkende Bedingungen: Anwendbarkeit des Prime Zeitpunkt: Priming vor Stimulus Bewusstheit der Aktivierung verhindert Effekt Bei hoher Verarbeitungskapazität und –motivation nimmt Effekt ab © Gerd Bohner 2001
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Ordnung von Wissensinhalten
Hierarchisch (abstrakt – konkret) Zentrale – periphere Eigenschaften (z.B. warm-kalt ist zentral) Beziehungen zwischen Eigenschaften (z.B. zentrale Eigenschaften verändern die Bedeutung von weiteren Eigenschaften: kalt und intelligent oder warm und intelligent Man ordnet nach Personengruppen statt Themengruppen Verhaltensweisen (oder Eigenschaften) einer Person werden im Gedächtnis zusammengefasst © Gerd Bohner 2001
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Überprüfen sozialer Hypothesen
Warum sind Stereotype stabil? Erinnerungsvorteil bei mit dem Stereotyp vereinbaren (konsistenten) Informationen (außer bei gründlicher Verarbeitung) Man sucht aktiv nach Belegen Zweideutige Information wird in Richtung des Stereotyps uminterpretiert Widersprüchliche Information wird als Ausnahme betrachtet Art des Fragens (Experiment zu Extraversion) © Gerd Bohner 2001
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Empirie: Vielfältige Arbeiten zu sozialer Wahr-nehmung, Urteilsbildung und Gedächtnis.
Beispiel Priming-Effekte: Leicht zugängliche Kategorien beeinflussen Urteile und Verhalten. Higgins, Rholes & Jones (1977): "Donald study" Bargh, Chen & Burrows (1996): Verhaltenseffekte Beispiel Schemata und Gedächtnis: Stereotypen beeinflussen die Rekonstruktion. Schlüsseluntersuchung von Snyder & Uranowitz (1978): "Betty K. " © Gerd Bohner 2001
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Higgins et al. (1977): Design und Versuchsmaterial
Vpn lesen eine mehrdeutige Personenbeschreibung: "By the way he acted one could readily guess that Donald was well aware of his ability to do many things well." (selbstbewusst / eingebildet) "Donald spent a great amount of his time in search of what he called excitement. … perhaps, he would do some skydiving or maybe cross the atlantic in a sailboat." (abenteuerlustig / verantwortungslos) Zuvor Priming: Begriffe versteckt in "Gedächtnisaufgabe", 4 Bedingungen: 1. anwendbar, positiv (selbstbewusst, abenteuerlustig ...) 2. anwendbar, negativ (eingebildet, verantwortungslos …) 3. Nicht anwendbar, positiv (dankbar, gehorsam …) 4. Nicht anwendbar, negativ (ungeschickt, ahnungslos …) © Gerd Bohner 2001
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Ergebnisse Higgins et al
Ergebnisse Higgins et al. (1977): Freie Charakterisierung Donalds (Häufigkeiten) anwendbar nicht anwendbar © Gerd Bohner 2001
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Bargh et al. (1996): Priming und Verhalten
Vpn bearbeiten eine "Satzbildungsaufgabe"; 2 Bedingungen: Priming des Stereotyps über alte Menschen: Aufgabe enthält z.B. die Wörter "Florida", "grau", "einsam" Kontrollbedingung: Aufgabe enthält nur Wörter, die keinen Bezug zum Altenstereotyp aufweisen aV: Verhaltensbeobachtung: Wie schnell geht die Vp nach dem Experiment den Gang hinunter? Hypothese: Vpn in der Primingbedingung gehen langsamer. Ergebnis: Vpn in der Primingbedingung brauchen etwa eine Sekunde länger (8.2 vs. 7.2 Sekunden), um eine Strecke von 9.75m zurückzulegen. © Gerd Bohner 2001
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Snyder & Uranowitz (1978): Stereotype Rekonstruktion
Design und Versuchsmaterial Vpn lesen eine detailreiche Lebensgeschichte von "Betty K."; Aufgabe: Eindrucksbildung Danach Information über Betty K.'s heutigen Lebensstil, 3 Bedingungen: lesbische Beziehung heterosexuelle Beziehung keine Information (Kontrollgruppe) aVn: Urteil; Erinnerung an Details Hypothese: Rekonstruktion auf Grundlage der Stereotypen über lesbische bzw. heterosexuelle Frauen © Gerd Bohner 2001
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Ergebnisse Snyder & Uranowitz (1978): Erinnerung an Details über "Betty K."
© Gerd Bohner 2001
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Einfluss von Emotionen
Einfluss der Sprache Beschreibende Handlungsverben Interpretative Handlungsverben (legen Attribution auf das Subjekt nahe: helfen – Hilfsbereitschaft) Zustandsverben (legen Attribution auf das Objekt nahe: lieben – liebenswert) Adjektive (legen stabile Dispositionen des Subjekts nahe) Positive Verhaltensweisen der eigenen Gruppe (und negative der anderen) werden oft mit Adjektiven beschrieben Einfluss von Emotionen Stimmungskongruente Information wird besser erinnert (Hypothese der ausbreitenden Aktivierung von Gedächtnisinhalten). Negative Stimmung führt zu gründlicherer Informationsverarbeitung als positive. © Gerd Bohner 2001
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Fazit zum Ansatz der "social cognition"
Integrative Funktion: Alte Forschungsprobleme (z.B. Selbstkonzept, Einstellungsänderung, Vorurteile) aus neuer Perspektive unter Heranziehung allgemeiner Prinzipien der Informationsverarbeitung. Neue Fragestellungen: Z.B. wie beeinflusst Verarbeitungskapazität / Motivationshöhe die Prozesse und Ergebnisse der Verarbeitung? An welchem Teilprozess in der Standardsequenz und in welcher Weise wirkt sich Vorwissen aus? Heute dominierendes Paradigma der sozialpsychologischen Forschung © Gerd Bohner 2001
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